[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Schleifen eines Werkstücks durch Erzeugen
des eine Haupt- und eine Nebenschneidefläche sowie gegebenenfalls eine Freifläche
aufweisenden Umfangsprofils einer Schleifscheibe, bei dem eine Abrichtrolle mittels
einer numerisch gesteuerten Mehrkoordinaten-Bewegungseinheit entlang einer rohen Oberfläche
der Schleifscheibe zur Erzeugung eines vorgegebenen Umfangsprofils der Schleifscheibe
bewegt wird, sowie durch nachfolgendes Hochgeschwindigkeits-Schälschleifen des Werkstücks
mit hohem Zeitspanungsvolumen, bei welchem Schälschleifen die Hauptschneidefläche
der Schleifscheibe mit großer axialer Vorschubgeschwindigkeit einen helikoidalen Übergang
zwischen Rohmaß und Fertigmaß erzeugt, und die Nebenschneidefläche auf dem Fertigmaß
des Werkstücks aufliegt.
[0002] Es ist bekannt, Schleifscheiben an ihren bearbeitenden Umfangsflächen mit einem vorgegebenen
Umfangsprofil zu versehen, um vorgegebene Umfangsprofile von Werkstücken in einem
Arbeitsgang schleifen zu können. So kann man beispielsweise beim Einstechschleifen
eine Ringnut vorgegebener Breite und mit vorgegebener Hohlkehle im Übergang von der
zylindrischen Grundfläche zu den radialen Seitenflächen dadurch in einem einzigen
Arbeitsgang schleifen, daß man die Schleifscheibe an ihrem Außenumfang mit einem Umfangsprofil
versieht, das gerade den Abmessungen der Kontur der Ringnut entspricht. Entsprechendes
gilt für verschiedene Außenrundschleifvorgänge, bei denen z.B. Büchsen, Flansche und
dgl. mit nahezu beliebigen rotationssymmetrischen Konturen in einer Aufspannung geschliffen
werden, indem man zuvor die Schleifscheibe mit einem entsprechenden negativen Umfangsprofil
versieht.
[0003] Allgemeine Verfahren der vorstehend genannten Art sind aus dem "Handbuch der Fertigungstechnik"
von G. Spur und Th. Stöferle, Band 3/2, Carl Hanser Verlag, München, 1980, Seite 151
bis 157 bekannt.
[0004] Um das gewünschte Umfangsprofil an der Schleifscheibe zu erzeugen, gibt man der numerisch
gesteuerten Mehrkoordinaten-Bewegungseinheit der Abrichtrolle einen Datensatz ein,
der den Raumkoordinaten des zu schleifenden Werkstückprofils entspricht. In Abhängigkeit
von dem Datensatz wird dann die Abrichtrolle so über die Umfangsfläche der Schleifscheibe
geführt, daß das gewünschte Umfangsprofil entsteht. Auf diese Weise ist es möglich,
Schleifscheiben für eine bestimmte Bearbeitungsaufgabe vorzubereiten oder zwischen
aufeinanderfolgenden gleichartigen Bearbeitungsvorgängen abzurichten.
[0005] Es ist andererseits bekannt, in der numerischen Steuerung einer Schleifmaschine,
d.h. bei der Einstellung des Bewegungsablaufs zwischen Werkstück und Schleifscheibe,
Verfahrensparameter in die Steuerung mit einzubeziehen, um den Schleifvorgang auf
diese Weise zu optimieren. So ist es bekannt, in eine numerische Steuerung der Schleifmaschine
Datensätze einzugeben, welche die Geometrie des Werkstücks wiedergeben, dessen Materialeigenschaften,
die angestrebte Oberflächengüte des Werkstücks sowie Materialeigenschaften der Schleifscheibe
selbst. Die numerische Steuerung der Schleifmaschine berechnet daraus die Steifigkeit
und damit die Nachgiebigkeit des Werkstücks. Bekannte Steuerungen haben ferner die
Eigenschaft, die Steifigkeit der Schleifmaschine selbst zu berücksichtigen und auf
diese Weise insgesamt zu ermitteln, welcher Druck auf das Werkstück ausgeübt werden
darf, um die vorgegebenen Parameter, insbesondere Maßhaltigkeit und Oberflächengüte,
zu erzielen.
