(19)
(11) EP 0 324 069 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.07.1989  Patentblatt  1989/29

(21) Anmeldenummer: 88117759.6

(22) Anmeldetag:  25.10.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4A61G 5/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR LI NL SE

(30) Priorität: 12.01.1988 DE 3800648
22.01.1988 DE 3801874

(71) Anmelder: ORTOPEDIA GMBH
D-24149 Kiel (DE)

(72) Erfinder:
  • Körber, Hans
    D-2300 Kiel 14 (DE)
  • Lorenz, Dieter
    D-2300 Kiel 1 (DE)
  • Kruse, Ruth
    D-2304 Laboe (DE)
  • Köster, Reinhard
    D-2300 Kiel-Schilksee (DE)
  • Basedow, Hans
    D-2300 Kiel 1 (DE)

(74) Vertreter: Henkel, Feiler, Hänzel & Partner 
Möhlstrasse 37
81675 München
81675 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Elektrorollstuhl


    (57) Rollstühle besitzen in der Regel große Antriebsräder (3) und kleine Lenkräder (5), wobei Rollstühle für Innenbe­trieb die Antriebsräder hinten und Rollstühle für Außen­betrieb die Antriebsräder (3) vorne besitzen.
    Bei dem erfindungsgemäßen Elektrorollstuhl ist die Sitz­gruppe (6) über dem Fahrgestell (1) mittels einer Trag­säule (14) um eine senkrechte Achse drehbar gelagert, so daß je nach Verwendungszweck des Rollstuhls die großen Antriebsräder wahlweise bezüglich der Sitzrichtung vorne oder hinten angeordnet sind. Dadurch kann der Rollstuhl optimal sowohl im Innenbereich als auch im Außenbereich eingesetzt werden.
    Zusätzliche Positioniermöglichkeiten der Sitzgruppe, z. B. ± 90° zum Fahrwerk, erlauben dem Benutzer neue Möglichkeiten der Nutzung.
    Durch eine automatische Umschaltung des Steuerhebels entsprechend der Sitzgruppenposition wird eine optimale Bedienung des Rollstuhles erreicht.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft einen Elektrorollstuhl mit einem Fahrgestell, das an einer ersten Achse größere Antriebs­räder und an zweiten Achsen kleinere Schwenkräder auf­weist, mit einer auf dem Fahrgestell befestigten Sitz­gruppe, mit je einerAntriebseinheit für die Antriebsräder und mit einer Bedieneinheit zur Steuerung der Antriebs­einheit.

    [0002] Elektrorollstühle werden im wesentlichen entsprechend ihrem hauptsächlichen Verwendungszweck in zwei Kategorien eingeteilt, wobei das Fahrgestell entsprechend dem je­weiligen Verwendungszweck unterschiedlich ausgestaltet ist. Bei Rollstühlen, die hauptsächlich für den Betrieb im Hause gedacht sind (erste Kategorie), sind große An­triebsräder im hinteren Bereich und kleine Schwenkräder im vorderen Bereich des Rollstuhls angeordnet, während Rollstühle , die vorwiegend für einen Betrieb außer Haus bestimmt sind (zweite Kategorien) die großen Antriebsräder im vorderen Bereich und die kleinen Schwenkräderim hinteren Bereich aufweisen. Üblicherweise ist bei den zwei Kate­gorien auch die Schwerpunktslage der Sitzgruppe bzw. der Einheit von Sitzgruppe und Fahrgestell unterschiedlich konzipiert.

    [0003] Da sich allerdings die Behinderten, die einen Rollstuhl benötigen, üblicherweise sowohl im Hause als auch außer Hause aufhalten, werden im allgemeinen zwei Rollstühle benötigt, um für den jeweiligen Einsatzzweck optimale Be­dingungen zu erhalten. Dies ist nicht nur sehr kostspielig, sondern auch vielfach umständlich, beispielsweise wegen des häufig erforderlichen Umsteigens oder wegen der Auf­bewahrung und des Transports von zwei Rollstühlen.

