(19)
(11) EP 0 325 116 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
26.07.1989  Patentblatt  1989/30

(21) Anmeldenummer: 89100124.0

(22) Anmeldetag:  05.01.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4D01D 5/18
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 16.01.1988 DE 3801080

(71) Anmelder: BAYER AG
51368 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • Wagner, Wolfram, Dr.
    D-4047 Dormagen 1 (DE)
  • Nyssen, Peter Roger, Dipl.-Ing.
    D-4047 Dormagen 11 (DE)
  • Berkenhaus, Dirk, Dipl.-Ing.
    D-5000 Köln 50 (DE)
  • Van Pey, Hans-Theo
    D-5152 Lipp (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung von Feinstpolymerfasern


    (57) Das aufgeschmolzene Polymergranulat (1) wird in einem rotierenden Düsenkopf (6) aus einer Vielzahl von Aus­trittsbohrungen (24) unter Faserbildung (32) ausge­schleudert und die gebildeten Fasern (9) als Vlies (15) auf einer Ablage (12) abgeschieden. Dabei wird das ge­schmolzene Polymer unter einem Vordruck von 1 bar bis 200 bar, vorzugsweise 1 bar bis 50 bar, in den Düsenkopf (6) eingebracht. Ferner werden die Fasern (32) in einem radialen Abstand von 10 mm bis 200 mm von den Austritts­bohrungen (24) durch einen Gasstrom (7, 8) hoher Ge­schwindigkeit in axiale Richtung umgelenkt und dabei gleichzeitig verstreckt und gedehnt. Zusätzlich können die aus den Austrittsbohrungen (24) austretenden Schmelzeströme (32) durch in der Nähe der Austrittsboh­rungen (24) am Düsenkopf (6) austretende Gasströme (26, 34) mit überwiegend radialer Komponente verstreckt werden, bevor sie von dem axialen Umlenkgasstrom (7, 8) erfaßt werden.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von endlich-langen Feinstpolymerfasern mit einem mittleren Faserdurchmesser von 0,1 bis 10 µm, vorzugsweise 0,1 bis 4 µm, aus thermoplastischen Polymeren. Das Verfahren beruht darauf, daß das geschmolzene Polymer in einem rotierenden Düsenkopf aus einer Vielzahl von Austritts­bohrungen radial unter Faserbildung geschleudert wird und die gebildeten Fasern als Vlies auf einer Ablage ab­geschieden werden.

    [0002] Derartige Schleuder- oder Zentrifugalspinnverfahren sind bekannt und z.B. in US 4 277 436, US 4 237 081, FR 1 298 508 und DE 31 05 784 beschrieben. Insbesondere wird gemäß DE 31 05 784 bei einem Zentrifugalspinnver­fahren von einem axial strömenden Kühlmedium Gebrauch gemacht, wodurch die gebildeten Fasern und das Spinn­organ abgekühlt werden. Damit ist dieses Verfahren na­turgemäß nur für niedrigschmelzende, niedrigviskose Polymere geeignet. Zur Vermeidung eines zu großen Unter­druckes im Zentrum des Zentrifugalfeldes und dadurch bedingtes Ansaugen der gebildeten Fasern muß mit ver­hältnismäßig geringen Kühlluftgeschwindigkeiten gear­beitet werden. Das Kühlmedium kann daher nicht auch gleichzeitig zur Dehnung und Streckung der Fasern (Verzugswirkung) ausgenutzt werden.

    [0003] Ferner wird in EP-0 168 817 ein Zentrifugalspinnver­fahren beschrieben, bei dem die Schmelze offenbar unter Druck in eine mit relativ niedriger Umfangsgeschwindig­keit rotierende Düse eingebracht wird. Dadurch können kontinuierlich relativ grobe Fäden erzeugt werden. Eine über den Zentrifugalverzug hinausgehende Verstreckung der Fäden durch einen gasdynamischen Effekt findet nicht statt.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, mit Hilfe des Schleuder- oder Zentrifugalspinnverfahrens Feinstpoly­merfasern aus thermoplastischen Polymeren herzustellen. Unter Feinstpolymerfasern werden dabei Fasern mit einem mittleren Durchmesser von 0,1 µm bis 10 µm, vorzugsweise 0,1 µm bis 4 µm, und einer endlichen Faserlänge verstan­den. Dabei soll das Verfahren innerhalb eines weiten Viskositätsbereichs von 20 Pas bis 1000 Pas der Polymer­schmelze angewendet werden können und für Polymere geeignet sein, deren Schmelztemperatur im Bereich von 100°C bis 500°C liegt.

