(19)
(11) EP 0 344 103 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.11.1989  Patentblatt  1989/48

(21) Anmeldenummer: 89810351.0

(22) Anmeldetag:  11.05.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4D03D 27/00, D03D 17/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE ES FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 25.05.1988 CH 1970/88

(71) Anmelder: QUIKOTON AG
8750 Glarus (CH)

(72) Erfinder:
  • Brioschi, Luigi
    I-24040 Suisio Bergamo (IT)
  • La Scola, Franco
    I-24030 Brembate sopra Bergamo (IT)

(74) Vertreter: Mohnhaupt, Dietrich et al
Ammann Patentanwälte AG Postfach 2614
3001 Bern
3001 Bern (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Polgewebe


    (57) Es wird ein Polgewebe beschrieben und beansprucht, das aus einem Grundgewebe aus Polyesterfilamenten und einem Pol aus Naturfasern besteht, wobei zwischen je zwei Schussfäden bis zu vier Polfäden eingearbeitet sind. Die Bindung der Polfäden besteht mindestens teilweise aus drei- oder fünfkettige Poldurch-Bindung.
    Besondere Verwendung findet das Polgewebe als Auto- und Möbelsitzbezug.




    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Polgewebe, insbe­sondere Schusspolgewebe, vorzugsweise zur Verwendung un­ter erschwerten Gebrauchsbedingungen.

    [0002] Polgewebe sind an sich bekannt. Sie werden durch Einbin­den zusätzlicher Fadensysteme in ein Grundgewebe herge­stellt. Nach Lage der zusätzlichen Fadensysteme werden Kett- und Schussgewebe unterschieden. Beim Schusspolge­webe lässt der Webvorgang zunächst ein glattes Gewebe entstehen, und der Flor wird durch nachträgliches Auf­schneiden des entsprechend abgebundenen Fadensystems er­reicht. Bekannte Polgewebe sind Plüsch, Samt, Velvet und Teppiche.

    [0003] Bezugsstoffe für Möbel und Sitzgelegenheiten, insbeson­dere Autositze, müssen starke Beanspruchungen aushalten. Sie sind besonderen mechanischen Einwirkungen und gros­ser Reibung ausgesetzt und müssen weiterhin schmutzab­weisend sein. Als Material hat sich Acrylsamt und Polya­mid bewährt, bei denen Polfäden in ein Stapelfasergewebe eingewebt sind. Zur Erzielung der Elastizität des Gewe­bes, das bei der Montage über Ecken und Kanten der Grundstruktur des Möbels bzw. Sitzes gezogen werden muss, sind in Kette und Schuss Elastomerfasern (Lycra) enthalten. Das Polgewebe muss nach Art von Teppichen von der Rückseite her mit einem Bindemittel versehen sein, einem Acrylat- bzw. Polyamidbinder, damit die einfach gebundenen Polfäden nicht aus dem Verbund gezogen werden können.

    [0004] Diese Polgewebe für Sitzmöbelbezüge, insbesondere Auto­mobilsitze, haben Nachteile. So ist insbesondere die Herstellung wegen der Verwendung von Elastomerfäden schwierig und teuer. Weiterhin ist die Lichtechtheit des Polgewebes, wenn es mit den für Polyacryl bzw. Polyamid üblichen Farbstoffen gefärbt wird, oft nicht ausrei­chend, wie wohl jedem Autofahrer bekannt ist. Auch ist der Sitzkomfort wegen der absolut hydrophoben Eigen­schaften der Kunstfasern und deren elektrostatischer Aufladung unbefriedigend.

