(19)
(11) EP 0 343 378 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.11.1989  Patentblatt  1989/48

(21) Anmeldenummer: 89107119.3

(22) Anmeldetag:  20.04.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C22B 5/04, C22B 34/12, C22B 34/14, C22B 34/32, C22B 59/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB IT SE

(30) Priorität: 24.05.1988 DE 3817553

(71) Anmelder: LEYBOLD AKTIENGESELLSCHAFT
D-63450 Hanau (DE)

(72) Erfinder:
  • Choudhury, Alok, Dr.
    D-6625 Püttlingen (DE)
  • Brückmann, Gerhard, Dr.
    D-6334 Asslar (DE)
  • Scholz, Harald
    D-6458 Rodenbach (DE)

(74) Vertreter: Zapfe, Hans, Dipl.-Ing. et al
Am Eichwald 7
63150 Heusenstamm
63150 Heusenstamm (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Herstellen von Metallen aus der Gruppe Titan, Zirkonium, Chrom, Samarium und Neodym aus ihren Oxiden


    (57) Verfahren zum Herstellen von Metallen aus der Gruppe Titan (Ti), Zirkonium (Zr), Chrom (Cr), Samarium (Sm) und Neodym (Nd) durch Reduktion ihrer Oxide. Bei einer ersten Variante stellt man zunächst eine Schmelze aus dem betreffenden Metalloxid und einem Erdalkalimetall­halogenid her und setzt dann der Schmelze das gleiche Erdalkalimetall zu, das in seiner Verbindung als Erdal­kalimetallhalogenid in der Schmelze enthalten ist. Bei einer zweiten Variante stellt man zunächst eine Schmelze aus dem Erdalkalimetall und dem entsprechenden Erdalka­limetallhalogenid her und setzt dann der Schmelze das zu reduzierende Metalloxid zu. In beiden Fällen hält man das Gemisch bis zur Bildung des reduzierten Metalls im geschmolzenen Zustand und trennt schließlich das redu­zierte Metall von den übrigen Reaktionsprodukten.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren nach dem Oberbe­griff des Anspruchs 1 oder 2.

    [0002] Für die industrielle Herstellung von Titan aus TiO₂ sind beispielsweise nach dem heutigen Stand der Technik fünf Prozeßschritte nötig:
    - Herstellung von Titanchlorid aus Titanoxid nach der Reaktion
    TiO₂ + 2Cl₂ + 2C = TiCl₄ + 2 CO.
    - Reduktion von Titantetrachlorid mit Magnesium oder Natrium zu Titanschwamm nach der Reaktion
    TiCl4 + 2 Mg = 2 MgCl₂ + Ti
    TiCl4Y + 4 Na = 4 NaCl + Ti
    - Vakuumdestillation des so hergestellten Titan­schwamms zur Entfernung von Mg und MgCl₂ bzw. von Na und NaCl
    - Kompaktieren des Titanschwamms zu Elektroden
    - Zweimaliges Umschmelzen von Titanschwamm im Vaku­umlichtbogenofen oder im Elektronenstrahlofen zu einem Titanblock.

    [0003] Dieser Herstellungsprozeß ist technisch und wirtschaft­lich sehr aufwendig. Es hat daher nicht an Bemühungen gefehlt, Titan durch Direktreduktion von TiO₂ herzu­stellen. Wegen der hohen Bildungswärme des Titanoxids bis zu 225,8 kcal/mol sowie der hohen Löslichkeit des Sauerstoffs im Titanmischkristall gibt es noch kein industriell brauchbares Verfahren.

    [0004] Ein Verfahren zur Direktreduktion ist beispielsweise durch die DE-AS 20 34 385 bekannt. Die zu reduzierenden Metalloxide, die Schlackenkomponenten und das als Reduktionsmittel wirkende Metall werden dabei als Pulver gemischt, und das Pulvergemisch wird in einem wasserge­kühlten Induktionstiegel teilweise aufgeschmolzen. Da die erforderliche induktive Ankopplung nur an die metallische Komponente des Gemisches erfolgen kann, kommt der Prozeß nur langsam zum Anlaufen. Außerdem muß das Reduktionsmittel (Ca) im Überschuß zugegeben werden.

    [0005] Wegen der langen Prozeßdauer und des Überschusses an Reduktionsmetall geht von diesem ein unverhältnismäßig großer Anteil durch Verdampfung verloren. Das Verfahren leidet außerdem an einem hohen Energiebedarf. Trotzdem hat es sich als nicht möglich erwiesen, die experimen­tellen Labormengen von 100 g bis 150 g zu überschreiten und das Verfahren auf einen Produktionsmaßstab auszu­dehnen.