    [0005] Diese Aufgabe wird ausgehend von dem bekannten Zentri­fugalspinnverfahren, bei dem das geschmolzene Polymer in einem rotierenden Düsenkopf aus einer Vielzahl von Austrittsbohrungen radial unter Faserbildung geschleu­ dert wird, erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das ge­schmolzene Polymer unter einem Vordruck von 1 bar bis 200 bar, vorzugsweise 1 bar bis 50 bar, in den Düsenkopf eingebracht wird und die Fasern in einem radialen Ab­stand von 10 mm bis 200 mm von den Austrittsbohrungen durch einen Gasstrom hoher Geschwindigkeit in axiale Richtung umgelenkt und dabei gleichzeitig verstreckt und gedehnt werden.

    [0006] Vorzugsweise werden die aus den Austrittsbohrungen aus­tretenden Schmelzeströme zusätzlich durch in der Nähe der Austrittsbohrungen am Düsenkopf austretende Gas­ströme mit überwiegend radialer Komponete verstreckt, bevor sie von dem Umlenkgasstrom mit überwiegend axialer Komponente erfaßt werden. Dabei werden die radialen Gas­ströme vorteilhaft jeweils unter einem Winkel von 0° bis 45°, vorzugsweise 5° bis 20°, gegen die Richtung der Schmelzeaustrittsbohrungen und in einem Abstand von 2 mm bis 20 mm von den Schmelzeaustrittsbohrungen mit einer Strömungsgeschwindigkeit von 100 m/s bis 600 m/s ausge­stoßen.

    [0007] Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung werden die Fasern von dem Umlenkgasstrom mit einer Strömungsge­schwindigkeit von 50 m/s bis 500 m/s unter einem Winkel von +60° bis -60° zur Drehachse und in einem radialen Abstand von 10 mm bis 200 mm von den Schmelzeaustritts­öffnungen angeblasen. Zu diesem Zweck sind eine oder mehrere Gasdüsen vorgesehen, die jeweils um die Schmelzeaustrittsöffnungen herum angeordnet sind.

    [0008] Zweckmäßig werden die Schmelzeströme aus den Austritts­bohrungen unter einem Winkel von 45° bis 90° zur Dreh­achse ausgeschleudert.

    [0009] Gemäß einer Weiterentwicklung der Erfindung wird zusätz­lich zu der durch den Vordruck der Polymerschmelze im Düsenkopf hervorgerufenen Beschleunigung in einer den Schmelzeaustrittsöffnungen vorgeschalteten Kammer eine so hohe Zentrifugalbeschleunigung erzeugt, daß in der Kammer ein Druck von 1 bar bis 200 bar, vorzugsweise 1 bar bis 50 bar, herrscht. Die Zentrifugalbeschleuni­gung wirkt sich dabei als zusätzlicher Druck aus, der zu einem Geschwindigkeitszuwachs der Schmelzeströmung in der Austrittsbohrung führt.

    [0010] Weiterhin hat es sich als günstig erwiesen, wenn das Verhältnis des radialen Gasmengenstroms zum axialen Gasmengenstrom auf einen Wert zwischen 0 und 5, vorzugsweise zwischen 0,4 und 2, eingestellt wird.

    [0011] Außerdem wurde gefunden, daß man die Wegstrecke, auf der der Verzug der Fasern erfolgt, verlängern kann, wenn die Temperatur des radial strömenden Gases gleich oder größer ist als die Temperatur der aus den Austritts­öffnungen austretenden Schmelze. Damit wird eine Abküh­lung der Schmelzeströme unmittelbar nach dem Austritt aus den Bohrungen vermieden; d.h. die Kühlung setzt erst zu einem späteren Zeitpunkt ein.

