[0001] Bei der Verarbeitung von Stapelfasern zu Garn wird in der Regel von einem kardierten
Faserband ausgegangen, welches in wenigstens einem Streckwerk verzogen wird. Das
Streckenband wird dann zu Garn versponnen.
[0002] Das kardierte Faserband enthält meist eine gewisse Anzahl von Nissen, d.h. Verknotungen
in und zwischen den Einzelfasern.
[0003] Wenn das klassische Ringspinnverfahren angewandt wird, dann neigen die vorhandenen
Nissen dazu, sich an der Oberfläche des gesponnenen Garns zu konzentrieren. Die oberflächlichen
Nissen können dann bei der Verarbeitung des Garns, z.B. zu Geweben oder Gewirken,
störend wirken. Das ist einer der Gründe dafür, dass für die Herstellung hochwertiger
Garne nach dem Ringspinnverfahren das kardierte Faserband zunächst noch in einer Kämmaschine
gekämmt wird.
[0004] Neben dem Ringspinnverfahren gibt es eine Reihe neuerer Spinnverfahren, welche grundsätzlich
eine wesentlich höhere Produktionsgeschwindigkeit ermöglichen, so insbesondere das
Offenend-Rotorspinnen, das Offenend-Friktionsspinnen, das Falschdrahtspinnen, das
Luftdüsenspinnen und das Umwindespinnen. Da bei Anwendung dieser Spinnverfahren die
im Stapelfasermaterial enthaltenen Nissen grösstenteils in das Innere des Garns zu
liegen kommen und nur in vernachlässigbarem Mass an der Garnoberfläche auftreten,
wo sie stören können, ist für diese Spinnverfahren der Einsatz einer Kämmaschine bislang
als überflüssig oder zumindest unwirtschaftlich betrachtet worden. Mit den gegenwärtig
üblichen Kämmmaschinen, in denen die Fasern in Form einer Watte einer Zange zugeführt
werden, welche einen Faserbart jeweils zunächst einem rotierenden Rundkamm zum Auskämmen
des vorderen Endes des Faserbartes vorhält und dann den Faserbart durch einen dessen
hinteres Ende auskämmenden Fixkamm oder Einstechkamm hindurch an Abreisszylinder abgibt,
wird bei einer Arbeitsstellenbreite von bei spielsweise 300 mm eine Produktion von
höchstens etwa 6 bis 8 kg/h pro Arbeitsstelle erzielt, bei einem Wattegewicht von
höchstens 60 bis 70 ktex.
[0005] Die Aufgabe der Erfindung besteht nun darin, ein Verfahren zum Verarbeiten von kardierten
Stapelfasern zu Garn unter Anwendung eines Spinnverfahrens, in welchem im Stapelfasermaterial
enthaltene Nissen grösstenteils in das Innere des Garns zu liegen kommen, anzugeben,
mit welchem in wirtschaftlicher Weise verbesserte Garne erzeugt werden können.
[0006] Das erfindungsgemässe Verfahren, mit dem die Aufgabe gelöst wird, ist im Patentanspruch
1 definiert. Der Patentanspruch 9 gibt eine ebenfalls erfindungsgemässe Kämmvorrichtung
für die Durchführung des erfindungsgemässen Verfahrens an.
[0007] Es ist gefunden worden, dass in den gegenwärtig üblichen Kämmaschinen das maximale
Wattegewicht und damit die maximal mögliche Produktion zu einem grossen Teil durch
den Fixkamm oder Einstechkamm begrenzt ist, der die hinteren Enden der Faserbärte
auskämmt. Dadurch, dass im erfindungsgemässen Verfahren die Faserbärte, nach dem Auskämmen
durch den Rundkamm, unmittelbar, ohne Berührung mit weiteren Kammelementen, in die
Klemmstelle der Abreisszylinder gegeben werden, können das Wattegewicht und damit
die Produktion der Kämmvorrichtung wesentlich erhöht werden, z.B. um etwa 25 bis
30 %. Dabei werden zwar die im Fasermaterial enthaltenen Nissen nur teilweise entfernt,
doch ist das nicht weiter nachteilig, da im nachfolgenden Spinnverfahren die verbleibenden
Nissen grösstenteils in das Innere des Garns zu liegen kommen. Die angestrebte Verbesserung
des erzeugten Garns ergibt sich, neben der teilweisen Entfernung der Nissen, vor
allem auch durch die Entfernung von Verunreinigungen und das Auskämmen von kurzen
Fasern mittels des Rundkammes.
