[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Wiederherstellung der Verformbarkeit von
versprödeten amorphen Legierungen.
[0002] Es ist bekannt, daß amorphe Legierungen, die einer erhöhten Temperatur ausgesetzt
sind, verspröden, wobei eine Versprödung der amorphen Legierungen auch schon während
des Herstellungsprozesses eintreten kann. Um bestimmte magnetische Eigenschaften der
amorphen Legierungen zu erreichen, werden diese bei bestimmten Temperaturen behandelt.
Diese Temperaturbehandlung hat jedoch zur Folge, daß die Legierung versprödet mit
der nachteiligen Folge, daß magnetisch optimierte amorphe Legierungen nicht mehr mechanisch
bearbeitet werden können.
[0003] Ein weiterer Nachteil der bisher bekannten Art der Herstellung von amorphen Legierungen
besteht darin, daß beispielsweise aus den Legierungen hergestellte flache Bänder
oberhalb einer bestimmten Banddicke derart spröde sind, daß sie nur noch bedingt verformbar
sind, obwohl es für bestimmte Anwendungszwecke wünschenswert wäre, daß bei großer
Banddicke dennoch eine gute Verformbarkeit gewährleistet ist.
[0004] Zwar ist es bisher auch grundsätzlich schon möglich, bei der Herstellung oder infolge
thermischer Behandlung versprödete amorphe Legierungen wieder verformbar zu machen,
indem diese einer Teilchenstrahlung aus Neutronen oder leichten Ionen ausgesetzt wird,
diese bekannte Methode hat jedoch einen erheblichen Nachteil, da während der Teilchenbestrahlung
die amorphen Legierungen radioaktiv werden, so daß eine Weiterverarbeitung praktisch
nicht mehr möglich ist. Für nahezu alle Einsatzarten der amorphen Legierungen scheidet
somit dieses Verfahren aus.
[0005] Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Verfahren zu schaffen, mit dem auf
sehr wirtschaftliche Weise spröde bzw. versprödete amorphe Legierungen ohne grundsätzliche
Veränderung ihrer Legierungseigenschaften und ohne Beschränkung ihrer Verwendungsmöglichkeiten
wieder verformbar gemacht werden können, wobei das Verfahren grundsätzlich auf alle
amorphen Legierungen anwendbar ist.
[0006] Gelöst wird die Aufgabe gemäß der Erfindung dadurch, daß die Legierung über ein bestimmtes
Zeitintervall Δt₁ einer Temperatur T₁ ausgesetzt wird und nachfolgend über ein bestimmtes
Zeitintervall Δt₂ schockartig einer Temperatur T₂ ausgesetzt wird, wobei die Temperatur
T₁ größer als die Temperatur T₂ ist.
[0007] Der Vorteil des Verfahrens liegt darin, daß amorphe Legierungen, die magnetisch
optimiert wurden und dadurch bisher irreversibel spröde wurden, nun nach der erfolgten
magnetischen Optimierung wiederum verformbar gemacht werden können, ohne daß die
magnetischen Eigenschaften beeinflußt werden. Ein weiterer Vorteil ist, daß die Legierungen
nach Ausführung des Verfahrens ohne Einbußen mechanisch bearbeitet werden können,
beispielsweise durch stanzen, bohren, schleifen, biegen, wickeln usw. Mit dem Verfahren
können amorphe Legierungen wieder verformbar gemacht werden, die während des Herstellungsprozesses
versprödeten. Alle genannten Vorteile sind von hohem Nutzen.
[0008] Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist in Abhängigkeit des Grades
der Versprödung der Legierung die Temperatur T₁ unterschiedlich wählbar, wobei die
Temperatur T₁ auch von der Zusammensetzung der Legierung abhängt.
[0009] Vorteilhafterweise liegt in Abhängigkeit des Grades der Versprödung der Legierung
die Temperatur T₁ zwischen 200 und 600°C.