    [0012] Das erfindungsgemäße Verfahren hat sich insbesondere zur Herstellung von Feinstfasern aus Polyurethan, Polyole­ fin, Polyamid, Polyester, Polycarbonat, Polyphenylen­sulfid und thermotropen LC-Polymeren bewährt.

    [0013] Mit der Erfindung werden folgende Vorteile erzielt.

    [0014] Das Verfahren ist nicht auf einen relativ engen Viskosi­tätsbereich festgelegt, sondern erlaubt die Verarbeitung von Polymerschmelzen in einem Viskositätsbereich von 20 Pas bis 1000 Pas. Ferner erlaubt das Verfahren die Herstellung von Feinstfasern aus Polymeren, deren Zersetzungstemperatur nur wenig über der Erstarrungs­temperatur der Schmelze liegt. Dies bedeutet in der Praxis, daß auch Polymere verarbeitet werden können, die nur einen kleinen, für die Fadenbildung nutzbaren Tem­peraturbereich besitzen.

    [0015] Weitere Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens liegen darin, daß man Fasern ohne Verklebungen, Verdrillungen oder Dickstellen erhält. Ferner lassen sich Fasern mit hoher Feinheit und großer Faserlänge herstellen (Länge/­Durchmesser = 10³ bis 10⁶). Weiterhin hat sich heraus­gestellt, daß gegenüber den bekannten Verfahren nach dem Stand der Technik sehr viel höhere Massendurchsätze im Bereich von 0,001 g/min bis 2 g/min pro Bohrung erreicht werden können. Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Fasern weisen auch ausgezeichnete mechani­sche Eigenschaften (hohe Festigkeit) auf und lassen sich problemlos zu Vliesen weiterverarbeiten.

    [0016] Im folgenden werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand von Zeichnungen näher beschrieben. Es zeigen:

    Fig. 1 ein Verfahrensschema für eine Anlage zur Durch­führung des erfindungsgemäßen Verfahrens,

    Fig. 2 einen Düsenkopf mit einseitiger Schlitzanströmung der Schmelzeströme und

    Fig. 3 einen Düsenkopf mit zweiseitiger radialer An­blasung der Schmelzeströme.



    [0017] Gemäß Figur 1 wird Polymergranulat 1 in einem Extruder 2 aufgeschmolzen und unter einem konstant geregelten Druck im Bereich von 1 bis 200 bar über eine rotierend wirkende Dichtung 3 in einen zentrischen, rotierenden Schmelzekanal 4 in einem gleichzeitig zur Lagerung die­nenden Gehäuse 5 geleitet. Der Schmelzekanal 4 steht mit einem rotierenden Düsenkopf 6 in Verbindung, dessen Drehzahl im Bereich von 1000 bis 11 000 min⁻¹, vorzugs­weise 3000 bis 11 000 min⁻¹, liegt. Aus dem Düsenkopf 6 tritt die Schmelze durch kleine Bohrungen in einem Winkel von 45° bis 90° zur Drehachse radial aus. Auf­grund des anliegenden Schmelzedruckes von 1 bar bis 150 bar, vorzugsweise 1 bar bis 50 bar, werden kontinu­ierliche Massenströme pro Bohrung von 0,001 g/min bis 5 g/min, vorzugsweise 0,01 bis 1 g/min, gebildet. Diese Massenströme werden von einem aus dem Düsenkopf 6 aus­tretenden, überwiegend mit axialer Komponente strömenden Umlenkgasstrom 7, 8 erfaßt und dabei zu endlichen Feinstfasern mit einem Durchmesser von 0,1 µm bis 4 µm verzogen und verstreckt. Die Feinstfasern 9 werden dann über einen Sammeldiffusor 11 auf ein Ablageband 12 mit einer Gasabsaugung 13, 14 zu einem Vlies 15 verdichtet und gegebenenfalls zwischen beheizten Walzen 16 weiter verfestigt.

