[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein neues Verfahren zum Färben von natürlichen
oder synthetischen Polyamiden mittels 1:1-Chromkomplexen von Sulfonsäuregruppen enthaltenden
Azo- oder Azomethinfarbstoffen, wobei man die Farbstoffe in Form ihrer Betaine verwendet.
[0002] Das Färben von Wolle mit 1:1-Chromkomplexfarbstoffen auf Azo- oder Azomethinbasis
ist allgemein bekannt. Die Behandlung der Wolle mit den Farbstoffen, die üblicherweise
in Form ihrer Natriumsalze vorliegen, erfolgt dabei in stark saurem Medium. Der pH-Wert
der wäßrigen Färbeflotte liegt im allgemeinen bei ca. 2.
[0003] Unter diesen Färbebedingungen tritt aber eine irreparable Schädigung der Wolle ein.
Andererseits müssen diese Bedingungen eingehalten werden, weil man sonst zu Färbungen
gelangt, die eine unzureichende Egalität aufweisen (J. Soc. Dyers Col., Vol. 104,
12, 1988; H. Zollinger "Color Chemistry", Seite 122, 1987, Verlag Chemie, Weinheim).
[0004] Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es deshalb, ein Verfahren bereitzustellen,
mittels dessen das zu färbende Gut weitestgehend geschont wird, wobei aber gleichzeitig
eine ausreichende Egalität der Färbung gewährleistet wird.
[0005] Es wurde nun gefunden, daß das Färben von natürlichen oder synthetischen Polyamiden
mit 1:1-Chromkomplexen von Sulfonsäuregruppen enthaltenden Azo- oder Azomethinfarbstoffen
in wäßriger Flotte vorteilhaft gelingt, wenn man die Chromkomplexe der Farbstoffe
in Form ihrer Betaine verwendet.
[0006] Dies ist überraschend, da die Betaine von 1:1-Chromkomplexfarbstoffen, insbesondere
in der textilen Anwendung, bisher für nicht brauchbar galten (Fortschr. Chem. Forsch.,
Band 7, S. 684, 1966/67).
[0007] Für das erfindungsgemäße Verfahren sind praktisch die Betaine aller 1:1-Chromkomplexe
von Sulfonsäuregruppen enthaltenden Azo- oder Azomethinfarbstoffe geeignet. Bevorzugt
ist die Verwendung von Betainen, die eine oder zwei Sulfonsäuregruppen enthalten.
[0008] Die Herstellung der Betaine von solchen 1:1-Chromkomplexfarbstoffen ist bekannt und
beispielsweise in Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie, Band 16, S. 565, 4.
Auflage, 1978, beschrieben.
[0009] Nach den dort genannten Methoden können im wesentlichen alle Betaine der genannten
Chromkomplexfarbstoffe hergestellt werden.
[0010] Geeignete Azo- oder Azomethinfarbstoffe, die den 1:1-Chromkomplexen zugrunde liegen,
weisen als Diazo- oder Aminokomponente z.B. Hydroxygruppen enthaltende Anilin- oder
Aminonaphthalinderivate auf, die gegebenenfalls durch Halogen, C₁-C₄-Alkyl, C₁-C₄-Alkoxy,
Nitro, Carboxyl, Sulfamoyl oder C₁-C₄-Mono- oder Dialkylsulfamoyl substituiert sind.
[0011] Als Kupplungskomponenten dienen z.B. Hydroxy- und/oder Aminogruppen enthaltende
Benzol-, Naphthalin- oder Chinolinderivate, die gegebenenfalls durch Halogen, C₁-C₄-Alkyl,
C₁-C₄-Alkoxy, Nitro, Carboxyl, Sulfamoyl oder C₁-C₄-Mono- oder Dialkylsulfamoyl substituiert
sind, gegebenenfalls durch C₁-C₄-Alkyl, C₁-C₄-Alkoxy, Nitro oder Halogen substituiertes
1-Phenyl-3-methylpyrazol-5-on, Acetoacetamid oder gegebenenfalls durch C₁-C₄-Alkyl,
C₁-C₄-Alkoxy, Nitro oder Halogen substituiertes Acetoacetanilid.
[0012] Als Aldehydkomponenten dienen z.B. Hydroxygruppen aufweisende Benz- oder Naphthaldehydderivate,
die gegebenenfalls durch Halogen, C₁-C₄-Alkyl, C₁-C₄-Alkoxy oder Nitro substituiert
sind, oder gegebenenfalls durch C₁-C₄-Alkyl, C₁-C₄-Alkoxy, Nitro oder Halogen substituiertes
1-Phenyl-3-methyl-4-formylpyrazol-5-on.
[0013] Es versteht sich, daß dabei im Falle der Azofarbstoffe die Diazokomponente oder die
Kupplungskomponente mindestens eine Sulfonsäuregruppe aufweisen müssen. Im Fall der
Azomethinfarbstoffe muß die Aminokomponente oder die Aldehydkomponente mindestens
eine Sulfonsäuregruppe enthalten.
