GEGENSTAND DER ERFINDUNG
[0001] Die Erfindung betrifft ein neuartiges haarerhaltendes Äscherverfahren von tierischen
Häuten und Fellen unter Gewinnung der Haare, das ein Weich- und ein anschließendes
Äscherverfahren unter Immunisierung der Haare durch kontrollierte Vorbehandlung mit
Alkali einschließt.
STAND DER TECHNIK
[0002] In der gegenwärtigen Praxis der Lederherstellung wird die Enthaarung der Häute unter
Verwendung von Kalkhydrat und anorganischen Sulfiden vorgenommen. (Vgl. Kirk-Othmer,
Encyclopedia of Chemical Technology, 3rd Ed. Vol. 14, pg. 209, J. Wiley, 1981; Ullmanns
Enzyklopädie der Techn. Chemie, 4. Aufl., Bd. 16, S. 118, Verlag Chemie, 1978). Die
haarzerstörenden Enthaarungsverfahren mit Sulfiden wirken sich belastend auf Abwasser
und Luft aus und sind daher berechtigter Kritik ausgesetzt. Enzymatische Enthaarungsverfahren,
die sich tryptischer Enzyme oder Pilz- oder Bakterienproteasen, z.T. auch Carbohydrolasen
bedienen, sind immer wieder vorgeschlagen worden. Praktische Anwendung haben die enzymatischen
Enthaarungsverfahren allerdings fast nur bei Kleintierfellen und auch da nur in beschränktem
Maßstab erfahren.
[0003] Die enzymatische Enthaarung führt meistens nicht zu völlig grundhaarfreien Häuten
bzw. Blößen. Andererseits beobachtet man teilweise, daß der Narben durch collagenolytisch
wirksame Enzyme, wie sie in vielen technischen Enzympräparationen vorkommen, mehr
oder weniger stark angegriffen wird.
[0004] Weichverfahren unter Anwendung von Hydrotropica und gegebenenfalls Enzymen sind aus
der DE-A 29 44 461 bzw. der US-A 4 344 762 bekannt. Ein enzymatisches Verfahren zur
Haargewinnung und gleichzeitigem Hautaufschluß unter Verwendung von Disulfidbrücken-spaltenden
Substanzen, u.a. Mercaptanen und Thio-Fettsäuren, ist in der DE-C 29 17 376 bzw. der
US-A 4 294 087 beschrieben worden. In der DE-A 29 29 844 bzw. der US-A 4 278 432 wird
ein saures Weichverfahren empfohlen, bei dem ebenfalls Mercaptane, Thiofettsäuren
bzw. Verbindungen mit dem Strukturelement H₂N-

=S eingesetzt werden.
[0005] In jüngerer Zeit laufen die Bestrebungen einerseits auf eine Automatisierung der
Arbeitsabläufe bei der Enthaarung, andererseits auf eine möglichst umweltschonende
Technologie hinaus.
[0006] Auf dieser Linie liegt z.B. das "Darmstädter Durchlaufverfahren". (Vgl. E. Heidemann
in "Das Leder" 35, 143-150 (1984) und der sogenannte CSIRO-LIME-Process, den Cranston,
Davis und Scroggie in Australien entwickelt haben. (Vgl. R.W. Cranston et.al., Leather
186, 229-231 (1984).
AUFGABE UND LÖSUNG
[0007] Es bestand daher die Aufgabe, ein haarerhaltendes Enthaarungsverfahren zur Verfügung
zu stellen, bei dem die Haare weitgehend erhalten bleiben und abgetrennt werden konnen,
welches das Abwasser möglichst wenig belastet und das zu qualitativ hochwertigen Ledern
führt. Es wurde nun gefunden, daß das erfindungsgemäße Äscherverfahren der gestellten
Aufgabe in hohem Maße gerecht wird. Das erfindungsgemäße Verfahren schließt vorteilhaft
an die an sich bekannten Verfahrensschritte der Wasserwerkstatt an: Dem erfindungsgemäßen
Verfahren geht üblicherweise eine Schmutzweiche voraus.
[0008] Das erfindungsgemäße Verfahren zum Äschern von Häuten und Fellen unter Haarerhaltung
und -gewinnung in einem Weich- und anschließenden Äscherverfahren unter Immunisierung
der Haare durch kontrollierte Vorbehandlung mit Alkali besteht darin, daß man die
Felle und Häute
a) in einer Weiche bestehend aus einer wäßrigen Flotte vom pH-Wert 7 - 10,5, vorzugsweise
8 - 10, besonders bevorzugt 9 - 10, enthaltend mindestens ein Tensid T während 4 -
48 Stunden behandelt, anschließend
b) in einem Inkubationsschritt
die geweichten Felle und Häute mit einer wäßrigen Flotte enthaltend (im wesentlichen)
von anorganischem Sulfid freies Enthaarungsmittel EM auf Basis reduzierend wirkender
organischer Schwefelverbindungen RED-S während 30 bis 180, vorzugsweise 45 bis 90
Minuten bei einem pH-Wert von 9 - 11, vorzugsweise 9,5 - 10,5 behandelt und anschließend
c) in einer Immunisierungsphase
auf die Felle und Häute, die durch Zusatz von Basen B auf einen pH-Wert im Bereich
von 10 - 14, vorzugsweise 12 - 14, insbesondere 12,5 + 0,5 gebrachte Flotte während
1 bis 12 Stunden, vorzugsweise 1 bis 3 Stunden unter Bewegen zur Einwirkung gebracht
und anschließend
d) in einem Haarlockerungsschritt
auf die Felle und Häute die Flotte, der anorganisches Sulfid AS in Mengen entsprechend
0,5 bis 3 Gew.-%, bezogen auf das Salz- bzw. Frischgewicht der Felle und Häute zugesetzt
worden war, im pH-Bereich 10 -14, vorzugsweise 12-14, während 30 bis 180 Minuten zur
Einwirkung gebracht wird und
e) Haare und Haut voneinander getrennt werden und
f) in einem Äscherschritt
die so erhaltenen Blößen unter Zusatz von Wasser, Alkali und Äscherhilfsmitteln AH
durchgeäschert werden, mit der Maßgabe, daß die Flotte jeweils 50 - 500 Gew.-% des
eingesetzten Haut- oder Fellmaterials ausmacht.
[0009] Im einzelnen kann das Verfahren wie folgt durchgeführt werden.
Zur Weiche a)
[0010] Die Einstellung des pH-Werts der wäßrigen Weichflotte geschieht in an sich bekannter
Weise durch Verwendung von Alkali, insbesondere Natrium- oder weniger bevorzugt Kaliumhydroxid,
-carbonat bzw. -bicarbonat, gegebenenfalls auch durch Ammoniumverbindungen wie Ammoniak
bzw. durch Kombination von Alkalien.
