[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 oder 2.
[0002] Für die industrielle Herstellung von Titan aus TiO₂ sind beispielsweise nach dem
heutigen Stand der Technik fünf Prozeßschritte nötig:
- Herstellung von Titanchlorid aus Titanoxid nach der Reaktion
TiO₂ + 2Cl₂ + 2C = TiCl₄ + 2 CO.
- Reduktion von Titantetrachlorid mit Magnesium oder Natrium zu Titanschwamm nach
der Reaktion
TiCl4 + 2 Mg = 2 MgCl₂ + Ti
TiCl4Y + 4 Na = 4 NaCl + Ti
- Vakuumdestillation des so hergestellten Titanschwamms zur Entfernung von Mg und
MgCl₂ bzw. von Na und NaCl
- Kompaktieren des Titanschwamms zu Elektroden
- Zweimaliges Umschmelzen von Titanschwamm im Vakuumlichtbogenofen oder im Elektronenstrahlofen
zu einem Titanblock.
[0003] Dieser Herstellungsprozeß ist technisch und wirtschaftlich sehr aufwendig. Es hat
daher nicht an Bemühungen gefehlt, Titan durch Direktreduktion von TiO₂ herzustellen.
Wegen der hohen Bildungswärme des Titanoxids bis zu 225,8 kcal/mol sowie der hohen
Löslichkeit des Sauerstoffs im Titanmischkristall gibt es noch kein industriell brauchbares
Verfahren.
[0004] Ein Verfahren zur Direktreduktion ist beispielsweise durch die DE-AS 20 34 385 bekannt.
Die zu reduzierenden Metalloxide, die Schlackenkomponenten und das als Reduktionsmittel
wirkende Metall werden dabei als Pulver gemischt, und das Pulvergemisch wird in einem
wassergekühlten Induktionstiegel teilweise aufgeschmolzen. Da die erforderliche induktive
Ankopplung nur an die metallische Komponente des Gemisches erfolgen kann, kommt der
Prozeß nur langsam zum Anlaufen. Außerdem muß das Reduktionsmittel (Ca) im Überschuß
zugegeben werden.
[0005] Wegen der langen Prozeßdauer und des Überschusses an Reduktionsmetall geht von diesem
ein unverhältnismäßig großer Anteil durch Verdampfung verloren. Das Verfahren leidet
außerdem an einem hohen Energiebedarf. Trotzdem hat es sich als nicht möglich erwiesen,
die experimentellen Labormengen von 100 g bis 150 g zu überschreiten und das Verfahren
auf einen Produktionsmaßstab auszudehnen.
[0006] Aufgrund der hohen Affinität der Erdalkalimetalle wie Kalzium, Magnesium, Barium
u.a. zum Sauerstoff, ist eine weitgehende Reduktion von Titanoxid mit diesen Metallen
grundsätzlich möglich. Wegen der hohen Dampfdrucke dieser Elemente muß die Reduktion
bei relativ niedriger Temperatur von ca. 1000 °C vorgenommen werden.
[0007] Im Labormaßstab konnte Titan mit 0,1 % bis 0,2 % Sauerstoff durch Reduktion mit
Kalzium hergestellt werden (Ulrich Zwicker: Buch "Titan und Titanlegierungen", Seite
28, Springer Verlag, Berlin, 1974). Das Problem liegt jedoch in der Schwierigkeit
bei der Abtrennung des reaktiven Metalls vom gebildeten Erdalkalioxid.
[0008] Darüberhinaus liegt das metallische Titan bei dieser Reaktion in der festen Phase
in kleinen Teilchen vor, so daß nach der Abtrennung eine Vakuumdestillation zur Entfernung
von überschüssigem Erdalkalimetall eine Kompaktierung der Titanteilchen mit anschließendem,
evtl. zweimaligem Umschmelzen notwendig ist. Aus diesem Grunde konnte sich das Verfahren
produktionstechnisch nicht durchsetzen.