[0010] Vorzugsweise wird in Abhängigkeit des Grades der Versprödung der Legierung und/oder
in Abhängigkeit der Temperatur T₁ das Zeitintervall Δt₁ zwischen 10⁻¹ und 3 x 10³
s eingestellt, wobei auch die Art der Zusammensetzung der Legierung und dessen Vorbehandlung
als ein Parameter zur Bestimmung der Länge des Zeitintervalls Δt₁ eingeht.
[0011] Wesentlich für eine erfolgreiche Durchführung des Verfahrens bzw. zum Erreichen
der angestrebten Verformbarkeit ist es, daß die Änderung der Temperatur der Legierung
von T₁ auf T₂ mit einer hohen Rate erfolgt, vorzugsweise wenigstens 100°K/min. Dabei
ist in Abhängigkeit des Grades der Versprödung der Legierung die Temperatur T₂ wiederum
unterschiedlich wählbar.
[0012] Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des Verfahrens liegt die Temperatur
T₂ in Abhängigkeit des Grades der Versprödung der Legierung zwischen +150 und -200°C,
wobei die Temperatur T₂ bei vielen Legierungen bei der Raumtemperatur liegt.
[0013] Grundsätzlich kann die Legierung auf jede erdenkliche Weise auf die Temperatur T₁
gebracht werden, beispielsweise in einem Ölbad, mittels Heißluft, in einem Heiß-Schutzgas
oder über Strahlungswärme. Vorzugsweise wird jedoch die Legierung in einem Salzbad
auf die Temperatur T₁ gebracht.
[0014] Auch auf die Temperatur T₂ kann die Legierung auf beliebige Weise gebracht werden,
es eignet sich jedoch dazu vorzugsweise ein auf die Temperatur T₂ gebrachtes Wasserbad,
in das die Legierung eingebracht wird.
[0015] Die Erfindung wird nun unter Bezugnahme auf die nachfolgenden graphischen Darstellungen
von Meßergebnissen anhand eines Ausführungsbeispieles eingehend beschrieben. Darin
zeigen:
Fig. 1 die relative Bruchdehnung einer bandartig ausgebildeten amorphen Legierung
Fe Ni P nach isochroner Auslagerung (43 h) bei verschiedenen Temperaturen
Fig. 2 die relative Bruchdehnung in Abhängigkeit der Dauer einer Nachbehandlung bei
zwei unterschiedlichen Nachbehandlungstemperaturen und
Fig. 3 die relative Bruchdehnung in Abhängigkeit der Dauer der Nachbehandlung einer
weiteren Legierungsprobe.
[0016] Bevor auf das eigentliche Verfahren zur Wiederherstellung der Verformbarkeit von
versprödeten amorphen Legierungen im einzelnen eingegangen wird, wird zunächst anhand
der Darstellung von Fig. 1 die relative Bruchdehnung ε
f in Abhängigkeit der Auslagerungstemperatur erläutert. Fig. 1 zeigt die relative Bruchdehnung
ε
f einer amorphen Legierung Fe₄₀Ni₄₀P₂₀ bei verschiedenen Auslagerungstemperaturen.
Die amorphe Legierung ist in Form eines Metallbandes mit einer Dicke von 20µm ausgebildet.
Proben dieser Metallegierung, die bei unterschiedlichen Temperaturen ausgelagert
wurden, wurden einem Biegetest unterworfen, bei dem die relative Bruchdehnung ε
f der Proben bestimmt wurde. Wie schon dargelegt, gibt ε
f Auskunft über die Verformbarkeit bzw. die Versprödung der Legierung. Ist ε
f = 1, so kann das Legierungsband um 180° gebogen werden, ohne daß es bricht. Ist ε
f < 1, so bricht das Legierungsband beim Biegen und es bricht um so eher, je kleiner
ε
f ist.