    [0004] Aufgabe der Erfindung ist es, einen Elektrorollstuhl der eingangs genannten Art zu schaffen, der für beide Be­triebsarten, also im Haus und außer Haus optimal verwend­bar ist, wobei die Umstellung von der einen in die andere Betriebsart einfach und schnell durchzuführen ist.

    [0005] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß die Sitzgruppe auf dem Fahrgestell um eine im Mittenbe­reich zwischen den beiden Radachsen liegende senkrechte Drehachse schwenkbar gelagert und in mindestens zwei um 180° gegeneinander versetzten Endpositionen verriegelbar ist, wobei die Sitzrichtung in den Endpositionen jeweils senkrecht zu den Radachsen steht und wobei die Antriebs­räder wahlweise als Vorderräder oder als Hinterräder dienen, und daß die Fahrcharakteristik der Antriebsein­heit entsprechend dem Verschwenken der Sitzgruppe eben­falls umkehrbar ist.

    [0006] Bei dem erfindungsgemäßen Elektrorollstuhl wird also für die beiden angegebenen Betriebsarten lediglich ein ein­ziges Fahrgestell mit einer einzigen Sitzgruppe benötigt, wobei trotzdem die für die jeweilige Betriebsart optimale Radgröße der Antriebs- und Schwenkräderund Antriebsart zur Verfügung stehen. Dies wird dadurch ermöglicht, daß durch eine Relativdrehung von Sitzgruppe und Fahrgestell die jeweiligen Vorder- und Hinterräder vertauscht und ent­sprechend auch die Antriebscharakteristik umgeschaltet werden.

    [0007] Durch die verschwenkbare Lagerung der Sitzgruppe auf dem Fahrgestell ergeben sich weitere Vorteile. So lassen sich neben den beiden erwähnten Endpositionen für die entgegen­gesetzten Fahrtrichtungen auch zusätzliche Zwischenpo­sitionen der Sitzgruppe einstellen, beispielsweise in einer Winkelstellung von 90° zur Längsrichtung des Fahr­ gestells. Dadurch kann ein Behinderter für bestimmte Zwecke in eine günstigere Position quer zur Fahrtrichtung gebracht werden, beispielsweise zum Ein- und Aussteigen oder für bestimmte Behandlungen. Natürlich können bei Be­darf auch zusätzliche Zwischenpositionen bei beliebigen Winkelstellungen erreicht werden. Zusätzlich kann auch vorgesehen werden, daß die Sitzgruppe gegenüber dem Fahr­gestell in der Höhe verstellbar ist.

    [0008] Um das Verschwenken der Sitzgruppe gegenüber dem Fahrge­stell zu ermöglichen, kann beispielsweise das Fahrgestell eine zentral zwischen den Rädern stehende, senkrechte Tragsäule für die Sitzgruppe aufweisen, in welcher ein stangenförmiger Drehzapfen der Sitzgruppe gelagert ist. Dazu kann eine Verriegelungseinrichtung vorgesehen sein, die das Fahrgestell und die Sitzgruppe in den jeweils ge­wünschten Winkelpositionen gegeneinander verriegelt. Hier­zu können beispielsweise am Fahrgestell auf einem Kreis um die Drehachse herum angeordnete Aufnahmebohrungen für einen an der Sitzgruppe verstellbar angeordneten Ver­riegelungszapfen vorgesehen werden. Dieser Verriegelungs­zapfen kann in Richtung auf die Aufnahmebohrungen durch Federkraft vorgespannt sein, so daß er jeweils beim Er­reichen einer Verriegelungsposition einrastet. Natürlich könnte das bewegliche Teil in Form eines Verriegelungs­zapfens oder in einer beliebigen anderen Form auch am Fahrgestell angebracht sein, während die Aufnahmen hier­für in der drehbaren Sitzgruppe liegen könnten. Aller­dings ist es im allgemeinen günstiger, das bewegliche Verriegelungsteil mit der Sitzgruppe zu verbinden, so daß es für eine in der Sitzgruppe befindliche Person unab­hängig von der jeweiligen Winkelposition immer an der gleichen Stelle erreichbar ist.

