(19)
(11) EP 0 344 560 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.12.1989  Patentblatt  1989/49

(21) Anmeldenummer: 89109143.1

(22) Anmeldetag:  20.05.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4D06P 3/16, D06P 3/24
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE ES FR GB IT LI

(30) Priorität: 28.05.1988 DE 3818182

(71) Anmelder: BASF Aktiengesellschaft
D-67063 Ludwigshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Grychtol, Klaus, Dr.
    D-6702 Bad Duerkheim (DE)
  • Daubitz, Manfred
    D-6700 Ludwigshafen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Färben von natürlichen oder synthetischen Polyamiden


    (57) Verfahren zum Färben von natürlichen oder synthetischen Polyamiden mit 1:1-Chromkomplexen von Sulfonsäuregruppen enthaltenden Azo- oder Azo­methinfarbstoffen in wäßriger Flotte, wobei man die Chromkomplexe der Farbstoffe in Form ihrer Betaine verwendet.


    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein neues Verfahren zum Färben von natürlichen oder synthetischen Polyamiden mittels 1:1-Chromkomplexen von Sulfonsäuregruppen enthaltenden Azo- oder Azomethinfarbstoffen, wobei man die Farbstoffe in Form ihrer Betaine verwendet.

    [0002] Das Färben von Wolle mit 1:1-Chromkomplexfarbstoffen auf Azo- oder Azo­methinbasis ist allgemein bekannt. Die Behandlung der Wolle mit den Farb­stoffen, die üblicherweise in Form ihrer Natriumsalze vorliegen, erfolgt dabei in stark saurem Medium. Der pH-Wert der wäßrigen Färbeflotte liegt im allgemeinen bei ca. 2.

    [0003] Unter diesen Färbebedingungen tritt aber eine irreparable Schädigung der Wolle ein. Andererseits müssen diese Bedingungen eingehalten werden, weil man sonst zu Färbungen gelangt, die eine unzureichende Egalität aufweisen (J. Soc. Dyers Col., Vol. 104, 12, 1988; H. Zollinger "Color Chemistry", Seite 122, 1987, Verlag Chemie, Weinheim).

    [0004] Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es deshalb, ein Verfahren bereitzu­stellen, mittels dessen das zu färbende Gut weitestgehend geschont wird, wobei aber gleichzeitig eine ausreichende Egalität der Färbung gewähr­leistet wird.

    [0005] Es wurde nun gefunden, daß das Färben von natürlichen oder synthetischen Polyamiden mit 1:1-Chromkomplexen von Sulfonsäuregruppen enthaltenden Azo- oder Azomethinfarbstoffen in wäßriger Flotte vorteilhaft gelingt, wenn man die Chromkomplexe der Farbstoffe in Form ihrer Betaine verwendet.

    [0006] Dies ist überraschend, da die Betaine von 1:1-Chromkomplexfarbstoffen, insbesondere in der textilen Anwendung, bisher für nicht brauchbar galten (Fortschr. Chem. Forsch., Band 7, S. 684, 1966/67).

    [0007] Für das erfindungsgemäße Verfahren sind praktisch die Betaine aller 1:1-Chromkomplexe von Sulfonsäuregruppen enthaltenden Azo- oder Azomethin­farbstoffe geeignet. Bevorzugt ist die Verwendung von Betainen, die eine oder zwei Sulfonsäuregruppen enthalten.

    [0008] Die Herstellung der Betaine von solchen 1:1-Chromkomplexfarbstoffen ist bekannt und beispielsweise in Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie, Band 16, S. 565, 4. Auflage, 1978, beschrieben.

    [0009] Nach den dort genannten Methoden können im wesentlichen alle Betaine der genannten Chromkomplexfarbstoffe hergestellt werden.

    [0010] Geeignete Azo- oder Azomethinfarbstoffe, die den 1:1-Chromkomplexen zu­grunde liegen, weisen als Diazo- oder Aminokomponente z.B. Hydroxygruppen enthaltende Anilin- oder Aminonaphthalinderivate auf, die gegebenenfalls durch Halogen, C₁-C₄-Alkyl, C₁-C₄-Alkoxy, Nitro, Carboxyl, Sulfamoyl oder C₁-C₄-Mono- oder Dialkylsulfamoyl substituiert sind.

