[0001] Die Erfindung betrifft ein bahnförmiges beschichtetes Verbundmaterial gemäß den Merkmalen
des ersten Patentanspruchs sowie ein Verfahren zu dessen Herstellung. Solche Verbundmaterialien
werden als Syntheseleder zur Herstellung von Schuhen mit feinnarbiger Oberfläche bei
gleichzeitig offenkantiger Verarbeitung benötigt.
[0002] Es ist bekannt, feinnarbiges Syntheseleder aus Polyurethan oder PVC-beschichtetem
Gewebe als Schuhobermaterial zu verarbeiten. Eine offenkantige Verarbeitung verbietet
sich jedoch wegen der Gefahr des Ausfransens an offenen Kanten und wegen des unsauberen
Stanzbildes an Perforationen.
[0003] Bei Syntheseledern aus imprägnierten, beschichteten Vliesen ist die Herstellung feinnarbiger
Oberflächen nahezu unmöglich, da bei der Schuhherstellung in Bereichen hoher Dehnung,
insbesondere an der Vorderkappe beim Zwicken, die feine Narbung durch eine sich überlagernde
Vliesstruktur (Vliesunruhe) gestört wird. Die deswegen manchmal verwendeten Feinstfaservliese
erfordern sehr hohe Fertigungskosten.
[0004] DE-GM 87 02 810 beschreibt ein Kunstlederstück, worin die Vliesunruhe dadurch beseitigt
werden soll, daß ein Gewirke oder Gewebe in das Vlies eingenadelt ist. Nachteilig
ist bei dieser Lösung, daß das Gewirke bzw. Gewebe durch das Einnadeln geschädigt
wird und zwecks sicherer Verankerung mindestens auf einer Seite mit einer dünnen Vliesschicht
bedeckt sein muß.
[0005] Bereits diese Mindest-Vliesschicht ruft wieder Vliesunruhe auf feinnarbigen Oberflächen,
insbesondere beim Verformen des Flächengebildes, hervor.
[0006] Die vorliegende Erfindung hat daher zur Aufgabe, ein gattungsgemäßes Verbundmaterial
anzugeben, das eine feinnarbige Oberfläche aufweist, wobei die Trägerstruktur nicht
bis zur Deckschicht durchdringt. Festigkeit und Aussehen der Schnittkanten sollen
dabei denen von Naturleder gleichen.
[0007] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein bahnförmiges beschichtetes Verbundmaterial mit
den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruchs 1 und mit einem durch eine besondere Abfolge
der Verfahrensschritte gekennzeichneten Umkehr-Beschichtungsverfahren. Bevorzugte
Ausgestaltungen und Verfahrensvarianten sind in den Unteransprüchen aufgezeigt.
[0008] Durch die Einbettung des Gewirkes oder Gewebes in die beiden klebefähigen Polymerschichten
wird ein Ausfransen bei offenkantiger Verarbeitung verhindert.
[0009] Die Gewirke- oder Gewebe-Zwischenschicht soll beidseitig eine möglichst glatte Oberfläche
haben, damit sich einerseits bei der Schuhfertigung keine Struktur auf der Oberfläche
abbildet und andererseits beim Herstellungsverfahren, bei der Verklebung mit der
Trägerschicht, nicht zuviel Klebemasse erforderlich ist, damit das Endprodukt flexibel,
weich und rund bleibt. Im Interesse der Verarbeitbarkeit zu Schuhen muß die Gewirke-
oder Gewebe-Zwischenschicht nach der Einbettung in beide Klebestriche eine Bruchdehnung
von mindestens 8 % aufweisen.
[0010] Die Trägerschicht ist wegen der geforderten Schnittkantenfestigkeit vorzugsweise
ein imprägniertes Nadelvlies. Mit Trägerdicken zwischen 0,2 und 3,5 mm kann die gewünschte
Endstärke des Verbundmaterials eingestellt werden. Ist das Trägermaterial ein Gewebe,
muß die Schnittkantenfestigkeit durch eine Imprägnierung sichergestellt werden.