[0006] Aus der GB-A-986 427 ist ein Verfahren zum Schleifen eines Werkstücks bekannt, bei
dem eine Schleifscheibe mit konusförmigem Schleifbereich eingesetzt wird. Die Länge
des konusförmigen Schleifbereichs macht etwa die Hälfte der Schleifscheibenbreite
aus. Die genannte Länge wird durch den Konuswinkel und die Gesamtschnittiefe sowie
wiederum durch die Spänetiefe und den Vorschub pro Schleifscheibenumdrehung bestimmt.
Da die Gesamtbreite der Schleifscheibe während eines Prozesses konstant ist, wird
somit die Länge der Nebenschneidefläche entgegengesetzt zur Konuslänge in Abhängigkeit
von den genannten Parametern dimensioniert.
[0007] Der Erfindung liegt demgegenüber die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs
genannten Art daningehend weiterzubilden, daß bereits beim Abrichten der Schleifscheibe
und nicht erst beim Schleifen Spezifikationen eines Schleifvorganges berücksichtigt
werden können, so daß hierdurch die Gesamtsteuerung der Schleifmaschine, insbesondere
der Bewegungsablauf während des Schleifvorgangs, unbeeinflußt bleibt.
[0008] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß zwecks Vorgabe des Umfangsprofils
in Abhängigkeit der Ausführungsbedingungen des nachfolgenden, mittels der Schleifscheibe
an dem Werkstück auszuführenden Hochgeschwindigkeits-Schälschleifvorganges, nämlich
eines als Maß der zu erzielenden Oberflächengüte vorgegebenen Rauhtiefenwertes sowie
von den die Schleif-Verhältnisse bestimmenden Prozeßparametern, insbesondere des Überdeckungsgrades
der Nebenschneidefläche bei Rotation des Werkstücks, des Verhältnisses der Umfangsgeschwindigkeiten
von Schleifscheibe und Werkstück, des Durchmessers des Werkstücks, der axialen Zustellgeschwindigkeit
von Werkstück relativ zur Schleifscheibe und der Umfangsgeschwindigkeit der Schleifscheibe,
die axiale Länge der Nebenschneidefläche dimensioniert wird.
[0009] Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird auf diese Weise vollkommen gelöst,
weil erstmalig eine Abrichtstrategie eingesetzt wird, bei der in die Formgebung der
Schleifscheibe nicht nur die Werkstückgeometrie sondern auch Prozeßparameter, d.h.
Bahngeschwindigkeiten, Vorschubgeschwindigkeiten, Materialeigenschaften, Oberflächengüten
und dgl. eingehen. Auf diese Weise wird eine völlig neue Dimension der Steuerung von
Schleifvorgängen zur Verfügung gestellt, weil man sich, wie bereits erwähnt wurde,
bisher darauf beschränkt hat, den Abrichtvorgang an der Schleifscheibe ausschließlich
im Lichte der Werkstückgeometrie zu sehen und eine prozeßparameterabhängige Steuerung
lediglich für den Bewegungsablauf der Schleifmaschine selbst, nicht jedoch für den
Bewegungsablauf der Abrichtrolle, vorzusehen.
[0010] Praktische Versuche haben gezeigt, daß mit der erfindungsgemäßen neuartigen Abrichtstrategie
bereits vor Beginn des eigentlichen Schleifvorgangs, d.h. vor Beginn der Werkstückbearbeitung,
die erforderlichen Einflußgrößen berücksichtigt werden können, so daß die nachfolgende
numerische Steuerung der Werkzeugmaschine entsprechend einfacher gestaltet werden
kann. Dies wirkt sich vor allem auch deshalb aus, weil die Bewegungseinheiten für
eine Abrichtrolle aufgrund der geringeren zu bewegenden Massen wesentlich einfacher
herzustellen und zu handhaben sind als die Bewegungseinheiten der Schleifscheiben-
sowie der Werkstückspindel.
