(19)
(11) EP 0 338 188 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.10.1989  Patentblatt  1989/43

(21) Anmeldenummer: 89100625.6

(22) Anmeldetag:  14.01.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4D06N 3/00, D06N 3/08
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE ES FR GB IT

(30) Priorität: 19.04.1988 DE 3812948

(71) Anmelder: Firma Carl Freudenberg
D-69469 Weinheim (DE)

(72) Erfinder:
  • Wald, Hanns-Jürgen, Dr.
    D-6948 Waldmichelbach 5 (DE)
  • Getrost, Wilfried
    D-6942 Mörlenbach (DE)
  • Lang, Sigrid
    D-6943 Birkenau (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Bahnförmiges beschichtetes Verbundmaterial mit feinnarbiger Oberfläche und Verfahren zu seiner Herstellung


    (57) Ein bahnförmiges beschichtetes Verbundmaterial mit feinnarbiger Oberfläche besteht aus einem Vliesstoff mit einer Beschichtung, wobei ein glattes Gewirke oder Gewebe sich zwischen der Beschichtung und dem Vliesstoff be­findet. Die Herstellung erfolgt im Umkehrverfahren auf einem Ablösepapier.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein bahnförmiges beschichtetes Verbundmaterial gemäß den Merkmalen des ersten Patent­anspruchs sowie ein Verfahren zu dessen Herstellung. Solche Verbundmaterialien werden als Syntheseleder zur Herstellung von Schuhen mit feinnarbiger Oberfläche bei gleichzeitig offenkantiger Verarbeitung benötigt.

    [0002] Es ist bekannt, feinnarbiges Syntheseleder aus Polyure­than oder PVC-beschichtetem Gewebe als Schuhobermaterial zu verarbeiten. Eine offenkantige Verarbeitung verbietet sich jedoch wegen der Gefahr des Ausfransens an offenen Kanten und wegen des unsauberen Stanzbildes an Perfo­rationen.

    [0003] Bei Syntheseledern aus imprägnierten, beschichteten Vliesen ist die Herstellung feinnarbiger Oberflächen nahezu unmöglich, da bei der Schuhherstellung in Be­reichen hoher Dehnung, insbesondere an der Vorderkappe beim Zwicken, die feine Narbung durch eine sich über­lagernde Vliesstruktur (Vliesunruhe) gestört wird. Die deswegen manchmal verwendeten Feinstfaservliese erfordern sehr hohe Fertigungskosten.

    [0004] DE-GM 87 02 810 beschreibt ein Kunstlederstück, worin die Vliesunruhe dadurch beseitigt werden soll, daß ein Gewirke oder Gewebe in das Vlies eingenadelt ist. Nach­teilig ist bei dieser Lösung, daß das Gewirke bzw. Gewebe durch das Einnadeln geschädigt wird und zwecks sicherer Verankerung mindestens auf einer Seite mit einer dünnen Vliesschicht bedeckt sein muß.

    [0005] Bereits diese Mindest-Vliesschicht ruft wieder Vliesun­ruhe auf feinnarbigen Oberflächen, insbesondere beim Verformen des Flächengebildes, hervor.

    [0006] Die vorliegende Erfindung hat daher zur Aufgabe, ein gattungsgemäßes Verbundmaterial anzugeben, das eine feinnarbige Oberfläche aufweist, wobei die Trägerstruktur nicht bis zur Deckschicht durchdringt. Festigkeit und Aussehen der Schnittkanten sollen dabei denen von Natur­leder gleichen.

    [0007] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein bahnförmiges be­schichtetes Verbundmaterial mit den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruchs 1 und mit einem durch eine besondere Abfolge der Verfahrensschritte gekennzeichneten Umkehr-Beschichtungsverfahren. Bevorzugte Ausgestaltungen und Verfahrensvarianten sind in den Unteransprüchen aufgezeigt.

    [0008] Durch die Einbettung des Gewirkes oder Gewebes in die beiden klebefähigen Polymerschichten wird ein Ausfransen bei offenkantiger Verarbeitung verhindert.

    [0009] Die Gewirke- oder Gewebe-Zwischenschicht soll beidseitig eine möglichst glatte Oberfläche haben, damit sich einerseits bei der Schuhfertigung keine Struktur auf der Oberfläche abbildet und andererseits beim Herstellungs­verfahren, bei der Verklebung mit der Trägerschicht, nicht zuviel Klebemasse erforderlich ist, damit das Endprodukt flexibel, weich und rund bleibt. Im Interesse der Verarbeitbarkeit zu Schuhen muß die Ge­wirke- oder Gewebe-Zwischenschicht nach der Einbettung in beide Klebestriche eine Bruchdehnung von mindestens 8 % aufweisen.