    [0018] Der Antrieb des rotierenden Düsenkopfes 6 mit dem darin einmündenden Schmelzekanal 4 erfolgt durch einen Motor 17 mit zugeordnetem Keilriemengetriebe 18. Die Beheizung des Düsenkopfes 6 geschieht zweckmäßig durch elektrische Induktion, während der Schmelzekanal 4 im Lagerbereich 5 durch Widerstandsheizdrähte aufgeheizt wird. Das Um­lenkgas 7, 8 wird dem Düsenkopf 6 über die Anschlüsse 19, 20 zugeführt.

    [0019] Gemäß Figur 2 werden die aus den Austrittsbohrungen im Düsenkopf 6 austretenden Schmelzeströme zusätzlich durch radiale Gasströme verstreckt, bevor sie von den Umlenk­gasströmen 7, 8 erfaßt werden. Zu diesem Zweck wurde der rotierende Düsenkopf 6 weiterentwickelt. Die Polymer­schmelze 21 wird hier mit einer zur Einstellung der ge­wünschten Viskosität erforderlichen Temperatur oberhalb der physikalischen Schmelzetemperatur mit einem Druck von 1 bis 200 bar in den zentrischen rotierenden Schmel­zekanal 4 und von dort über radiale Bohrungen 22 in eine, im Düsenkopf 6 angeordnete, den Schmelzeaustritts­öffnungen 24 vorgeschaltete Kammer, geleitet. Die Zen­trifugalkraft bewirkt, daß der Druck in der Vorkammer 23 größer ist als der vom Extruder vorgegebene Druck, was zu einem Geschwindigkeitszuwachs der Schmelzeströ­mung in der Austrittsbohrung 24 führt. Der Druck in der Vorkammer 23 beträgt vorzugsweise 1 bar bis 150 bar, so daß die Schmelzeviskosität in der Bohrung 24 durch die Strömung erniedrigt wird und höhere Massendurchsätze erzielt werden können. Zur Einstellung der gewünschten Schmelzetemperatur am Austritt der Bohrung 24 wird der Düsenkopf mit einer elektrischen Induktionsheizung 25 beheizt. Die Gaszufuhr für die radialen Gasströme 26 erfolgt am Anschluß 27. Das unter Druck stehende Gas wird vom Anschluß 27 in eine Druckgasverteilungskammer 28 geleitet und strömt von dort durch eine Vielzahl von Gasbohrungen 29 in eine Druckgasdüsenkammer 30. Dabei wird die erhitzte Luft näherungsweise auf Schallge­schwindigkeit gebracht und strömt über den Schlitzspalt 31 im Düsenkopf mit nahezu gleich hoher Geschwindigkeit als radialer Gasstrom 26 aus. Dabei hat es sich als günstig herausgestellt, wenn der radiale Gasstrom unter einem Winkel von 0° bis 45°, vorzugsweise 5° bis 20°, zur Richtung der Schmelzeaustrittsbohrungen 24 aus­tritt.

    [0020] Die aus den Schmelzeaustrittsöffnungen 24 austretenden Polymerschmelzeströme bilden Primärfäden im Zentrifugal­feld, wobei die nahezu in gleicher Richtung strömenden, beheizten radialen Gasströme 26 eine Abkühlung entweder verhindern oder gezielt steuern und zusätzlich zu dem zentrifugalen Verzug der Primärfäden einen gasdyna­mischen Verzug bewirken, wodurch sehr feine Primärfäden 9 von wenigen µm Durchmesser ohne Abriß entstehen. Die Gasströme 26 verhindern zudem ein Verkleben der Primär­fäden 32 und sorgen ferner dafür, daß die Primärfäden nicht vorzeitig in eine axiale Richtung umgelenkt wer­den. Die Richtung der radialen Gasströme 26 wird zweck­mäßig so gewählt, daß der geometrische Schnittpunkt der Gasstromrichtung mit der Richtung der Primärfäden 32 in einem radialen Abstand von der Zentrifugalachse fällt, bei dem die Fäden 32 ihre maximale Umfangsgeschwindig­keit erreicht haben.