    [0009] Die auf dem Fahrgestell drehbar angeordnete Sitzgruppe ist vorzugsweise auch leicht von dem Fahrgestell abnehm­ bar und somit austauschbar. Auf diese Weise können unter­schiedliche Spezialkonstruktionen an Sitzgruppen beliebig und ohne weiteres gegeneinander ausgetauscht werden. Da es außerdem in manchen Fällen günstig ist, die Schwer­punktslage der Sitzgruppe nicht genau in der Mitte zwi­schen den Radachsen zu haben, wobei je nach Betriebsart im Haus oder außer Haus unterschiedliche Schwerpunkts­lagen bezüglich der Radachsen erwünscht sind, ist in einer zweckmäßigen Weiterbildung vorgesehen, daß die Sitzgruppe relativ zur Drehachse zusätzlich in Horizontalrichtung verstellbar gehalten ist. Hierzu kann eine Schlitten­führung vorgesehen sein, auf der die Sitzgruppe verschieb­bar und in der jeweils gewünschten Position verriegelbar ist.

    [0010] Das Verschwenken und auch die erwähnte Horizontalver­stellung der Sitzgruppe werden in der Regel von Hand durchgeführt. Es wäre aber auch denkbar, für diese Schwenk- oder Verschiebebewegungen jeweils einen Servomotor vorzu­sehen. Die Umschaltung der Antriebseinheit kann ebenfalls von Hand durch einen Schalter vorgenommen werden, wobei dieser Schalter zweckmäßigerweise im Bereich des Bedien­geräts angeordnet ist.

    [0011] Besonders bequem ist jedoch eine automatische Umschaltung durch im Grenzbereich zwischen Fahrgestell und Sitz­gruppe angeordnete Sensoren, die die Re­lativposition zwischen Fahrgestell und Sitzgruppe auto­matisch feststellen.

    [0012] In den Unteransprüchen sind noch zusätzliche vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen angegeben.

    [0013] Nachfolgend wird die Erfindung an Ausführungsbeispielen anhand der Zeichnung näher erläutert. Es zeigen:

    Fig. 1 einen erfindungsgemäß gestalteten Elektroroll­stuhl in Seitenansicht,

    Fig. 2 die vier Räder des Rollstuhls von Fig. 1 in Draufsicht mit vier verschiedenen, andeutungs­weise dargestellten Positionen der Sitzgruppe,

    Fig. 3 die Lenkräder-Baugruppe in schematisierter Vor­deransicht,

    Fig. 4 die Lenkräder-Baugruppe in schematisierter Draufsicht.

    Fig. 5 ein Schema für die Verknüpfung der Geschwin­digkeits- und Lenksignalefür die unterschied­lichen in Fig. 2 gezeigten Positionen.



    [0014] Der in Fig. 1 gezeigte Elektrorollstuhl besitzt ein Fahr­gestell 1 mit vier Radachsen. Die ersten beiden Radachsen 2 tragen verhältnismäßig große Antriebsräder 3, während über jeweils eine dritte und vierte Achse 4 zwei im Ver­gleich zu den Antriebsrädern kleine Lenkräder gelagert sind.

    [0015] Die großen Räder dienen dem Antrieb, die kleinen Räder dienen der Lenkung. Die Aufhängung der kleinen Räder, also der Lenkräder, wird später noch näher erläutert.

    [0016] Auf dem Fahrgestell 1 ist eine Sitzgruppe 6 im wesent­lichen mittig zwischen den Radachsen angeordnet. Sie be­steht in an sich bekannter Weise aus einem Sitzelement 7, einer Rückenlehne 8 und einer, beispielsweise verstell­baren Fußstütze 9, die im gezeigten Beispiel aus zwei Einzelstützen für jeden Fuß (siehe Fig. 2) besteht. Außer­dem sind an der Sitzgruppe seitlich jeweils Armlehnen 11 angebracht, wobei an der rechten Armlehne eine Bedienein­heit 12 mit einem Steuerhebel 13 vorgesehen ist. Insoweit entspricht der Aufbau der Sitzgruppe den herkömmlichen Konstruktionen.