    [0006] Aufgrund der hohen Affinität der Erdalkalimetalle wie Kalzium, Magnesium, Barium u.a. zum Sauerstoff, ist eine weitgehende Reduktion von Titanoxid mit diesen Metallen grundsätzlich möglich. Wegen der hohen Dampfdrucke dieser Elemente muß die Reduktion bei relativ niedriger Temperatur von ca. 1000 °C vorgenommen werden.

    [0007] Im Labormaßstab konnte Titan mit 0,1 % bis 0,2 % Sauer­stoff durch Reduktion mit Kalzium hergestellt werden (Ulrich Zwicker: Buch "Titan und Titanlegierungen", Seite 28, Springer Verlag, Berlin, 1974). Das Problem liegt jedoch in der Schwierigkeit bei der Abtrennung des reaktiven Metalls vom gebildeten Erdalkalioxid.

    [0008] Darüberhinaus liegt das metallische Titan bei dieser Reaktion in der festen Phase in kleinen Teilchen vor, so daß nach der Abtrennung eine Vakuumdestillation zur Entfernung von überschüssigem Erdalkalimetall eine Kompaktierung der Titanteilchen mit anschließendem, evtl. zweimaligem Umschmelzen notwendig ist. Aus diesem Grunde konnte sich das Verfahren produktionstechnisch nicht durchsetzen.

    [0009] Titanoxid (TiO₂) schmilzt bei 1825 °C. Eine Reduktion der Titanoxidschmelze bei einer Temperatur von über 1825 °C, z.B. mit Kalzium, ist nicht möglich, da Kalzium bereits bei einer Temperatur von 1484 °C verdampft und für die Reduktion nicht mehr zur Verfügung steht.

    [0010] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs beschriebenen Art anzugeben, bei dem Erdalkalimetalle wirtschaftlich zur Direktreduktion der Oxide eingesetzt werden können, um die betreffenden Metalle und Metall-Legierungen im großtechnischen Maßstab erzeugen zu können.

    [0011] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch die im Kenn­zeichen des Anspruchs 1 oder 2 angegebenen Maßnahmen gelöst.

    [0012] Die aus den besagten Metalloxiden und dem Erdalkalime­tallhalogenid gebildete Schlackenschmelze hat je nach Mischungsverhältnis einen wesentlich niedrigeren Schmelzpunkt als die reinen Metalloxide.

    [0013] Da Erdalkalimetalle in entsprechender Halogenidschmelze über den gesamten Temperatur- und Konzentrationsbereich unbeschränkt löslich sind, werden die Dampfdrucke der gelösten Erdalkalimetalle entsprechend dem Raoult'schen Gesetz
    Px = Nx x Px* wobei Px = Dampfdruck des gelösten Stoffes x
    Nx = Molendruck des gelösten Stoffes x
    Px* = Dampfdruck des reinen Stoffes x
    herabgesetzt.

    [0014] Überraschenderweise hat sich bei Versuchen gezeigt, daß das Erdalkalimetall in einer Titan/Erdalkalihalogenid­schmelze auch bei Temperaturen über 1500 °C nicht dampfförmig entweicht und sehr weitgehend zur Reduktion in Titanoxid erhalten bleibt.

    [0015] Für den erfindungsgemäßen Zweck können außer Kalzium auch Erdalkalimetalle wie Magnesium oder Barium verwen­det werden. Hierbei empfiehlt es sich, den in der Schlacke enthaltenden, für Kalzium besonders gut geeig­neten Flußspat (CaF₂) ganz oder teilweise durch das entsprechende Fluorid, wie MgF₂ bzw. BaF₂ zu ersetzen. Enthält die Schlacke kein Magnesiumfluorid bzw. Barium­fluorid, so ist Magnesium oder Barium zusammen mit Kalzium zuzusetzen. Da alle Erdalkalimetalle im flüs­sigen Kalzium löslich sind, werden daher die Verdamp­fungsverluste dieser Elemente wesentlich kleiner.

    [0016] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren erfolgt die Reduk­tion beispielsweise zur Herstellung von Titan in einer flüssigen Schlackenphase durch Einstellen einer Schlak­kentemperatur, die über dem Schmelzpunkt von Titan liegt, d.h. bei 1675 °C. Dabei bleibt das Titan flüssig. Aufgrund des Dichteunterschiedes erfolgt die Trennung des flüssigen Titans zwangsläufig von der Schlackenphase. Das flüssige Titan kann dann zu Blöcken abgegossen werden.