[0011] In einer bevorzugten Ausführungsform besteht die Sichtfläche des Verbundmaterials
aus 1 bis 2 g/m² schwerem PVC-, Polyurethan- oder Acrylat-Lack. Darunter befindet
sich eine Weich-PVC-Schicht mit 45 bis 65 Gew.-% Weichmachergehalt oder eine Polyurethanschicht.
[0012] Als besonders geeigneter Klebestrich wurde dabei Weich-PVC mit einem Weichmachergehalt
von 45 bis 65 Gew.-% gefunden.
[0013] Als besonders geeignet wegen seiner glatten Oberflächenstruktur erwies sich als
Zwischenschicht ein 100 g/m² schweres Polyester-Jersey-Gewirke.
[0014] Ferner wurde gefunden, daß einem erfindungsgemäß aufgebauten Verbundmaterial ein
imprägniertes Polyester-Nadelvlies als Trägerschicht eine besonders signifikante Lederartigkeit
mit vorteilhaft "rundem Bruch" verleiht.
[0015] Erfindungswesentlich hinsichtlich des Verfahrens zur Herstellung des beanspruchten
Verbundmaterials ist es, daß zuerst die Zwischenschicht auf die Deckschicht und danach
die Trägerschicht auf die Zwischenschicht aufgetragen werden. Die Verklebung muß
mit Klebestrichen, Schmelzkleber oder Klebefolien sehr weicher Konsistenz vorgenommen
werden.
[0016] In einer bevorzugten Verfahrensvariante wird zuerst ein lösungsmittelhaltiger Decklack
aus z.B. PVC auf mit feiner Prägung versehenes Ablösepapier aufgetragen und das Lösungsmittel
im Umluftofen entfernt. Dieser Decklack wird mit weicher Deckstrichpaste beschichtet
und diese im Umluftofen getrocknet.
[0017] Es folgen nacheinander das Auftragen der Zwischen- und der Trägerschicht, jeweils
mittels einer weichen Klebepaste, Schmelzkleber oder Klebefolie, die notwendigenfalls
nach jedem Auftragsvorgang in einem Umluftofen getrocknet wird. Erst danach und nach
der Abkühlung des Gesamtverbundes wird das Ablösepapier abgetrennt. Durch diese Verfahrensweise
wird die feinnarbige Prägeoberfläche während des Verklebevorganges geschützt.
[0018] In einer zweiten Verfahrensvariante verwendet man glattes Ablösepapier. Die Erzeugung
der feingenarbten Oberfläche erfolgt mittels eines Prägekalanders mit einer feinnarbigen
Prägewalze. Die Laminierung der Trägerschicht kann auch in einem gesonderten Arbeitsgang,
jedoch vor der Kalanderprägung, erfolgen. Nach dem Prägen wird die Ware, falls gewünscht,
gedruckt und lackiert.
Beispiel 1
[0019] Auf ein geprägtes Ablösepapier mit feiner Narbung werden 2 g/m² (fest) eines lösungsmittelhaltigen
PVC-Lackes aufgetragen und im ersten Umluftofen bei 160 °C abgetrocknet.
[0020] Darauf werden 300 g/m² einer Weich-PVC-Paste mit 50 Gew.-% Weichmachergehalt aufgetragen
und im zweiten Umluftofen bei 190 °C geliert. Anschließend wird mit 100 g/m² Weich-PVC-Klebestrich
(Weichmachergehalt: 55 Gew.-%) ein Polyester-Jersey-Gewirke von 100 g/m² auf die gelierte
PVC-Deckschicht laminiert und der Klebestrich im dritten Umluftofen bei 190 °C geliert.
Die Laminierung der Trägerschicht, eines 0,8 mm starken, 200 g/m² schweren Polyester-Nadelvlieses,
wird dann mit 300 g/m² des gleichen Klebestrichs wie oben auf das Gewirke vorgenommen.
Zur Gelierung des zweiten Klebestrichs wird der Gesamtverbund mit dem Ablösepapier
im vierten Umluftofen bei 190 Grad C abgeheizt. Nach der Abkühlung wird der Gesamtverbund
als 1,6 mm starkes, feingenarbtes und schnittkantenfestes Sportschuh-Obermaterial
vom Ablösepapier getrennt.