    [0021] In einem radialen Abstand von 10 mm bis 200 mm von den Austrittsbohrungen 24 werden die Primärfäden 32 von einem in axialer Richtung strömenden Umlenkgasstrom 7, 8 erfaßt und in axialer Richtung weitergefördert. Die umlenkgasströme 7, 8 haben eine Richtung von +60° bis -60°, vorzugsweise +30° bis -30°, zur Drehachse und eine Geschwindigkeit von 50 bis 500 m/sec. Die aus dem Blas­ring 33 austretenden Umlenkgasströme 7, 8 weisen eine Temperatur auf, die unterhalb der Schmelzetemperatur, vorzugsweise unterhalb der Erstarrungstemperatur, des Polymermaterials liegt. Durch die Umlenkgasströme werden die Primärfäden 32 abgekühlt und auf den gewünschten Endfaserdurchmesser verstreckt. Gleichzeitig erfolgt ein Abriß, so daß Polymerfeinfasern 9 mit endlicher Länge gebildet werden, die dann, wie in Verbindung mit Figur 1 beschrieben, zu einem Vlies 15 weiterverarbeitet werden.

    [0022] Eine weitere Variante des Verfahrens wird nachfolgend anhand von Figur 3 erläutert. Die Erzeugung der Primär­fäden geschieht im Prinzip nach dem gleichen Verfahren wie bei der Vorrichtung nach Figur 2; im Unterschied zu dem vorbeschriebenen Verfahren werden die Primärfäden 32 jedoch nicht einseitig, sondern beidseitig von flan­kierenden radialen Gasströmen 26 und 34 angeblasen. Zu diesem Zweck gehen von der, mit der Gaszuführung 27 ver­bundenen Druckgasverteilungskammer 28 zwei Gasbohrungen 29 und 35 aus, die in getrennte Druckgasdüsenkammern 30 und 36 einmünden. Der Druck in diesen beiden Kammern liegt im Bereich von 1,5 bis 3 bar. Anstelle eines Schlitzspaltes 31 für den Austritt des radialen Gas­ stromes (Figur 2) sind hier nun zwei getrennte, der Schmelzeaustrittsöffnung 24 benachbarte Gasaustritts­bohrungen 37, 38 vorgesehen, die mit den Druckgasdüsen­kammern 30, 36 verbunden sind. Aus den Bohrungen 37, 38 strömt das Gas mit einer Geschwindigkeit oberhalb der Schallgeschwindigkeit radial in einem Winkel β von 0° bis 90°, vorzugsweise 30° bis 90°, zur Drehachse beid­seitig der Schmelzeaustrittsöffnung aus. Die Gasaus­trittsbohrungen 37, 38 schließen dabei jeweils einen Winkel α₁ bzw. α₂ von 0° bis 45°, vorzugsweise 5° bis 20°, mit der Richtung der Schmelzeaustrittsöffnung 24 ein.

    [0023] Die Richtung der die Primärfäden 24 flankierenden radialen Gasstrahlen 26, 34 wird zweckmäßig so gewählt, daß die Gasstrahlen den Primärfaden 32 an einem Punkt R treffen, wo die Primärfäden noch nicht ihre maximal mögliche Umfangsgeschwindigkeit erreicht haben. Dadurch wird sichergestellt, daß die Primärfäden 32 sowohl durch Zentrifugalkräfte als auch nahezu gleichzeitig durch gasdynamische Kräfte verzogen werden. Unter "Verzug" wird hierbei verstanden, daß die Schmelzeströme ver­streckt und gedehnt werden. Die Temperatur der radialen Gasstrahlen 26, 34 ist wiederum so hoch eingestellt, daß auf dieser Verzugsstrecke praktisch keine Abkühlung stattfindet.

    [0024] Anschließend werden die Primärfäden 32 wie bei dem Ver­fahren nach Figur 2 durch axiale, aus dem Blasring 33 austretende Umlenkgasströme 7, 8 in axiale Richtung um­gelenkt. Der Winkel der Umlenkgasströme beträgt dabei wieder +60° bis -60°, vorzugsweise +30° bis -30°, (ge­messen gegen die Drehachse des Düsenkopfes). Der Abstand x der Austrittsstelle der Umlenkgasstrahlen 7, 8 von der Schmelzeaustrittsöffnung 24 beträgt 10 mm bis 200 mm, vorzugsweise 20 mm bis 100 mm. Die Umlenkgasstrahlen 7, 8 bewirken neben der Richtungsänderung die Abkühlung, weitere Dehnung und schließlich den Abriß der Polymer­fäden 9.