Die Flottenlänge beträgt - in Anpassung an die verwendeten Gefäße - in der Regel 100
- 500, vorzugsweise 100 - 500 Gew.-%, bezogen auf die gesalzenen Häute bzw. Felle.
In Abwesenheit geeigneter Enzyme als Weichhilfsmittel ist mit verlängerter Weichdauer
zu rechnen; praktisch gesehen führt man die Weiche zweckmäßig über Nacht durch, vorzugsweise
im Temperaturbereich 25 - 28 Grad C. Bei einer bevorzugten Ausführungsart kann der
Weichvorgang in einer Flotte durchgeführt werden, die für den Weichvorgang geeignete
Enzyme enthält. Vorzugsweise handelt es sich dabei um proteolytische Enzyme [E. C.3.4.].
Besonders bevorzugt ist die Verwendung alkalischer Proteasen, mit einem Wirkungsoptimum,
etwa im Bereich von pH 7,5 - 13. (Vgl. Kirk-Othmer, 3rd. Ed. loc.cit. Vol. 9, K. Aunstrup
in B. Spencer Ed. "Industrial Aspects of Biochemistry", Vol. 30, (I), pp. 23-46; North
Holland, 1974).
[0011] Im allgemeinen kommen in Frage:
- Proteasen tierischen Ursprungs, wie die pankreatischen Enzyme (Pancreatin, E.C.
3.4.23).
- Proteasen mikrobiellen Ursprungs (vgl. L. Keay in "Process Biochemistry" 1971, pp.
17-21).
α) aus Bacillus-Arten
wie B.subtilis, B.licheniformis, B.alkalophilus, B.cereus, B.natto, B.vulgatus, B.mycoides,
β) aus Streptococcus-Arten
γ) aus Streptomyces-Arten
wie Streptomyces fradiae, S.griseus, S.rectus
δ) aus Aspergillus-Arten
wie Aspergillus flavus-oryzae, A.niger, A. saitoi, A.usamii
ε) aus Mucor- und Rhizopus-Arten
wie Mucor pusillus, M.mietrei
ζ) Endothia-Arten
wie Endothia parasitica
η) aus Trametes-Arten
wie Trametes sanguinea
* bacillus subtilis
** aspergillus parasiticus
[0012] Mit Vorteil wird eine Kombination von Enzymen angewendet, wobei ein Anteil an Bakterienprotease
zweckmäßig ist. Vorteilhaft liegt der Anteil der Bakterienprotease, z.B. vom Typ*)
bei 20 - 70 % der enzymatischen Gesamtaktivität. Als weitere Enzymkomponenten sind
z.B. Pilzproteasen, z.B. vom Typ**), etwa in Anteilen von 10 - 30 % und/oder Pankreasenzyme
in Anteilen von 10 - 20 % der Gesamtaktivität gut geeignet.
[0013] Als Anhalt soll die Dosierung der proteolytischen Enzyme so erfolgen, daß Quantitäten
in der Weiche vorliegen, die 2 000 bis 20 000 Löhlein-Volhard-Einheiten pro kg Salz-
oder Frischgewicht der Häute und Felle entsprechen. Die proteolytische Wirksamkeit
von Enzymen wird gebräuchlicherweise nach der Anson-Haemoglobin-Methode (M.L. Anson,,
J.Gen. Physiol. 22, 79 (1939) bzw. nach der Löhlein-Volhard-Methode (die Löhlein-Volhard'sche-Methode
zur Bestimmung der proteolytischen Aktivität. Gerbereichem. Taschenbuch, Dresden-Leipzig,
1955) als "LVE" (Löhlein-Volhard-Einheit) bestimmt. Unter einer Löhlein-Volhard-Einheit
ist diejenige Enzymmenge zu verstehen, die unter den spezifischen Bedingungen der
Methode 1,725 mg Casein verdaut. Weiter werden im folgenden für die Aktivitätsbestimmung
der im sauren Bereich wirksamen Enzyme Einheiten verwendet, die aus der Anson-Methode
abgeleitet sind. Diese werden als "Proteinase-Units (Haemoglobin)" U
Hb bezeichnet. Eine U
Hb entspricht der Enzymmenge, welche die Freisetzung von trichloressigsäure-löslichen
Bruchstücken aus Haemoglobin äquivalent 1 uMol Tyrosin pro Minute bei 37 Grad C (gemessen
bei 280 nm) katalysiert. (1 mU
Hb = 10⁻³ U
Hb.)
[0014] Die Weiche wird in Gegenwart mindestens eines Tensids T durchgeführt. Als Tenside
T werden vorzugsweise anionische und insbesondere neutrale Tenside, wie sie z.B. in
der DE-A 33 12 840 bzw. der AU-C 558 447 beschrieben werden, bzw. Mischungen beider
eingesetzt. (Vgl. F. Stather, Gerbereichemie und Gerbereitechnologie, Akademie-Verlag,
Berlin, 1967). In der Regel werden 0,1 bis 1, vorzugsweise 0,1 bis 0,3 Gew.-% der
Tenside T bezogen auf das Salzgewicht der Häute und Felle angewendet. Besonders bevorzugt
ist die gleichzeitige Anwendung neutraler und anionischer Tenside, wobei sich - als
Anhalt - ein Verhältnis 3 : 1 bis 10 : 1 Gew.-Teile als zweckmäßig erwiesen hat.
Genannt seien Tenside beispielsweise der folgenden Typen:
A. Polyglykolderivate (in Klammer beispielhafte Handelsprodukte)
[0015]
α) Fettsäurepolyglykolen (EMULPHOR®)
β) Fettalkoholpolyglykolether (FORYL D®)
γ) Alkylphenolpolyglykolether (EUMULGIN®) 286, (FLUIDOL W100®, IGEPAL C®
δ) Fettsäureethanolamidpolyglykolether (C®, FORYL KW®) EUMULGIN
B. Glycerinderivate
[0016]
α) Fettsäuremonoglyceride (TEGOMOL S®)
β) Fettsäurepolyglycerinester
Weiter anionische Emulgatoren beispielsweise der folgenden Typen:
C. Sulfate R′-OSO₃Na
[0017]
α) Fettalkoholsulfate, primäre EPPOL DL conc.®, PERAMIT ML® und sekundäre TEEPOL®
β) Fettalkohol-ethoxyliert-Sulfate (TEXAPON Q®)
γ) Monoglyceridsulfate (VEL®)
δ) Sulfatierungsprodukte von ungesättigten Ölen und Fettsäuren (LEDEROLINOR DKMS®)
D. Sulfonate R SO₃Na
[0018]
α) Alkylbenzolsulfonate (ABS, TPS) (MARLOPON®, MARLON®)
β) Alkylsulfonat (MERSOLAT®)
γ) Fettsäurekondensationsprodukte (IGEPON A®, IGEPON I®)
δ) Petrolsulfonate (enthalten in: GRASSAN B®)
ε) Sulfitierungsprodukte von ungesättigten fetten Ölen und Fettsäuren (CUTISAN
BS®)
ζ) kurzkettige Alkylbenzolsulfonate, z.B. des Cumols, Toluols oder Xylenols,
wobei der Rest R′ (falls nicht anders ausgewiesen) einen langkettigen Alkylrest,
vorzugsweise mit 8 - 28 Kohlenstoffatomen bedeutet.
