(19)
(11) EP 0 336 210 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
11.10.1989  Patentblatt  1989/41

(21) Anmeldenummer: 89105087.4

(22) Anmeldetag:  22.03.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4D01G 21/00, D01G 19/16
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE IT LI

(30) Priorität: 08.04.1988 CH 1305/88

(71) Anmelder: MASCHINENFABRIK RIETER AG
CH-8406 Winterthur (CH)

(72) Erfinder:
  • Mondini, Gian-C., Dr.
    CH-8400 Winterthur (CH)

(74) Vertreter: Canzler, Rolf, Dipl.-Ing. 
c/o Rieter Ingolstadt Spinnereimaschinenbau Aktiengesellschaft Postfach 10 09 60
85046 Ingolstadt
85046 Ingolstadt (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Verarbeiten von Stapelfasern zu Garn


    (57) Es wird ein Spinnverfahren, wie Offenend-Spin­nen, angewandt, in welchem Nissen, die im Stapelfaser­material enthalten sind, grösstenteils in das Innere des Garns zu liegen kommen. Trotzdem wird das Stapel­fasermaterial vor dem Spinnen einer Kämmung unterwor­fen. Jedoch wird eine vereinfachte Kämmung angewandt. Die Stapelfasern werden in Form einer Watte (W) einem Zangenaggregat (11, 13) zugeführt, das jeweils einen Faserbart zunächst einem rotierenden Rundkamm (18, 19) vorhält. Danach wird das Zangenaggregat (11, 13) vorge­schoben und gibt den ausgekämmten Faserbart direkt, ohne Berührung mit weiteren Kammelementen, in die Klemmstel­le von Abreisszylindern (6). Das Weglassen des sonst stets verwendeten Fixkammes vor den Abreisszylindern ermöglicht ein höheres Gewicht der Watte (W) und damit eine erhöhte Produktion der Kämmvorrichtung. Damit kann in wirtschaftlicher Weise eine Verbesserung des Garns erzielt werden.




    Beschreibung


    [0001] Bei der Verarbeitung von Stapelfasern zu Garn wird in der Regel von einem kardierten Faserband ausge­gangen, welches in wenigstens einem Streckwerk verzo­gen wird. Das Streckenband wird dann zu Garn versponnen.

    [0002] Das kardierte Faserband enthält meist eine ge­wisse Anzahl von Nissen, d.h. Verknotungen in und zwi­schen den Einzelfasern.

    [0003] Wenn das klassische Ringspinnverfahren ange­wandt wird, dann neigen die vorhandenen Nissen dazu, sich an der Oberfläche des gesponnenen Garns zu kon­zentrieren. Die oberflächlichen Nissen können dann bei der Verarbeitung des Garns, z.B. zu Geweben oder Ge­wirken, störend wirken. Das ist einer der Gründe dafür, dass für die Herstellung hochwertiger Garne nach dem Ringspinnverfahren das kardierte Faserband zunächst noch in einer Kämmaschine gekämmt wird.

    [0004] Neben dem Ringspinnverfahren gibt es eine Reihe neuerer Spinnverfahren, welche grundsätzlich eine we­sentlich höhere Produktionsgeschwindigkeit ermöglichen, so insbesondere das Offenend-Rotorspinnen, das Offen­end-Friktionsspinnen, das Falschdrahtspinnen, das Luft­düsenspinnen und das Umwindespinnen. Da bei Anwendung dieser Spinnverfahren die im Stapelfasermaterial ent­haltenen Nissen grösstenteils in das Innere des Garns zu liegen kommen und nur in vernachlässigbarem Mass an der Garnoberfläche auftreten, wo sie stören können, ist für diese Spinnverfahren der Einsatz einer Kämmaschine bislang als überflüssig oder zumindest unwirtschaftlich betrachtet worden. Mit den gegenwärtig üblichen Kämm­maschinen, in denen die Fasern in Form einer Watte einer Zange zugeführt werden, welche einen Faserbart jeweils zunächst einem rotierenden Rundkamm zum Auskämmen des vorderen Endes des Faserbartes vorhält und dann den Fa­serbart durch einen dessen hinteres Ende auskämmenden Fixkamm oder Einstechkamm hindurch an Abreisszylinder abgibt, wird bei einer Arbeitsstellenbreite von bei­ spielsweise 300 mm eine Produktion von höchstens etwa 6 bis 8 kg/h pro Arbeitsstelle erzielt, bei einem Wat­tegewicht von höchstens 60 bis 70 ktex.

    [0005] Die Aufgabe der Erfindung besteht nun darin, ein Verfahren zum Verarbeiten von kardierten Stapelfa­sern zu Garn unter Anwendung eines Spinnverfahrens, in welchem im Stapelfasermaterial enthaltene Nissen gröss­tenteils in das Innere des Garns zu liegen kommen, an­zugeben, mit welchem in wirtschaftlicher Weise verbes­serte Garne erzeugt werden können.

    [0006] Das erfindungsgemässe Verfahren, mit dem die Aufgabe gelöst wird, ist im Patentanspruch 1 definiert. Der Patentanspruch 9 gibt eine ebenfalls erfindungsge­mässe Kämmvorrichtung für die Durchführung des erfin­dungsgemässen Verfahrens an.

    [0007] Es ist gefunden worden, dass in den gegenwär­tig üblichen Kämmaschinen das maximale Wattegewicht und damit die maximal mögliche Produktion zu einem grossen Teil durch den Fixkamm oder Einstechkamm begrenzt ist, der die hinteren Enden der Faserbärte auskämmt. Dadurch, dass im erfindungsgemässen Verfahren die Faserbärte, nach dem Auskämmen durch den Rundkamm, unmittelbar, ohne Berührung mit weiteren Kammelementen, in die Klemmstelle der Abreisszylinder gegeben werden, können das Wattege­wicht und damit die Produktion der Kämmvorrichtung we­sentlich erhöht werden, z.B. um etwa 25 bis 30 %. Da­bei werden zwar die im Fasermaterial enthaltenen Nissen nur teilweise entfernt, doch ist das nicht weiter nach­teilig, da im nachfolgenden Spinnverfahren die ver­bleibenden Nissen grösstenteils in das Innere des Garns zu liegen kommen. Die angestrebte Verbesserung des er­zeugten Garns ergibt sich, neben der teilweisen Entfer­nung der Nissen, vor allem auch durch die Entfernung von Verunreinigungen und das Auskämmen von kurzen Fasern mittels des Rundkammes.

    [0008] Ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemässen Verfahrens wird nachstehend anhand der Zeichnung erläu­tert.

    [0009] Die Zeichnung zeigt schematisch im Vertikal­schnitt die wesentlichen Teile einer erfindungsgemässen Kämmvorrichtung.

    [0010] Die dargestellte Kämmvorrichtung besitzt in üb­licher Weise zwei Wickelwalzen 1 und 2, eine Zangenwel­le 3, eine Rundkammwelle 4, eine Bürstenwelle 5, ein erstes Abreisszylinderpaar 6, ein zweites Abreisszylin­derpaar 7 und ein Abzugwalzenpaar 8, die alle in einem nicht dargestellten Maschinengestell gelagert sind. Auf den beiden drehbaren Wickelwalzen 1 und 2 ruht ein Wat­tewickel 9. Die oszillierend drehbare Zangenwelle 3 trägt einen Kurbelarm 10, an welchem das hintere Ende einer Unterzange 11 angelenkt ist. Das vordere Ende der Unterzange 11 ist an einem Lenker 12 angelenkt, der um die Rundkammwelle 4 schwenkbar gelagert ist. Eine Ober­zange 13 ist mit der Unterzange 11 um Zapfen 14 schwenk­bar verbunden. Ferner ist die Oberzange 13 an den un­teren Enden von jeweils in einem Balg 15 gekapselten Federn angelenkt, deren obere Enden um gestellfeste Zapfen 16 schwenkbar sind. Durch das oszillierende Dre­hen der Zangenwelle 3 und damit des Kurbelarms 10 wird die Unterzange 11 zwischen der mit ausgezogenen Linien dargestellten vorderen Stellung und der mit unterbro­chenen Linien dargestellten hinteren Stellung bewegt. In der vorderen Stellung der Unterzange 11 ist das Zan­genaggregat 11, 13 geöffnet, während es in der hinteren Stellung geschlossen ist. In der Unterzange 11 ist schliesslich noch ein intermittierend drehbarer Speise­zylinder 17 gelagert.

    [0011] Die kontinuierlich drehende Rundkammwelle 4 trägt in üblicher Weise einen Rundkamm 18 mit einem Kammzähne tragenden Rundkammsegment 19, und die eben­falls kontinuierlich drehende Bürstenwelle 5 trägt eine Rundkammbürste 20.

    [0012] Die beschriebene Kämmvorrichtung wird im Zuge der Verarbeitung von kardierten Stapelfasern zu Garn verwendet, wobei ein Spinnverfharen zur Anwendung kommt, in welchem im Stapelfasermaterial enthaltene Nissen grösstenteils in das Innere des Garns zu liegen kommen.

    [0013] Aus mehreren Kardenbändern wird zunächst auf einer nicht dargestellten Wickelmaschine ein Wattewickel 9 gebildet, der dann auf die Wickelwalzen 1, 2 verbracht wird. Die durch die Drehung der Wickelwalzen 1, 2 ab­gewickelte Watte W läuft zum Speisezylinder 17 und von diesem in die Klemmstelle des Zangenaggregates 11, 13. In der hinteren Stellung der Unterzange 11 (mit unter­brochenen Linien eingezeichnet) hält das geschlossene Zangenaggregat 11, 13 dem drehenden Rundkamm 18 einen Faserbart von der Watte vor, der durch das Rundkammseg­ment 19 ausgekämmt wird. Danach wird die Unterzange 11 in ihre vordere Stellung bewegt und dabei das Zangen­aggregat 11, 13 geöffnet. Zwischen dem vorderen Ende der Unterzange 11 und dem Abreisszylinderpaar 6 ist ein freier Zwischenraum vorhanden; der in bekannten Kämm­maschinen hier stehende Fixkamm oder Einstechkamm fehlt. Der ausgekämmte Faserbart wird somit ohne Behinderung durch weitere Kammelemente unmittelbar dem Abreisszylin­derpaar 6 zugeführt. Daher kann die Watte W um beispiels­weise etwa 25 % dicker sein als in bekannten Kämmaschi­nen. Bei einer üblichen Breite der Wattebahn W von 30 cm kann die Watte ein Gewicht von mehr als 75 ktex und vor­zugsweise mehr als 90 ktex haben, d.h. mehr als 250 g/m² und vorzugsweise mehr als 300 g/m².

    [0014] Die Abreisszylinder 6, die in der üblichen Weise eine Pilgerschrittbewegung ausführen, vereinigen den Fa­serbart mit der zuvor gekämmten Watte und reissen ihn von der im Zangenaggregat 11, 13 liegenden Watte ab. Das Zangenaggregat 11, 13 wird dann wieder in seine hintere Stellung bewegt, und das Spiel beginnt von Neuem. Die gekämmte Watte läuft vom Abreisszylinderpaar 6 durch das zweite Abreisszylinderpaar 7, einen Bandtrichter 21 und das Abzugwalzenpaar 8 und dann als Kammzugband auf einen Auslauftisch 22.

    [0015] Das Kammzugband wird in der Regel mit weiteren Kammzugbändern von anderen Arbeitsstellen der gleichen Maschine doubliert. Das doublierte Band wird dann nach­ einander in mehreren Streckwerken verzogen und anschlies­send mit einem Spinnverfahren zu einem Garn geformt. Da­bei wird ein Spinnverfahren angewendet, in welchem Nis­sen, die im Kammzugband verblieben sind, grösstenteils in das Innere des Garns zu liegen kommen. Solche Spinn­verfahren sind insbesondere das Offenend-Rotorspinnen, das Friktionsspinnen, das Falschdrahtspinnen, das Luft­düsenspinnen und das Umwindespinnen. Das gebildete Garn besitzt somit praktisch keine oberflächlichen Nissen, welche bei der Weiterverarbeitung des Garns, beispiels­weise zu Geweben oder Gewirken, stören könnten.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Verarbeiten von kardierten Sta­pelfasern zu Garn, unter Anwendung eines Spinnverfahrens, in welchem im Stapelfasermaterial enthaltene Nissen grösstenteils in das Innere des Garns zu liegen kommen, dadurch gekennzeichnet, dass die Stapelfasern vor dem Verspinnen in Form einer Watte einem Zangenaggregat (11, 13) zugeführt werden, welches in einer geschlossenen Stellung jeweils einen Faserbart von der Watte einem rotierenden Rundkamm (18, 19) vorhält und danach in einer geöffneten Stellung den vom Rundkamm (18, 19) aus­gekämmten Faserbart unmittelbar, ohne Berührung mit wei­teren Kammelementen, in die Klemmstelle von Abreisszy­lindern (6) gibt, und dass der von den Abreisszylindern (6) abgezogene Kammzug dann in wenigstens einem Streck­werk verzogen und mit dem Spinnverfahren zu einem Garn geformt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekenn­zeichnet, dass ein Zangenaggregat (11, 13) verwendet wird, welches zwischen einer zurückgezogenen, geschlos­senen Stellung und einer vorgeschobenen, geöffneten Stellung bewegbar ist.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch ge­kennzeichnet, dass die Watte mit einem Flächengewicht von wenigstens 250 g/m², vorzugsweise wenigstens 300 g/m², zugeführt wird.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Spinnverfahren ein Of­fenend-Rotorspinnverfahren ist.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Spinnverfahren ein Of­fenend-Friktionsspinnverfahren ist.
     
    6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Spinnverfahren ein Falschdrahtspinnverfahren ist.
     
    7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Spinnverfahren ein Luftdüsenspinnverfahren ist.
     
    8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Spinnverfahren ein Um­windespinnverfahren ist.
     
    9. Kämmvorrichtung für die Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 8, mit einem drehbaren Rundkamm (18, 19) und mit einem Zangenaggre­gat (11, 13), welches bewegbar ist zwischen einer zu­rückgezogenen, geschlossenen Stellung, um dem Rundkamm (18, 19) einen Faserbart vorzuhalten, und einer vorge­schobenen, geöffneten Stellung, um einen vom Rundkamm (18, 19) ausgekämmten Faserbart in die Klemmstelle von Abreisszylindern (6) zu geben, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen den Abreisszylindern (6) und dem vorge­schobenen Zangenaggregat (11, 13) ein freier Zwischen­raum vorhanden ist für die Uebergabe der Fasern zu den Abreisszylindern (6) ohne Berührung mit weiteren Kamm­elementen.
     




    Zeichnung