(19)
(11) EP 0 323 828 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
12.07.1989  Patentblatt  1989/28

(21) Anmeldenummer: 89100034.1

(22) Anmeldetag:  03.01.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C06B 33/08, C06B 45/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB GR IT LI NL SE

(30) Priorität: 05.01.1988 AT 13/88

(71) Anmelder: ADVANCED EXPLOSIVES GESELLSCHAFT b.R
A-5400 Hallein (AT)

(72) Erfinder:
  • Bankhamer, Vinzenz
    A-5301 Eugendorf (AT)
  • Zeman, Gerhard
    A-5400 Hallein (AT)

(74) Vertreter: Hofmann, Gerhard, Dipl.-Ing. Patentassessor et al
Stephanstrasse 49
D-90478 Nürnberg
D-90478 Nürnberg (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Sprengstoff für Gefechtsköpfe und Raketenfesttreibstoff


    (57) Ein Sprengstoff mit maximaler Energieausbeute für Gefechtsköpfe und Raketenfesttreibstoffe besteht aus einem hochenergetischen Sekun­därsprengstoff mit anorganischem Perchlorat und Metallanteil hoher Sauerstoffaffinität sowie Phlegmatisierungs- und Bindemittel. Die Sauerstoffbilanz des Sekundärsprengstoffes ist durch den Perchlo­ratanteil etwa auf eine vollständige Reaktion zu Kohlendioxid und Wasser ausgeglichen.
    Durch den Metallanteil werden diese Sprenggase entsprechend den Anforderungen an den Sprengstoff energieliefernd reduziert.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen Sprengstoff für Gefechtsköpfe und einen Raketenfesttreibstoff, bestehend aus einem hochenergetischen Sekundärsprengstoff mit anorganischem Perchlorat und Metallanteil hoher Sauerstoffaffinität sowie Plegmatisierungs- und Bindemittel.

    [0002] Aus der Literaturstelle "Engineering Design Handbook" aus "Explosives Series Properties of Explosives of Military Interest", U.S. Army Materiel Command, January 1971 ist ein Sprengstoff bestehend aus Hexogen, Kaliumperchlorat, Aluminium mit Bindemittel bekannt.

    [0003] Ein ähnlicher Sprengstoff geht aus der US-PS 4,042,430 hervor, wobei sich dieser auf einen hochtemperaturfesten Sprengstoff bezieht. Bei beiden bekannten Sprengstoffen ist gemeinsam, daß das Oxidations­mittel mit stöchiometrischen Überschuß vorliegt. Als Folge wird bei der Detonation das überschüssige Perchlorat unter Energieverbrauch zersetzt. Der freiwerdende Sauerstoff kann erst dann mit dem Metall nachreagieren. Es liegt daher eine mehrstufige Reaktion vor, wodurch die Energieumsetzung relativ langsam ist.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Sprengstoff mit einem hohen Energieinhalt pro Volumeneinheit zu schaffen. Dabei soll die Energieumsetzung sehr rasch erfolgen und vollständig sein.

    [0005] Die Erfindung löst diese Aufgabe dadurch, daß bei einem Sekundär­sprengstoff die Sauerstoffbilanz durch den Perchloratanteil etwa auf eine vollständige Reaktion zu Kohlendioxid und Wasser ausgeglichen ist.

    [0006] Durch die vollständige Reaktion der im Sprengstoff enthaltenen ver­ brennbaren Anteile entsteht eine sehr große Menge durch Metall beson­ders gut und leicht reduzierbarer Sprenggase. Dadurch wird eine wesentliche Leistungssteigerung gegenüber den bekannten Sprengstoffen erreicht.

    [0007] Weiterhin wird durch den hohen Energieüberschuß eine sehr schnelle Verdampfung der Metalle bewirkt, wodurch deren Reaktionsbereitschaft wesentlich gesteigert ist.

    [0008] Nach dem Anspruch 2 sind als Perchlorate die Perchlorate der Alkali­und Erdalkalimetalle vorgesehen. Derartige Perchlorate sind kosten­günstig, leicht zugänglich und darstellbar.

    [0009] Nach dem Anspruch 2 liegen bei 100g Hexogen oder Oktogen 40-50g Natriumperchlorat vor. Durch den angegebenen Bereich beim Natriumper­chlorat können entsprechend der jeweiligen Anwendung geeignete Mengen von Binde- und Plegmatisierungsmittel vorgesehen sein; ohne daß sich die Stöchiometrie der Reaktion mit dem Sekundärsprengstoff ändert.

    [0010] Entsprechend den Ansprüchen 4 und 5 ist vorgesehen, daß als Perchlorat Kalium- oder Calciumperchlorat eingesetzt werden. Kaliumperchlorat bietet aufgrund seiner geringen Hygroskopität be­sonders verarbeitungstechnische Vorteile. Calciumperchlorat wirkt dagegen aufgrund seiner höheren Dichte und des höheren spezifischen Sauerstoffanteil leistungssteigernd.