    [0010] Die Trägerschicht ist wegen der geforderten Schnittkanten­festigkeit vorzugsweise ein imprägniertes Nadelvlies. Mit Trägerdicken zwischen 0,2 und 3,5 mm kann die gewünschte Endstärke des Verbundmaterials eingestellt werden. Ist das Trägermaterial ein Gewebe, muß die Schnittkanten­festigkeit durch eine Imprägnierung sichergestellt werden.

    [0011] In einer bevorzugten Ausführungsform besteht die Sicht­fläche des Verbundmaterials aus 1 bis 2 g/m² schwerem PVC-, Polyurethan- oder Acrylat-Lack. Darunter befindet sich eine Weich-PVC-Schicht mit 45 bis 65 Gew.-% Weich­machergehalt oder eine Polyurethanschicht.

    [0012] Als besonders geeigneter Klebestrich wurde dabei Weich-­PVC mit einem Weichmachergehalt von 45 bis 65 Gew.-% gefunden.

    [0013] Als besonders geeignet wegen seiner glatten Oberflächen­struktur erwies sich als Zwischenschicht ein 100 g/m² schweres Polyester-Jersey-Gewirke.

    [0014] Ferner wurde gefunden, daß einem erfindungsgemäß aufgebauten Verbundmaterial ein imprägniertes Polyester-Nadelvlies als Trägerschicht eine besonders signifikante Lederartigkeit mit vorteilhaft "rundem Bruch" verleiht.

    [0015] Erfindungswesentlich hinsichtlich des Verfahrens zur Herstellung des beanspruchten Verbundmaterials ist es, daß zuerst die Zwischenschicht auf die Deckschicht und danach die Trägerschicht auf die Zwischenschicht aufge­tragen werden. Die Verklebung muß mit Klebestrichen, Schmelzkleber oder Klebefolien sehr weicher Konsistenz vorgenommen werden.

    [0016] In einer bevorzugten Verfahrensvariante wird zuerst ein lösungsmittelhaltiger Decklack aus z.B. PVC auf mit feiner Prägung versehenes Ablösepapier aufgetragen und das Lösungsmittel im Umluftofen entfernt. Dieser Decklack wird mit weicher Deckstrichpaste beschichtet und diese im Umluftofen getrocknet.

    [0017] Es folgen nacheinander das Auftragen der Zwischen- und der Trägerschicht, jeweils mittels einer weichen Klebe­paste, Schmelzkleber oder Klebefolie, die notwendigenfalls nach jedem Auftragsvorgang in einem Umluftofen getrocknet wird. Erst danach und nach der Abkühlung des Gesamtverbundes wird das Ablösepapier abgetrennt. Durch diese Verfahrensweise wird die feinnarbige Prägeoberfläche während des Verklebevorganges geschützt.

    [0018] In einer zweiten Verfahrensvariante verwendet man glattes Ablösepapier. Die Erzeugung der feingenarbten Oberfläche erfolgt mittels eines Prägekalanders mit einer feinnarbigen Prägewalze. Die Laminierung der Trägerschicht kann auch in einem gesonderten Arbeitsgang, jedoch vor der Kalanderprägung, erfolgen. Nach dem Prägen wird die Ware, falls gewünscht, gedruckt und lackiert.

    Beispiel 1



    [0019] Auf ein geprägtes Ablösepapier mit feiner Narbung werden 2 g/m² (fest) eines lösungsmittelhaltigen PVC-Lackes aufgetragen und im ersten Umluftofen bei 160 °C abgetrocknet.

    [0020] Darauf werden 300 g/m² einer Weich-PVC-Paste mit 50 Gew.-% Weichmachergehalt aufgetragen und im zweiten Umluftofen bei 190 °C geliert. Anschließend wird mit 100 g/m² Weich-PVC-Klebestrich (Weichmachergehalt: 55 Gew.-%) ein Polyester-Jersey-Gewirke von 100 g/m² auf die ge­lierte PVC-Deckschicht laminiert und der Klebestrich im dritten Umluftofen bei 190 °C geliert. Die Laminierung der Trägerschicht, eines 0,8 mm starken, 200 g/m² schwe­ren Polyester-Nadelvlieses, wird dann mit 300 g/m² des gleichen Klebestrichs wie oben auf das Gewirke vorge­nommen. Zur Gelierung des zweiten Klebestrichs wird der Gesamtverbund mit dem Ablösepapier im vierten Umluftofen bei 190 Grad C abgeheizt. Nach der Abkühlung wird der Gesamtverbund als 1,6 mm starkes, feingenarbtes und schnittkantenfestes Sportschuh-Obermaterial vom Ablöse­papier getrennt.