    [0017] In der in Fig. 1 dargestellten Position der Sitzgruppe 6 über dem Fahrgestell 1 ist ein Rollstuhl für den Ge­brauch im Haus gezeigt, da die großen Antriebsräder ent­sprechend der Sitzposition hinten am Fahrgestell und die Schwenkräder vorne angebracht sind. Für den Gebrauch des Rollstuhls im Außenbereich ist es jedoch günstiger, die Antriebsräder vorne und die beweglichenSchwenkräder hinten anzuordnen, da auf diese Weise Unebenheiten und kleine Hindernisse leichter überwunden werden können. Um den in Fig. 1 gezeigten Rollstuhl nun auch für den Außenbereich verwenden zu können, ist die Sitzgruppe 6 drehbar oder verschwenkbar auf dem Fahrgestell 1 angeordnet. Zu diesem Zweck besitzt das Fahrgestell eine Tragsäule 14, über der die Sitzgruppe 6 mittels eines einzigen stangenförmigen Drehzapfens 15 mit senkrechter Drehachse gelagert ist. Auf diese Weise kann die Sitzgruppe gegenüber der Dar­stellung in Fig. 1 um 180° gegenüber dem Fahrgestell ge­dreht werden, so daß dann die Sitzrichtung in Fig. 1 nach rechts zeigt, die Antriebsräder 3 also bezüglich der Sitzrichtung vorne und die Schwenkräder 5 hinten am Fahrgestell liegen. Die Bedieneinrichtung 12 ist fest mit der Sitzgruppe gekoppelt, so daß sie für den im Rollstuhl sitzenden Behinderten immer in gleicher Weise erreichbar und bedienbar ist. In der jeweiligen Fahrposition wird die Sitzgruppe 6 gegenüber dem Fahrgestell 1 mittels einer Verriegelungsvorrichtung 16 arretiert.

    [0018] Fig. 2 zeigt über den in Draufsicht dargestellten zwei Räderpaaren 3 und 5 aus Fig. 1 verschiedene erreichbare Sitzpositionen in schematischer Darstellung. Gezeigt sind jeweils nur die Fußstützen 9, die durch ihre Anordnung relativ zu den Rädern die Sitzrichtung verdeutlichen. Als Position 1 ist die in Fig. 1 gezeigte Anordnung dar­gestellt, wobei also die Fußstützen 9 in der Zeichnung links vor den kleinenSchwenkräder 5 liegen; zur Kenn­zeichnung der Position 1 sind die Fußstützen mit 9-1 be­ zeichnet. In der Mitte zwischen den vier Rädern ist ein Beispiel für eine mögliche Ausgestaltung der Verriegelungs­vorrichtung 16 dargestellt. Diese Verriegelungsvorrich­tung 16 ist an der Sitzgruppe gehaltert und besitzt einen Verriegelungszapfen 17, der in Richtung senkrecht zur Achse der Tragsäule 14 verstellbar und in dieser Richtung zur Tragsäule 14 vorgespannt ist. Mit der Tragsäule 14 ist eine Verriegelungsscheibe 18 verbunden, welche für jede einstellbare Sitzposition eine Aufnahme 19 für das freie Ende des Verriegelungszapfens 17 aufweist. Soll also die Sitzgruppe aus der in Fig. 1 gezeigten Stellung verdreht werden, so wird der in Fig. 2 gezeigte Verriegelungs­zapfen 17 mittels eines Handgriffs 20 nach außen gezogen (Position 20′), womit die Sitzgruppe 6 vom Traggestell entriegelt ist. Zur Umkehrung der Fahrtrichtung wird nun die Sitzgruppe um 180° in die Position 2 gedreht, so daß die Fußstützen die in Fig. 2 gezeigte Anordnung 9-2 ein­nehmen. Der Verriegelungszapfen ist an der Sitzgruppe ge­lagert und nimmt nach der geschilderten Drehung ebenfalls eine um 180° verdrehte Position, die in Fig. 2 nicht ge­zeigt ist, ein. Der Verriegelungszapfen 17 rastet dann aufgrund seiner Vorspannung in die Aufnahme 19 (in der Zeichnung von oben her) ein.