    [0011] Als Kupplungskomponenten dienen z.B. Hydroxy- und/oder Aminogruppen ent­haltende Benzol-, Naphthalin- oder Chinolinderivate, die gegebenenfalls durch Halogen, C₁-C₄-Alkyl, C₁-C₄-Alkoxy, Nitro, Carboxyl, Sulfamoyl oder C₁-C₄-Mono- oder Dialkylsulfamoyl substituiert sind, gegebenenfalls durch C₁-C₄-Alkyl, C₁-C₄-Alkoxy, Nitro oder Halogen substituiertes 1-Phenyl-3-­methylpyrazol-5-on, Acetoacetamid oder gegebenenfalls durch C₁-C₄-Alkyl, C₁-C₄-Alkoxy, Nitro oder Halogen substituiertes Acetoacetanilid.

    [0012] Als Aldehydkomponenten dienen z.B. Hydroxygruppen aufweisende Benz- oder Naphthaldehydderivate, die gegebenenfalls durch Halogen, C₁-C₄-Alkyl, C₁-­C₄-Alkoxy oder Nitro substituiert sind, oder gegebenenfalls durch C₁-C₄-­Alkyl, C₁-C₄-Alkoxy, Nitro oder Halogen substituiertes 1-Phenyl-3-methyl-­4-formylpyrazol-5-on.

    [0013] Es versteht sich, daß dabei im Falle der Azofarbstoffe die Diazokomponente oder die Kupplungskomponente mindestens eine Sulfonsäuregruppe aufweisen müssen. Im Fall der Azomethinfarbstoffe muß die Aminokomponente oder die Aldehydkomponente mindestens eine Sulfonsäuregruppe enthalten.

    [0014] Wichtige 1:1-Chromkomplex-Farbstoffe von Sulfonsäuregruppen aufweisenden Azo- oder Azomethinfarbstoffen, die in Form ihrer Betaine im neuen Ver­fahren zur Anwendung kommen können sind z.B. C.I. Acid Yellow 99, C.I. Acid Yellow 104, C.I. Acid Yellow 176, C.I. Acid Orange 72, C.I. Acid Orange 74, C.I. Acid Red 179, C.I. Acid Red 183, C.I. Acid Red 186, C.I. Acid Red 214, C.I. Acid Violet 58, C.I. Acid Blue 156, C.I. Acid Blue 158, C.I. Acid Blue 161, C.I. Acid Green 12, C.I. Acid Green 35 oder C.I. Acid Black 54.

    [0015] Als natürliche Polyamide die mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens ge­färbt werden können, kommen z.B. Leder oder textiles Fasermaterial in Be­tracht. Textiles Fasermaterial ist vor allem Wolle. Aber auch Mischungen aus Wolle/Polyamid, Wolle/Polyester, Wolle/Cellulose oder Wolle/Polyacryl­nitril oder Seide sind zu erwähnen. Das Fasermaterial kann dabei in den

    [0016] verschiedensten Aufmachungsformen vorliegen, z.B. als loses Material, Kammzug, Garn, Stückware oder Teppich.

    [0017] Als Fasermaterial aus synthetischen Polyamiden, das erfindungsgemäß ge­färbt werden kann, kommt solches aus allen bekannten, dafür geeigneten synthetischen Polymiden in Betracht. Das Fasermaterial kann dabei eben­falls in den verschiedensten Aufmachungsformen vorliegen, z.B. als loses Material, Kammzug, Garn, Stückware oder Teppich.

    [0018] Die Färbung von Wolle oder Leder mittels des neuen Verfahrens ist bevorzugt.

    [0019] Das erfindungsgemäße Verfahren wird zweckmäßig so durchgeführt, daß man das Betain, z.B. in fester Form oder in Form einer wäßrigen Suspension zur Färbeflotte gibt. Bezogen auf das Gewicht der Färbeflotte beträgt der Anteil an Chrom-Komplexfarbstoff z.B. 0,0004 bis 0,5 %, vorzugsweise 0,001 bis 0,15 %.

    [0020] Der pH-Wert der Färbeflotte sollte dabei im allgemeinen 3 bis 7, vorzugs­weise 3 bis 6 und insbesondere 3,5 bis 5 betragen. Dieser pH-Wert wird durch die Zugabe von entsprechenden Mengen von anorganischen oder organi­schen Säuren eingestellt. Geeignete Säuren sind z.B. Schwefelsäure, Ameisensäure oder Essigsäure. Die Verwendung von Ameisensäure ist bevor­zugt.