[0014] Wichtige 1:1-Chromkomplex-Farbstoffe von Sulfonsäuregruppen aufweisenden Azo- oder
Azomethinfarbstoffen, die in Form ihrer Betaine im neuen Verfahren zur Anwendung
kommen können sind z.B. C.I. Acid Yellow 99, C.I. Acid Yellow 104, C.I. Acid Yellow
176, C.I. Acid Orange 72, C.I. Acid Orange 74, C.I. Acid Red 179, C.I. Acid Red 183,
C.I. Acid Red 186, C.I. Acid Red 214, C.I. Acid Violet 58, C.I. Acid Blue 156, C.I.
Acid Blue 158, C.I. Acid Blue 161, C.I. Acid Green 12, C.I. Acid Green 35 oder C.I.
Acid Black 54.
[0015] Als natürliche Polyamide die mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens gefärbt werden
können, kommen z.B. Leder oder textiles Fasermaterial in Betracht. Textiles Fasermaterial
ist vor allem Wolle. Aber auch Mischungen aus Wolle/Polyamid, Wolle/Polyester, Wolle/Cellulose
oder Wolle/Polyacrylnitril oder Seide sind zu erwähnen. Das Fasermaterial kann dabei
in den
[0016] verschiedensten Aufmachungsformen vorliegen, z.B. als loses Material, Kammzug, Garn,
Stückware oder Teppich.
[0017] Als Fasermaterial aus synthetischen Polyamiden, das erfindungsgemäß gefärbt werden
kann, kommt solches aus allen bekannten, dafür geeigneten synthetischen Polymiden
in Betracht. Das Fasermaterial kann dabei ebenfalls in den verschiedensten Aufmachungsformen
vorliegen, z.B. als loses Material, Kammzug, Garn, Stückware oder Teppich.
[0018] Die Färbung von Wolle oder Leder mittels des neuen Verfahrens ist bevorzugt.
[0019] Das erfindungsgemäße Verfahren wird zweckmäßig so durchgeführt, daß man das Betain,
z.B. in fester Form oder in Form einer wäßrigen Suspension zur Färbeflotte gibt. Bezogen
auf das Gewicht der Färbeflotte beträgt der Anteil an Chrom-Komplexfarbstoff z.B.
0,0004 bis 0,5 %, vorzugsweise 0,001 bis 0,15 %.
[0020] Der pH-Wert der Färbeflotte sollte dabei im allgemeinen 3 bis 7, vorzugsweise 3
bis 6 und insbesondere 3,5 bis 5 betragen. Dieser pH-Wert wird durch die Zugabe von
entsprechenden Mengen von anorganischen oder organischen Säuren eingestellt. Geeignete
Säuren sind z.B. Schwefelsäure, Ameisensäure oder Essigsäure. Die Verwendung von Ameisensäure
ist bevorzugt.
[0021] Die Färbeflotte kann weiterhin in der Praxis übliche und bekannte Hilfsmittel und
Zusätze enthalten, z.B. Entschäumer, Netzmittel oder Faltenverhinderungsmittel.
[0022] Das zu färbende Gut wird dann, z.B. in einer Menge von 2 bis 20 %, vorzugsweise
5 bis 10 %, jeweils bezogen auf das Gewicht der Färbeflotte, in die Färbeflotte gegeben
und bei einer Temperatur von 80 bis 100°C gefärbt. Nachdem der Färbevorgang, der im
allgemeinen 1 bis 3 Stunden in Anspruch nimmt, beendet ist, wird das gefärbte Gut
dem Färbebad entnommen, gespült und getrocknet.
[0023] Ein Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt darin, daß bei der Färbung von
Wolle unter den erfindungsgemäßen Bedingungen nur eine geringe Wollschädigung auftritt,
da die Wolle nahe ihrem isoelektrischen Punkt behandelt wird. Ein weiterer Vorteil
besteht darin, daß vor dem eigentlichen Färbeprozess die bei den bekannten Verfahren
notwendige Auflösung der Natriumsalze der 1:1-Chromkomplexfarbstoffe in Wasser nicht
durchgeführt werden muß. Dieser Schritt ist im allgemeinen langwierig. Außerdem tritt
dabei häufig eine Verklumpung des Farbstoffs auf, die unegale Färbungen verursachen
kann.
[0024] Schließlich muß, da bei höherem pH-Wert gefärbt werden kann, der Färbeflotte wesentlich
weniger Säure zugesetzt werden.
[0025] Überraschend ist, daß beim Färben der natürlichen oder synthetischen Polyamide Färbungen
mit hoher Egalität erhalten werden. Dies konnte aufgrund der geringen Wasserlöslichkeit
der Betaine nicht erwartet werden. Weiterhin überraschend ist, daß man im neuen Färbeverfahren
eine wesentlich höhere Baderschöpfung erreicht, d.h. nach beendetem Färbevorgang
befindet sich viel weniger Farbstoff in der Färbeflotte als bei herkömmlichen Verfahren.
[0026] Die folgenden Beispiele sollen die Erfindung weiter erläutern.