    [0025] Die Polymerschmelze 21 wird wiederum durch den zen­tralen, rotierenden Schmelzekanal 4 zugeführt und durch die radialen Schmelzeverteilbohrungen 22 in die Vor­kammern 23 weitergeleitet, die mit den Schmelzeaus­trittsöffnungen 24 verbunden sind. Zur Beheizung ist der Düsenkopf 6 mit einer Heizwicklung 39 ausgerüstet, die über die Leitung 40 elektrisch angeschlossen wird.

    [0026] Zusammenfassend werden noch einmal die wichtigen Verfah­renskriterien hervorgehoben.

    1. Die Polymerschmelze wird unter einem relativ hohen Vordruck in den rotierenden Düsenkopf eingebracht.

    2. Die Umlenkung und Kühlung der Primärfäden durch Um­lenkgasströme erfolgt erst nach Durchlaufen einer radialen Verstreckungszone, in der die Polymerfäden mit Heißluft mit überwiegend radialer Komponente angeblasen werden.

    3. Die radialen Heißgasströme werden dem rotierenden Düsenkopf zentral zugeführt und innerhalb des Düsenkopfes radial aufgeteilt.

    4. Durch den radialen Heißgasstrom erfolgt eine ein- oder beidseitige Anblasung der Primärfäden.

    5. Der Düsenkopf rotiert mit einer hohen Umfangsge­schwindigkeit von 20 bis 150 m/sec.

    6. Die Anblasung durch den Umlenkgasstrom erfolgt be­vorzugt mit Schall- oder Überschallgeschwindig­keit.

    7. Der rotierende Düsenkopf wird nicht gekühlt, son­dern beheizt.


    Ausführungsbeispiele


    Beispiel 1


    Versuchsapparatur nach Figur 2



    [0027] Isotaktisches Polypropylen mit einem MFI 190/5 von 60 g/min wurde mit einer Temperatur von 210°C im Extru­der erschmolzen.

    [0028] Die Spinn- bzw. Schleuderkopftemperatur lag bei 260°C. Der Schmelzedruck im Schleuderkopf betrug 10 bar, hier­bei wurde ein Schmelzedurchsatz von 0,9 g/min. und Boh­rung erreicht. Der Schleuderkopf rotierte mit 9700 min⁻¹. Die aus den Bohrungen austretenden Primärschmel­zefäden wurden mit einem radialen Heißluftstrom von 380 Nm³/h und 280°C verstreckt. Anschließend mit 500 Nm³/h und 20°C kalter Luft axial umgelenkt. Die so gesponnenen Feinstfasern hatten einen mittleren Faserdurchmesser von 1,1 µm, eine Standardabweichung von 0,4 µm und eine Fa­serlänge von mehr als 50 mm. Bei einer Dehnung von weni­ger als 60 % betrug die Einzelfaserfestigkeit 300 bis 800 MPa. Es wurden Vliese mit Flächengewichten von 2 bis 60 g/m² hergestellt, die sich durch hohe Gleichmäßig­keit, keine autogene Vliesbildung und hohe Vliesfestig­keit auszeichneten.

    Beispiel 2


    Versuchsapparatur nach Figur 2



    [0029] Polyamid 6 mit einer relativen Viskosität von ηR = 3,1 wurde bei 270°C im Extruder erschmolzen und mit einer Spinntemperatur von 300°C und Massendurchsätzen von 0,1 g/min pro Bohrung bei einem Schmelzevordruck von 25 bar nach dem erfindungsgemäßen Verfahren versponnen. Radial wurde mit 300 Nm³/h und 295°C heißer Luft ver­streckt. Axial umgelenkt wurde mit 500 Nm³/h und 20°C kalter Luft. Dabei wurden Feinstfasern mit einer Stärke von 2 µm, einer Standardabweichung von 0,8 µm und großer Faserlänge erzielt. Die Festigkeit betrug bei einer Dehnung von weniger als 40 % 400 bis 900 MPa.