[0009] Titanoxid (TiO₂) schmilzt bei 1825 °C. Eine Reduktion der Titanoxidschmelze bei einer
Temperatur von über 1825 °C, z.B. mit Kalzium, ist nicht möglich, da Kalzium bereits
bei einer Temperatur von 1484 °C verdampft und für die Reduktion nicht mehr zur Verfügung
steht.
[0010] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs beschriebenen
Art anzugeben, bei dem Erdalkalimetalle wirtschaftlich zur Direktreduktion der Oxide
eingesetzt werden können, um die betreffenden Metalle und Metall-Legierungen im großtechnischen
Maßstab erzeugen zu können.
[0011] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch die im Kennzeichen des Anspruchs 1 oder
2 angegebenen Maßnahmen gelöst.
[0012] Die aus den besagten Metalloxiden und dem Erdalkalimetallhalogenid gebildete Schlackenschmelze
hat je nach Mischungsverhältnis einen wesentlich niedrigeren Schmelzpunkt als die
reinen Metalloxide.
[0013] Da Erdalkalimetalle in entsprechender Halogenidschmelze über den gesamten Temperatur-
und Konzentrationsbereich unbeschränkt löslich sind, werden die Dampfdrucke der gelösten
Erdalkalimetalle entsprechend dem Raoult'schen Gesetz
P
x = N
x x P
x* wobei P
x = Dampfdruck des gelösten Stoffes x
N
x = Molendruck des gelösten Stoffes x
P
x* = Dampfdruck des reinen Stoffes x
herabgesetzt.
[0014] Überraschenderweise hat sich bei Versuchen gezeigt, daß das Erdalkalimetall in einer
Titan/Erdalkalihalogenidschmelze auch bei Temperaturen über 1500 °C nicht dampfförmig
entweicht und sehr weitgehend zur Reduktion in Titanoxid erhalten bleibt.
[0015] Für den erfindungsgemäßen Zweck können außer Kalzium auch Erdalkalimetalle wie Magnesium
oder Barium verwendet werden. Hierbei empfiehlt es sich, den in der Schlacke enthaltenden,
für Kalzium besonders gut geeigneten Flußspat (CaF₂) ganz oder teilweise durch das
entsprechende Fluorid, wie MgF₂ bzw. BaF₂ zu ersetzen. Enthält die Schlacke kein Magnesiumfluorid
bzw. Bariumfluorid, so ist Magnesium oder Barium zusammen mit Kalzium zuzusetzen.
Da alle Erdalkalimetalle im flüssigen Kalzium löslich sind, werden daher die Verdampfungsverluste
dieser Elemente wesentlich kleiner.
[0016] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren erfolgt die Reduktion beispielsweise zur Herstellung
von Titan in einer flüssigen Schlackenphase durch Einstellen einer Schlakkentemperatur,
die über dem Schmelzpunkt von Titan liegt, d.h. bei 1675 °C. Dabei bleibt das Titan
flüssig. Aufgrund des Dichteunterschiedes erfolgt die Trennung des flüssigen Titans
zwangsläufig von der Schlackenphase. Das flüssige Titan kann dann zu Blöcken abgegossen
werden.
[0017] Aufgrund der hohen Reaktivität einiger Metalle wie Titan ist es empfehlenswert, das
Schmelzen und die Reduktion der Oxid-Halogenid-Schlacke in einem keramikfreien Tiegel,
z.B. einem wassergekühlten Kupfertrog, vorzunehmen. Hierfür können folgende Verfahren
verwendet werden:
a) Schmelzen in einem wassergekühlten Kupfertiegel nach dem Elektroschlackeumschmelzverfahren,
vorzugsweise mit einer nichtverzehrbaren Elektrode,
b) Schmelzen in einem wassergekühlten Kupfertiegel mittels Lichtbogen mit einer nichtverzehrbaren
Elektrode, und
c) Schmelzen in einem wassergekühlten Kupfertiegel mit Hilfe von Plasmabrennern.