    [0019] Durch die Lagerung der Sitzgruppe 6 über einen Drehzapfen 15 auf einer Tragsäule 14 des Fahrgestells 1 ist es auch möglich, die Sitzgruppe leicht auszuwechseln, so daß je nach der Art und dem Grad der Behinderung einer Person unterschiedliche Fahrgestelle mit unterschiedlich ausge­stalteten Sitzgruppen auf einfache Weise kombiniert wer­den können. Dabei können mit den unterschiedlichen Fahr­gestellen auch unterschiedliche Fahrcharakteristiken vor­gesehen werden. Mit der drehbaren Lagerung der Sitzgruppe ist es aber auch möglich, ohne Mehraufwand nicht nur zwei Sitzpositionen vorwärts und rückwärts zur Fahrtrichtung einzustellen, vielmehr können auch zusätzliche Zwischen­positionen eingestellt werden. So ist es beispielsweise möglich, die Sitzgruppe bei einer Winkelstellung von etwa 90° zur Fahrtrichtung zu arretieren, womit sich der Be­hinderte im Rollstuhl für bestimmte Zwecke in eine gün­stigere Position quer zur Rollrichtung der Räder bringen kann. Solche Positionen sind in Fig. 2 als Position 3 bzw. Position 4 mit jeweils andeutungsweise dargestellten Fußstützen 9-3 und 9-4 gezeigt. Die Verriegelung in die­sen Zusatzpositionen erfolgt in gleicher Weise, wie sie vorher für die zwei Haupt-Sitzpositionen beschrieben wurde. Natürlich wäre es denkbar, bei Bedarf auch zusätzliche Winkelpositionen festzulegen und die Verriegelungsvor­richtung entsprechend zu gestalten.

    [0020] Bei einer Drehung der Sitzgruppe um 180° muß auch die An­steuerung der Antriebsräder entsprechend modifiziert werden, da für die nunmehr vorneliegenden Antriebsräder die veränderten Drehrichtungen für Vor- und Rückwärtsfahrt sowie die veränderten Antriebsverhältnisse bei der Lenkung zu berücksichtigen sind. Eine zusätzliche Modifizierung ist notwendig, wenn die Sitzrichtung um 90° gegenüber der Fahrtrichtung der Antriebsräder verschwenkt wird. Die hierzu erforderliche elektrische Umschaltung der Antriebs­einheiten kann beispielsweise durch Betätigen eines Schalters 21 an der Bedieneinheit geschehen. Es ist aber auch möglich, eine automatische Umschaltung vorzunehmen, wobei das Signal für die jeweils notwendige Einstellung der Antriebseinheiten durch eine Sensoreinrichtung 22 erzeugt wird, die im Grenzbereich zwischen Fahrgestell und Sitzgruppe angeordnet ist und bei einer Relativbewe­gung zwischen der Sitzgruppe einerseits und dem Fahrgestell andererseits anspricht. Zur binären Abtastung von vier möglichen Stellungen der Sitzgruppe werden zwei Sensor­elemente benötigt. Bei acht Stellungen würden drei Sensoren benötigt werden, d. h. jeweils 2n Sensoren, wobei n die Zahl der möglichen Stellungen ist. Als Sensorelemente kommen alle bekannten Bauelemente, wie Mikroschalter, Hall­elemente, Optoelemente, induktive oder kapazitive Näherungsschalter usw. in Frage. Bei höherer Zahl der ein­stellbaren Positionen sind auch Inkremental-Winkelgeber in bekannter Ausführung anwendbar, deren Ausgangsgrößen elektronisch auswertbar sind, um gleitende Übergänge bei der Signalverarbeitung zwischen den verschiedenen Sitz­positionen zu gewährleisten.