    [0030] Das erfindungsgemäße Verfahren ist insbesondere zur Her­stellung von Fein-, Feinst- und Ultrafeinfasern aus thermoplastischen Materialien, wie Polyurethan, Polyole­fin, Polyamid, Polyester oder thermotropen LC-Polymeren geeignet.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von endlich langen Feinstpolymerfasern mit einem mittleren Faserdurch­messer von 0,1 µm bis 10 µm, vorzugsweise 0,1 µm bis 4 µm, aus thermoplastischen Polymeren, bei dem das geschmolzene Polymer in einem rotierenden Düsenkopf aus einer Vielzahl von Austrittsbohrungen radial unter Faserbildung geschleudert wird und die gebildeten Fasern als Vlies auf eine Ablage abge­schieden werden, dadurch gekennzeichnet, daß das geschmolzene Polymer unter einem Vordruck von 1 bar bis 200 bar, vorzugsweise 1 bar bis 50 bar, in den Düsenkopf eingebracht wird und daß die Fasern in einem radialen Abstand von 10 mm bis 200 mm von den Austrittsbohrungen durch einen Gasstrom hoher Ge­schwindigkeit in axiale Richtung umgelenkt und dabei gleichzeitig verstreckt und gedehnt werden.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die aus den Austrittsbohrungen austretenden Schmelzeströme zusätzlich durch in der Nähe der Austrittsbohrungen am Düsenkopf austretende Gas­ströme mit überwiegend radialer Komponente ver­streckt werden, bevor sie von dem Umlenkgasstrom mit überwiegend axialer Komponente erfaßt werden.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die radialen Gasströme jeweils unter einem Win­kel von 0° bis 45°, vorzugsweise 5° bis 20°, gegen die Richtung der Schmelzeaustrittsbohrungen und in einem Abstand von 2 mm bis 20 mm von den Schmelze­austrittsbohrungen austreten.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 2 bis 3, dadurch gekenn­zeichnet, daß die radialen Gasströme mit einer Strömungsgeschwindigkeit von 100 m/s bis 600 m/s austreten.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Fasern von dem Umlenkgasstrom mit einer Strömungsgeschwindigkeit von 50 m/s bis 500 m/s unter einem Winkel von +60° bis -60° zur Drehachse und in einem radialen Abstand von 10 mm bis 200 mm von den Schmelzeaustrittsöffnungen ange­blasen werden.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Schmelzeströme aus den Austritts­bohrungen unter einem Winkel von 45° bis 90° zur Drehachse ausgeschleudert werden.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekenn­zeichnet, daß zusätzlich zu der durch den Vordruck der Polymerschmelze im Düsenkopf hervorgerufenen Beschleunigung der Schmelzeströmung in einer der Schmelzeaustrittsöffnungen vorgeschalteten Kammer eine so hohe Zentrifugalbeschleunigung erzeugt wird, daß in der Kammer ein Druck von 1 bar bis 200 bar, vorzugsweise 1 bar bis 50 bar, herrscht.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 1 bis 7, dadurch gekenn­zeichnet, daß das Verhältnis des radial strömenden Mengengasstroms zum axial gerichteten Mengengas­strom auf einen Wert zwischen 0 bit 5, vorzugsweise 0,4 bis 2, eingestellt wird.
     
    9. Verfahren nach Anspruch 1 bis 8, dadurch gekenn­zeichnet, daß das radial strömende Gas auf eine Temperatur beheizt wird, die gleich oder größer ist als die Temperatur der Polymerschmelze an den Aus­trittsöffnungen.
     
    10. Verfahren nach Anspruch 1 bis 9, dadurch gekenn­zeichnet, daß als thermoplastisches Material Poly­urethan, Polyolefin, Polyamid, Polyester, Poly­phenylensulfid oder thermotrope LC-Polymere verwendet werden.
     




    Zeichnung