[0018] Die Schlackentemperatur kann bei allen drei oben genannten Öfen durch entsprechende
Energiezufuhr beliebig eingestellt werden. Bei sinnvoller Gestaltung des Schmelzofens
lassen sich die Reduktion der Oxide in der Schlacke und der Abzug der Metallschmelze
kontinuierlich durchführen.
[0019] Die Bedingungen im Kennzeichen des Anspruchs 1 oder 2, wonach die Abtrennung bei
einer Temperatur über dem Schmelzpunkt des zu gewinnenden Metalls erfolgen soll, kann
auf zweierlei Weise erfüllt werden. Bei Metallen, wie z.B. Ti, Zr und Cr, deren Schmelzpunkt
über der Reaktionstemperatur liegt, ist eine Aufheizung erforderlich. Bei Metallen,
wie z.B. Nd und Sm, deren Schmelzpunkt unter der Reaktionstemperatur liegt, ist eine
Aufheizung entbehrlich.
[0020] Besonders vorteilhaft ist es, wenn das Verfahren unter einem erhöhten Schutzgasdruck
(über 1 bar) durchgeführt wird. Dies hat die Vorteil, daß die Zersetzung von z.B.
Flußspat (CaF₂) bei hohen Temperaturen unterdrückt wird.
[0021] Was vorstehend für die Direktreduktion von Titanoxid beschrieben wurde, gilt analog
auch für die Direktreduktion der übrigen Oxide zu den Metallen. Im folgenden wird
die Erfindung anhand von vier Beispielen erläutert.
Beispiel 1:
[0022] In einem wassergekühlten Kupfertiegel wurden 1000 g TiO₂/CaF₂-Gemisch mit einer Zusammensetzung
von 50 % TiO₂ und 50 % CaF₂ mit einer nichtverzehrenden Elektrode mittels Lichtbogen
aufgeschmolzen. Auf die geschmolzene TiO₂/CaF₂-Schlacke wurden 500 g Kalzium aufgegeben.
Die Temperatur der Schlackenschmelze betrug 1600 °C. Das zugegebene Kalzium ging ohne
merkliches Verdampfen sofort in Lösung. Nach zwei Minuten wurde die Anlage abgeschaltet.
Nach dem Abkühlen wurde die erstarrte Schlacke zerkleinert. Es konnten zahlreiche
metallische Teilchen in der Größe zwischen 0,5 mm und 5 mm festgestellt werden. Anschließende
Untersuchungen dieser metallischen Teilchen mit der Mikrosonde ergaben, daß es sich
um reines Titan handelt.
Beispiel 2:
[0023] In einer ESU-Anlage wurden 50 kg Pulvergemisch mit 50 % TiO₂ und 50 % CaF₂ mit einer
nichtverzehrenden Graphitelektrode unter Argonschutzgas aufgeschmolzen und auf 1700
°C aufgeheizt. Danach wurden 30 kg Kalziumgranalien in die Schlacke zugegeben. Nach
einer Haltedauer von 30 Minuten wurde die Anlage abgeschaltet. Das flüssige Titan
(ca. 13 kg) hatte sich auf dem Boden der Kupferkokille gesammelt und konnte nach dem
Abkühlen entfernt werden. Der Sauerstoffgehalt des so hergestellten Titan betrug
ca. 1100 ppm.
Beispiel 3:
[0024] In einem Plasmaofen mit einem wassergekühlten Kupfertiegel wurden 100 kg ZrO₂/CaF₂-Gemisch
mit 50 % ZrO₂ bei einem Druck von 1000 mbar aufgeschmolzen. Das Plasmagas war Argon.
Bei einer Schlackentemperatur von 1900 °C wurde die Schlackenschmelze mit ca. 60 kg
Kalzium reduziert. Nach einer Haltedauer von 30 Minuten wurde die Anlage abgeschaltet.
Auch hierbei hatte sich das Zirkonium auf dem Boden des Kupfertroges gesammelt und
konnte nach dem Abkühlen entnommen werden.