[0008] Ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemässen Verfahrens wird nachstehend anhand
der Zeichnung erläutert.
[0009] Die Zeichnung zeigt schematisch im Vertikalschnitt die wesentlichen Teile einer
erfindungsgemässen Kämmvorrichtung.
[0010] Die dargestellte Kämmvorrichtung besitzt in üblicher Weise zwei Wickelwalzen 1 und
2, eine Zangenwelle 3, eine Rundkammwelle 4, eine Bürstenwelle 5, ein erstes Abreisszylinderpaar
6, ein zweites Abreisszylinderpaar 7 und ein Abzugwalzenpaar 8, die alle in einem
nicht dargestellten Maschinengestell gelagert sind. Auf den beiden drehbaren Wickelwalzen
1 und 2 ruht ein Wattewickel 9. Die oszillierend drehbare Zangenwelle 3 trägt einen
Kurbelarm 10, an welchem das hintere Ende einer Unterzange 11 angelenkt ist. Das vordere
Ende der Unterzange 11 ist an einem Lenker 12 angelenkt, der um die Rundkammwelle
4 schwenkbar gelagert ist. Eine Oberzange 13 ist mit der Unterzange 11 um Zapfen
14 schwenkbar verbunden. Ferner ist die Oberzange 13 an den unteren Enden von jeweils
in einem Balg 15 gekapselten Federn angelenkt, deren obere Enden um gestellfeste Zapfen
16 schwenkbar sind. Durch das oszillierende Drehen der Zangenwelle 3 und damit des
Kurbelarms 10 wird die Unterzange 11 zwischen der mit ausgezogenen Linien dargestellten
vorderen Stellung und der mit unterbrochenen Linien dargestellten hinteren Stellung
bewegt. In der vorderen Stellung der Unterzange 11 ist das Zangenaggregat 11, 13
geöffnet, während es in der hinteren Stellung geschlossen ist. In der Unterzange 11
ist schliesslich noch ein intermittierend drehbarer Speisezylinder 17 gelagert.
[0011] Die kontinuierlich drehende Rundkammwelle 4 trägt in üblicher Weise einen Rundkamm
18 mit einem Kammzähne tragenden Rundkammsegment 19, und die ebenfalls kontinuierlich
drehende Bürstenwelle 5 trägt eine Rundkammbürste 20.
[0012] Die beschriebene Kämmvorrichtung wird im Zuge der Verarbeitung von kardierten Stapelfasern
zu Garn verwendet, wobei ein Spinnverfharen zur Anwendung kommt, in welchem im Stapelfasermaterial
enthaltene Nissen grösstenteils in das Innere des Garns zu liegen kommen.
[0013] Aus mehreren Kardenbändern wird zunächst auf einer nicht dargestellten Wickelmaschine
ein Wattewickel 9 gebildet, der dann auf die Wickelwalzen 1, 2 verbracht wird. Die
durch die Drehung der Wickelwalzen 1, 2 abgewickelte Watte W läuft zum Speisezylinder
17 und von diesem in die Klemmstelle des Zangenaggregates 11, 13. In der hinteren
Stellung der Unterzange 11 (mit unterbrochenen Linien eingezeichnet) hält das geschlossene
Zangenaggregat 11, 13 dem drehenden Rundkamm 18 einen Faserbart von der Watte vor,
der durch das Rundkammsegment 19 ausgekämmt wird. Danach wird die Unterzange 11 in
ihre vordere Stellung bewegt und dabei das Zangenaggregat 11, 13 geöffnet. Zwischen
dem vorderen Ende der Unterzange 11 und dem Abreisszylinderpaar 6 ist ein freier Zwischenraum
vorhanden; der in bekannten Kämmmaschinen hier stehende Fixkamm oder Einstechkamm
fehlt. Der ausgekämmte Faserbart wird somit ohne Behinderung durch weitere Kammelemente
unmittelbar dem Abreisszylinderpaar 6 zugeführt. Daher kann die Watte W um beispielsweise
etwa 25 % dicker sein als in bekannten Kämmaschinen. Bei einer üblichen Breite der
Wattebahn W von 30 cm kann die Watte ein Gewicht von mehr als 75 ktex und vorzugsweise
mehr als 90 ktex haben, d.h. mehr als 250 g/m² und vorzugsweise mehr als 300 g/m².