[0019] Die Weiche kann - innerhalb des erfindungsgemäßen Verfahrens - beispielsweise so
durchgeführt werden, daß man das gesalzene Hautmaterial in das Weichwasser einlegt,
dem eine oder mehrere Tenside T, vorzugsweise in den angegebenen Konzentrationen,
zugefügt sind oder im Verlauf des Weichverfahrens zugefügt werden. Das Weichverfahren
kann in den für solche Verfahren üblichen Geräten, beispielsweise im Mischer, Faß,
Gerbmaschine oder Haspel, durchgeführt werden.
[0020] b) Der Inkubationsschritt
wird vorzugsweise mit einer frischen, wäßrigen Flotte durchgeführt, unter anderem
um die Konstanz der Reaktionsbedingungen sicherzustellen. Die Flotte, in der die geweichten
Häute oder Felle inkubiert werden, ist im wesentlichen frei von
anorganischem Sulfid. Vorzugsweise macht die Flotte 50 - 80 Gew.-% bezogen auf die gesalzenen bzw.
frischen Häute oder Felle aus. Die Flotte enthält ein Enthaarungsmittel EM mit den
folgenden Komponenten:
- mindestens eine, im vorliegenden System reduzierend wirkende, organische Schwefelverbindung
RED-S in Mengen von 0,05 bis 5 Gew.-% bezogen auf das Salzgewicht bzw. das Frischgewicht
der Häute und Felle,
- mindestens ein Hydrotropikum HY in Mengen von 0,05 bis 2 Gew.-% auf das Salzgewicht
bzw. das Frischgewicht der Häute und Felle,
- ein oder mehrere Amine A in Mengen von 0 bis 2 Gew.-%, vorzugsweise 0,05 bis 2 Gew.-%
bezogen auf das Salzgewicht bzw. das Frischgewicht der Häute und Felle,
die im Sinne der gestellten Aufgabe synergistisch zusammenwirken.
[0021] Der pH-Wert der Flotte beim Inkubationsschritt liegt bei 9 -11, vorzugsweise bei
9,5 - 10,5; dieser pH-Wert kommt teils durch das Amin A, teils durch eingesetztes
Alkali, beispielsweise in Form von Alkalimercaptiden zustande.
[0022] Die Wirksamkeit der reduzierend wirkenden, organischen Schwefelverbindungen RED-S
kann dahingehend gedeutet werden, daß sie bei pH 10 - 12,5 imstande sind die Disulfidbrücken
des Präkeratins zu spalten, jedoch jene des äußeren Haarkeratins weitgehend intakt
zu lassen. In anderen Worten, das (pH-abhängige) Redoxpotential der organischen Schwefelverbindung
RED-S kann im System EM höher sein als das des Keratins (E₀ = -420 mV). Ohne sich
notwendig auf diese Modellvorstellung festzulegen, erlaubt diese doch die Auswahl
geeigneter organischer Schwefelverbindungen.
[0023] Vorzugsweise kommen als reduzierend wirkende, organische Schwefelverbindungen RED-S
solche der Formel I
R₁ SH I
worin R₁ für einen gegebenenfalls verzweigten, gegebenenfalls cyclischen Alkylrest
mit 2 bis 24 Kohlenstoffatomen, insbesondere 2 bis 18 Kohlenstoffatomen, speziell
2 bis 12 Kohlenstoffatomen, wobei der Alkylrest hydroxy- oder thiol-substituiert sein
kann, oder für einen Rest -(CH₂)p-NR₂ R₃
worin R₂ und R₃ unabhängig voneinander für Wasserstoff oder einen Alkylrest mit 1
bis 6 Kohlenstoffatomen steht, oder unter Einbeziehung eines weiteren Stickstoff-,
eines Sauerstoff- oder eines Schwefelatoms einen (vorzugsweise gesättigten) Heterocyclus
bilden und p für eine ganze Zahl von 2 bis 6 steht oder für einen Rest -R₄-COOR₅,
worin R₄ für einen, gegebenenfalls verzweigten, gegebenenfalls mit einer weiteren
COOR₅-Gruppe substituierten Alkylrest mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen, wobei -SH an
einem primären, sekundären oder tertiären Kohlenstoffatom gebunden sein kann und worin
R₅ für Wasserstoff oder einen Alkylrest mit 1 bis 6 Kohlenstoffatomen steht
oder die Formamidinsulfonsäure in Frage.
[0024] Besonders genannt seien als Verbindungen der Formel I Mercaptane, speziell n-Alkylmercaptane,
wie n-Butylmercaptan, n-Amylmercaptan, n-Dodecylmercaptan, Mercaptane aus LOROL®-Typen,
n-Tetradecylmercaptan sowie hydroxy substituierte Alkylmercaptane wie 2-Mercaptoethanol,
3-Mercapto-1,2-propandiol, weiter Amin- substituierte Alkylmercaptane wie das β-(Di-n-amylamino)ethylmercaptan,
wobei diese Verbindungen dem pH-Wert gemäß vorwiegend in Form ihrer Salze vorliegen
werden.
[0025] Desweiteren seien genannt die Mercapto-mono- und die -Dicarbonsäuren bzw. deren Salze
wie die Mercaptoessigsäure, die 2-Mercaptopropionsäure, die 3-Mercaptopropionsäure,
die Mercaptobernsteinsäure. Ferner sei genannt die Formamidinsulfinsäure (Thioharnstoffdioxid).
Geeignete Hydrotropika HY sind z.B. in der Literaturstelle H. Rath et al. Melliands
Textilbericht 43 (7) 718 (1962) bezeichnet worden.
Vorzugsweise finden Hydrotropica der Formel II
H₂N -

= X II
worin R für Wasserstoff, -NH₂, -CH₃ oder -NH-CN und X fur Sauerstoff, Schwefel oder
NH steht oder X zusammen mit R ein heterocyclisches System bildet mit der Maßgabe,
daß das heterocyclische System nur Stickstoff-Heteroatome aufweist und/oder die davon
abgeleiteten Säureadditionssalze z.B. Hydrochloride, Sulfate, Phosphate sowie Rhodanide,
Anwendung.
Genannt seien insbesondere Harnstoff, Thioharnstoff, Acetamid, Formamid, Guanidin,
Melamin, Dicyandiamid. Apparativ kann wie bei der Weiche verfahren werden. Auch hier
beträgt die Verfahrenstemperatur vorzugsweise 25 - 28 Grad C.