    [0017] Aufgrund der hohen Reaktivität einiger Metalle wie Titan ist es empfehlenswert, das Schmelzen und die Reduktion der Oxid-Halogenid-Schlacke in einem keramikfreien Tiegel, z.B. einem wassergekühlten Kupfertrog, vorzu­nehmen. Hierfür können folgende Verfahren verwendet werden:

    a) Schmelzen in einem wassergekühlten Kupfertiegel nach dem Elektroschlackeumschmelzverfahren, vor­zugsweise mit einer nichtverzehrbaren Elektrode,

    b) Schmelzen in einem wassergekühlten Kupfertiegel mittels Lichtbogen mit einer nichtverzehrbaren Elektrode, und

    c) Schmelzen in einem wassergekühlten Kupfertiegel mit Hilfe von Plasmabrennern.



    [0018] Die Schlackentemperatur kann bei allen drei oben ge­nannten Öfen durch entsprechende Energiezufuhr beliebig eingestellt werden. Bei sinnvoller Gestaltung des Schmelzofens lassen sich die Reduktion der Oxide in der Schlacke und der Abzug der Metallschmelze kontinuierlich durchführen.

    [0019] Die Bedingungen im Kennzeichen des Anspruchs 1 oder 2, wonach die Abtrennung bei einer Temperatur über dem Schmelzpunkt des zu gewinnenden Metalls erfolgen soll, kann auf zweierlei Weise erfüllt werden. Bei Metallen, wie z.B. Ti, Zr und Cr, deren Schmelzpunkt über der Reaktionstemperatur liegt, ist eine Aufheizung erfor­derlich. Bei Metallen, wie z.B. Nd und Sm, deren Schmelzpunkt unter der Reaktionstemperatur liegt, ist eine Aufheizung entbehrlich.

    [0020] Besonders vorteilhaft ist es, wenn das Verfahren unter einem erhöhten Schutzgasdruck (über 1 bar) durchgeführt wird. Dies hat die Vorteil, daß die Zersetzung von z.B. Flußspat (CaF₂) bei hohen Temperaturen unterdrückt wird.

    [0021] Was vorstehend für die Direktreduktion von Titanoxid beschrieben wurde, gilt analog auch für die Direktre­duktion der übrigen Oxide zu den Metallen. Im folgenden wird die Erfindung anhand von vier Beispielen erläutert.

    Beispiel 1:



    [0022] In einem wassergekühlten Kupfertiegel wurden 1000 g TiO₂/CaF₂-Gemisch mit einer Zusammensetzung von 50 % TiO₂ und 50 % CaF₂ mit einer nichtverzehrenden Elektrode mittels Lichtbogen aufgeschmolzen. Auf die geschmolzene TiO₂/CaF₂-Schlacke wurden 500 g Kalzium aufgegeben. Die Temperatur der Schlackenschmelze betrug 1600 °C. Das zugegebene Kalzium ging ohne merkliches Verdampfen sofort in Lösung. Nach zwei Minuten wurde die Anlage abgeschaltet. Nach dem Abkühlen wurde die er­starrte Schlacke zerkleinert. Es konnten zahlreiche metallische Teilchen in der Größe zwischen 0,5 mm und 5 mm festgestellt werden. Anschließende Untersuchungen dieser metallischen Teilchen mit der Mikrosonde ergaben, daß es sich um reines Titan handelt.

    Beispiel 2:



    [0023] In einer ESU-Anlage wurden 50 kg Pulvergemisch mit 50 % TiO₂ und 50 % CaF₂ mit einer nichtverzehrenden Graphitelektrode unter Argonschutzgas aufgeschmolzen und auf 1700 °C aufgeheizt. Danach wurden 30 kg Kalziumgranalien in die Schlacke zugegeben. Nach einer Haltedauer von 30 Minuten wurde die Anlage abgeschaltet. Das flüssige Titan (ca. 13 kg) hatte sich auf dem Boden der Kupferkokille gesammelt und konnte nach dem Abkühlen entfernt werden. Der Sauerstoffgehalt des so herge­stellten Titan betrug ca. 1100 ppm.