    [0021] Die Färbeflotte kann weiterhin in der Praxis übliche und bekannte Hilfs­mittel und Zusätze enthalten, z.B. Entschäumer, Netzmittel oder Falten­verhinderungsmittel.

    [0022] Das zu färbende Gut wird dann, z.B. in einer Menge von 2 bis 20 %, vor­zugsweise 5 bis 10 %, jeweils bezogen auf das Gewicht der Färbeflotte, in die Färbeflotte gegeben und bei einer Temperatur von 80 bis 100°C gefärbt. Nachdem der Färbevorgang, der im allgemeinen 1 bis 3 Stunden in Anspruch nimmt, beendet ist, wird das gefärbte Gut dem Färbebad entnommen, gespült und getrocknet.

    [0023] Ein Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt darin, daß bei der Fär­bung von Wolle unter den erfindungsgemäßen Bedingungen nur eine geringe Wollschädigung auftritt, da die Wolle nahe ihrem isoelektrischen Punkt be­handelt wird. Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß vor dem eigentlichen Färbeprozess die bei den bekannten Verfahren notwendige Auflösung der Natriumsalze der 1:1-Chromkomplexfarbstoffe in Wasser nicht durchgeführt werden muß. Dieser Schritt ist im allgemeinen langwierig. Außerdem tritt dabei häufig eine Verklumpung des Farbstoffs auf, die unegale Färbungen verursachen kann.

    [0024] Schließlich muß, da bei höherem pH-Wert gefärbt werden kann, der Färbe­flotte wesentlich weniger Säure zugesetzt werden.

    [0025] Überraschend ist, daß beim Färben der natürlichen oder synthetischen Poly­amide Färbungen mit hoher Egalität erhalten werden. Dies konnte aufgrund der geringen Wasserlöslichkeit der Betaine nicht erwartet werden. Weiter­hin überraschend ist, daß man im neuen Färbeverfahren eine wesentlich hö­here Baderschöpfung erreicht, d.h. nach beendetem Färbevorgang befindet sich viel weniger Farbstoff in der Färbeflotte als bei herkömmlichen Verfahren.

    [0026] Die folgenden Beispiele sollen die Erfindung weiter erläutern.

    Beispiel 1


    Herstellung des Betains von C.I. Acid Blue 161 (C.I. Nr. 15 706)



    [0027] 3000 ml Wasser und 120 g Natriumhydroxid wurden auf 60°C erwärmt. In diese Lösung wurden 320 g 2-Naphthol eingetragen und gelöst. Anschließend wurden 90 g Ammoniumsulfat zugegeben. Dann trug man bei 60°C und pH 11 500 g 1-Diazo-naphth-2-ol-4-sulfonsäure in 45 Minuten ein. Durch Zugabe von insgesamt 100 g Natriumhydroxid wurde der pH-Wert bei 10,5 bis 11 gehal­ten, wobei die Kupplung in 30 Minuten beendet war. Mit 500 ml halbverdünn­ter Salzsäure wurde ein pH-Wert von 1,0 eingestellt. Nun wurde eine Chrom­formiatlösung (enthaltend 100 g Chrom) zulaufen gelassen. Danach wurde in einem Druckapparat vier bis fünf Stunden bei 130°C gerührt. Nach dem Ab­kühlen wurde abgesaugt und getrocknet.

    Beispiel 2


    Färbeverfahren (Wolle)



    [0028] In eine wäßrige Färbeflotte, die 2 Gew.% eines Hilfsmittels auf Basis eines oxethylierten Oleylamins, 5 Gew.% Natriumsulfat·10 H₂O und 5 Gew.% Ameisensäure (85 gew.%ig) enthielt, wurden 0,6 Gew.% des Betains von C.I. Acid Blue 161 (C.I. Nr. 15 706) gegeben (vgl. Beispiel 1). In dieser Färbeflotte wurde Wollgewebe 1 Stunde lang bei 98 bis 100°C behandelt. der pH-Wert der Flotte betrug 3,2. Danach wurde das Gewebe aus der Flotte entnommen, gespült und getrocknet. Es resultierte eine egale Färbung.