[0026] Als weitere Komponente des Enthaarungsmittels EM kann gegebenenfalls ein geeignetes
Amin A anwesend sein. Zweckmäßig handelt es sich dabei um ein toxikologisch bzw. ökologisch
unbedenkliches Amin, beispielsweise ein nicht stark flüchtiges.
[0027] Vorzugsweise werden die Amine A durch die Formel III
R₆NR₇R₈ III
worin R₆ für einen gegebenenfalls mit einer OH-Gruppe substituierten, gegebenenfalls
cyclischen Alkylrest mit 1 bis 8 Kohlenstoffatomen und R₇ und R₈ für Wasserstoff stehen
oder die gleichen Bedeutungen wie R₁ besitzen oder worin R₂ und R₃ zusammen mit dem
Stickstoff und gegebenenfalls einem weiteren Stickstoff- oder Sauerstoffatomen einen
5- oder 6-gliedrigen Heterocyclus bilden mit der Maßgabe, daß beim Vorliegen eines
Heterocyclus R₆ auch für Wasserstoff stehen kann.
[0028] Definitionsgemäß kann es sich bei der Aminkomponente A um ein primäres, sekundäres
oder tertiäres Amin handeln, bzw. auch um Mischungen mehrerer Amine. Günstig ist beispielsweise
die Anwendung hydroxyl-substituierter Alkylamine wie z.B. des Ethanolamins, des Diethanolamins
und des Triethanolamins.
Weiter seien das Dimethylamin, das Diethylamin, das Cyclohexylamin und das Piperidin
genannt.
[0029] c) Die Immunisierungsphase
ist gleichbedeutend mit der Alkali-Aktivierung des Systems EM (während der Inkubationsschritt
technisch gesehen ein Vorlaufen des Reduktionsmittels bei niedrigerem pH bedeutet).
Sie ist gekennzeichnet durch den Zusatz bzw. die Anwesenheit von Basen B zu der Flotte,
wodurch ein pH-Wert von 10 - 14, vorzugsweise 12 - 14, eingestellt wird. Im allgemeinen
liegt der pH-Wert der Immunisierungsphase somit oberhalb des pH-Werts des Inkubationsschritts,
beispielsweise um mindestens 0,5 - 1 pH-Einheiten. Es liegt die mechanistische Deutung
nahe, daß in der Immunisierungsphase beim Keratin eine Umwandlung des Cysteins in
Lanthionin eintritt.
[0030] In diesem Zusammenhang muß die durch die pH-Erhöhung herbeigeführte Erhöhung des
Redoxpotentials des Systems EM mit der reduzierend wirkenden, organischen Schwefelverbindung
RED-S gesehen werden. Die Dauer der Immunisierungsphase beträgt in der Regel ca. 1
bis 5 Stunden, insbesondere 1 - 3 Stunden, vorzugsweise näher bei 1 Stunde. Als zweckmäßig
hat sich das Arbeiten im Gerbfaß bzw. der Haspel erwiesen, wobei - vorzugsweise diskontinuierliches
- Bewegen Vorteile mit sich bringt. Als Faustregel kann gelten, daß die Hälfte der
Zeit bewegt wird, in etwa 10 minütigem Rhythmus. Vorzugsweise wird bei 25 - 28 Grad
C gearbeitet. Prinzipiell können als Basen B vorwiegend anorganische Basen wie sie
z.B. im Äscher Verwendung finden, angewendet werden, wie z.B. Alkalien. Besonders
bewährt hat sich aber die Verwendung von Calciumoxid in der beim Äscher üblichen Hydratform
(Äscherkalk bzw. Kalkhydrat: Vgl. F. Stather, Gerbereichemie und Gerbereitechnologie,
Akademie-Verlag, Berlin, 1967, S. 169. Der Zusatz von Kalkhydrat zur Flotte liegt
gewöhnlich bei 0,5 - 5 Gew.% bezogen auf das Gewicht der Felle bzw. Häute. Allerdings
können der Inkubationsschritt und die Immunisierungsphase auch ineinander übergehen,
in dem z.B. die Bestandteile des Enthaarungsmittels EM gleichzeitig mit der Base B,
speziell mit dem Kalkyhydrat angewendet werden.
[0031] d) Der Haarlockerungsschritt
bedient sich anorganischen Sulfids als wirksames Agens, also der Sulfid- bzw. Hydrogensulfidanionen.
Zweckmäßigerweise werden diese in Form von NaHS bzw. Na₂S zugesetzt, wobei im ersten
Fall ca. 0,7 bis 1,2 Gew.-% Natriumhydrogensulfid (gewöhnlich 72 %ig), im letzteren
Fall 1 - 2 Gew.-% bezogen auf das Gewicht der Felle bzw. Häute eingesetzt werden.
Der pH-Wert soll im Bereich 10 - 14, vorzugsweise 12 - 14, sein. Die Einwirkungsdauer
liegt bei 20 - 30 Minuten im Minimum und bis zu 1 bis 3 Stunden. Die Temperatur liegt
auch hier vorteilhaft bei 25 bis 28 Grad C. Es kann vermutet werden, daß für die Haarlockerung
das unter den angewandten Bedingungen beträchtlich hohe Redoxpotential der sulfidhaltigen
Lösung (E
o = -500 bis -550 mV) verantwortlich ist, welches zur mehr oder weniger vollständigen
Reduktion des Präkeratins ausreicht, ohne das immunisierte äußere Haarkeratin zu zerstören.
e) Die Haarabtrennung
[0032] Durch die Behandlung kommt es zur Trennung von Haar und Haut. Durch Umpumpen der
Enthaarungsflotte über ein extern angebrachtes Sieb kann das Haar vollständig entfernt
und anschließend gewaschen und entwässert werden. Es kann aber auch das Haar in der
Flotte belassen und anschließend der Äscher bzw. Hautaufschluß durchgeführt werden.
Die Haarabtrennung erfolgt dann nachträglich im Sinne einer mechanischen Vorklärung.
f) Der Äscherschritt
[0033] Zur Entfernung des Grundhaars sowie zur Vervollständigung des Hautaufschlusses dient
der Äscherschritt. Nach den vorausgegangenen Operationen sind die Blößen nicht vollständig,
als Anhaltspunkt zu 1/3 bis allenfalls 1/2 der Blößenstärken durchgeäschert. Die vollständige
Äscherung der Häute geschieht im allgemeinen unter Aufbesserung von Wasser, Alkali
und Äscherhilfsmitteln AH. Im einzelnen bestehen verschiedene Möglichkeiten der Durchführung
des Äschers. So können nochmals Äscherhilfsmittel AH und Kalk, vorzugsweise in Mengen
von 1 - 4 Gew.-% bezogen auf die Häute und anorganische Sulfide in Mengen von 0,3
- 0,6 Gew.-% bezogen auf die Häute der Flotte zugesetzt werden. Die Äscherdauer liegt
im allgemeinen bei 20 - 24 Stunden (Verfahrensvariante 5A).
Man erhält Blößen von wünschenswerter Glätte, und Grundreinheit und beobachtet wenig
Zug. Insgesamt läßt sich auch ein Maßgewinn erzielen.
Bei einer anderen Variante wird, ausgehend von einer (durchschnittlich zu 1/3 durchgeäscherten)
Haut, wie folgt verfahren:
Man läßt zunächst die Flotte ab, entnimmt die Häute und wäscht sie vorzugsweise unter
Verwendung von unter gerberischen Gesichtspunkten vertretbaren Säuren, wie z.B. organische
Säuren wie z.B. Essigsäure oder Phosphonsäuren (vgl. DE-A 35 33 203) oder sauren Polyphosphaten,
um die Schlüpfrigkeit der Häute herabzusetzen und die Handhabung zu verbessern. Anschließend
wird in an sich bekannter Weise entfleischt und gespalten. (Vgl. F. Stather, Gerbereichemie
und Gerbereitechnologie, Akademie-Verlag, Berlin, 1967).
[0034] Die Narbenspalte werden, vorzugsweise im Faß, zweckmäßigerweise mit der Immunisierungsflotte
(die aus dem Immunisierungsschritt c) stammend aufbewahrt wird) unter Zusatz von Äscherkalk
und Sulfid in Analogie zur Verfahrensvariante 5A) siehe oben, im Narbenspaltäscher
gewöhnlich 6 - 36 Stunden weiterbehandelt. Die aus dem Narbenspaltäscher stammende
Flotte wird zweckmäßig zur Weiterverwendung/Recycling im Tank aufbewahrt.
[0035] Die Fleischspalte werden - vorteilhafterweise in der aus dem Narbenspaltäscher stammenden
Flotte unter Zubesserung von Äscherkalk und Wasser geäschert; es wird also ein "offenes"
Recycling praktiziert. Auch hier empfiehlt sich eine Äscherdauer von 6 - 36 Stunden,
vorzugsweise bei 25 - 28 Grad C.
Vorteilhafterweise wird dem Fleischspaltäscher ein zur Aufoxidation von Schwefel in
der Sulfidstufe geeignetes Oxidationsmittel zugesetzt, vorzugsweise aus der Gruppe
bestehend aus Perverbindungen wie Peroxiden, oder Eisen-II-salzen, Mn-II-Salzen,
Permanganaten, Chinonen, in der Regel in Mengen von 0,001 bis 1 Gew.-% bezogen auf
das Gewicht des Fleischspaltes.
Der Fleischspaltäscher mit Sulfid-Oxidation wird beispielsweise in einem Mixer unter
Umpumpen der Flotte durchgeführt. Man mischt als Anhaltspunkt etwa 50 - 150 ppm eines
Mn-II-Salzes, beispielsweise Mangansulfat zu. Unter der Wirkung der Oxidationsmittel
scheidet sich elementarer Schwefel, meist in kolloidaler Form ab. Auf diese Weise
läßt sich der Sulfidgehalt der Flotten um 70 bis 95 % verringern.
VORTEILHAFTE WIRKUNGEN
[0036] Das erfindungsgemäße Verfahren in der vorgesehenen Abfolge von technologischen Maßnahmen
bietet eine Reihe von unerwarteten Vorteilen, die sich insbesondere auch vorteilhaft
auf die Ökologie auswirken, z.B.:
- Reduzierung der Abwasserfracht im Äscher bezüglich CSB um ca. 30 - 50 %, Sulfid
von 40 - 60 %, Stickstoff um 30 - 40 % sowie der Feststoffe um 60 - 70 %.
- Gute Erhaltung der Haarstruktur und dadurch verbesserte Entwasserbarkeit.
- Die Möglichkeit des Spaltens im nativen Zustand der Haut, da nach der Haarentfernung
lediglich 20 - 25 % der Haut durchgeäschert sind. Spalten in diesem Zustand ergibt
sehr glatte Leder.
- Ein hohes Maß an Betriebssicherheit, da Gefahr der Immunisierung in den Haarwurzeln
bei zu langer Behandlung mit Kalkhydrat ausgeschlossen ist.
[0037] Die folgenden Beispiele dienen zur Erläuterung der Erfindung. Die Bestimmung des
chemischen Sauerstoff-Bedarfs (CSB) geschieht nach Ullmann, 4. Auflage, loc.cit.,Bd.
6, S. 376 (1981).
BEISPIELE
[0038] Falls nicht anders vermerkt, bedeuten die Prozentangaben Gewichtsprozente bezogen
auf das Gewicht der verwendeten Felle und Häute.
Beispiel 1
Haarerhaltendes Äscherverfahren von Rindshäuten im Gerbfaß zur Herstellung von Schuhoberledern;
Verfahren ohne Zwischenspalten der Häute.
Ausgangsmaterial:
[0039] Schmutzgeweichte deutsche Rindshäute (25 - 29 kg); Prozentangaben beziehen sich auf
Salzgewicht oder Grüngewicht.
Hauptweiche
[0040] 150 % Wasser, 28 Grad C
0,25 % proteolytisches Enzym auf der Basis Bakterienproteasen, Aktivität 4500 LVE/g
0,2 % Natronlauge, 50 %
0,3 % nichtionisches Tensid (Nonylphenol mit 8 - 9 Mol Ethylenoxid)
270 Minuten laufen lassen, Dichte 3 Grad Be, pH 9 - 9,5. Flotte ablassen.
Inkubationsphase
[0041] 50 % Wasser, 27 Grad C
1,2 % Ascherhilfsmittel bestehend aus 10 Gew.-% Triethanolamin, 20 Gew.-% Thioglycerin,
14 Gew.% Guanidinhydrochlorid, 66 Gew.-% Wasser
30 Minuten bewegen, 30 Minuten ruhen, pH 10 - 10,8.
Immunisierungsphase
[0042] + 1 % Kalkhydrat, 60 Minuten bewegen.
Haarlockerungsphase
[0043] + 0,7 % Natrium-sulfhydrat (72 %).
Nach 20 Minuten Beginn der Haarlockerung; Haare werden über externes Sieb kontinuierlich
abgetrennt. Häute sind nach ca. 90 - 120 Minuten haarfrei. Die Flotte ist ebenfalls
weitgehend frei von Haaren.
Hauptäscher
[0044] + 100 % Wasser, 26 Grad C
0,3 % Natrium-sulfhydrat
2,5 % Kalkhydrat
15 Minuten bewegen.
0,2 % Natronlauge 50 %
für 14 Stunden: 1 Minute pro Stunde bewegen; Flotte ablassen.
Abwasserwerte der Äscherrestflotte
[0045] Sulfidgehalt: 1150 mg/l
CSB-Gehalt : 20 300 mg O₂/l
zum Vergleich
[0046] Konventioneller haarzerstörender Äscher mit gleichem Sulfidangebot und gleicher
Äscherdauer (ohne Nachäscher):
Sulfidgehalt: 1260 mg/l
CSB-Wert1) : 31 700 mg O₂/l
1) CSB-Werte erhöhen sich durch erforderlichen Nachäscher um ca.16000- 18 000 mg O₂/l
(150 % Wasser, 3,5 Kalkhydrat, 8 Stunden).
Waschen
[0047] Zweimal wird mit je
200 % Wasser
0,1 % 1,1-Hydroxyethan-diphosphonsäure, 60 %
jeweils 15 Minuten lang gewaschen.
Beispiel 2
Haarerhaltendes Äscherverfahren von Rindshäuten im Gerbfaß zur Herstellung von Schuhoberleder;
Verfahren mit "Zwischenspalten" der Häute.
[0048] "Zwischenspalten" bedeutet, daß die Häute nach der Enthaarung gewaschen und in einem
nicht geschwellten, nur teilweise geäscherten Zustand entfleischt und gespalten werden.
Die Narbenspalten werden in der Enthaarungsflotte unter Aufbesserung von Waschwasser
(siehe oben) Kalk und Sulfiden zu Ende durchgeäschert. Die Fleischspalte wurde in
der Flotte aus Narbenspaltäscher unter Zubesserung von Kalkhydrat durchgeäschert.
Im Äscher der Fleischspalte wird unter Zusatz von Mangan-II-sulfat und bei starker
Bewegung (Sauerstoffeintrag) gleichzeitig eine Oxidation von restlichem Sulfid durchgeführt.
Ausgangsmaterial:
[0049] Schmutzgeweichte deutsche, gesalzene oder frische Rindshäute (25 - 29 kg); Prozentangaben
beziehen sich auf Salz- bzw. auf Frischgewicht.
Die Schmutzgeweichten Häute werden geweicht und enthaart analog Beispiel 1.
[0050] Nach Beendigung der Haarabtrennung wird die Flotte abgelassen und in einem Tank A
aufbewahrt. Anschließend werden die Häute gewaschen.
Waschen:
[0051] 200,0 % Wasser
0,1 % Hydroxyethyl-diphosphonsäure (60 %)
20 Minuten bewegen.
Flotte ablassen und in Tank B zur Weiterverwendung aufbewahren.
[0052] Häute werden aus dem Faß entladen, entfleischt und auf 2,5 - 3,5 mm Dicke gespalten.
Anfallende Narben- und Fleischspalte sind partiell durchgeäschert und werden wie folgt
getrennt weiterverarbeitet.
Äscher des Narbenspaltes
[0053] (Prozentangaben beziehen sich auf das Gewichts des Narbenspaltes).
100,0 % Waschwasserflotte aus Tank B
+ ganze Enthaarungsflotte aus Tank A
+ 3,0 % Kalkhydrat
0,3 % Natriumsulfhydrat (72 %)
5 Minuten bewegen.
+ 0,2 % Natronlauge, 50 %
für 20 Stunden: pro Stunde 1 Minute bewegen, Flotte ablassen und in Tank C aufbewahren.
Abwasserwerte der Äscherflotte
[0054] Sulfidgehalt: 1010 mg/l CSB-Wert: 1) 21 350 mg O²/l
1) Bei Verfahrensvariante mit Zwischenspalten der Häute ist kein Nachäscher von ca.
8 Stunden erforderlich.
Waschen der Narbenspalte
[0055] 2 x 15 Minuten waschen mit je
200,0 % Wasser
0,1 % 1,1-Hydroxyethandiphosphonsäure, 60 %
Äscher der Fleischspalte
[0056] (Prozentangaben beziehen sich auf das Gewicht der Fleischspalte).
[0057] Der Äscher der Fleischspalte wird unter Zubesserung von Kalk in der Flotte des Narbenspaltäschers
durchgeführt. Durch Zusatz von Mangan-II-sulfat und reichliches Bewegen im Faß, der
Haspel oder dem Mischer, d.h. durch Luftzirkulation bewirkt man gleichzeitig die Oxidation
entstandenen Sulfids.
Fleischspalte in einen Mixer geben, welcher mit einer Ausrüstung zum Umpumpen der
Flotte ausgestattet.
+ Flotte aus Tank C
+ 3,0 % Kalkydrat
+ 0,2 % Natronlauge
+ 100 ppm Mn(II)-sulfat (1:20 in Wasser verdünnt zugeben) (Dosierung des Mn(II)-sulfats
bezieht sich auf Flottenlänge).
14 Stunden bewegen.
Abwasserwerte:
[0058] Sufid : 75 mg/l
CSB : 17 450 mg O₂/l
[0059] Diese Werte sind mit denen eines konventionellen haarzerstörenden Verfahrens zu vergleichen
(siehe unter Beispiel 1).
Waschen der Fleischspalte:
[0060] 2 x 15 Minuten waschen mit je
200,0 % Wasser
0,1 % 1,1-Hydroxyethandiphosphonsäure, (60 %)
Beispiel 3
Haarerhaltendes Äscherverfahren von gesalzenen Kalbfellen im Haspel.
Ausgangsmaterial:
[0061] Schmutzgeweichte gesalzene Kalbfelle (20 - 24 kg); Prozentangaben beziehen sich auf
Salzgewicht.
Hauptweiche:
[0062] 240,0 % Wasser, 22 Grad C
0,2 % nichtionisches Tensid (Nonylphenol mit 8 - 9 Mol Ethylenoxid)
0,1 % Konservierungsmittel (Chloracetamid)
15 Minuten bewegen, 120 Minuten ruhen lassen. Gesamtweichzeit: 20 - 22 Stunden, Flotte
ablassen.
Enzymweiche:
[0063] 240,0 % Wasser
0,2 % proteolytisches Enzym auf der Basis einer Bakterienprotease aus Bacillus subtilis,
Aktivität 3 200 LVE/g
0,8 % Soda
3 Stunden bewegen; pH 9,3 - 9,7. Flotte ablassen.
Inkubationsphase:
[0064] 240,0 % Wasser
1,4 % einer Mischung bestehend aus 10 Gew.-% Triethanolamin, 20 Gew.-% Thioglycerin,
14,0 Gew.-% Guanidinhydrochlorid, 66 % Wasser
30 Minuten bewegen, 30 Minuten stehenlassen
Immunisierungsphase:
[0065] + 2 % Kalkhydrat
30 Minuten bewegen, 30 Minuten ruhen, 30 Minuten bewegen.
Haarlockerungsphase
[0066] + 0,8 % Natriumsulfhydrat (72 %)
10 Minuten bewegen
+ 0,8 % Natriumsulfhydrat (72 %)
90 Minuten bewegen bis Häute haarfrei sind, Haare durch Recycling abtrennen.
Äscher:
[0067] + 2,0 % Kalkhydrat
30 Minuten bewegen
0,6 % Natriumsulfid (60 %)
30 Minuten bewegen,
dann für 16 - 20 Stunden:
15 Minuten bewegen, 120 Minuten ruhen; pH 12,2 - 12,6. Flotte ablassen.
Waschen:
[0068] 2 x 15 Minuten mit je
250,0 % Wasser
0,1 % 1,1-Hydroxyethandiphosphonsäure, 60 %
Beispiel 4
Haarerhaltendes Äscherverfahren von getrockneten Ziegenfellen.
Ausgangsmaterial:
[0070] Getrocknete Ziegenfelle, Prozentangaben beziehen sich auf Trockengewicht.
Weiche:
[0071] 800,0 % Wasser, 28 Grad C
1,3 % proteolytisches Enzym auf Basis Bakterienproteasen, Aktivität 4 500 LVE/kg
1,0 % nichtionisches Tensid (Nonylphenol mit 8 - 9 Mol Ethylenoxid)
0,2 % Konservierungsmittel auf der Basis Chloracetamid
4,5 % Soda
10 Minuten bewegen
für 22 - 24 Stunden:
2 Minuten bewegen, 30 Minuten stehen lassen, pH 9,3 - 9,8 Flotte ablassen, 30 Minuten
trocken walken.
Inkubations- und Immunisierungsphase:
[0072] 250,0 % Wasser, 28 Grad C
5,0 % Äscherhilfsmittel bestehend aus 10 Gew.-% Triethanolamin, 20 Gew.-% Thioglycerin,
14 Gew.-% Guanidinhydrochlorid, 66 Gew.-% Wasser
3,5 % Kalkhydrat
60 Minuten bewegen.
Haarlockerungsphase:
[0073] + 50,0 % Wasser, 28 Grad C
5,0 % Natriumsulfhydrat (72 %)
3,5 % Sodalösung, 33 %, 1 : 5 verdünnt zugeben.
90 - 120 Minuten bewegen bis Häute haarfrei sind, Haare durch Recycling abtrennen.
Äscher:
[0074] + 100,0 % Wasser, 28 Grad C
4,0 % Kalkhydrat
0,7 % Natriumsulfhydrat, 72 %
60 Minuten bewegen,
dann für 18 - 22 Stunden:
5 Minuten bewegen, 50 Minuten ruhen, pH 12,3 - 12,6. Flotte ablassen.
Waschen:
[0075] 2 x 15 Minuten waschen mit je
400,0 % Wasser, 26 Grad C
0,1 % 1,1-Hydroxyethandiphosphonsäure, 60 %
Beispiel 5
[0076] Wird analog Beispiel 1 ausgeführt, jedoch setzt man für die Inkubationsphase 1,8
Gew-% (bezogen auf das Salzgewicht) der folgenden Mischung ein:
15 Gew.-% Diethanolamin
10 Gew.-% Thioglycolsäure
17 Gew.-% Harnstoff
ad 100 Gew.-% Wasser
Sulfidgehalt und CSB-Wert der Ascherflotte sind nahezu identisch mit Beispiel 1
Beispiel 6
[0077] Verfahrensdurchführung analog Beispiel 1, jedoch wird für den Inkubationsschritt
1,5 Gew.-% eines Äscherhilfsmittels der folgenden Zusammensetzung verwendet:
22 Gew.-% einer 5 %-igen wäßrigen Lösung des Natriumsalzes von Mercaptoethanol
5 Gew.-% Dimethylamin
10 Gew.-% Ammoniumcumolsulfonat
ad 100 Gew.-% Wasser
Beispiel 7
[0078] Durchführung analog Beispiel 1, jedoch wird in der Inkubationsphase 1,0 Gew.-% (bezogen
auf das Salzgewicht) ein Äscherhilfsmittel der folgenden Zusammensetzung angewendet:
25 Gew.-% Harnstoff
75 Gew.-% Thioharnstoff-S,S-dioxid
Die Mischungen gemäß den Beispielen 5-7 können mit gleich gutem Erfolg in der Verfahrensvariante
nach Beispiel 2 eingesetzt werden.
Beispiel 8
[0079] Durchführung analog Beispiel 1, jedoch werden zur Weiche 0,25 Gew.-% (bezogen auf
das Salzgewicht) nichtionische Tenside der folgenden Zusammensetzung eingesetzt:
40 Gew.-% C₁₁-C₁₅-Oxoalkohol mit 6 Mol Ethylenoxid
20 Gew.-% C₁₁-C₁₅-Oxoalkohol mit 9 Mol Ethylenoxid
20 Gew.-% C₁₁-C₁₅-Oxoalkohol mit 12 Mol Ethylenoxid.
Beispiel 9
[0080] Durchführung analog Beispiel 1, jedoch wurde in der Weiche 0,2 Gew.-% (bezogen auf
das Salzgewicht eines Tensids folgender Zusammensetzung eingesetzt:
20 Gew.-% Natrium-Dodecylbenzolsulfonat
40 Gew.-% Natriumsalz des C₉-C₁₈ Fettalkoholethersulfats
ad 100 Gew.-% Wasser
Beispiel 10
[0081] Verfahrensverlauf entsprechend Beispiel 1, jedoch zur Weiche 0,2 Gew.-% eines Enzymprodukts
auf der Basis Bakterienprotease, Pilzprotease und Pankreasprotease der folgenden Zusammensetzung
angewendet:
2 500 LVE/g Bakterienprotease, gewonnen aus einem Bacillus licheniformis-Stamm
1 000 LVE Pilzprotease gewonnen aus Aspergillus parasiticus
1 000 LVE Pankreasprotease
* wie z.B aus Bac subtilis
** wie z.B. aus aspergillus parasiticus
1. Verfahren zum Äschern von Häuten und Fellen unter Haarerhaltung und Abtrennung
der Haare, das ein Weich- und anschließendes Äscherverfahren unter Immunisierung der
Haare durch kontrollierte Vorbehandlung mit Alkali einschließt,
dadurch gekennzeichnet,
daß man die Felle und Häute
a) in einer Weiche bestehend aus einer wäßrigen Flotte vom pH-Wert 7 - 10,5, mit einem
Gehalt an mindestens einem Tensid T während 4 - 48 Stunden behandelt, anschließend
b) in einem Inkubationsschritt
die geweichten Felle und Häute mit einer wäßrigen Flotte enthaltend im wesentlichen
von anorganischem Sulfid freies Enthaarungsmittel EM auf Basis reduzierend wirkender
organischer Schwefelverbindungen RED-S und von Hydrotropika HY und während 30 bis
180, vorzugsweise 45 bis 90 Minuten bei einem pH-Wert von 9 - 11 behandelt und anschließend
c) in einer Immunisierungsphase
auf die Felle und Häute, die durch Zusatz von Basen B auf einen pH-Wert im Bereich
von 10 - 14 gebrachte Flotte während 1 bis 12 Stunden, unter Bewegen zur Einwirkung
gebracht und anschließend
d) in einem Haarlockerungsschritt
auf die Felle und Häute die Flotte, der anorganisches Sulfid AS in Mengen entsprechend
0,5 bis 3 Gew.-%, bezogen auf das Salz- bzw. Frischgewicht der Felle und Häute zugesetzt
worden war, im pH-Bereich 10-14 während 30 - 180 Minuten zur Einwirkung gebracht wird
und
e) Haare und Haut voneinander getrennt werden und
f) in einem Äscherschritt
die so erhaltenen Blößen unter Zusatz von Wasser, Alkali und Äscherhilfsmitteln AH
durchgeäschert werden, mit der Maßgabe, daß die Flotte jeweils 50 - 500 Gew.-% des
eingesetzten Haut- oder Fellmaterials ausmacht.
2. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Tensid T in Mengen
von 0,1 bis 1,0, vorzugsweise 0,1 bis 0,3 Gew.-%, bezogen auf das Salz- oder Frischgewicht
der Häute und Felle, angewendet wird.
3. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Tensid
T ein neutrales und/oder ein anionisches Tensid darstellt.
4. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Weiche
mindestens ein proteolytisches Enzym in Mengen, die 2 000 bis 20 000 Löhlein-Volhard-Einheiten
pro kg Salz- oder Frischgewicht der Häute und Felle entsprechen, enthält.
5. Verfahren gemäß Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß eine Mischung aus Bakterienprotease*,
Pilzprotease** und Pankreasprotease angewendet wird, wobei der Anteil der Bakterienprotease
bei 20 - 70 % der Gesamtaktivität liegt.
6. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß als reduzierend
wirkende, organische Schwefelverbindungen RED-S solche der Formel I
R₁ SH I
worin R₁ für einen gegebenenfalls verzweigten, gegebenenfalls cyclischen Alkylrest
mit 2 bis 24 Kohlenstoffatomen, insbesondere 2 bis 18 Kohlenstoffatomen, speziell
2 bis 12 Kohlenstoffatomen, wobei der Alkylrest hydroxy- oder thiol-substituiert sein
kann oder für einen Rest -(CH₂)p -NR₂ R₃,
worin R₂ und R₃ unabhängig voneinander für Wasserstoff oder einen Alkylrest mit 1
bis 6 Kohlenstoffatomen steht, oder unter Einbeziehung eines weiteren Stickstoff-,
eines Sauerstoff- oder eines Schwefelatoms einen (vorzugsweise gesättigten) Heterocyclus
bilden und p für eine ganze Zahl von 2 bis 6 steht oder für einen Rest -R₄-COOR₅,
worin R₄ für einen, gegebenenfalls verzweigten, gegebenenfalls mit einer weiteren
COOR₅-Gruppe substituierten Alkylrest mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen, wobei -SH an
einem primären, sekundären oder tertiären Kohlenstoffatom gebunden sein kann und worin
R₅ für Wasserstoff oder einen Alkylrest mit 1 bis 6 Kohlenstoffatomen steht,
oder die Formamidinsulfinsäure verwendet werden.
7. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß als Hydrotropika
HY solche der Formel II
H₂N -

= X II
worin R für Wasserstoff, -NH₂, -CH₃ oder -NH-CN und X für Sauerstoff, Schwefel oder
NH steht oder X zusammen mit R ein heterocyclisches System bildet mit der Maßgabe,
daß das heterocyclische System nur Stickstoff-Heteroatome aufweist und/oder die davon
abgeleiteten Säureadditionssalze verwendet werden.
8. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß das Enthaarungsmittel
EM noch zusätzlich Amine A der Formel III
R₆NR₇R₈ III ,
worin R₆ für einen gegebenenfalls mit einer OH-Gruppe substituierten, gegebenenfalls
cyclischen Alkylrest mit 1 bis 8 Kohlenstoffatomen und R₇ und R₈ für Wasserstoff stehen
oder die gleichen Bedeutungen wie R₁ besitzen oder worin R₂ und R₃ zusammen mit dem
Stickstoff und gegebenenfalls einem weiteren Stickstoff- oder Sauerstoffatom einen
5- oder sechsgliedrigen Heterocyclus bilden mit der Maßgabe, daß beim Vorliegen eines
Heterocyclus R₆ auch für Wasserstoff stehen kann, enthält.
9. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß im Inkubationsschritt
mit einer neuen Flotte gearbeitet wird.
10. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß als Base B
in der Immunisierungsphase Kalkhydrat verwendet wird.
11. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Äscher unter Beibehaltung
der Flotte unter Zusatz von Wasser, Alkali, anorganischen Sulfiden und Äscherhilfsmitteln
während 12 bis 36 Stunden durchgeführt wird.
12. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß nach erfolgter
Enthaarung und Entfernung der Haare die Flotte von den Blößen abgetrennt und zur Weiterverwendung
gelagert wird.
13. Verfahren gemäß Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, daß die von der Flotte befreiten
Blößen mit frischem Wasser unter Zusatz eines alkalineutralisierenden Mittels 10 bis
30 Minuten behandelt werden.
14. Verfahren gemäß den Ansprüchen 12 und 13, dadurch gekennzeichnet, daß die Waschflotte
zur Weiterverwendung aufgefangen und aufbewahrt wird.
15. Verfahren gemäß den Ansprüchen 12 und 13, dadurch gekennzeichnet, daß die so erhaltenen,
nur partiell durchgeäscherten Blößen entfleischt und gespalten werden.
16. Verfahren gemäß Anspruch 12 und 15, dadurch gekennzeichnet, daß der erhaltene
Narbenspalt in der wiederzuverwendenden Flotte gemäß Anspruch 12 unter Zusatz von
frischem Wasser oder der Waschflotte gemäß Anspruch 14, Alkali, anorganischen Sulfiden
und Ascherhilfsmitteln 6 bis 36 Stunden geäschert wird.
17. Verfahren gemäß Anspruch 16, dadurch gekennzeichnet, daß die beim Narbenspalt-Äscher
gebildete Flotte zur Weiterverwendung aufbewahrt wird.
18. Verfahren gemäß Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, daß die beim Spalten erhaltenen
Fleischspalte in der gemäß Anspruch 17 anfallenden Flotte unter Zusatz von Alkali,
gegebenenfalls Wasser und an sich bekannten Oxidationsmitteln 6 bis 36 Stunden lang
geäschert werden.
19. Verfahren gemäß Anspruch 18, dadurch gekennzeichnet, daß die Oxidationsmittel
ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus Perverbindungen, insbesondere Peroxiden,
Eisen-III-salzen, Mn-II-salzen, Permanganaten, Chinonen, in Mengen von 0,001 bis 1
Gew.-% bezogen auf das Gewicht des Fleischspaltes.
20. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 19, dadurch gekennzeichnet, daß das Verfahren
bei Temperaturen im Bereich 20 - 30 Grad C durchgeführt wird.