    [0005] Aufgabe der Erfindung ist die Schaffung eines für Sitz­möbel, insbesondere Automobilsitze, geeigneten verbes­serten Polgewebes, das die oben geschilderten Nachteile nicht aufweist und bei grosser Dauerhaftigkeit ein ela­stisches Verhalten ohne den Einbau von Elastomerfäden besitzt. Es soll eine ausreichende Elastizität zur Mon­tage haben, aber keine solche, die - wie Elastomerfäden - einen Verlust der Elastizität im Laufe der Zeit oder bei hoher Streckung unter Wellen- und Faltenbildung er­leidet. Die Einfärbung der Polfäden soll mit hochlicht- und reibechten Farbstoffen möglich sein, und der Sitz­komfort soll bei ausreichender Scheuerfestigkeit der Fä­den deutlich verbessert sein.

    [0006] Cordsamtgewebe, an die zunächst gedacht wurde, konnten die gestellten Aufgaben nicht erfüllen, da die Streck­barkeit des Gewebes nicht gegeben war und das Grundgewe­be keine ausreichenden Festigkeitswerte besitzt.

    [0007] Die gestellten Aufgaben werden nun durch ein neues Pol­gewebe gelöst, welches Gegenstand der Erfindung ist und im Patentanspruch 1 definiert wird. Es zeichnet sich durch eine Grundstruktur in Leinwand- oder Köperbindung oder einer davon abgeleiteten Bindung mit Kett- und Schussfäden aus, die aus einem Polyester-Filamentgarn bestehen, wobei das Grundgewebe derart bei erhöhter Tem­peratur fixiert ist, dass es eine latente Elastizität mindestens in Schussrichtung besitzt. Zwischen je zwei Schussfäden sind bis zu vier Polfäden eingetragen, die mindestens zum Teil in drei- oder fünfkettiger Poldurch- Bindung, d.h. als W-Noppen vorliegen und mindestens zum grössten Teil aus Naturfasern wie Cellulose-Stapelfaser­garnen, insbesondere Baumwolle bestehen.

    [0008] Zwischen aufeinanderfolgenden Polyester-Schussfäden kön­nen sich bis zu vier Polfäden befinden. Bei einem Polfa­den entsteht ein sehr dichtes Polgewebe; bei mehr als vier Polfäden ist die Festigkeit des Grundgewebes unzu­reichend. Bevorzugt sind daher zwei Polfäden zwischen je zwei Polyester-Schussfäden.

    [0009] Die drei- und fünfkettige Poldurch-Bindung der Polfäden, die nachstehend erläutert wird, kann über das Gewebe be­liebig verteilt und mit Polfäden in einkettiger Polauf-­Bindung kombiniert sein. Die Poldurch-Bindung gewährlei­stet eine besonders feste, nicht herausziehbare Veranke­rung im Grundgewebe, ohne dass eine klebende Rückenbe­schichtung erforderlich ist.

    [0010] Die dreikettige Poldurch-Bindung der Polfäden lässt sich wie folgt beschreiben (vgl. auch Fig. 2), wenn man einen Querschnitt durch das Polgewebe von links nach rechts betrachtet und den Polfadenverlauf verfolgt:
    - aufgeschnittene Schleife - unter einem Kettfaden - über einen Kettfaden - unter einem Kettfaden - aufge­schnittene Schleife usw.

    [0011] Die fünfkettige Poldurch-Bindung stellt sich bei glei­cher Betrachtung wie folgt dar:
    - aufgeschnittene Schleife - unter zwei Kettfäden - über einen Kettfaden - unter zwei Kettfäden - aufgeschnit­tene Schleife usw.,
    während die einkettige Polauf-Bindung, wie üblich, nur einmal unter einen Kettfaden hindurchgeht und eine V-Noppe bildet. Mit dem erfindungsgemässen Polgewebe wird ein neuer Be­zugsstoff für Sitzmöbel geschaffen, der die Vorteile der Naturfaser Baumwolle, d.h. insbesondere Benutzungskom­fort und lichtechte Anfärbbarkeit, mit den Festigkeits­werten eines Polyesterfilamentgarn-Grundgewebes in fe­ster Bindung vereinigt.