    [0021] Bei dem beschriebenen Ausführungsbeispiel wurden vier mög­liche Sitzgruppenpositionen angenommen, wobei also die Sitzgruppe eine Stellung von 0° ± 90° oder 180° gegenüber der Fahrtrichtung der Antriebsräder einnimmt. Ein Schema für eine automatische Anpassung der Geschwindigkeits- und Lenksignale von der Bedieneinheit zu den Antriebsein­heiten ist in Fig. 5 gezeigt. Dort ist für jede der in Fig. 2 angegebenen Positionen derFußstützen (entsprechend der Richtung der Sitzgruppe) die entsprechende Umsetzung der von der Bedieneinheit abgegebenen Signale gezeigt.

    [0022] Für die Position 9-1 (0°-Position) wird das Geschwindig­keitssignal (GS) von der Bedieneinheit unverändert an die Antriebseinheiten gegeben, ebenso das den Wunsch einer Richtungsänderung anzeigende Lenksignal.

    [0023] In der Position 9-4, die eine Verschwenkung der Sitzgruppe um 90° nach rechts bezeichnet, wird das Geschwindigkeits­signal (GS) in ein Lenksignal (LS) für die Antriebsein­heiten (AE) umgesetzt, wobei über eine Pegelanpassung (PE) die Amplitude reduziert wird. Das bedeutet, daß beispiels­weise eine Bewegung des Steuerhebels an der Bedieneinheit nach vorne für die Antriebsräderin ein Lenksignal nach rechts (vorwärts oder rückwärts, je nach dem zusätzlich einge­stellten Geschwindigkeitssignal) umgesetzt wird. Gleich­zeitig wird das von der Bedieneinheit aus der Links- oder Rechtsschwenkung des Steuerhebels erzeugteLenksignal (LS) in ein Geschwindigkeitssignal (GS) für Vorwärts- oder Rückwärtsantrieb der Antriebsräder umgesetzt. Dieses Signal wird außerdem über einen Inverter (IN) umgekehrt, so daß ein Rechtssteuersignal eine Rückwärtsdrehung und ein Linkssteuersignal eine Vorwärtsdrehung der Antriebs­räder 3 bewirkt.

    [0024] In der Position 9-2 der Fußstützen ist die Drehung der Sitzposition um 180° erreicht. Hierbei genügt es, lediglich das Geschwindigkeitssignal (GS) mit einem Inverter (IN) umzukehren, während das Lenksignal (LS) auch als Lenksignal an die Antriebseinheiten weitergegeben wird.

    [0025] Bei der Position 9-3 der Fußstützen, die einer Drehung der Sitzgruppe um 90° nach links von der Ausgangsposition bedeutet, wird wiederum das Lenksignal (LS) für die An­triebseinheiten in ein Geschwindigkeitssignal umgesetzt, allerdings ohne Invertierung. Dagegen wird das Geschwindig­keitssignal (GS) über einen Inverter (IN) und zusätzlich über eine Pegelanpassung (PS) in ein Lenksignal (LS) für die Antriebseinheiten (AE) umgesetzt. Dabei wird die Fahrt­charakteristik in entsprechender Weise angepaßt.

    [0026] Werden zusätzliche Zwischenpositionen für die Sitzgruppe vorgesehen, so muß die automatische Quadrantenanpassung der Bedieneinheit ebenfalls entsprechend verfeinert werden.