[0017] Aus Fig. 1 ist ersichtlich, daß das Legierungsband bis zu einer Temperatur von ungefähr
210°C gut verformbar ist, d. h. ε
f = 1. Mit Zunahme der Temperatur geht die Verformbarkeit mit gleichzeitig zunehmender
Versprödung der Legierung zurück, d. h. ε
f < 1. Im Bereich einer Temperatur von 230 bis 300°C wird ein Plateau erreicht, d.
h. in diesem Temperaturbereich ist die Verformbarkeit mit ε
f < 1 nahezu konstant. In diesem Temperaturbereich ist die Legierung allerdings schon
sehr spröde. Eine weitere Versprödung setzt oberhalb einer Temperatur von 300°C ein.
Diese zweite Stufe der Versprödung mündet in die Kristallisation der Legierung.
[0018] Gemäß dem Verfahren wird zur Wiederherstellung der Verformbarkeit der versprödeten
amorphen Legierung diese über ein bestimmtes Zeitintervall Δt₁ einer Temperatur T₁
ausgesetzt (T₁ = Erholungstemperatur). Nachfolgend wird über ein bestimmtes Zeitintervall
Δt₂ die Legierung schockartig einer Temperatur T₂ ausgesetzt (T₂ = Abschreckungstemperatur).
Die Temperatur T₁ liegt im Temperaturintervall zwischen einer Versprödungstemperatur
T₃ (T₃ = Versprödungstemperatur) und der unter diesen Bedingungen gültigen Kristallisationstemperatur.
[0019] Fig. 2 zeigt die Wiederherstellung der Verformbarkeit einer Fe₄₀Ni₄₀P₂₀-Probe, die
zuvor bei T₃ = 251°C versprödet worden war. Die Verformbarkeit der Probe ist in Fig.
2 bei zwei Erholungstemperaturen T₁, nämlich bei 303 und 372°C dargestellt. Das Zeitintervall
Δt₁ zur Wiederherstellung einer relativen Bruchdehnung ε
f = 1 ist bei T₁ = 303°C zwischen 10 und 3x10² Sekunden lang. Für T₁ = 372°C ist das
Zeitintervall Δt₁ für die Nachbehandlung zwischen 1 und 12 Sekunden lang. Grundsätzlich
kann die Verformbarkeit bei allen Temperaturen zwischen 303 und 372°C wiederhergestellt
werden. Die Abschreckungstemperatur T₂ entspricht in diesem Fall der Raumtemperatur.
Fig. 3 zeigt die Wiederherstellung der Verformbarkeit der bandförmig ausgebildeten
amorphen Legierung gemäß der Darstellung von Fig. 2, diese wurde jedoch bei einer
Temperatur T₃ = 265°C versprödet. Die Wiederherstellung der Verformbarkeit wurde
dabei bei einer Temperatur von T₁ = 359°C erreicht. Das Zeitintervall Δt₁, in dem
eine relative Bruchdehnung von ε
f=1 erreicht werden kann, ist zwischen 7 und 15 Sekunden lang.
[0020] Es sei erwähnt, daß die hier beispielhaft erwähnte amorphe Legierung Fe₄₀Ni₄₀P₂₀
eine typische Legierung aus der Klasse amorpher Legierungen ist, die neben Obergangsmetallatomen
(Fe, Ni) einen Glasbildner enthalten (P). Das Verfahren ist, wie Versuche gezeigt
haben, grundsätzlich für alle amorphen Legierungen anwendbar. So sind mit gleich guten
Ergebnissen amorphe Legierungen wie Fe₄₀Ni₄₀B₂₀ und Cu₆₄Ti₃₆ gemäß dem Verfahren erfolgreich
behandelt worden, so daß die angestrebte Verformbarkeit nach Abschluß des Verfahrens
erreicht wurde.