    [0011] Entsprechend dem Anspruch 6 ist vorgesehen, daß über den Metall­anteil das Sprenggasvolumen und die Energiefreisetzung dadurch ge­steuert werden, indem das entstehende Kohlendioxid und Wasserdampf durch das Metall auf Kohlenmonoxid und Wasserstoff reduziert wird. Durch die höhere Affinität des Metalls zu Sauerstoff, verglichen mit Kohlenstoff und Wasserstoff, erfolgt eine heftige Reaktion des Metalls mit Kohlendioxid und Wasser. Diese werden dabei reduziert und es wird eine beträchtliche Energiemenge freigesetzt. Dadurch wird das Sprenggasgemisch zusätzlich aufgeheizt, wodurch das Leistungs­vermögen des Sprengstoffs wesentlich gesteigert wird. Besonders gün­stige Werte werden erhalten, wenn die Stöchiometrie des Metallanteils eine Reduktion der Sprenggase auf Wasserstoff und Kohlenmonoxid be­wirkt. Ist bei einem reduzierten Sprenggasvolumen eine besonders große Wärmefreisetzung erwünscht, so wird durch weitere Erhöhung des Metallanteils eine Reduktion der Sprenggase auf elementaren Kohlen­stoff und Wasserstoff vorgenommen.

    [0012] Entsprechend dem Anspruch 7 ist eine vorteilhafte Weiterbildung des Anspruchs 6 angegeben. In Abhängigkeit von der Art des verwendeten Metalls wird ein Anteil von 25-45 Gewichtsprozent für die Reduktion vorgesehen.

    [0013] Unter Voraussetzung der hohen Sauerstoffaffinität können nach Anspruch 8 verschiedene leichte Metalle verwendet werden.

    [0014] Bei einem Sprengstoff mit hoher Dichte können nach Anspruch 9 auch Schwermetalle hoher Sauerstoffaffinität, wie Zirkon eingesetzt werden.

    [0015] Ein energiereicher, relativ dichter und kostengünstiger Raketentreib­stoff liegt nach dem Anspruch 10 vor. Der Sprengstoff wird dabei mit raketenfesttreibstoffspezifischen Phlegmatisierungs- und Binde­mitteln sowie leichten Metallen versetzt.

    [0016] Wesentlich für die Erfindung ist:
    Es liegen universelle Sprengstoffe bzw. Sprengstoffrezepturen mit maximalen Energieausbeuten vor. Die erfindungsgemäßen Sprengstoffe sind leicht abstimmbar auf anwendungstechnische Erfordernisse, wobei der Energiegehalt höher ist als bei bekannten Sprengstoffen. Auch liegen höhere Sprenggasvolumina und Blasteffekte vor als bei her­kömmlichen metallhaltigen Sprengstoffen ohne Oxidationsmittel.

    [0017] Die Erfindung ist auch ohne wesentliche Veränderung für Raketenfest­ treibstoffe einsetzbar, indem möglichst leichte Metalle und spezielle Phlegmatisierungs- und Bindemittel eingesetzt werden.

    [0018] Bei einem Sprengstoff, dessen Bestandteile in Gewichtsprozenten angegeben sind wurde nachfolgendes Ergebnis erreicht. Sprengstoffanteile:
    50,2 % RDX
    21,2 % Na ClO₄
    25 % Zirkon
    3,6 % Binder
    Es wurden folgende Ergebnisse auf Stahl mit einer Plattendicke von 8mm bei einem Sprengstoffkörper mit 15 g Gewicht und den Maßen 20mm Durchmesser 20mm Höhe erreicht.

    [0019] Die Platte wurde durchschlagen, wobei der Lochdurchmesser 7mm beträgt.

    [0020] Beim Vergleich mit dem bekannten, Sprengstoff HWC (94,5 % Hexogen, 4,5 Wachs, 1% Graphit) wurd eine Platte gleicher Dicke nicht durchschlagen. Es entstand ein gerade noch wahrnehmbarer Riß.

    [0021] Ein in gleicher Weise mit dem Sprengstoff Hexal (70 % Hexogen, 30 % Aluminium) durchgeführter Versuch ergab, daß die Platte nicht durchschlagen wurde. Es lag auch kein Riß vor.

    [0022] Ein Sprengstoff der folgenden Zusammensetzung 36 % HMX
    16,9 % KClO₄
    45 % Zirkon
    2,1 % Binder
    lieferte bei einer Unterwassersprengung einen um 41,5 % höheren Stoßdruck als eine volumengleiche Probe des Unterwassersprengstoffes SSM TR 8870 (41 % TNT, 30 % RDX, 24 % Al, 5 % Phlegmatisierungsmittel).