[0011] Bei der Erfindung wird ein Verfahren zum Abrichten einer Schleifscheibe für einen
nachfolgenden Hochgeschwindigkeits-Schälschleifvorgang (Außenrundschleifen mit hohem
Zeitspanungsvolumen) eingesetzt, bei dem eine Hauptschneidefläche der Schleifscheibe
mit großer axialer Vorschubgeschwindigkeit einen helikoidalen Übergang zwischen Rohmaß
und Fertigmaß erzeugt und eine Nebenschneidefläche auf dem Fertigmaß des Werkstücks
aufliegt. Erfindungsgemäß wird in diesem Falle die axiale Lage der Nebenschneidefläche
in Abhängigkeit von den Prozeßparametern eingestellt.
[0012] Dies hat den Vorteil, daß für diesen Anwendungsfall die Formgebung der Schleifscheibe
so optimiert werden kann, daß für eine vorgegebene Oberflächengüte ein Schleifvorgang
eingestellt wird, der die gewünschte Oberflächengüte bei minimaler Bearbeitungszeit
erzeugt.
[0013] Bei einer bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird die axiale
Länge der Nebenschneidefläche nach der Beziehung:

dimensioniert.
[0014] Das erfindungsgemäße Verfahren läßt sich bei unterschiedlichen Bauformen von Schleifscheiben
anwenden, bei denen entweder die Schleifscheibenachse zur Achse des Werkstücks geneigt
oder aber zu dieser parallel verläuft.
[0015] Bei einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung wird das Umfangsprofil der Schleifscheibe
derart erzeugt, daß die Hauptschneidefläche mit der Achse des Werkstücks einen Winkel
von 90° einschließt.
[0016] Diese Maßnahme hat den Vorteil, daß im wesentlichen axiale Kräfte auf das Werkstück
ausgeübt werden, so daß sowohl die Wärmeentwicklung wie auch die Durchbiegung des
Werkstücks infolge radialer Belastung minimiert werden.
[0017] Das erfindungsgemäße Verfahren läßt sich aber mit Vorteil auch bei solchen Gegebenheiten
einsetzen, bei denen die Hauptschneidefläche derart erzeugt wird, daß sie entlang
einer zu einer radialen Richtung geneigten Richtung am helikoidalen Übergang anliegt.
[0018] Zwar entstehen bei dieser Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens größere Radialkräfte,
man hat jedoch mit dem Neigungswinkel der Hauptschneidefläche einen weiteren frei
wählbaren Parameter zur Verfügung, um den Schleifvorgang zu optimieren.
[0019] Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in der Zeichnung dargestellt und werden in
der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Es zeigen:
- Fig. 1
- eine äußerst schematisierte Gesamtansicht einer Schleifmaschine zur Erläuterung des
erfindungsgemäßen Verfahrens;
- Fig. 2
- in stark vergrößertem Maßstab den Eingriffsbereich einer Schleifscheibe beim HochgeschwindigkeitsSchälschleifen
zur Erläuterung einer Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens;
- Fig. 3
- eine Darstellung, ähnlich Fig. 2, jedoch für eine Abwandlung des erfindungsgemäßen
Verfahrens;
- Fig. 4
- eine weitere Darstellung ähnlich Fig. 2, jedoch für eine noch andere Variante des
erfindungsgemäßen Verfahrens.
[0020] In Fig. 1 bezeichnet 10 insgesamt eine Schleifmaschine üblicher Bauart, bei der eine
Schleifspindel 11 eine Schleifscheibe 12 um eine Schleifscheibenachse 13 mit einer
Drehzahl n
s dreht. Unter Berücksichtigung eines Schleifscheibendurchmessers d
s ergibt sich daraus eine Bahngeschwindigkeit v
s am Außenumfang der Schleifscheibe 12.
[0021] Bei dem in Fig. 1 dargestellten Ausführungsbeispiel ist die Schleifscheibenachse
13 um einen Winkel 14 zu einer Werkstückachse 15 geneigt, wie dies an sich bekannt
ist.
[0022] Ein Werkstück 20 ist zwischen einem üblichen Spannfutter 21 einer Werkstückspindel
und einer Körnerspitze 22 eingespannt.
[0023] Das Werkstück 20 kann mittels eines in Fig. 1 nicht näher dargestellten Antriebs
mit einer axialen Vorschubgeschwindigkeit v
z entlang seiner Achse verschoben werden. Es versteht sich, daß alternativ dazu auch
das Werkstück 20 stillstehen und die Schleifscheibe 12 in Richtung der Werkstückachse
15 verschoben werden kann, wenn dies im Einzelfall günstiger ist.