    [0012] Die Rückseite des neuen Polgewebes kann unverändert bleiben. Sie kann aber auch mit einer Rückseitenbe­schichtung versehen sein, die dem Verwendungszweck ange­passt ist. Diese Rückseitenbeschichtung muss den glei­chen oder einen höheren Stretch als das Pol-Grundgewebe besitzen. Elastische Beschichtungen, beispielsweise mit Schaumstoffen, erfüllen diese Bedingung.

    [0013] Das Grundgewebe muss einen merklichen, wenn auch nur re­lativ geringen Stretch mindestens in Schussrichtung auf­weisen. Dies kann mit Vorteil dadurch erreicht werden, dass man das Gewebe mit möglichst geringer Schussfaden­spannung webt und die Struktur bei erhöhter Temperatur fixiert. Will man einen Stretch auch in Kettfadenrich­tung erzielen, so verwendet man schwach texturierte Kettfäden oder fixiert das Gewebe mit Voreilung am Spann­rahmen.

    [0014] Die Polyesterfäden des Grundgewebes sind hochfeste Fila­mentgarne. Sie bestehen aus einer Vielzahl von Endlos­fibrillen, die zu einem Kabel zusammengefasst sind. Man kann sie färben, am besten in der Spinnmasse. Bevorzugt werden Doppelfäden aus zwei Filamenten verwendet, die mit etwas Russ spinnmassegefärbt und mit schwachem Drall gezwirnt sind. Beim Massefärben können auch andere, an sich bekannte Additive beigefügt werden, z.B. feuerhem­mende Zusätze, Weichmacher usw.

    [0015] Die Polfäden bestehen bevorzugt aus Baumwolle. Es sind aber auch solche aus Wolle und Seide oder auch Mischfa­ sern anwendbar, deren Hauptbestandteil eine Naturfaser ist. Sie werden wie üblich mit lichtechten Farbstoffen gefärbt, beispielsweise Reaktiv- oder Metallkomplexfarb­stoffen.

    [0016] Die Art, Menge und Verteilung der beim Weben eingebrach­ten Polfäden bestimmt den Griff, die Dichte und das Mu­ster des Flors. Dem Fachmann sind diese Bedingungen be­kannt, auch was die Höhe des zu erzeugenden Flors be­trifft. Das Gewebe wird mit hoher Kettdichte gefertigt, damit sich ein Stretch in Schussrichtung ausbilden kann.

    [0017] Eine elegante Möglichkeit, einen Stretch in allen Flä­chenrichtungen zu erzielen, ist die Verwendung einer sehr eng gewirkten Maschenware als Grundsubstrat.

    [0018] Es soll nun eine bevorzugte Ausführungsform des erfin­dungsgemässen Polgewebes unter Bezugnahme auf die Zeich­nung beschrieben werden. In der Zeichnung zeigen:

    Fig. 1 einen Teil der Patrone der Ausführungsform von der Rückseite gesehen, und

    Fig. 2 die Bindung der Polfäden.



    [0019] In Fig. 1 ist, wie üblich, die von oben nach unten ver­laufende Kette nicht gezeichnet. Es sind 12 Schussgarne S zu sehen (leere Quadrate). Am unteren Ende der Patrone beginnt der Rapport von neuem, ebenso nach rechts. Zwi­schen zwei Schussfäden liegen in regelmässigen Abständen Polfäden entweder

    (a) in fünfkettiger Poldurch- und einkettiger Polauf-­Bindung (W⁵ und V)

    (b) in jeweils einkettiger Polauf-Bindung (V)

    (c) in jeweils fünfkettiger Poldurch-Bindung (W⁵ + W⁵), oder

    (d) in jeweils dreikettiger Poldurch-Bindung (W³ + W³).



    [0020] Selbstverständlich sind auch andere Kombinationen mög­lich. Die W⁵-Polfäden sind von links oben nach rechts unten schraffiert, die W³-Polfäden rechts oben nach links unten, und die V-Fäden sind schwarz.