[0021] Das erfindungsgemäße Verfahren hat den Vorteil, daß jetzt zunächst große Mengen der
amorphen Legierung magnetisch optimiert werden können und die damit einhergehende
Versprödung durch Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens beseitigt werden kann,
wobei dann aus der amorphen Legierung die verschiedensten Bauteile ohne Einschränkungen
hergestellt werden können. In einigen Fällen konnten bisher die amorphen Legierungen
bezüglich ihrer mechanischen Eigenschaften, obwohl das grundsätzlich möglich gewesen
wäre, nicht optimiert werden, da die damit einhergehende Versprödung der Legierung
für eine weitere Verarbeitung zu groß gewesen wäre. Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren
können jetzt Bauteile mit verbesserten Kenndaten hergestellt werden. Außerdem können
jetzt amorphe Bänder größerer Dicke hergestellt werden, die zwar nach dem Herstellungsprozeß
spröde sind, durch dieses Verfahren jedoch verformbar gemacht werden können.
[0022] Beispielhaft sei in diesem Zusammenhang erwähnt, daß bei der Herstellung von Spulen
bisher das Ausgangsmaterial zunächst auf einen Spulenkörper gewickelt und danach die
fertige Spule zur Optimierung magnetischer Eigenschaften thermisch behandelt wurde.
Das bedeutet aber, daß das Material des Spulenkörpers diese Temperaturbehandlung ohne
Veränderungen überstehen können mußte. Das erfindungsgemäße Verfahren gestattet es,
daß das Ausgangsmaterial zunächst magnetisch optimiert wird, dann mittels Anwendung
des Verfahrens verformbar gemacht wird und anschließend auf einen Spulenkörper gewickelt
wird.
[0023] Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ergibt sich daraus, daß jetzt
die optimierten amorphen Legierungen mit nicht-temperaturbeständigen Materialien kombiniert
werden können.
[0024] Bislang stellen die Hersteller amorpher Legierungen nur zum Teil fertige Bauteile
her. Ein großer Teil der Legierungen wird an weiterverarbeitende Betriebe verkauft.
Diese stellen dann Bauteile her und führen die magnetische Optimierung durch. Mit
der vorliegenden Erfindung kann der Hersteller bereits optimierte Legierungen anbieten.
1. Verfahren zur Wiederherstellung der Verformbarkeit von versprödeten amorphen Legierungen,
dadurch gekennzeichnet, daß die Legierung über ein bestimmtes Zeitintervall Δt₁
einer Temperatur T₁ ausgesetzt wird und nachfolgend über ein bestimmtes Zeitintervall
Δt₂ schockartig einer Temperatur T₂ ausgesetzt wird, wobei die Temperatur T₁ größer
als die Temperatur T₂ ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß in Abhängigkeit des Grades
der Versprödung der Legierung die Temperatur T₁ unterschiedlich wählbar ist.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß in Abhängigkeit des Grades
der Versprödung der Legierung die Temperatur T₁ zwischen 200 und 600°C liegt.
4. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet,
daß in Abhängigkeit des Grades der Versprödung der Legierung und/oder in Abhängigkeit
der Temperatur T₁ das Zeitintervall Δt₁ zwischen 10⁻¹ s und 3 x 10³ s liegt.
5. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet,
daß die Änderung der Temperatur der Legierung von T₁ auf T₂ mit einer Rate von wenigstens
100°K/min erfolgt.
6. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche l bis 5, dadurch gekennzeichnet,
daß in Abhängigkeit des Grades der Versprödung der Legierung die Temperatur T₂ unterschiedlich
wählbar ist.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß in Abhängigkeit des Grades
der Versprödung der Legierung die Temperatur T₂ zwischen +150 und -200°C liegt.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Temperatur T₂ die Raumtemperatur
ist.
9. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet,
daß die Legierung in einem Salzbad auf die Temperatur T₁ gebracht wird.
10. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet,
daß die Legierung durch Eingabe in ein Wasserbad schockartig auf die Temperatur T₂
gebracht wird.