[0024] Das Werkstück 20 wird vom Spannfutter 21 mit einer Drehzahl n
w gedreht, was bei einem Werkstückdurchmesser d
w zu einer Bahngeschwindigkeit v
w an der Peripherie des Werkstücks 20 führt.
[0025] Mit M sind in Fig. 1 die Materialeigenschaften des Werkstücks 20 bezeichnet, also
insbesondere dessen Elastizitätsmodul, Zähigkeit usw., während mit O eine angestrebte
Oberflächengüte am bearbeiteten Werkstück 20 symbolisiert werden soll.
[0026] Die Schleifscheibe 12 ist zunächst mit rohen, konischen Oberflächen 30 und 31 versehen,
von denen jeweils Mantellinien parallel bzw. senkrecht zur zu bearbeitenden Oberfläche
des Werkstücks 20 verlaufen.
[0027] Um die rohen Oberflächen 30, 31 mit einem gewünschten Umfangsprofil zu versehen,
ist eine Abrichtrolle 40 vorgesehen. Die Abrichtrolle 40 ist bevorzugt von doppelkonischer
Gestalt mit zwei Konusflächen 41, 42, die sich entlang einer Umfangslinie 43 unter
einem spitzen Winkel schneiden. Im Bereich der Umfangslinie 43 ist die Abrichtrolle
40 mit Diamanten 44 besetzt. Eine Welle 45 der Abrichtrolle 40 ist an eine Antriebsverbindung
46 angeschlossen, die zu einem Drei-Koordinaten-Antrieb 47 führt.
[0028] Der Antrieb 47 ist so ausgelegt, daß er nicht nur die Drehzahl n der Abrichtrolle
40 sondern auch deren Lage im Raum nach drei Raumkoordinaten beliebig einstellen kann.
[0029] So kann der Antrieb 47 über die Verbindung 46 die Abrichtrolle 40 beispielsweise
in Fig. 1 in der Vertikalen bewegen, wie mit einem Pfeil 48 angedeutet. In diesem
Falle kann die Abrichtrolle 40 die rohe Oberfläche 30 der Schleifscheibe 12 abrichten.
[0030] Der Antrieb 47 kann über die Antriebsverbindung 46 die Abrichtrolle 40 aber auch
beispielsweise um 90° drehen und in einer zur Werkstückachse 15 parallelen Richtung
verfahren, wie mit einem Pfeil 49 in Fig. 1 angedeutet. Mit einer derartigen Bewegungsbahn
kann dann die zweite rohe Oberfläche 31 der Schleifscheibe 12 bearbeitet werden.
[0031] Es versteht sich jedoch, daß neben diesen einfachen linearen Bewegungsvorgängen der
Abrichtrolle 40 auch beliebige geneigte oder gekrümmte Bewegungsbahnen ausgeführt
werden können, wie dies von Mehrkoordinatenantrieben an sich bekannt ist.
[0032] Zur Steuerung des Antriebs 47 dient ein Steuergerät 55, das über eine Vielzahl von
Eingängen 56 sowie über einen Ausgang 57 verfügt, der mit dem Antrieb 47 verbunden
ist.
[0033] An den Eingängen 56 liegen Signale an, die beispielsweise durch manuelle digitale
Vorwahl oder aber auch durch Sensoren als Zustandsparameter erfaßt wurden.
[0034] Aus den Eingangssignalen ermittelt das Steuergerät 55 ein Umfangsprofil für die Schleifscheibe
12, das dann nachfolgend durch Betätigen des Antriebs 47 mittels der Abrichtrolle
40 an der Schleifscheibe 12 erzeugt wird.
[0035] Fig. 2 zeigt ein erstes Anwendungsbeispiel eines derartigen Abrichtvorganges.
[0036] Das Werkstück 20 ist in der Darstellung der Fig. 2 bereits teilweise bearbeitet und
man erkennt in der linken Hälfte der Fig. 2 mit 60 ein Rohmaß des noch unbearbeiteten
Werkstücks 20, während in der rechten Hälfte der Fig. 2 mit 61 ein Fertigmaß symbolisiert
ist.
[0037] Die Schleifscheibe 12 ist bei dieser Variante mit drei konischen Oberflächen 62,
63, 64 versehen. Die erste konische Oberfläche 62 dient in diesem Fall als Hauptschneide,
die zweite konische Oberfläche 63 als Nebenschneide und die dritte konische Oberfläche
64 als nicht im Eingriff befindliche Rückfläche der Schleifscheibe 12. Durch die Wirkung
der Hauptschneidefläche 62 entsteht ein helikoidaler Übergang 66 zwischen Rohmaß 60
und Fertigmaß 61. Je nachdem, wie die Drehzahl n
w und die vorschubgeschwindigkeit v
z eingestellt werden, ergibt sich eine Überdeckung u, d.h. die Steigung des von der
Hauptschneidefläche 62 erzeugten schraubenförmigen helikoidalen übergangs 66.
[0038] Die Nebenschneidefläche 63 liegt über eine axiale Länge l
N auf dem Fertigmaß 61 des Werkstücks 20 auf.
[0039] Beim Ausführungsbeispiel der Fig. 2 ist der Hauptschneidenwinkel mit 90° angesetzt,
so daß die Hauptschneidefläche 62 entlang einer radialen Linie am helikoidalen übergang
66 anliegt. Die dritte konische Oberfläche 64 schließt mit dem Fertigmaß 61 des Werkstücks
20 hingegen einen Freiwinkel κ' ein.
[0040] Die zuvor erläuterte Abrichtstrategie geht nun so vor, daß sie aus den genannten
Prozeßparametern vorzugsweise die Länge l
N der Nebenschneidefläche 63 und ggf. zusätzlich die Winkel κ und κ' ermittelt, so
daß die Abrichtrolle 40 dann das sich daraus ergebende Umfangsprofil an der Schleifscheibe
12 erzeugen kann.
[0041] Der in Fig. 2 schematisch dargestellte Bearbeitungsvorgang kann bevorzugt mit folgenden
Parametern ablaufen:
Als Abrichtwerkzeug werde eine Diamantformrolle mit der Bezeichnung SG71P-200-1,7
verwendet. Die Rolle habe einen Durchmesser D
R von 200 mm. Die Korngröße d
K der Diamanten betrage 200 µm. Die Kornverteilung sei statistisch gestreut. Die Packungsdichte
betrage 50 Δ /cm³ im Positivverfahren. Die Bindung sei galvanisch und die Belagdicke
sei einschichtig 0,85 x2, wobei die Belaghöhe 10 mm beträgt.
[0042] Als Schleifwerkzeug werde eine CBN-Schleifscheibe mit der Typenbezeichnung B 151MSS387V420
verwendet. Der Schleifscheibendurchmesser D
s betrage 600 mm. Die Korngröße d
K der CBN-Körner betrage 151 µm. Es bestehe eine metallische Bindung MSS mit einer
Konzentration von 42 % Vol. Der Grundkörper der Schleifscheibe bestehe aus Stahl und
der Kantenradius r betrage 2 mm.
[0043] Für den Schleifprozeß seien eine Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit v
s von 140 m/s, ein Werkstückdurchmesser d
w von 30 mm, ein Aufmaß a von 1 mm, eine Bearbeitungslänge L von 120 mm, eine Oberflächengüte
R
a von 0,8 µm vorgegeben und das Material des Werkstückes sei normal zerspanbar mit
einem Kennwert q von 70.
[0044] Der Kennwert q bezeichnet das Geschwindigkeitsverhältnis von Schleifscheibe und Werkstück.
Dieser Kennwert wird nach der Zerspanbarkeit des Werkstoffes des Werkstückes bestimmt.
Die Zerspanbarkeit metallischer Werkstoffe wird wesentlich von ihrer chemischen Zusammensetzung
und ihrer Gefügeausbildung beeinflußt. Die Gefügeausbildung hängt wiederum von der
Herstellung des Werkstoffes (Gießen, Warm- oder Kaltumformung) sowie von angewandten
Nachbehandlungen (Härten, Glühen) ab. Die Werkstoffe mit hohem Legierungsgehalt, die
zusätzliche Carbide enthalten, ergeben durch unterschiedliches Verformungsvermögen
verschiedene Spanarten, die das Verhalten der Zerspanbarkeit bestimmen. Kurzspanende
oder langspanende Werkstoffe lassen sich sinnvoll nach dem Geschwindigkeitsverhältnis
zuordnen, wenn man die Zerspanbarkeit anhand der Härte und Zähigkeit betrachtet. Vergleicht
man die Zerspanbarkeit der verschiedenen Werkstoffe nach diesem Kriterium, so ergibt
sich mit steigendem Gehalt an Carbiden (Zementit) und ein quasi homogenes Feingefüge
(Martensit) ein größeres Geschwindigkeitsverhältnis.
[0045] In der Praxis kann man für das Geschwindigkeitsverhältnis q folgende Bereiche definieren:
56 < q ≦ 70 für schwer zerspanbare Werkstoffe
70 < q ≦ 140 für normal zerspanbare Werkstoffe
140 < q ≦ 280 für gut zerspanbare Werkstoffe.
[0046] Bei dem vorliegenden Beispielsfall wird die Geometrie der Schleifscheibe durch den
erfindungsgemäßen Abrichtvorgang dadurch definiert, daß eine Länge l
N der Nebenschneide eingestellt wird. Dies geschieht im vorliegenden Beispiel nach
der Beziehung:

Bei diesem Ausdruck ist q, wie erwähnt, das Verhältnis der Umfangsgeschwindigkeiten
von Schleifscheibe und Werkstück. Für die nachfolgende Beispielsrechnung sei q = 70
angenommen.
[0047] Die Größe d
w ist der Werkstückdurchmesser und für das nachfolgende Beispiel werde von einem Wert
d
w = 30 mm ausgegangen.
[0048] Die Größe v
s ist die Schleifscheiben-Umfangsgeschwindigkeit. Für das nachfolgende Beispiel wird
von einem Wert v
s = 140 m/s ausgegangen.
[0049] Mit U ist in der oben angegebenen Beziehung der sogenannte Überdeckungsgrad bezeichnet,
der sich deswegen ergibt, weil die Nebenschneide der Länge l
N bei Rotation des Werkstückes und axialer Zustellung jeweils Bereiche erfaßt, die
bei der vorhergehenden Umdrehung des Werkstückes ebenfalls teilweise bereits von der
Schleifscheibe erfaßt worden waren. Für den Überdeckungsgrad U gilt die Beziehung:

In dieser Beziehung ist r der Kantenradius des Schleifwerkzeuges, und für das vorliegende
Beispiel sei von einem Wert r = 2 mm ausgegangen.
[0050] Mit R
t ist die angestrebte Rauhtiefe des geschliffenen Werkstückes bezeichnet und für das
nachfolgende Beispiel wird von einem Wert R
t = 6,4 µm ausgegangen.
[0051] Der Wert k ist eine dimensionsbehaftete Konstante, die für das vorliegende Berechnungsbeispiel
mit k = 1 mm/Umdrehung angenommen wird.
[0052] Aus den vorstehend genannten Größen errechnet sich dann ein Überdeckungsgrad U =
3,125.
[0053] In der oben angegebenen Beziehung für die Lange l
N der Nebenschneide ist v
fa die axiale Zustellgeschwindigkeit, für die die Beziehung:

gilt.
[0054] In dieser Beziehung ist n
w die Werkstückdrehzahl. Wenn die Schleifscheiben-Umfangsgeschwindigkeit v
s mit dem Betrag 140 m/s angenommen wird und das Umfangsgeschwindigkeitsverhältnis
q einen Wert von 70 hat, so ergibt dies eine Werkstückumfangsgeschwindigkeit v
w von 2 m/s. Mit einem Werkstückdurchmesser d
w von 30 mm errechnet sich dann nach den bekannten Beziehungen die Werkstückdrehzahl
n
w = 1273,88 Umdrehungen/Minute.
[0055] Mit dem vorstehend angegebenen Wert und der bereits erläuterten Konstante k = 1 mm/Umdrehung
errechnet sich dann die axiale Zustellgeschwindigkeit zu v
fa = 636,94 mm/min..
[0056] Setzt man die berechneten Werte des Überdeckungsgrades U und der axialen Zustellgeschwindigkeit
v
fa in die oben angegebene Beziehung für die Länge l
N der Nebenschneide ein, so ergibt sich schlußendlich ein Wert:
l
N = 1,562 mm.
[0057] Der Freiwinkel κ' wird in der Praxis so klein wie möglich eingestellt, beispielsweise
mit einem Winkel κ' = 1°. Der Grund dafür, den Freiwinkel κ' so klein einzustellen,
ist folgender:
Die Schleifscheibe wird bei dem Verfahren nicht nur ein einziges Mal zugestellt, bevor
sie überhaupt in den Einsatz gelangt, sie muß vielmehr auch später während des Einsatzes,
wie allgemein üblich, abgerichtet werden, damit die Schleifeigenschaften der Schleifscheibe
auch nach längerer Benutzung erhalten bzw. wieder hergestellt werden.
[0058] Wenn nun aber die Schleifscheibe im Bereich der Nebenschneide in eine Richtung senkrecht
zu dieser abgerichtet wird, so vergrößert sich die Länge l
N der Nebenschneide, weil sich an die Hebenschneide rückwärtig der weitere Abschnitt
unter dem Freiwinkel κ' anschließt. Um zu erreichen, daß die Länge l
N der Nebenschneide konstant bleibt, muß daher zusätzlich die Hauptschneide abgerichtet
werden, um auf diese Weise die axiale Länge l
N der Nebenschneide wieder zu verkürzen. Man kann nun zeigen, daß bei gleich großer
Zustellung des Abrichtwerkzeuges an der Hauptschneide und an der Nebenschneide, wie
dies ohnehin aus technologischen Gründen gewünscht wird, die Länge l
N der Nebenschneide dann unverändert bleibt, wenn der Freiwinkel κ' so klein wie möglich
eingestellt wird, beispielsweise im Bereich 1° bis 3°.
[0059] Für die Steuerung des Schleifwerkzeuges werden daher im genannten Beispielsfall die
Größen l
N = 1,562 mm und κ' = 1° vorgegeben.
[0060] Beim Abrichten beträgt die Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit v
sd zweckmäßigerweise etwa 30 m/s. Das Verhältnis der Umfangsgeschwindigkeiten von Schleifscheibe
und Abrichtrolle q
D wird zum Beispiel auf den Wert 0,8 festgelegt. Bei diesen Werten ergibt sich eine
Oberflächenstruktur der Schleifscheibe, die gerade der gewünschten Wirkrauhtiefe R
t von 6,4 µm entspricht.
[0061] Unter Berücksichtigung eines Schleifscheibendurchmessers D
s von 600 mm errechnet sich aus der Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit v
sd und dem Umfangsgeschwindigkeitsverhältnis q
D eine Schleifscheibendrehzahl n
s von 955,42 min⁻¹. Die Umfangsgeschwindigkeit der Abrichtrolle v
R berechnet sich in entsprechender Weise zu 24 m/s. Die Drehzahl der Abrichtrolle berechnet
sich dann mit einem Rollendurchmesser D
R von 200 mm zu 2293 min⁻¹.
[0062] Die Werte für die axiale und die radiale Zustellung ergeben sich in der Praxis aus
der Korngröße d
K, die im vorliegenden Falle 0,2 mm betragen kann, multipliziert mit einem konstanten
Faktor. Die axiale Zustellung s
D ergibt sich dann mit einem Faktor 0,4 zu 0,08 und die radiale Zustellung a
D in entsprechender Weise zu 0,005.
[0063] Aus der axialen Zustellung s
d pro Schleifscheibenumdrehung und der Schleifscheibendrehzahl n
s errechnet sich dann die Zustellgeschwindigkeit der Abrichtrolle v
fd zu 76,43 mm/min.
[0064] Mit den vorstehend für einen Beispielsfall errechneten Werten steuert nun die Schleifmaschine
mit dem Steuergerät 55 die Abrichtrolle 40 beispielsweise aus einer Position in Fig.
1 rechts von der Schleifscheibe 12 in einen Punkt, der in Verlängerung der dritten
konischen Oberfläche 64 der Schleifscheibe 12 liegt. In dieser Position werden die
Schleifscheibe 12 und die Anrichtrolle 40 in Rotation versetzt und gleichzeitig ein
Kühlmittel zugeführt. Aus dem ersten Punkt in Verlängerung der dritten konischen Oberfläche
64 wird nun die Abrichtrolle 40 in einer X-Z-Steuerung entlang der dritten konischen
Oberfläche 64 geführt, bis ein Punkt am Übergang von der dritten konischen Oberfläche
64 zur zweiten konischen Oberfläche 63, d.h. der Nebenschneide, erreicht ist. Die
Schleifscheibe wird nun entlang der Nebenschneide über die Länge l
N geführt und zwar in Z-Richtung, wie mit dem Pfeil 49 in Fig. 1 angedeutet. Nach Durchlaufen
der Länge l
N wird die Steuerung wiederum umgeschaltet, so daß die Abrichtrolle 40 in X-Richtung,
d.h. in Richtung des Pfeiles 48 in Fig. 1 entlang der Hauptschneide 30 verfahren wird.
[0065] Das Steuergerät 55 verfährt nun die Abrichtrolle 40 im Eilgang wieder zurück an den
Ausgangspunkt.
[0066] Die auf diese Weise konditionierte Schleifscheibe 12 wird nun zum Hochgeschwindigkeits-Umfangsschleifen
eingesetzt, wobei sich aus den bekannten Beziehungen für das bezogene Zeitspanvolumen
Q'
w ein Wert von 981,05 mm³/mm s ergibt, wobei die Umfangsgeschwindigkeit v
w des Werkstückes bei 2 m/s und demzufolge die Drehzahl n
w des Werkstückes bei 1273,88 U/min. liegt. Daraus ergibt sich die Zustellung pro Durchgang
a
e mit 0,5 mm, woraus folgt, daß bei dem vorgegebenen Aufmaß von 1 mm insgesamt zwei
Durchgänge erforderlich sind.
[0067] Aufgrund der Länge l
N der Nebenschneide von 1,562 mm ergibt sich dann bei den genannten Prozeßparametern
gerade die gewünschte Oberflächengüte.
[0068] Bei der in Fig. 3 gezeigten Variante des Ausführungsbeispiels gemäß Fig. 2 besteht
ein Unterschied insofern, als der Hauptschneidenwinkel κ nicht mehr 90° sondern beispielsweise
45° beträgt, so daß der helikoidale Übergang 66' als schraubenförmig gewundene Konusfläche
entsteht. In diesem Falle hat man durch freie Wahl des Hauptschneidenwinkels α noch
einen dritten Parameter neben l
N und α', um optimale Verfahrensbedingungen zu erzeugen.
[0069] Schließlich zeigt Fig. 4 noch eine weitere Variante, die sich von den bisher geschilderten
dadurch unterscheidet, daß die Schleifscheibenachse parallel zur Werkstückachse verläuft.
Infolgedessen ist die Nebenschneidefläche 63'' eine kreiszylindrische Umfangsfläche.
Die Hauptschneidefläche 62'' kann, wie in Fig. 4 dargestellt, eine konische Fläche
sein, so daß ein Hauptschneidenwinkel α entsteht, der kleiner als 90° ist. Selbstverständlich
kann aber die Hauptschneidefläche bei diesem Ausführungsbeispiel eine radiale, d.h.
ebene, Fläche sein, so daß sich auch hier ein Hauptschneidenwinkel α von 90° einstellen
würde.
[0070] Es versteht sich, daß die vorstehend genannten Ausführungsbeispiele nur eine kleine
Auswahl aus den möglichen alternativen Lösungen darstellen, die im Rahmen der in den
Ansprüchen angegebenen Erfindung realisiert werden können. Es versteht sich ferner,
daß sich die geschilderten Ausführungsbeispiele auf den Fall der Bearbeitung von metallischen
Werkstücken, insbesondere Wellen, Zapfen und dgl., beziehen, durch geeignete Einstellung
der Prozeßgrößen läßt sich jedoch auch eine Anpassung an andere Werkstückarten vornehmen.
[0071] Schließlich ist das erfindungsgemäße Verfahren prinzipiell unabhängig davon, welche
Art von Schleifscheiben verwendet wird. Allerdings ist bei dem angestrebten Hochgeschwindigkeits-Schälschleifverfahren,
bei dem die Differenz von Rohmaß 60 und Fertigmaß 61 in der Größenordnung von einigen
Millimetern liegen kann, eine Schleifscheibe 12 bevorzugt, die zumindest an ihrem
Umfang mit CBN-Kristallen (CBN = cubic boron nitride) versehen ist.