Beispiel 4:
[0025] In einem Plasmaofen mit einem wassergekühlten Kupfertiegel werden 100 kg Cr₂O₃/CaF₂-Gemisch
mit 50 % Cr₂O₃ bei einem Druck von 1000 mbar unter Ar-Atmosphäre aufgeschmolzen. Das
Plasmagas war Argon. Bei einer Schlackentemperatur von ca. 1900 °C wurde das Chromoxid
in der Schlacke mit 50 kg Kalzium reduziert. Nach einer Haltedauer von 30 Minuten
wurde die Anlage abgeschaltet. Das so gebildete metallische Chrom hatte sich auf dem
Boden des Kupfertroges gesammelt und konnte nach dem Abkühlen entnommen werden.
1. Verfahren zum Herstellen von Metallen und MetallLegierungen, deren Sauerstoffaffinität
niedriger ist als die der Erdalkalimetalle, durch Direktreduktion ihrer Oxide in
einem Gemisch dieser Oxide mit mindestens einem Erdalkalimetallhalogenid und dem betreffenden
Erdalkalimetall und nachfolgende Abtrennung des gebildeten Metalls oder der Metall-Legierung,
dadurch gekennzeichnet, daß man
a) in einem ersten Schritt eine Schmelze aus dem betreffenden Metalloxid und dem Erdalkalimetallhalogenid
herstellt,
b) in einem zweiten Schritt der Schmelze das gleiche Erdalkalimetall zusetzt, das
in seiner Verbindung als Erdalkalimetallhalogenid in der Schmelze enthalten ist, und
das Metall oder die Metall-Legierung im geschmolzenen Zustand hält und schließlich
c) in einem dritten Schritt das so gebildete Metall oder die Metall-Legierung bei
einer Temperatur, die über dem Schmelzpunkt des zu gewinnenden Metalls oder der Metall-Legierung
liegt, von den übrigen Reaktionsprodukten abtrennt
2. Verfahren zum Herstellen von Metallen und Metall-Legierungen, deren Sauerstoffaffinität
niedriger ist als die der Erdalkalimetalle, durch Direktreduktion ihrer Oxide in
einem Gemisch dieser Oxide mit mindestens einem Erdalkalimetallhalogenid und dem betreffenden
Erdalkalimetall und nachfolgende Abtrennung des gebildeten Metalls oder der Metall-Legierung,
dadurch gekennzeichnet, daß man
a) in einem ersten Schritt eine Schmelze aus dem betreffenden Erdalkalimetall und
dessen Halogenid herstellt,
b) in einem zweiten Schritt das mindestens eine zu reduzierende Metalloxid in die
Schmelze eindosiert und die Schmelze bis zur Bildung des entsprechenden Metalls oder
Metall-Legierung flüssig hält und schließlich
c) in einem dritten Schritt das so gebildete Metall oder die Metall-Legierung bei
einer Temperatur, die über dem Schmelzpunkt des zu gewinnenden Metalls oder der Metall-Legierung
liegt, von den übrigen Reaktionsprodukten abtrennt.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man das Metalloxid und das Erdalkalimetallhalogenid im Gewichtsverhältnis von
30:70 bis 70:30 miteinander mischt.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man die Schmelze aus dem Metalloxid und das Erdalkalimetallhalogenid während
der Zugabe des Erdalkalimetalls auf einer Temperatur zwischen 1500 °C und 2000 °C
hält.
5. Verfahren nach Abspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß man die Schmelze auf einer Temperatur zwischen 1675 °C und 1900 °C hält.
6. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß man als Erdalkalimetallhalogenid ein Fluorid verwendet.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß man als Erdalkalimetallhalogenid Kalziumfluorid verwendet.
8. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Druck über der Schmelze mindestens 1 bar beträgt.
9. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß man es in einer Atmosphäre aus mit den Metallen und Metall-Legierungen nicht
reagierenden Gasen durchführt.
10. Anwendung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2 auf die Direktreduktion von Metallen
aus der Gruppe Ti, Zr, Cr, Sm und Nd.