    Beispiel 3


    Färbeverfahren (Wolle)



    [0029] Wollgewebe wurde analog Beispiel 2 gefärbt. Als Farbstoff wurden 0,35 Gew.% des Betains von C.I. Acid Red 183 (C.I. Nr. 18 800) verwendet. Auch hier resultierte eine egale Färbung.

    Beispiel 4


    Färbeverfahren (Handschuhleder)


    - Vorbehandlung



    [0030] Handschuhleder wurde nach üblichen Methoden gegerbt, gefettet und getrocknet.

    - Färbestufe



    [0031] Im folgenden beziehen sich die Prozentangaben jeweils auf das Trockengewicht des Handschuhleders.

    [0032] Handschuhleder wurde bei einer Temperatur von 50°C in 100 % einer wäßrigen Flotte, die 2 % Ammoniak sowie 1 % eines Netzmittels auf Basis eines Anlagerungsproduktes von Ethylenoxid an Oleylamin ent­hielt, 120 Minuten behandelt. Anschließend wurde diese Flotte verwor­fen und das zu färbende Handschuhleder aus dem Färbegefäß entnommen. Dann wurden 600 % einer wäßrigen Flotte sowie 4 % des Betains von C.I. Acid Blue 161 (C.I. Nr. 15 706) dem Färbegefäß zugeführt. Anschließend wurde das Handschuhleder in das Färbegefäß gegeben und 60 Minuten ge­walkt. Nach Zugabe von 4 % Ameisensäure (85 gew.%ig), in 2 Portionen, in 15 Minuten Abstand, wurde weitere 30 Minuten gewalkt. Danach wurde die Färbeflotte abgelassen und gespült. Das Leder wurde dann nach üb­lichen Methoden aufgearbeitet, d.h. ausgereckt, getrocknet, ange­feuchtet und gestollt.

    Beispiel 5


    Färbeverfahren (Schuhoberleder)


    - Vorbehandlung



    [0033] Schuhoberleder wurde nach üblichen Methoden nachgegerbt und danach ausgewaschen.

    - Färbestufe



    [0034] Im folgenden beziehen sich die Prozentangaben jeweils auf das Trockengewicht des Schuhoberleders.

    [0035] Eine Flotte von 200 % Wasser, deren Temperatur 30°C betrug, wurde vorgelegt. Dazu wurden 2 % des Betains von C.I. Acid Blue 161 (C.I. Nr. 15 706) gegeben. Das Leder wurde in dieser Flotte 60 Minuten gewalkt. Nach Zusatz von 4 % eines handelsüblichen Fettlickers wurde weitere 60 Minuten gewalkt, anschließend mit 1 % Ameisensäure (85 gew.%ig) versetzt und weitere 30 Minuten gewalkt. Danach wurde die Färbeflotte abgelassen und das Leder gespült.

    [0036] Das Leder wurde dann nach üblichen Methoden aufgearbeitet, d.h. ausgereckt, getrocknet, angefeuchtet und gestollt.

    Beispiel 6



    [0037] Handschuhleder wurde analog Beispiel 4 gefärbt. Als Farbstoff wurden 4 % des Betains von C.I. Acid Red 183 (C.I. Nr. 18 800) verwendet.

    Beispiel 7



    [0038] Schuhoberleder wurde analog Beispiel 5 gefärbt. Als Farbstoff wurden 2 % des Betains von C.I. Acid Red 183 (C.I. Nr. 18 800) verwendet.

    [0039] Die in der folgenden Tabelle aufgeführten Farbstoffe können analog Beispiel 1 in die Betaine ihres 1:1-Chromkomplexes übergeführt und analog den Beispielen 2 bis 7 im Färbeprozess verwendet werden.










    Ansprüche

    1. Verfahren zum Färben von natürlichen oder synthetischen Polyamiden mit 1:1-Chromkomplexen von Sulfonsäuregruppen enthaltenden Azo- oder Azo­methinfarbstoffen in wäßriger Flotte, dadurch gekennzeichnet, daß man die Chromkomplexe der Farbstoffe in Form ihrer Betaine verwendet.
     
    2. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man die Poly­amide bei einem pH-Wert von 3 bis 7 färbt.
     
    3. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man als natür­liches Polyamid Wolle verwendet.
     
    4. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man als natürliches Polyamid Leder verwendet.