    [0021] Die Bindungsarten gehen aus Fig. 2 hervor, in der die Kettfäden im Schnitt dargestellt sind. Die Polfäden sind zwischen je zwei aufeinanderfolgenden aufgeschnittenen Schleifen gezeigt.

    [0022] Die fünfkettige Poldurch-Bindung ist beidseits eines Kettfadens, an dem sie anliegt und keine Schleife bil­det, durch Unterführung unter je zwei Kettfäden fest verankert. Eine feste, wenn acuh einfachere Verankerung ergibt die W³-Bindung in Fig. 2, während die einfache V-Bindung, die zur Dichte des Flors beiträgt, in Fig. 2 ebenfalls gezeigt ist.

    [0023] Ein Polgewebe, dessen Patrone in Fig. 1 dargestellt ist, wurde aus 100% PE-Filamentgarn in Kette und Schuss mit einer Stärke von 107/48 x 2 dtex, S-Zwirn 250/m und mit blau gefärbten CO-Polfäden hergestellt. Das Polgewebe hatte eine angenehme, rutschfeste Floroberfläche mit guter Feuchtigkeitsaufnahme, und das Grundgewebe zeigte einen reversiblen Stretch in Schussrichtung von ca. 10%. Die Rückseite macht den Eindruck eines Waffelmusters.

    [0024] Das erfindungsgemässe Polgewebe wird zunächst bei 130o bis 140oC in Gegenwart von Lauge behandelt und dann wie Cordsamt weiterverarbeitet. Nach dem Schneiden der Pol­schleifen wird gebürstet, gebleicht, gewaschen, die CO-­Fasern angefärbt, gewaschen und getrocknet und in der Regel schmutzabweisend ausgerüstet. Dann kann, wenn ge­wünscht, die Rückseite beschichtet oder mit anderen Flächengebilden laminiert werden.


    Ansprüche

    1. Polgewebe aus einem Grundgewebe und den Flor bilden­den Polfäden, gekennzeichnet durch eine bei erhöhter Temperatur fixierte Grundstruktur von Kette und Schuss in Leinwand- oder Köperbindung oder einer davon abgelei­teten Bindung aus Polyester-Filamentgarn, wobei minde­stens in Schussrichtung eine latente Elastizität vor­handen ist, und mit Polfäden, die ganz oder zum überwie­genden Teil aus Naturfasern besteht, wobei sich zwischen zwei aufeinanderfolgenden Schussfäden bis zu vier Polfä­den befinden, die mindestens zum Teil in drei- oder fünfkettiger Poldurch-Bindung als W-Noppen gebunden sind.
     
    2. Polgewebe nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Kette und Schuss aus spinnmassegefärbten Polyester-­Filamentgarnen bestehen.
     
    3. Polgewebe nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekenn­zeichnet, dass es ebenfalls eine latente Elastizität in Kettrichtung auf Grund leicht strukturierter oder unter negativem Zug fixierter Kettfäden besitzt.
     
    4. Polgewebe nach einem der vorstehenden Ansprüche, ge­kennzeichnet durch die Abwesenheit von Elastomerfäden oder -fasern.
     
    5. Polgewebe nach einem der vorstehenden Ansprüche, da­durch gekennzeichnet, dass die Polfäden aus Baumwolle als alleinigem oder Hauptbestandteil bestehen.
     
    6. Polgewebe nach einem der vorstehenden Ansprüche, da­durch gekennzeichnet, dass es mit einer Rückenbeschich­tung versehen ist, deren Stretch mindestens demjenigen des Polgewebes gleichkommt.
     
    7. Verwendung des Polgewebes nach einem der Ansprüche 1 bis 6 als Sitzmöbelbezugsstoff.
     
    8. Verwendung nach Anspruch 7 als Automobilsitz-Bezugs­stoff.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht