(19)
(11) EP 0 344 655 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.12.1989  Patentblatt  1989/49

(21) Anmeldenummer: 89109583.8

(22) Anmeldetag:  27.05.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B02C 19/06, B02C 19/12, B02C 19/18
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB GR IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 03.06.1988 DE 3818915

(71) Anmelder: KOHLENSÄUREWERK DEUTSCHLAND GMBH
D-53557 Bad Hönningen (DE)

(72) Erfinder:
  • Sylla, Klaus F.
    D-2800 Bremen (DE)
  • Grünhoff, Ulrich
    D-5462 Bad Hönningen (DE)

(74) Vertreter: Lauer, Dieter, Dr. 
c/o Kali-Chemie Aktiengesellschaft Hans-Böckler-Allee 20
D-30173 Hannover
D-30173 Hannover (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Explosionszerkleinerung von Zellmaterial


    (57) Beschrieben wird ein Verfahren zur Explosionszer­kleinerung von Zellmaterial, bei dem das Material in einer Druckkammer mit Druckgas beaufschlagt und danach aus der Druckkammer unter explosionsartiger Entspannung portions­weise gegen die Mahlwerkzeuge einer Mühle entleert wird.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Explosions­zerkleinerung von Zellmaterial tierischen oder pflanz­lichen Ursprungs, bei dem man das Material in eine Druck­kammer einbringt, darin mit Druckgas beaufschlagt und anschließend aus der Druckkammer unter explosionsartiger Entspannung gegen eine Prallfläche entleert.

    [0002] Ein derartiges Verfahren und zu dessen Durchführung geeignete Vorrichtungen werden in der DE-OS 26 32 045 beschrieben. Danach ist es bekannt, daß der Aufschluß des Zellmaterials dadurch gefördert werden kann, daß das aufzuschließende Material beim Entspannen und Entleeren auf eine Prallfläche trifft.

    [0003] Nach den der Erfindung zugrundeliegenden Erkennt­nissen erteilt der Aufprall auf die Prallfläche den Partikeln einen mechanischen Impuls, der den die Zerklein­erung bewirkenden Berstvorgang häufig erst auslöst. Zu Beginn des Entspannungs- bzw. Entleerungsvorgangs treffen die Partikel auf die freie, harte Wand der Prallfläche und erhalten den mechanischen Impuls tatsächlich. Im Verlauf des Entspannungs- bzw. Entleerungsvorgangs bildet sich jedoch auf der Prallfläche eine Schicht von zerkleinerten Partikeln, was dazu führt, daß die nachfolgenden Partikel auf diese vergleichsweise weichere Schicht auf der Prall­fläche auftreffen, keinen den Berstvorgang auslösenden mechanischen Impuls mehr erhalten und außerdem aufgrund fortschreitender Entleerung der Druckkammer und damit fortschreitendem Abbau der Druckdifferenz nicht mehr die Wucht der anfangs aufprallenden Teilchen besitzen. Dies hat zur Folge, daß der Berstvorgang der nacheinander auf­prallenden Materialpartikel nicht gleichförmig erfolgt und ein Material erhalten wird, das neben Feinanteilen auch Grobanteile besitzt.

    [0004] Nun ist jedoch die Gewinnung der Inhaltsstoffe eines Materials umso leichter, je geringer der Anteil an Grob­anteilen ist. Außerdem ist ein Material mit allzu großer Streuung der Partikelgröße häufig nicht erwünscht. Daher wurde das Grobgut bei Verfahren nach dem Stand der Technik vom Feingut abgetrennt, z.B. durch Siebung, und erneut einer Explosionszerkleinerung zugeführt. Dies bedingt entsprechende Unkosten und ist ggf. mit Verlusten wert­voller Inhaltsstoffe verbunden. Selbst bei wiederholter Rückführung des Grobanteils kann eine vollständige Zer­kleinerung des eingesetzten Gutes nicht erreicht werden. Dies wird damit erklärt, daß das rückgeführte Gut struk­turell geschädigt ist und bei der Druckentspannung der Druckausgleich ohne Berstvorgang und damit ohne die gewünschte Zerkleinerungswirkung erfolgt. Wenn man ver­sucht, durch Druckerhöhung den Anteil an Grobgut zu ver­mindern, entsteht jedoch so feines Material, daß die Weiterverarbeitung aufgrund der Feinststaubbildung, Verstopfen von Filtern etc. erschwert sein kann.