Beispiel 1
Herstellung des Betains von C.I. Acid Blue 161 (C.I. Nr. 15 706)
[0027] 3000 ml Wasser und 120 g Natriumhydroxid wurden auf 60°C erwärmt. In diese Lösung
wurden 320 g 2-Naphthol eingetragen und gelöst. Anschließend wurden 90 g Ammoniumsulfat
zugegeben. Dann trug man bei 60°C und pH 11 500 g 1-Diazo-naphth-2-ol-4-sulfonsäure
in 45 Minuten ein. Durch Zugabe von insgesamt 100 g Natriumhydroxid wurde der pH-Wert
bei 10,5 bis 11 gehalten, wobei die Kupplung in 30 Minuten beendet war. Mit 500 ml
halbverdünnter Salzsäure wurde ein pH-Wert von 1,0 eingestellt. Nun wurde eine Chromformiatlösung
(enthaltend 100 g Chrom) zulaufen gelassen. Danach wurde in einem Druckapparat vier
bis fünf Stunden bei 130°C gerührt. Nach dem Abkühlen wurde abgesaugt und getrocknet.
Beispiel 2
Färbeverfahren (Wolle)
[0028] In eine wäßrige Färbeflotte, die 2 Gew.% eines Hilfsmittels auf Basis eines oxethylierten
Oleylamins, 5 Gew.% Natriumsulfat·10 H₂O und 5 Gew.% Ameisensäure (85 gew.%ig) enthielt,
wurden 0,6 Gew.% des Betains von C.I. Acid Blue 161 (C.I. Nr. 15 706) gegeben (vgl.
Beispiel 1). In dieser Färbeflotte wurde Wollgewebe 1 Stunde lang bei 98 bis 100°C
behandelt. der pH-Wert der Flotte betrug 3,2. Danach wurde das Gewebe aus der Flotte
entnommen, gespült und getrocknet. Es resultierte eine egale Färbung.
Beispiel 3
Färbeverfahren (Wolle)
[0029] Wollgewebe wurde analog Beispiel 2 gefärbt. Als Farbstoff wurden 0,35 Gew.% des Betains
von C.I. Acid Red 183 (C.I. Nr. 18 800) verwendet. Auch hier resultierte eine egale
Färbung.
Beispiel 4
Färbeverfahren (Handschuhleder)
- Vorbehandlung
[0030] Handschuhleder wurde nach üblichen Methoden gegerbt, gefettet und getrocknet.
- Färbestufe
[0031] Im folgenden beziehen sich die Prozentangaben jeweils auf das Trockengewicht des
Handschuhleders.
[0032] Handschuhleder wurde bei einer Temperatur von 50°C in 100 % einer wäßrigen Flotte,
die 2 % Ammoniak sowie 1 % eines Netzmittels auf Basis eines Anlagerungsproduktes
von Ethylenoxid an Oleylamin enthielt, 120 Minuten behandelt. Anschließend wurde
diese Flotte verworfen und das zu färbende Handschuhleder aus dem Färbegefäß entnommen.
Dann wurden 600 % einer wäßrigen Flotte sowie 4 % des Betains von C.I. Acid Blue 161
(C.I. Nr. 15 706) dem Färbegefäß zugeführt. Anschließend wurde das Handschuhleder
in das Färbegefäß gegeben und 60 Minuten gewalkt. Nach Zugabe von 4 % Ameisensäure
(85 gew.%ig), in 2 Portionen, in 15 Minuten Abstand, wurde weitere 30 Minuten gewalkt.
Danach wurde die Färbeflotte abgelassen und gespült. Das Leder wurde dann nach üblichen
Methoden aufgearbeitet, d.h. ausgereckt, getrocknet, angefeuchtet und gestollt.
Beispiel 5
Färbeverfahren (Schuhoberleder)
- Vorbehandlung
[0033] Schuhoberleder wurde nach üblichen Methoden nachgegerbt und danach ausgewaschen.
- Färbestufe
[0034] Im folgenden beziehen sich die Prozentangaben jeweils auf das Trockengewicht des
Schuhoberleders.
[0035] Eine Flotte von 200 % Wasser, deren Temperatur 30°C betrug, wurde vorgelegt. Dazu
wurden 2 % des Betains von C.I. Acid Blue 161 (C.I. Nr. 15 706) gegeben. Das Leder
wurde in dieser Flotte 60 Minuten gewalkt. Nach Zusatz von 4 % eines handelsüblichen
Fettlickers wurde weitere 60 Minuten gewalkt, anschließend mit 1 % Ameisensäure (85
gew.%ig) versetzt und weitere 30 Minuten gewalkt. Danach wurde die Färbeflotte abgelassen
und das Leder gespült.
[0036] Das Leder wurde dann nach üblichen Methoden aufgearbeitet, d.h. ausgereckt, getrocknet,
angefeuchtet und gestollt.
Beispiel 6
[0037] Handschuhleder wurde analog Beispiel 4 gefärbt. Als Farbstoff wurden 4 % des Betains
von C.I. Acid Red 183 (C.I. Nr. 18 800) verwendet.
Beispiel 7
[0038] Schuhoberleder wurde analog Beispiel 5 gefärbt. Als Farbstoff wurden 2 % des Betains
von C.I. Acid Red 183 (C.I. Nr. 18 800) verwendet.