(19)
(11) EP 0 332 986 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.09.1989  Patentblatt  1989/38

(21) Anmeldenummer: 89103961.2

(22) Anmeldetag:  07.03.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C06B 33/12, C06C 5/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB GR IT LI NL SE

(30) Priorität: 12.03.1988 DE 3808366

(71) Anmelder: Dynamit Nobel Aktiengesellschaft
D-53839 Troisdorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Faber, Günther
    D-5200 Siegburg (DE)
  • Florin, Hans, Dr.
    D-5210 Troisdorf (DE)
  • Grommes, Peter-Josef
    D-5210 Troisdorf (DE)
  • Röh, Peter
    D-5210 Troisdorf (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verzögerungssätze mit langen Verzögerungszeiten


    (57) Vorliegende Erfindung behandelt Verzögerungssätze mit Verzögerungszeiten im Sekundenbereich. Diese Sätze ba­sieren auf einem pyrotechnischen Gemisch aus pulver­förmigem metallischem Wolfram, Bariumchromat und Ka­liumperchlorat. Erfindungsgemäß sind in dem Gemisch zu­sätzlich noch enthalten entweder Bariumhexafluorosili­kat oder Calciumfluorid. Die Zusätze bewirken, daß diese Sätze auch unter erschwerten Umweltbedingungen, wie z. B. sehr hohe Rotation, Vibration, Stoß, Schock und bei gleichzeitig extrem niedrigen Minustemperaturen einwandfrei durchbrennen. Die Wirkung der genannten Zusätze kann noch verbessert werden, wenn die Verzö­gerungssätze zusätzlich noch pyrogene Kieselsäure un­tergemischt enthalten.


    Beschreibung


    [0001] Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind Verzögerungs­sätze mit Verzögerungszeiten, die im Sekundenbereich liegen und die aus einem pyrotechnischen Gemisch aus pulverförmigem metallischem Wolfram, Bariumchromat und Kaliumperchlorat aufgebaut sind.

    [0002] Es ist bekannt, daß pyrotechnische Gemische aus Wolfram, Bariumchromat und Kaliumperchlorat in Verzögerungssätzen mit langen Verzögerungszeiten eingesetzt werden. Je nach Zusammensetzung und Korngröße des Wolframs können damit Verzögerungszeiten zwischen 0,1 und 2 s/mm Satzhöhe er­zielt werden (vgl. Ellern "Military and Civilian Pyro­technics" 1968, Seiten 201 bis 203).

    [0003] Solche bekannten Verzögerungssätze erfüllen jedoch schon bei Verzögerungszeiten über 0,8 s/mm Satzhöhe nicht mehr alle Bedingungen, die heute an solche Sätze gestellt werden. Diese Sätze brennen beispielsweise nicht mehr einwandfrei ab, wenn sie Temperaturen von - 50 °C aus­gesetzt sind oder wenn sie einer mechanischen Belastung wie Vibration, Stoß, Schock oder Rotation unterworfen werden. Bei diesen Bedingungen erhält man einen hohen Anteil an Zündversagern.

    [0004] Es bestand deshalb die Aufgabe, die bekannten Verzöge­rungssätze auf Basis von Wolfram, Bariumchromat und Kaliumperchlorat so zu verbessern, daß sie auch unter extremen mechanischen Umweltbedingungen und bei hohen Minustemperaturen noch einwandfrei durchzünden.

    [0005] Weiterhin bestand die Aufgabe, daß die Verzögerungs­sätze auch bei einer Temperatur von + 71 °C eine be­stimmte Verzögerungszeit von mindestens 1,2 s/mm aufweisen.

    [0006] In Erfüllung dieser Aufgabe wurden nun Verzogerungs­sätze im Sekundenbereich auf Basis eines pyrotechni­schen Gemischs aus pulverförmigem metallischem Wolf­ram, Bariumchromat und Kaliumperchlorat gefunden, die durch einen zusätzlichen Gehalt an Bariumhexafluoro­silikat (BaSiF₆) oder Calciumfluorid gekennzeichnet sind.

    [0007] Infolge des Gehalts an einem der erfindungsgemäßen Zu­sätze brennen die bekannten Verzögerungssätze auf Ba­sis von Wolfram/BaCrO₄/KClO₄ auch dann noch einwand­frei ab, wenn sie einer Rotation bis zu 17 000 U/min unterworfen sind. Auch bei einer Rotation von mehr als 17 000 U/min kann noch ein einwandfreies Abbrennen er­folgen. Die genannten Belastungen können auch im Tem­peraturbereich zwischen - 54 °C und + 71 °C angewen­det werden, wobei ein einwandfreies Durchbrennen inner­halb der gewünschten Verzögerungszeit gewährleistet ist.

    [0008] Die Wirkung der erfindungsgemäßen Zusätze wird noch verbessert, wenn dem Verzögerungssatz zusätzlich noch fein disperses SiO₂ mit spezifischen Oberflächen von 100 bis 500 m²/g, bevorzugt von 200 bis 400 m²/g, insbesondere in Form von pyrogener Kieselsäure hinzu­gefügt wird. Es genügt dabei ein Zusatz von nur 0,1 bis 5 Gew.-%, bezogen auf den gesamten Satz, um eine entsprechende Wirkung zu erzielen.

    [0009] Die Menge des Zusatzes an Bariumhexafluorosilikat (BaSiF₆) oder Calciumfluorid (CaF₂) kann zwischen 1 und 10 Gew.-%, bezogen auf den gesamten Satz, schwanken. Das Bariumhexafluorosilikat wird bevor­zugt in Mengen zwischen 2 und 6 Gew.-% eingesetzt, während das Calciumfluorid bevorzugt in Mengen zwi­schen 1 und 5 Gew.-%, jeweils bezogen auf den ge­samten Satz, eingesetzt wird.

    [0010] Die erfindungsgemäßen Verzögerungssätze lassen sich sowohl in pulverförmiger Form als auch gebunden ein­setzen. Als Bindemittel zur Erhöhung der Rieselfähig­keit der Sätze eignen sich anorganische oder organi­sche Celluloseester wie Nitrocellulose, Acetylcellu­lose oder Celluloseester höherer aliphatischer Car­bonsäuren (z. B. der Butter- oder Propionsäure), letztere gegebenenfalls im Gemisch mit Acetylcellulose. Ihr Anteil in den Verzögerungssätzen liegt im allge­meinen zwischen 0,5 und 3 Gew.-%.

    [0011] Die Brennzeit der erfindungsgemäßen Verzögerungssätze kann in an sich bekannter Weise durch Variation der Verhältnisse der Komponenten-Anteile auf Werte zwi­schen 0,1 und 2 s/mm, vorzugsweise auf Werte über 0,8 s/mm Satzhöhe eingestellt werden.

    [0012] Die Korngröße des eingesetzten Wolframs liegt im all­gemeinen unter 20 µm. Durch Änderung der Korngrößen-Verteilungen lassen sich die Brennzeiten innerhalb kleiner Bereiche ebenfalls auf gewünschte Werte einstellen. Dies läßt sich besonders dadurch erreichen, wenn man zwei unter­schiedliche Korngrößenbereiche wählt, wobei der Anteil des Korngrößenbereichs <10µm zwischen 20 und 60 Gew.-% des gesamten Wolframpulvers ausmachen soll; der Rest des Wolframpulvers soll dann eine Korngröße zwischen 10 und 20 µm besitzen.

    [0013] Die Herstellung der erfindungsgemäßen Sätze erfolgt auf an sich bekannte Weise. Die ungebundenen Sätze lassen sich durch gleichzeitige Vermischung der ein­zelnen Bestandteile herstellen. Bei Mitverwendung von Bindemitteln werden diese in einem geeigneten Lö­sungsmittel (z. B. Aceton) gelöst oder suspendiert und die übrigen Bestandteile in dieser Lösung oder Suspension dispergiert. Die dann erhaltene Dispersion wird anschließend weitgehend vom Lösungsmittel be­freit, so daß man auf an sich bekannte Weise gut rie­selfähige Körner herstellen kann, die dann zu den ge­wünschten Sätzen verpreßt werden.

    [0014] Die erfindungsgemäßen Sätze werden u. verwendet für Detonatoren und Anzündmittel mit Verzögerung und für Anzündverzögerer.

    Beispiel



    [0015] In eine Lösung von 2 Gewichtsteilen Nitrocellulose in 100 Gewichtsteilen Aceton wurden unter Rühren einge­bracht:
    24 Gewichtsteile Wolframpulver (Korngröße < 20 µm)
    64 " Bariumchromat
    12 " Kaliumperchlorat
    4 " Bariumhexafluorosilikat
    2 " pyrogene Kieselsäure (Aerosil®).


    [0016] Nach intensivem Durchmischen wurde das Lösungsmittel abgedampft und rieselfähige Körner nach üblichen Ver­fahren hergestellt. Diese wurden in Ladungen schicht­weise nacheinander in einen zylinderförmigen Körper verpreßt, wobei jede Ladung ca. 125 mg Satz enthielt und die gesamte Ladehöhe 10 mm betrug.

    [0017] Die eingepreßten Verzögerungssätze wurden durch einen Anfeuerungssatz zur Zündung gebracht. Die Brennzeiten wurden bei den Temperaturen + 71 °C bzw. 20 °C bzw. - 54 °C mit und ohne Rotation gemessen. Die Ergeb­nisse gehen aus der folgenden Tabelle hervor:
    Temperatur [°C] Brennzeiten [sec/10 mm Ladesäule]
      ohne Rotation bei Rotation (17 000 U/min)
    + 71 12,5 15,5
    + 20 13 16
    - 54 15 18,5



    Ansprüche

    1. Verzögerungssatz mit Verzögerungszeiten im Sekunden­bereich auf der Basis von pulverförmigem metallischem Wolfram, Bariumchromat und Kaliumperchlorat, ge­kennzeichnet durch einen zusätz­lichen Gehalt an Bariumhexafluorosilikat oder Cal­ciumfluorid.
     
    2. Verzögerungssatz gemäß Anspruch 1, gekennzeichnet durch einen Gehalt von 1 bis 10 Gew.-% Bariumhexa­fluorosilikat.
     
    3. Verzögerungssatz gemäß Anspruch 1, gekennzeichnet durch einen Gehalt von 1 bis 10 Gew.-% Calcium­fluorid.
     
    4. Verzögerungssatz gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß er weiterhin pyrogene Kieselsäure in Mengen zwischen 0,1 und 5,0 Gew.-% enthält.
     
    5. Verzögerungssatz gemäß einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Korngröße des Wolf­rams unter 20 µm liegt und daß 20 bis 60 % des Wolframs eine Korngröße unter 10 µm besitzen.
     





    Recherchenbericht