    Beispiel 2



    [0021] Es wird wie in Beispiel 1 verfahren, jedoch wird als Trägermaterial ein 300 g/m² schweres, 1,1 mm starkes, imprägniertes Nadelvlies verwendet. Das Endprodukt hat eine Stärke von 1,8 mm und kann als Schuhobermaterial verarbeitet werden.

    [0022] Die Vorteile der vorliegenden Erfindung liegen also in der Möglichkeit, feingenarbte Schuhobermaterialien herzustellen, die auch offenkantig verarbeitet werden können. Gegenüber echtem Leder und gegenüber feinge­narbten Qualitäten auf Feinstfaservliesbasis zeichnen sich das erfindungsgemäße Produkt und dessen Herstel­lungsverfahren durch bis zu 50 % niedrigere Herstel­lungskosten aus.


    Ansprüche

    1. Bahnförmiges beschichtetes Verbundmaterial mit lederartigem Aussehen und feinnarbiger Oberfläche und einer Dicke von 0,7 bis 5,0 mm, bestehend aus einer 0,03 bis 0,4 mm dicken Weich-PVC-, Polyurethan-, NBR-, SBR- oder Acrylat-Beschichtung, einer Klebe­strich-Schicht und aus einer 0,2 bis 3,5 mm dicken, 30 bis 500 g/m² schweren Trägerschicht aus Vliesstoff oder mit Acrylatdispersion imprägniertem Gewebe, dadurch gekennzeichnet, daß sich zwischen Trägerschicht und Beschichtung ein glattes, wenig strukturiertes, 30 bis 200 g/m² schweres Gewirke oder ein ebensolches, 100 bis 500 g/m² schweres Gewebe befindet, bestehend aus Polyester-, Polyamid-, Baumwoll-Fasern oder Abmischungen daraus, wobei diese Zwischenschicht beidseitig von einer weichen, die Trägerschicht mit dieser Zwischenschicht verbindenden Polymerschicht umgeben ist, und wobei das Verbundmaterial im eingebetteten Zustand eine Bruch­dehnung von mindestens 8 % aufweist und auch nach Verformung eine von Vliesstrukturen freie Oberfläche besitzt.
     
    2.Verbundmaterial nach Anspruch 1, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Beschichtung eine Lackschicht aus einem 1 bis 2 g/m² schweren PVC-, PUR- oder Acrylat-Lack aufweist, die sich auf einer Weich-­PVC-Schicht mit einem Weichmachergehalt von 45 bis 65 Gew.-% oder auf einer Polyurethanschicht befindet.
     
    3. Verbundmaterial nach Anspruch 2, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Zwischenschicht aus Gewebe oder Gewirke beidseitig einen Weich-PVC-Klebestrich mit einem Weichmachergehalt von 45 bis 65 Gew.-% aufweist.
     
    4. Verbundmaterial nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Zwischenschicht ein 100 g/m² schweres Polyester-Jersey-Gewirke ist.
     
    5. Verbundmaterial nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Trägerschicht ein impräg­niertes Polyester-Nadelvlies ist.
     
    6. Verfahren zur Herstellung eines bahnförmigen be­schichteten Verbundmaterials mit den Merkmalen des Anspruchs 1, gekennzeichnet durch die Reihenfolge der Verfahrensschritte:

    a) Auftragen der Oberschicht auf Ablösepapier und anschließendes Trocknen im Umluftofen;

    b) Laminieren der Gewirke- oder Gewebe-Zwischenschicht über die Deckschicht mittels einer weichen, klebefähigen Polymerschicht und anschließendes Trocknen im Umluftofen;

    c) Laminieren der Trägerschicht auf die Zwischenschicht mittels einer klebefähigen Polymerschicht und ggf.anschließendes Trocknen im Umluftofen;

    d) Abkühlen des Laminates und anschließendes Abziehen des Ablösepapiers.


     
    7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß man vor dem Auftragen der weichen Deckstrichpaste einen lösungsmittelhaltigen Decklack auf Ablösepapier mit feiner Narbung aufträgt und anschließend das Lösungs­mittel im Umluftofen entfernt.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß man ein glattes Ablösepapier verwendet und anschließend an die Herstellung des Verbundes auf der Deckschicht die Narbung durch Prägen mit einem Prägekalander erzeugt, die Deckschicht gegebenenfalls dann bedruckt und lackiert.