    Beispiel 3:



    [0024] In einem Plasmaofen mit einem wassergekühlten Kupfer­tiegel wurden 100 kg ZrO₂/CaF₂-Gemisch mit 50 % ZrO₂ bei einem Druck von 1000 mbar aufgeschmolzen. Das Plasmagas war Argon. Bei einer Schlackentemperatur von 1900 °C wurde die Schlackenschmelze mit ca. 60 kg Kalzium reduziert. Nach einer Haltedauer von 30 Minuten wurde die Anlage abgeschaltet. Auch hierbei hatte sich das Zirkonium auf dem Boden des Kupfertroges gesammelt und konnte nach dem Abkühlen entnommen werden.

    Beispiel 4:



    [0025] In einem Plasmaofen mit einem wassergekühlten Kupfer­tiegel werden 100 kg Cr₂O₃/CaF₂-Gemisch mit 50 % Cr₂O₃ bei einem Druck von 1000 mbar unter Ar-Atmosphäre aufgeschmolzen. Das Plasmagas war Argon. Bei einer Schlackentemperatur von ca. 1900 °C wurde das Chromoxid in der Schlacke mit 50 kg Kalzium reduziert. Nach einer Haltedauer von 30 Minuten wurde die Anlage abgeschaltet. Das so gebildete metallische Chrom hatte sich auf dem Boden des Kupfertroges gesammelt und konnte nach dem Abkühlen entnommen werden.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Herstellen von Metallen und Metall­Legierungen, deren Sauerstoffaffinität niedriger ist als die der Erdalkalimetalle, durch Direktre­duktion ihrer Oxide in einem Gemisch dieser Oxide mit mindestens einem Erdalkalimetallhalogenid und dem betreffenden Erdalkalimetall und nachfolgende Abtrennung des gebildeten Metalls oder der Me­tall-Legierung, dadurch gekennzeichnet, daß man

    a) in einem ersten Schritt eine Schmelze aus dem betreffenden Metalloxid und dem Erdalkalime­tallhalogenid herstellt,

    b) in einem zweiten Schritt der Schmelze das gleiche Erdalkalimetall zusetzt, das in seiner Verbindung als Erdalkalimetallhalogenid in der Schmelze enthalten ist, und das Metall oder die Metall-Legierung im geschmolzenen Zustand hält und schließlich

    c) in einem dritten Schritt das so gebildete Metall oder die Metall-Legierung bei einer Temperatur, die über dem Schmelzpunkt des zu gewinnenden Metalls oder der Metall-Legierung liegt, von den übrigen Reaktionsprodukten abtrennt


     
    2. Verfahren zum Herstellen von Metallen und Metall-­Legierungen, deren Sauerstoffaffinität niedriger ist als die der Erdalkalimetalle, durch Direktre­duktion ihrer Oxide in einem Gemisch dieser Oxide mit mindestens einem Erdalkalimetallhalogenid und dem betreffenden Erdalkalimetall und nachfolgende Abtrennung des gebildeten Metalls oder der Me­tall-Legierung, dadurch gekennzeichnet, daß man

    a) in einem ersten Schritt eine Schmelze aus dem betreffenden Erdalkalimetall und dessen Halogenid herstellt,

    b) in einem zweiten Schritt das mindestens eine zu reduzierende Metalloxid in die Schmelze eindosiert und die Schmelze bis zur Bildung des entsprechenden Metalls oder Metall-­Legierung flüssig hält und schließlich

    c) in einem dritten Schritt das so gebildete Metall oder die Metall-Legierung bei einer Temperatur, die über dem Schmelzpunkt des zu gewinnenden Metalls oder der Metall-Legierung liegt, von den übrigen Reaktionsprodukten abtrennt.


     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man das Metalloxid und das Erdalkalimetallhalogenid im Gewichtsverhältnis von 30:70 bis 70:30 miteinander mischt.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man die Schmelze aus dem Metalloxid und das Erdalkalimetallhalogenid während der Zugabe des Erdalkalimetalls auf einer Temperatur zwischen 1500 °C und 2000 °C hält.
     
    5. Verfahren nach Abspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß man die Schmelze auf einer Temperatur zwischen 1675 °C und 1900 °C hält.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekenn­zeichnet, daß man als Erdalkalimetallhalogenid ein Fluorid verwendet.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß man als Erdalkalimetallhalogenid Kalziumfluorid verwendet.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekenn­zeichnet, daß der Druck über der Schmelze minde­stens 1 bar beträgt.
     
    9. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekenn­zeichnet, daß man es in einer Atmosphäre aus mit den Metallen und Metall-Legierungen nicht reagie­renden Gasen durchführt.
     
    10. Anwendung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2 auf die Direktreduktion von Metallen aus der Gruppe Ti, Zr, Cr, Sm und Nd.
     





    Recherchenbericht