Beispiel 2
[0021] Es wird wie in Beispiel 1 verfahren, jedoch wird als Trägermaterial ein 300 g/m²
schweres, 1,1 mm starkes, imprägniertes Nadelvlies verwendet. Das Endprodukt hat eine
Stärke von 1,8 mm und kann als Schuhobermaterial verarbeitet werden.
[0022] Die Vorteile der vorliegenden Erfindung liegen also in der Möglichkeit, feingenarbte
Schuhobermaterialien herzustellen, die auch offenkantig verarbeitet werden können.
Gegenüber echtem Leder und gegenüber feingenarbten Qualitäten auf Feinstfaservliesbasis
zeichnen sich das erfindungsgemäße Produkt und dessen Herstellungsverfahren durch
bis zu 50 % niedrigere Herstellungskosten aus.
1. Bahnförmiges beschichtetes Verbundmaterial mit lederartigem Aussehen und feinnarbiger
Oberfläche und einer Dicke von 0,7 bis 5,0 mm, bestehend aus einer 0,03 bis 0,4 mm
dicken Weich-PVC-, Polyurethan-, NBR-, SBR- oder Acrylat-Beschichtung, einer Klebestrich-Schicht
und aus einer 0,2 bis 3,5 mm dicken, 30 bis 500 g/m² schweren Trägerschicht aus Vliesstoff
oder mit Acrylatdispersion imprägniertem Gewebe, dadurch gekennzeichnet, daß sich
zwischen Trägerschicht und Beschichtung ein glattes, wenig strukturiertes, 30 bis
200 g/m² schweres Gewirke oder ein ebensolches, 100 bis 500 g/m² schweres Gewebe befindet,
bestehend aus Polyester-, Polyamid-, Baumwoll-Fasern oder Abmischungen daraus, wobei
diese Zwischenschicht beidseitig von einer weichen, die Trägerschicht mit dieser Zwischenschicht
verbindenden Polymerschicht umgeben ist, und wobei das Verbundmaterial im eingebetteten
Zustand eine Bruchdehnung von mindestens 8 % aufweist und auch nach Verformung eine
von Vliesstrukturen freie Oberfläche besitzt.
2.Verbundmaterial nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Beschichtung eine
Lackschicht aus einem 1 bis 2 g/m² schweren PVC-, PUR- oder Acrylat-Lack aufweist,
die sich auf einer Weich-PVC-Schicht mit einem Weichmachergehalt von 45 bis 65 Gew.-%
oder auf einer Polyurethanschicht befindet.
3. Verbundmaterial nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Zwischenschicht
aus Gewebe oder Gewirke beidseitig einen Weich-PVC-Klebestrich mit einem Weichmachergehalt
von 45 bis 65 Gew.-% aufweist.
4. Verbundmaterial nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Zwischenschicht
ein 100 g/m² schweres Polyester-Jersey-Gewirke ist.
5. Verbundmaterial nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Trägerschicht
ein imprägniertes Polyester-Nadelvlies ist.
6. Verfahren zur Herstellung eines bahnförmigen beschichteten Verbundmaterials mit
den Merkmalen des Anspruchs 1, gekennzeichnet durch die Reihenfolge der Verfahrensschritte:
a) Auftragen der Oberschicht auf Ablösepapier und anschließendes Trocknen im Umluftofen;
b) Laminieren der Gewirke- oder Gewebe-Zwischenschicht über die Deckschicht mittels
einer weichen, klebefähigen Polymerschicht und anschließendes Trocknen im Umluftofen;
c) Laminieren der Trägerschicht auf die Zwischenschicht mittels einer klebefähigen
Polymerschicht und ggf.anschließendes Trocknen im Umluftofen;
d) Abkühlen des Laminates und anschließendes Abziehen des Ablösepapiers.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß man vor dem Auftragen der
weichen Deckstrichpaste einen lösungsmittelhaltigen Decklack auf Ablösepapier mit
feiner Narbung aufträgt und anschließend das Lösungsmittel im Umluftofen entfernt.
8. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß man ein glattes Ablösepapier
verwendet und anschließend an die Herstellung des Verbundes auf der Deckschicht die
Narbung durch Prägen mit einem Prägekalander erzeugt, die Deckschicht gegebenenfalls
dann bedruckt und lackiert.