    [0027] Wenn in Sonderfällen der Schwerpunkt der Sitzgruppe und der in ihr sitzenden Person aus dem Mittelbereich verstellt wer­den muß, beispielsweise bei extremer Sitztiefenverstellung oder extremer Neigung der Rückenlehne, so läßt sich eine entsprechende Schwerpunktjustage auch bei der drehbaren Sitzgruppe für beide Fahrtrichtungen vornehmen. Zu diesem Zweck ist bei dem Beispiel von Fig. 1 eine Schlitten­führung in der Sitzgruppe vorgesehen, die eine Horizontal­verschiebung der gesamten Sitzgruppe bezüglich des Dreh­zapfens 15 ermöglicht. Einzelne Teile der Sitzgruppe sind in Fig. 1 andeutungsweise in verschobener Stellung ge­zeigt, beispielsweise eine Armstütze 11′, eine Fußstütze 9′ und das verschobene Bediengerät 12′. Die Schlitten­führung selbst ist nicht im einzelnen dargestellt, da der­artige Führungselemente dem Fachmann geläufig sind.

    [0028] Um für alle Einsatzzwecke des Elektrorollstuhls sowohl im Innenbereich als auch im Außenbereich jeweils optimale Fahreigenschaften zu erhalten, sind dieSchwenkräder 5 in besonderer Weise aufgehängt. Die beidenSchwenkräder 5 sind jeweils über Radgabeln 23 an senkrechten Achsen 24 frei schwenkbar geführt und für unterschiedliche Bodenanpassungen über ein Waagebalkensystem aufgehängt. Der Waagebalken 25 ist an einer waagerechten Schwenkachse 26 gelagert und über Federelemente 27 gegenüber dem Fahrgestell gedämpft. Damit können insbesondere im Außenbetrieb Bodenuneben­heiten gut abgefangen werden.

    [0029] Um außerdem für beide Einsatzgebiete (Innenbereich und Außenbereich) die vorgegebene Fahrtrichtung stabil zu halten, sind zusätzlich pneumatisch-hydraulische Dämpfungs­elemente 28 vorgesehen, die wahlweise fest eingestellt oder mittels einer Stellschraube 29 justiert werden können. Durch diese Maßnahme wird insbesondere bei schnellen Fahrten die Richtungsstabilität der frei schwenkbaren Schwenkräder verbessert. In Fig. 4 sind schematisch solche Lenkungsdämpfer 28 in Draufsicht gezeigt. Aus dieser schematischen Darstellung ist ersichtlich, daß die Len­kungsdämpfer im Winkel zur Achse des Waagebalkens 25 stehen.

    [0030] Im übrigen sei noch erwähnt, daß dieSchwenkräder bei dem gezeigten Ausführungsbeispiel frei schwenkend gelagert sind, daß also die Richtungsänderung des Rollstuhls durch unterschiedliche Drehzahlen der beiden Antriebsräder her­beigeführt wird. Die Schwenkräder drehen sich dabei selbst­tätig in die jeweils gewünschte Richtung.


    Ansprüche

    1. Elektrorollstuhl mit
    einem Fahrgestell (1), das an einer ersten Achse (2) größere Antriebsräder (3) und an zweiten Achsen (4) kleinere Schwenkräder(5) aufweist,
    einer auf dem Fahrgestell befestigten Sitzgruppe, je einer Antriebseinheit für die Antriebsräder (3) (2 Antriebseinheiten 1x pro Rad) und einer Bedieneinheit (12) zur Steuerung der Antriebs­einheiten,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Sitzgruppe (6) auf dem Fahrgestell (1) um eine im Mittenbereich zwischen den Radachsen (2, 4) liegen­de senkrechte Drehachse schwenkbar gelagert und in mindestens zwei um 180° gegeneinander versetzten End­positionen verriegelbar ist, wobei die Sitzrichtung in den Endpositionen jeweils senkrecht zu den Radachsen (2, 4) steht und die Antriebsräder wahlweise als Vor­derräder oder als Hinterräder dienen, und daß die Fahr­charakteristik der Antriebseinheit entsprechend dem Verschwenken der Sitzgruppe (6) ebenfalls umkehrbar ist.
     