    [0005] Aufgabe der Erfindung ist es, ein verbessertes Verfahren zur Explosionszerkleinerung zur Verfügung zu stellen, welches die Nachteile der bekannten Verfahren überwindet.

    [0006] Dies gelingt erfindungsgemäß dadurch, daß man das Material in kleinen Portionen gegen die Mahlwerkzeuge einer Mühle als Prallfläche entleert bzw. entspannt.

    [0007] Der Vorteil einer solchen Verfahrensweise ist zu­nächst darin zu sehen, daß trotz Explosionszerkleinerung etwa doch angefallenes Grobgut von der Mühle sogleich zerkleinert wird, Grobgut letztendlich also gar nicht entsteht und insoweit eine Auftrennung oder Rückführung entfallen können. Weiterhin sorgen die sich bewegenden Mahlwerkzeuge der Mühle in Verbindung mit den kleinen aufgegebenen Portionen dafür, daß das aufprallende Material ständig freie, harte Prallflächen, nämlich die Mahlwerkzeuge der Mühle, vorfindet und, soweit der Berst­vorgang nicht von selbst ausgelöst wurde, durch den beim Aufftrefen auf die Mahlwerkzeuge erteilten mechanischen Impuls ausgelöst wird. Unter kleinen Portionen sind dabei Portionen zu verstehen, die von der verwendeten Mühle in derjenigen Zeitspanne durchgesetzt bzw. verarbeitet werden können, die ein nicht von allein geborstenes Material­partikelchen benötigt, um den im Augenblick des Austritts aus der Druckkammer vorhandenen Druckunterschied zwischen dem Zellinneren und der Außenatmosphäre auszugleichen. Diese Zeitspanne ist von Material zu Material unterschied­lich, liegt jedoch im allgemeinen in der Größenordnung von einer Minute. Kleine Portionen im Sinne der Erfindung sind also Portionen, die von der verwendeten Mühle in der von einem nicht geborstenen Materialpartikel für den Druckaus­gleich benötigten Zeitspanne durchgesetzt werden können.

    [0008] Geeignete Mühlen, die im erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzt werden können, sind an sich bekannt. Bevorzugt sind Mühlen mit großem Durchsatz. Als besonders geeignet haben sich Scheibenmühlen, insbesondere Zahnscheibenmühlen erwiesen.

    [0009] Im allgemeinen ist es wünschenswert, daß das aufzu­schließende Zellmaterial tierischen oder pflanzlichen Ursprungs nach der Zerkleinerung nicht mit Luft bzw. Sauerstoff und/oder Feuchtigkeit in Kontakt kommt. In einer bevorzugten Variante sieht das erfindungsgemäße Verfahren daher vor, das Material in eine Inertgas­atmosphäre hinein bzw. gegen eine Inertgasatmosphäre zu entleeren bzw. zu entspannen. Dies wird im einfachsten Fall dadurch erreicht, daß die Verbindung zwischen der Druckkammer und der Mühle gasdicht ausgeführt wird. Da­ durch wird der Zutritt von Luft bzw. Sauerstoff und/oder Feuchtigkeit wirksam ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere dann, wenn gemäß einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung als Druckgase Gase wie Kohlendioxid, Stickstoff, Distickstoffmonoxid, Edelgase sowie Mischungen dieser Gase, bevorzugt Kohlendioxid, verwendet werden. Diese Gase wirken als Inertgase, worunter erfindungsgemäß Gase verstanden werden, welche mit dem Zellmaterial und/oder seinen Inhaltsstoffen keine chemischen oder enzymatischen Reaktionen eingehen.

    [0010] Gemäß einer weiteren Ausgestaltung des erfindungs­gemäßen Verfahrens ist noch vorgesehen, daß man das zu zerkleinernde Zellmaterial zusätzlich kühlt. Diese Kühlung kann beispielsweise den Verlust niedrig siedender und damit leicht flüchtiger Aromabestandteile des Zellma­terials bei der Explosionszerkleinerung verhindern. In welcher Weise die Kühlung des zu zerkleinernden Materials vorgenommen wird, ist dem Fachmann an sich bekannt, bei­spielsweise aus der DE-OS 33 47 152.

    [0011] Zwar kann die Kühlung indirekt erfolgen, z.B. durch vorherige Lagerung des zu zerkleinernden Zellmaterials in Kühlvorrichtungen, und/oder durch Kühlung von Vorrich­tungsteilen mittels an sich bekannter Kühlvorrichtungen. Ferner kann man eine Kühlung der Mahlwerkzeuge der Mühle etc. vorsehen.

    [0012] Die direkte Kühlung des zu zerkleinernden Materials wird jedoch bevorzugt. Sie erfolgt vorzugsweise durch direkten Kontakt des zu zerkleinernden Zellmaterials mit einem inerten Kühlmedium, vorzugsweise mit kaltem Kohlen­dioxid oder Stickstoff. Dabei wird das Kühlmedium in einer Menge von etwa 0,1 bis etwa 40 Gew.-%, bezogen auf das Zellmaterial, eingesetzt.

    [0013] Das inerte Kühlmedium kann als Gasphase oder, bevor­zugt, als kondensierte Phase eingesetzt werden, z.B. als Stickstoff oder Kohlendioxid in verflüssigter Form. Bevor­zugt wird der Einsatz von Kohlendioxid in fester Form.

    [0014] Als festes Kohlendioxid ist sowohl Kohlensäureschnee als auch festes Kohlendioxid in komprimierter Form (Kohlendioxid-Pellets) verwendbar.

    [0015] Das zur direkten Kühlung verwendete Kühlmedium kann dem zu zerkleinernden Material vor und/oder in den Druck­kammern bzw. Druckladekammern durch separate Zuführungen zugeführt werden.

    [0016] Das Druckgas, das im erfindungsgemäßen Verfahren nach der Entleerung bzw. Entspannung des zu zerkleinernden Materials gegen die Mahlwerkzeuge einer Mühle frei wird, kann - ggf. nach Abscheidung der von ihm aus dem Material aufgenommenen flüchtigen Bestandteile - in die Umgebung abgelassen werden. In einer bevorzugten Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, daß man das Druckgas rückführt, ggf. nach Abscheidung der von ihm aufgenommenen flüchtigen Bestandteile.

    [0017] In welcher Weise die Abscheidung der von dem Material aufgenommenen flüchtigen Bestandteile erfolgt, ist dem Fachmann an sich bekannt. Beispielweise kann das Druckgas zur Abtrennung über geeignete Absorptionsmittel geleitet und dann rückgeführt werden. Es ist auch möglich, durch Druck-und/oder Temperaturänderungen eine Kondensation flüchtiger Bestandteile in Abscheidevorrichtungen zu be­wirken.

    [0018] Das ggf. von aufgenommenen flüchtigen Bestandteilen befreite Druckgas kann einem Gasvorratsbehälter und damit der Wiederverwendung als Druckgas bzw. als Kühlmedium zugeführt werden.

    [0019] Das Druckgas kann - ggf. in Form eines abgezweigten Teilstroms - zur Spülung des aufzuschließenden Zell­materials, von Leitungen, Vorrichtungsteilen, Pack­maschinen und/oder zur Erzeugung der Inertgasatmosphäre, gegen welche das Material entspannt wird, dienen. Der Kontakt des Zellmaterials mit Luft bzw. Sauerstoff und/oder Feuchtigkeit kann durch diese Vorgehensweise, ggf. zusammen mit der gasdichten Ausführung der Verbin­dungsteile der verwendeten Vorrichtung, wirksam reduziert werden.

    [0020] Das erfindungsgemäße Verfahren kann in einfachster Weise beispielsweise so durchgeführt werden, daß man das zu zerkleinernde Material in erfindungsgemäß bemessenen Portionen in eine Druckkammer einbringt, dort mit Druckgas beaufschlagt und den gesamten Inhalt der Druckkammer gegen die Mahlwerkzeuge einer Mühle entleert bzw. entspannt. Diese besonders einfache Vorgehensweise ist jedoch im erfindungsgemäßen Verfahren weniger bevorzugt. Es hat sich nämlich bei Versuchen gezeigt, daß bei Druckexpansionsver­fahren die Zerkleinerungswirkung dann besonders gut ist, wenn die Beaufschlagung des Materials mit Druckgas über einen gewissen Zeitraum andauert. Dieser Zeitraum ist ab­hängig vom Zellmaterial. Weiche Materialien mit größerem Flüssigkeitsanteil benötigen kürzere, härtere Materialien mit geringerem Flüssigkeitsanteil etwas längere Zeiträume. Im allgemeinen sind Haltezeiten von etwa 1 Minute für Zellmaterial verschiedenartigster Struktur ausreichend. Diese Haltezeit bedingt jedoch bei der vorstehend erläu­terten, einfachen Verfahrensweise eine gewisse Leerlauf­zeit der Mühle, da die Mühle nur während der Phase der Entleerung bzw. Entspannung der Druckkammer mit Material beaufschlagt wird, nicht dagegen in den beiden anderen Zuständen, die die Druckkammer durchlaufen muß, der Druckbeaufschlagung und der Haltezeit.

    [0021] Eine andere Variante besteht darin, das zu zerklei­nernde Material in größeren Portionen in eine entsprechend große Druckkammer einzubringen, mit Druckgas zu beauf­schlagen und in kleinen Portionen gegen das Mahlwerk einer Mühle zu entleeren bzw. zu entspannen. Diese Portionierung kann beispielsweise mit Ventilen geschehen, welche eine sehr kurze Öffnungszeit besitzen und nur erfindungsgemäß bemessene Portionen passieren lassen, welche dann auf das Mahlwerkzeug der Mühle aufprallen. Bei dieser Variante braucht die Haltezeit nur ein Mal für die große Vorrats­portion aufgewendet zu werden.

    [0022] Eine dritte Variante besteht schließlich darin, daß man eine Mehrzahl von Druckkammern einer Mühle zuordnet und die einzelnen Druckkammern cyclisch nacheinander mit Druckgas beaufschlagt, die Haltezeit durchlaufen läßt und gegen die Mahlwerkzeuge der Mühle entleert bzw. entspannt. Da für den Entspannungsvorgang und für den Durchsatz einer Portion bei dem erfindungsgemäßen Verfahren etwa 15 Sekunden benötigt werden, die Zeit für die Druckbeauf­schlagung vernachlässigt werden kann, sind bei einer Haltezeit von etwa 1 Minute 4 Druckkammern für eine Mühle vorzusehen, damit diese Mühle ausgelastet ist.

    [0023] Eine weitere bevorzugte Variante des erfindungsge­mäßen Verfahrens ist dadurch gekennzeichnet, daß man das Material in eine Druckladekammer einbringt, in dieser mit Druckgas beaufschlagt, unter Aufrechterhaltung des Druckes in eine Druckkammer überführt und aus dieser entleert bzw. entspannt. Zweckmäßigerweise geht man hier so vor, daß man das Material in verhältnismäßig großer Menge in die Druck­ladekammer einbringt und aus dieser portionsweise, z.B. durch geeignete Ventile, in die Druckkammer überführt. Auch bei dieser Variante ist die Leerlaufzeit der Mühle im wesentlichen nicht mehr von der Haltezeit abhängig.

    [0024] In einer insbesondere bevorzugten Variante ist vor­gesehen, daß man das zu zerkleinernde Zellmaterial in eine Druckladekammer einbringt, aus dieser cyclisch nacheinan­der in eine Mehrzahl von Druckkammern überführt und aus diesen cyclisch nacheinander entleert bzw. entspannt. Diese Variante gestattet einen hohen Durchsatz an Material bei besonders kurzer Leerlaufzeit der Mühle.

    [0025] Eine ganz besonders bevorzugte Variante des erfin­dungsgemäßen Verfahrens ist dadurch gekennzeichnet, daß das zu zerkleinernde Material in einer Schleuse mit Druck­gas beaufschlagt, und unter Beibehaltung des Drucks in eine oder mehrere Druckladekammern überführt wird. Wenn die Materialströme, die über die Schleuse der Drucklade­kammer zugeführt bzw. aus der Druckladekammer in die Druckkammer oder die Druckkammern abgeführt werden, ein­ander entsprechen, ist eine kontinuierliche Verfahrens­führung möglich. Eine solche kontinuierliche Verfahrens­führung gestattet die optimale Nutzung der Vorrichtung.

    [0026] Der Druckbereich, in welchem das erfindungsgemäße Verfahren arbeitet, ist hauptsächlich vom Zellmaterial und vom gewünschten Zerkleinerungsgrad abhängig. Der jeweils günstigste Druckbereich kann durch einfache Versuche leicht ermittelt werden. Beispielsweise arbeitet man bei Verwendung von CO₂ als Druckgas und Kaffee als zu zerkleinerndem Zellmaterial vorzugsweise bei etwa 25 bis 35 bar absolut.

    [0027] Unter "Mehrzahl" von Druckladekammern bzw. Druckkam­mern werden im erfindungsgemäßen Verfahren 2, 3, 4, 5, 6 oder mehr Kammern verstanden. Die zweckmäßige Zahl der vorzusehenden Druckkammern kann der Fachmann, ggf. anhand orientierender Versuche, leicht ermitteln. Beeinflußt wird sie u.a. durch den gewünschten Durchsatz an Material, der Kapazität der verwendeten Druckkammern, durch die Art und Kapazität der verwendeten Mühle, durch das jeweilige Einsatzmaterial, durch die Höhe des Druckunterschiedes bei der Entspannung, durch den für die Anlage zur Verfügung stehenden Platz etc.

    [0028] Im erfindungsgemäßen Verfahren kann als Druckgas ggf. aufbereitete, z.B. sterilisierte Luft verwendet werden, sofern schädliche Einflüsse auf das aufzuschließende Material nicht zu befürchten bzw. zu vernachlässigen sind. Vorzugsweise setzt man als Druckgas jedoch Inertgase, wie Kohlendioxid, Stickstoff, Distickstoffmonoxid, Edelgase oder Mischungen dieser Gase, ein. Kohlendioxid als Druck­gas ist bevorzugt. Kohlendioxid zeichnet sich gegenüber anderen verwendbaren Druckgasen beispielsweise durch Inertisierung des zu zerkleinernden Materials, bakterio­statische Wirkung und lebensmittelrechtliche Unbedenklich­keit aus.

    [0029] Die Bemessung der Portionen, in welchen das Material im erfindungsgemäßen Verfahren gegen die Mahlwerkzeuge einer Mühle entleert bzw. entspannt wird, kann der Fach­mann unter Berücksichtigung der vorgegebenen Randbedin­gungen, z.B. dem zu zerkleinernden Zellmaterial, dem Druck, mit welchem das Material beaufschlagt wird, der Art und Kapazität der verwendeten Mühle, dem maximal zuläs­sigen Grobanteil etc. durch einfache, orientierende Vor­versuche leicht ermitteln. Entscheidend ist, daß für einen wesentlichen Teil des Materials die Zeitspanne zwischen Austritt aus der Druckkammer und Aufprall und Eintritt in das Mahlwerkzeug nicht länger als die Zeitspanne ist, die für den Druckausgleich nicht geborstener Teilchen benötigt wird, beispielsweise etwa 60 Sekunden.

    [0030] Das erfindungsgemäße Verfahren kann angewendet werden, um Zellmaterial tierischer oder pflanzlicher Natur zu zerkleinern.

    [0031] Zellmaterial tierischer Art können Zellen oder Zell­verbände von Mikroorganismen oder Gewebe- oder Organteile von Tieren sein.

    [0032] Als Zellmaterial pflanzlicher Natur kommen insbe­sondere sowohl unterirdisch wachsende Pflanzenteile wie Wurzeln oder Legumen, als auch oberirdische Pflanzenteile in Frage, von denen insbesondere Blüten, Früchte und/oder Samen zu nennen sind.

    [0033] Als Zellmaterial kommt bevorzugt solches zum Einsatz, das pharmazeutisch und/oder kosmetisch wirksame Inhalts­stoffe, oder Fette, Öle oder Wachse, oder Aromen enthält.

    [0034] Als Zellmaterial, das pharmazeutisch und/oder kosmetisch wirksame Inhaltsstoffe enthält, kommen insbe­sondere Pflanzenteile von an sich bekannten Arznei- oder Heilpflanzen in Frage, von denen beispielhaft Fenchel, Weißdorn, Sennei, Enzian, Mohn oder Baldrian genannt seien.

    [0035] Zellmaterial, welches Fett, Öl oder Wachs enthält, umfaßt insbesondere Früchte oder Samen von Kulturpflanzen. Diese enthalten Gemische von Estern oder ungesättigten oder gesättigten Glyceriden, die z.B. als Kokosnuß-, Erdnuß-, Lein-, Soja-, Sonnenblumen- oder Jojobaöl bekannt sind.

    [0036] Als Zellmaterial, welches Aromen, also Geschmacks- und/oder Geruchsorgane ansprechende Komponenten enthält, kommen bevorzugt Pflanzenteile zum Einsatz, insbesondere Blätter, Früchte, Blüten und/oder Samen, welche nach ihrer Zubereitung als Gewürze oder Genußmittel bzw. zu deren Herstellung verwendet werden. Beispielhaft zu nennen sind Estragon, Koriander, Kümmel, Majoran, Muskatnuß und -blüte, Pfeffer, Piment, Vanille, Zimt, sowie als Genuß­mittel Kaffeebohnen. Vorzugsweise wird das erfindungsge­mäße Verfahren zum Zerkleinern von Röstkaffee angewendet.

    [0037] Das erfindungsgemäße Verfahren besitzt gegenüber den Verfahren nach dem Stand der Technik überraschende Vor­teile. So wird der Grobgutanteil, der bislang abgesiebt und rückgeführt werden mußte, was mit zusätzlich anfal­lenden Kosten und Verlusten an Inhaltsstoffen verbunden war, beim erfindungsgemäßen Verfahren wesentlich ver­ringert. Die Berstkräfte bei der Explosionszerkleinerung werden durch die portionsweise Entleerung des zu zerklei­nernden Materials gegen die ständig frei werdenden Mahl­werkzeuge einer Mühle in überraschender Weise besser aus­genutzt als bei herkömmlichen Verfahren. Handelt es sich bei der Mühle um eine Zahnscheibenmühle, ergibt sich neben der großen Kapazität der zusätzliche Vorteil, daß durch entsprechende Einstellung der Mühle die Möglichkeit be­steht, je nach Bedarf die obere Grenze der Partikelgröße des aufgeschlossenen Materials festzulegen.

    [0038] Ein weiterer Vorteil ist, daß das Zellmaterial bei der Verwendung eines Inertgases, vorzugsweise CO₂, als Druckgas unter Ausschluß von Luft/Luftfeuchtigkeit verarbeitet werden kann. Diese Inertgasatmosphäre kann - besonders ökonomisch durch Verwendung von rückgeführtem Abgas - bereits in ggf. vorgeschalteten Behandlungsstufen, wie Klassifizieren, Sieben, Trocknen, Rösten, etc. erzeugt werden und während der Zerkleinerungsoperation bis hin zur Verpackung beibehalten werden.

    [0039] Besonders überraschend ist die Wirkung des erfin­dungsgemäßen Verfahrens. Wenn man nämlich nach herkömm­licher Weise Zellmaterial einer Explosionszerkleinerung unterwirft, Grobgut ggf. nach mehrfacher Rückführung ab­siebt und irgendwann später vermahlt, ist - abgesehen von dem Verlust an Inhaltsstoffen - die Zerkleinerungswirkung der Mühle geringer als beim erfindungsgemäßen Verfahren. Wenn man so vorgeht, daß man zunächst vermahlt und das vermahlte Gut einer Explosionszerkleinerung unterwirft, erhält man völlig unbefriedigende Ergebnisse. Die über­raschende Wirkung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist daher nicht mit einer einfachen Kombination von Explosionszerkleinerung und Mahlen erklärbar.

    [0040] Die Erfindung soll nun im folgenden Ausführungsbeispiel, zusammen mit Figur 1, erläutert werden, ohne den Schutz­umfang zu begrenzen. Es wurde eine Verfahrensvariante ge­wählt, in welcher das Material über eine Schleuse in eine Druckladekammer eingebracht, aus dieser cyclisch nachein­ander in eine Mehrzahl von Druckkammern und aus diesen wiederum cyclisch nacheinander in den Einlauf einer Zahn­scheibenmühle entspannt bzw. entleert wurde, wobei ein Teilstrom des Abgases nach Kondensation mitgeführter In­haltsstoffe zur Spülung von Zuführungsleitungen, Vorrats-, Druckladekammern, sowie von Verpackungsvorrichtungen ver­wendet und der Reststrom einem Gasverdichter zur Wieder­verwendung als Druckgas zugeführt wurde. Als Material wurde Kaffee gewählt, als Druckgas CO₂. Die Variation dieser Ausführungsform, z.B. durch Weglassen der Schleuse, Zufügen oder Weglassen von Druckladekammern, Druckkammern, Verwendung anderer Zellmaterialien, anderer Druckgase, anderer Mühlen, Arbeiten bei anderem Druck, etc. ist dem Fachmann in Kenntnis der Erfindung leicht möglich.

    Ausführungsbeispiel


    Zerkleinerung von frischem Röstkaffee



    [0041] Nach Spülen der gesamten Vorrichtung mit Kohlendioxid zur Erzeugung einer Inertgasatmosphäre wurde frischer Röstkaffee über eine Leitung L 1 in ein Röstkaffeereser­voir R eingebracht. Das Reservoir R ist über ein Ventil V 1 mit einer Schleuse S verbunden. Die Schleuse S ist über ein Ventil V 2 mit einer Druckladekammer D verbun­den. Ein Ventil V 3 verbindet die Schleuse S mit einem Gasbehälter GB und ein Ventil V 4 und eine Leitung L 2 mit einem Frischgasbehälter F. Dem unter Normaldruck stehenden Reservoir R wurden etwa 12,5 kg frisch geröstete Kaffee­bohnen entnommen und über das geöffnete Ventil V 1 in die Schleuse S überführt; die Ventile V 2, V 3 und V 4 waren geschlossen. Nun wurde auch V 1 geschlossen, V 3 geöffnet und die Kaffeebohnen mit Druckgas aus dem Gasbehälter GB beaufschlagt, bis ein Solldruck von etwa 30 bar (absolut) erreicht war. Nach dem Schließen von V 3 wurde das Ventil V 2 geöffnet und der Inhalt der Schleuse S in die Druck­ladekammer D überführt, in welcher ebenfalls ein Druck von etwa 30 bar (absolut) herrschte. Anschließend wurde das Ventil V 2 wieder geschlossen und die Schleuse erneut befüllt, wobei vorher der in der Schleuse in Bezug zum Reservoir herrschende Überdruck durch nicht dargestellte Mittel, z.B. eine Leitung zu einem Gasverdichter GV, abgebaut wurde. Der Vorgang von Füllen und Leeren der Schleuse wiederholte sich etwa alle 3 Minuten. Die Druckladekammer D besitzt ein Fassungsvermögen von etwa 500 l. Sie ist über vier Ventile V 5 mit vier Druckkammern DB verbunden, die jeweils ein Fassungsvermögen von etwa 1 l besitzen. Jede der Druckkammern DB ist über ein Ventil V 6 und eine Leitung L 4 mit dem Gasbehälter GB und über einen umschaltbaren Kugelhahn V 7 mit dem Einlauf einer Zahnscheibenmühle Z verbunden. Von den Ventilen V 5, Druckkammern DB, Leitungen L 4 und Kugelhähnen V 7 ist in der Zeichnung nur jeweils ein Teil dargestellt.

    [0042] Zunächst waren alle Ventile V 5, V 6 der Druck­kammern DB sowie die Kugelhähne V 7 geschlossen. Durch Öffnen der Ventile V 6 wurden die Druckbehälter DB über die Leitungen L 4 mit Druckgas beaufschlagt, bis jeweils ein Sollwert von etwa 30 bar (absolut) erreicht war. Nach dem Schließen der Ventile V 6 öffnete man zunächst eines der Ventile V 5, und Röstkaffee aus der Druckladekammer D wurde in einer Portion von etwa 250 g in die zugehörige Druckkammer DB überführt, worauf man das Ventil V 5 wieder verschloß. In entsprechender Weise wurde cyclisch nach­einander in alle Druckkammern DB jeweils etwa 250 g Röst­kaffee eingebracht. Nach dem Einbringen des Röstkaffees und Schließen von Ventil V 5 wurde der Kugelhahn V 7 der ersten Druckkammer DB auf Durchgang geschaltet und ihr Inhalt explosionsartig in den Einlauf der Zahnscheiben­ mühle Z entleert. Auf dieselbe Weise wurden cyclisch nach­einander alle Druckkammern DB gegen den Einlauf der Zahn­scheibenmühle entleert.

    [0043] Durch entsprechendes Öffnen und Schließen der jeweiligen Ventile bzw. Hähne wurde der Vorgang des Beaufschlagens der Druckkammern mit Druckgas, Einbringen des Röstkaffees und Entleerung in die Zahnscheibenmühle ständig cyclisch wiederholt. Innerhalb von etwa einer Minute wurden auf diese Weise die Druckkammern jeweils viermal gefüllt und wieder entleert.

    [0044] Zahnscheibenmühle und Einlauf sind gasdicht mitein­ander sowie mit dem Kugelhahn V 7 verbunden, um das Eindringen von Luft zu verhindern. Das in den Einlauf der Zahnscheibenmühle eingeschossene Material war binnen etwa 15 Sekunden vollständig durch das Mahlwerk der Mühle durchgesetzt. Das vermahlene Material M, das frei war von unerwünschten Grobanteilen, wurde über eine Leitung L 5, in welcher eine CO₂-Atmosphäre aufrechterhalten wurde, einer Verpackungsvorrichtung zugeführt. Das beim Entspan­nen freiwerdende CO₂ wurde über eine Leitung L 6 aus der Mühle zunächst einem Abscheider AK zur Aromakondensation zugeführt. Das vom Kondensat befreite Gas wurde in den Gasverdichter GV zurückgeführt, wobei ein abgezweigter Teilstrom über eine Leitung L 7 zur Spülung des Kaffee­reservoirs R und zur Spülung der Leitung L 1 verwendet wurde. Unvermeidliche, geringe Verluste an Druckgas wurden über die Leitungen L 2 und L 8 durch Frischgas ergänzt. Das Aromakondensat aus AK wurde dem gemahlenen Gut vor dem Verpacken zugesetzt.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Explosionszerkleinerung von Zell­material tierischen oder pflanzlichen Ursprungs, bei dem man das Material in eine Druckkammer einbringt, darin mit Druckgas beaufschlagt und anschließend aus der Druckkammer unter explosionsartiger Entspannung gegen eine Prallfläche entleert, dadurch gekennzeichnet, daß man das Material in kleinen Portionen gegen die Mahlwerkzeuge einer Mühle als Prallfläche entleert bzw. entspannt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man gegen die Mahlwerkzeuge einer Scheibenmühle, be­vorzugt einer Zahnscheibenmühle, entleert bzw. entspannt.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekenn­zeichnet, daß man in eine Inertgasatmosphäre hinein bzw. gegen eine Inertgasatmosphäre entleert bzw. entspannt.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß man das Material zusätzlich kühlt.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß man das Druckgas rückführt, gegebenenfalls nach Abscheidung der von ihm aus dem Material aufgenommenen flüchtigen Bestandteile.
     
    6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß man das Material in eine Druckladekammer einbringt, in dieser mit Druckgas beauf­schlagt, aus dieser unter Aufrechterhaltung des Drucks in eine Druckkammer überführt und aus dieser entleert bzw. entspannt.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß man das Material aus der Druckladekammer cyclisch nacheinander in eine Mehrzahl von Druckkammern überführt und aus diesen cyclisch nacheinander entleert bzw. entspannt.
     
    8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß man als Druckgas Kohlendioxid, Stickstoff, Distickstoffmonoxid, Edelgase oder Mischungen dieser Gase, bevorzugt Kohlendioxid, verwendet.
     
    9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß man in kontinuierlicher Verfahrensweise das Material in eine Schleuse einbringt, mit Druckgas beaufschlagt und unter Aufrechterhaltung des Druckes in die Druckladekammer bzw. in die Mehrzahl von Druckladekammern einbringt.
     
    10. Anwendung des Verfahrens nach einem der vorher­gehenden Ansprüche zum Zerkleinern von Röstkaffee.
     




    Zeichnung