    [0023] Das Metall soll sich explosionsartig umsetzen. Dazu ist es erfor­derlich, das Metall zuerst zu verdampfen. Bekanntlich ist dazu eine hohe Energie erforderlich, da die Verdampfungswärme von Aluminium, Kalzium, Silizium sehr hoch ist. Bei Beimischen von Metallen zu normalen Sprengstoffen reicht meist deren relativ geringe Explo­sionswärme kaum aus, das Metall schnell und vollständig zu verdampfen. Auch wird dadurch viel von der Explosionswärme verbraucht und vor der Metallverbrennung somit die Temperatur niedriger, wodurch sich eine Verzögerung der Reaktion ergibt. Es muß daher zuerst die Energie des mitverwendeten Sprengstoffs erhöht werden.

    [0024] Entsprechend der Erfindung wird dies dadurch erreicht, daß ein siche­rer Sprengstoff wie TNT, Hexogen, Oktogen oder Nitropenta mit einer so großen Menge Perchlorat vergossen, verschmolzen, vermischt oder durch ein Lösungsmittel verbunden wird, daß es zu einer vollständigen Verbrennung mit ausgeglichener Sauerstoff-Bilanz kommt, z.B. 16 Mol TNT + 21 Mol CA (ClO₄)₂ oder 8 Mol Hexogen + 3 Mol Ca(ClO₄)₂.

    [0025] Diese Basismischung wird mit dem Metallstaub innig vermischt und verschmolzen oder verklebt. Der Anteil des Metalls ist mindestens so hoch, daß das Wasser auf Wasserstoff und das Kohlendioxid auf Kohlenmonoxid reduziert wird. Bei weiterer Reduktion erhöht sich die Energie, jedoch das Sprenggasvolumen nimmt ab, da das Kohlen­monoxid zu Kohlenstoff reduziert wird. Die entstehenden Energiemengen sind sehr hoch ohne daß eine Nachverbrennung mit dem Luftsauerstoff vorliegt.

    [0026] Soll ein Sprengstoff mit großer Hitzewirkung geschaffen werden, wobei allerdings das Sprenggasvolumen sehr niedrig ist, kann obige Mischung aus TNT/Ca(ClO₄)₂eine Mischung aus 37,6 % AL, 62,4 % CA (CLO₄)₂ mit einem spezifischen Gewicht von 2,67 g/cm³ zugegeben werden. Die Energie beträgt hierbei 31,4 MJ/dm³.

    [0027] Energiereiche Raketenfesttreibstoffe werden durch Phlegmatisieren speziell ammoniumperchlorathaltiger Mischungen geschaffen.


    Ansprüche

    1. Sprengstoff für Gefechtsköpfe und Raketenfesttreibstoff, bestehend aus einem hochenergetischen Sekundärsprengstoff mit einem an­organischen Perchlorat und Metallanteil hoher Sauerstoffaffinität sowie Phlegmatisierungs - und Bindemittel, dadurch gekennzeichnet, daß bei einem Sekundärsprengstoff die Sauerstoffbilanz durch den Perchloratanteil etwa auf eine vollständige Reaktion zu Kohlen­dioxid und Wasser ausgeglichen ist.
     
    2. Sprengstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Perchlorate die Perchlorate der Alkali- und Erdalkalimetalle vorgesehen sind.
     
    3. Sprengstoff nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, daß bei 100 g Hexogen oder Oktogen 40-45 g Natriumperchlorat und ent­sprechende Mengen von Binde- und Phlegmatisierungsmittel oder bei 100 g TNT 140-150 g Na CLO₄ vorgesehen sind.
     
    4. Sprengstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Perchlorate, Lithium-, Kalium- oder Calciumperchlorat vorgesehen sind.
     
    5. Sprengstoff nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß bei 100 g Hexogen oder Oktogen 40-44 g Calciumperchlorat und ent­sprechende Mengen von Binde- und Phlegmatisierungsmittel vorgesehen sind.
     
    6. Sprengstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß für den Metallanteil das Sprenggasvolumen und die Energiefreisetzung dadurch gesteuert werden kann, daß das entstehende Kohlendioxid und Wasserdampf durch das Metall auf Kohlenmonoxid und Wasserstoff oder wahlweise Kohlenstoff und Wasserstoff reduziert ist.
     
    7. Sprengstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß je nach Art des Metalls der Sprengstoff 25 bis 45 Gewichtsprozent Metall­anteil enthält.
     
    8. Sprengstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Metalle Silizium, Magnesium, Calcium, Aluminium oder daraus be­stehende Gemische oder Legierungen vorgesehen sind.
     
    9. Sprengstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Metalle Zink, Mangan, Titan, Zirkon oder daraus bestehende Gemische oder Legierungen vorgesehen sind.
     
    l0.Sprengstoff zur Anwendung als Raketenfesttreibstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Sprengstoff geeignete raketen­festtreibstoffspezifische Phlegmatisierungs- und Bindemittel, sowie leichte Metalle und deren Gemische oder Legierungen aufweist.
     





    Recherchenbericht