    2. Rollstuhl nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Sitzgruppe (6) zusätzlich in weiteren Positionen zwischen den beiden Endpositionen, insbesondere bei einer Winkelstellung von 90° zur Längsrichtung des Fahrgestells, verriegelbar ist.
     
    3. Rollstuhl nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeich­net, daß die Sitzgruppe gegenüber dem Fahrgestell (1) in der Höhe verstellbar ist.
     
    4. Rollstuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Fahrgestell (1) eine zentral zwischen den Rädern stehende, senkrechte Tragsäule (14) für die Sitzgruppe (6) aufweist, in welcher ein stangen­förmiger Drehzapfen (15) der Sitzgruppe (6) gelagert ist.
     
    5. Rollstuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß am Fahrgestell (1) um die Drehachse herum auf einem Kreis angeordnete Aufnahmen (19) für jede Verriegelungsposition vorgesehen sind und daß an der Sitzgruppe (6) ein mit der Aufnahme zusammenwir­kender Verriegelungszapfen (17) verstellbar gelagert ist.
     
    6. Rollstuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Sitzgruppe (6) relativ zur Drehachse in Horizontalrichtung verstellbar gehalten ist.
     
    7. Rollstuhl nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Sitzgruppe (6) auf einer Schlittenführung ver­stellbar und in der jeweils gewünschten Position ver­riegelbar ist.
     
    8. Rollstuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß zum Verschwenken und/oder ggf. zur Horizontalverstellung der Sitzgruppe ein Servomotor vorgesehen ist.
     
    9. Rollstuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Bedieneinheit (12) eine Schal­tung (21) zur elektrischen Anpassung der Antriebseinheit aufweist.
     
    10. Rollstuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß eine elektrische Anpassung der An­triebseinheit durch zwei im Grenzbereich zwischen Fahr­gestell (1) und Sitzgruppe (6) angeordnete Schalter (22) erfolgt, die durch eine Relativ-Drehbewegung zwi­schen Fahrgestell und Sitzgruppe automatisch betätig­bar sind.
     
    11. Rollstuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Schwenkräder (5) über ein stoß­gedämpftes Waagebalkensystem (25, 27) mit dem Fahrge­stell verbunden sind.
     
    12. Rollstuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß die Schwenkräderüber Lenkungsdämpfer (28), von denen vorzugsweise einer einstellbar ist, richtungsstabilisiert sind.
     
    13. Rollstuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, daß die Winkelstellung zwischen dem Fahrgestell (1) und der Sitzgruppe (6) mit mindestens einem, vorzugsweise mit zwei Sensoren abgreifbar ist, und daß über eine mit den Sensorsignalen beaufschlagte Schaltungsanordung die von der Bedieneinheit (12) an die Antriebseinheiten abgegebenen Geschwindigkeits- und Richtungssignale (GS, LS) an die Sitzrichtung angepaßt werden.
     
    14. Rollstuhl nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, daß bei einer Umkehrung der Fahrtrichtung jeweils das die Vorwärts- und Rückwärtsfahrt bestimmende Geschwindigkeitssignal (GS) invertiert wird.
     
    15. Rollstuhl nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, daß bei einer Verschwenkung der Sitzgruppe um 90° gegenüber der Fahrtrichtung der Antriebsräder (3) jeweils das von der Bedieneinheit (12) gelieferte, die Vorwärts- und Rückwärtsfahrt bestimmende Geschwin­digkeitssignal (GS) in ein Links-Rechts-Lenksignal (LS) und daß das von der Bedieneinheit (12) gelieferte Lenksignal (LS) in ein Geschwindigkeitssignal (GS) für Vorwärts- und Rückwärtsfahrt in den Antriebs­einheiten umgesetzt wird.
     
    16. Rollstuhl nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, daß bei der Umsetzung des Geschwindigkeitssignals (GS) in ein Lenksignal (LS) dessen Amplitude reduziert wird.
     




    Zeichnung