[0014] Die Abreisszylinder 6, die in der üblichen Weise eine Pilgerschrittbewegung ausführen,
vereinigen den Faserbart mit der zuvor gekämmten Watte und reissen ihn von der im
Zangenaggregat 11, 13 liegenden Watte ab. Das Zangenaggregat 11, 13 wird dann wieder
in seine hintere Stellung bewegt, und das Spiel beginnt von Neuem. Die gekämmte Watte
läuft vom Abreisszylinderpaar 6 durch das zweite Abreisszylinderpaar 7, einen Bandtrichter
21 und das Abzugwalzenpaar 8 und dann als Kammzugband auf einen Auslauftisch 22.
[0015] Das Kammzugband wird in der Regel mit weiteren Kammzugbändern von anderen Arbeitsstellen
der gleichen Maschine doubliert. Das doublierte Band wird dann nach einander in mehreren
Streckwerken verzogen und anschliessend mit einem Spinnverfahren zu einem Garn geformt.
Dabei wird ein Spinnverfahren angewendet, in welchem Nissen, die im Kammzugband
verblieben sind, grösstenteils in das Innere des Garns zu liegen kommen. Solche Spinnverfahren
sind insbesondere das Offenend-Rotorspinnen, das Friktionsspinnen, das Falschdrahtspinnen,
das Luftdüsenspinnen und das Umwindespinnen. Das gebildete Garn besitzt somit praktisch
keine oberflächlichen Nissen, welche bei der Weiterverarbeitung des Garns, beispielsweise
zu Geweben oder Gewirken, stören könnten.
1. Verfahren zum Verarbeiten von kardierten Stapelfasern zu Garn, unter Anwendung
eines Spinnverfahrens, in welchem im Stapelfasermaterial enthaltene Nissen grösstenteils
in das Innere des Garns zu liegen kommen, dadurch gekennzeichnet, dass die Stapelfasern
vor dem Verspinnen in Form einer Watte einem Zangenaggregat (11, 13) zugeführt werden,
welches in einer geschlossenen Stellung jeweils einen Faserbart von der Watte einem
rotierenden Rundkamm (18, 19) vorhält und danach in einer geöffneten Stellung den
vom Rundkamm (18, 19) ausgekämmten Faserbart unmittelbar, ohne Berührung mit weiteren
Kammelementen, in die Klemmstelle von Abreisszylindern (6) gibt, und dass der von
den Abreisszylindern (6) abgezogene Kammzug dann in wenigstens einem Streckwerk verzogen
und mit dem Spinnverfahren zu einem Garn geformt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass ein Zangenaggregat (11,
13) verwendet wird, welches zwischen einer zurückgezogenen, geschlossenen Stellung
und einer vorgeschobenen, geöffneten Stellung bewegbar ist.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Watte mit einem
Flächengewicht von wenigstens 250 g/m², vorzugsweise wenigstens 300 g/m², zugeführt
wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Spinnverfahren
ein Offenend-Rotorspinnverfahren ist.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Spinnverfahren
ein Offenend-Friktionsspinnverfahren ist.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Spinnverfahren
ein Falschdrahtspinnverfahren ist.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Spinnverfahren
ein Luftdüsenspinnverfahren ist.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Spinnverfahren
ein Umwindespinnverfahren ist.
9. Kämmvorrichtung für die Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1
bis 8, mit einem drehbaren Rundkamm (18, 19) und mit einem Zangenaggregat (11, 13),
welches bewegbar ist zwischen einer zurückgezogenen, geschlossenen Stellung, um dem
Rundkamm (18, 19) einen Faserbart vorzuhalten, und einer vorgeschobenen, geöffneten
Stellung, um einen vom Rundkamm (18, 19) ausgekämmten Faserbart in die Klemmstelle
von Abreisszylindern (6) zu geben, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen den Abreisszylindern
(6) und dem vorgeschobenen Zangenaggregat (11, 13) ein freier Zwischenraum vorhanden
ist für die Uebergabe der Fasern zu den Abreisszylindern (6) ohne Berührung mit weiteren
Kammelementen.