[0001] Die Erfindung betrifft das Beizen von Halbzeugen. In der Stahlindustrie werden u.
a. während der Halbzeugverarbeitung zur Entfernung von Zunder und Rost aus der Metalloberfläche
Naßprozesse, wie z. B. das Beizen, eingesetzt. Für das Stahlbeizen wird bis jetzt
überlicherweise ausschließlich Schwefelsäure und seltener Salzsäure in sehr großen
Mengen verwendet. Das in dieser Branche sehr verbreitete Schwefelsäure-Beizen wird
aus Gründen der niedrigen Betriebskosten gerne eingesetzt. Während dieses Prozesses
entstehen kontinuierlich große Mengen an Eisensulfatlösungen gemäß der Reaktion
Fe⁰ + SO₄→ FeSO₄
Diese verbrauchten Schwefelsäure-Beizlösungen mit einem Eisengehalt von ca. 100-150
g/l, die allgemein unter dem Namen "Grünsäure" bekannt sind, müssen in der Nordsee
verklappt oder auch durch kostenintensive Behandlung entsorgt werden.
[0002] Es gibt heute grundsätzlich zwei Entsorgungsmethoden dieser Beizrückstände. Das
erste Verfahren ist die Neutralisation mit Kalk, wobei gemäß der Reaktion
FeSO₄ + Ca(OH)₂→ Fe(OH)₂ + CaSO₄
große Mengen an Eisenhydroxiden und Gips entstehen, die schließlich auf Sondermülldeponien
gebracht werden. Beim Beizen von einer Tonne Stahl fallen rund 50 kg Eisensulfat an,
wovon während der Neutralisation ca. 80 kg Eisenhydroxide und 120 kg Gips entstehen.
Wenn man bedenkt, daß in Deutschland jährlich Millionen Tonnen Stahl gebeizt werden,
erkennt man sofort die Größe dieser Abfallhalde.
[0003] Das zweite Entsorgungsverfahren, das noch kostenintensiver ist und selten eingesetzt
wird, ist das Verarbeiten der verbrauchten Beizlö sungen durch Ausfrieren zum sogenannten
Eisenvitriol, das reines Eisensulfatpulver darstellt. Der Bedarf in der Industrie
an diesem Produkt ist jedoch so gering, daß die Stahlwerke die teuer hergestellte
Chemikalie kostenlos abgeben. Wenn aufgrund der gesetzlichen Auflagen alle Stahlwerke
mit Ausfrierungsanlagen ausgestattet werden, wird man den Abfall aufgrund des Mangels
an Abnehmern nicht in flüssiger, sondern in pulvriger Reinstform haben.
[0004] Ähnliche Probleme treten beim Salzsäurebeizen auf. Die gemäß der Reaktion
Fe⁰ + 2 Cl⁻→ FeCl₂
entstehenden Eisenchloride werden praktisch ausschließlich neutralisiert und enden
ebenfalls in Form von Eisenhydroxiden auf Sondermülldeponien.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, das Beizen von Halbzeugen wirtschaftlicher
und insbesondere umweltkonformer durchzuführen.
[0006] Zur Lösung dieser Aufgabe lehrt die Erfindung die Verwendung einer sauren Eisen(III)-chlorid-Lösung
zum Beizen von Halbzeugen, Vorzugsweise ist diese Lösung durch Zugabe von Salzsäure
auf eine HCl-Konzentration von 0,5 bis 2 mol/dm³ Lösung, insbesondere 1,0 mol/dm³
Lösung eingestellt. Außerdem empfiehlt sich die Verwendung mit bis 45 Gew.-%, insbesondere
40 Gew.-% FeCl₃.
[0007] Die Erfindung geht hierbei von der Erkenntnis aus, daß die bisher nur zum Ätzen von
Metallen eingesetzten Eisen(III)-chlorid-Lösungen grundsätzlich auch zum Beizen eingesetzt
werden können und dabei überraschend gute Ergebnisse zeigen. Daß entsprechende Maßnahmen
bisher nicht versucht worden sind, ist vermutlich auf die bisher zu hohen Anschaffungskosten
bzw. wenig wirksamen bzw. gefährlichen Regenerierungsmöglichkeiten zurückzuführen.
Diese Hinderungsgründe konnten jedoch jetzt beseitigt werden. Gegenstand der Erfindung
ist insoweit die bevorzugte Verwendung von Eisen(III)-chlorid-Lösungen, die zumindest
teilweise durch elektrolytische Regeneration zumindest teilweise verbrauchter Eisen(III)-chlorid-Beizlösung
erhalten worden sind.
[0008] Im folgenden wird die Erfindung näher erläutert:
[0009] Ein wichtiger Teil eines abwasserfreien und somit gesetzeskonformen Systems ist der
Einsatz einer Dampfspülkammer oder Kaskadenpülsektion, die für eine besonders kleine
Spülwassermenge sorgt. Diese Spülwasser werden nämlich im Prozeß weiterverarbeitet.
Der wichtigste Bestandteil des neuen Beizsystems ist jedoch die Anlage zur kontinuierlichen
Regeneration der Beizlösung. Während des Stahlbeizens entstehen aus Eisen(III)-chlorid
und Eisenoxiden sowie metallischen Eisen gemäß der Reaktion
Fe⁰ + 2 Fe⁺³ + 6Cl⁻→ 3 Fe⁺² + 6 Cl⁻
kontinuierlich Eisen(II)-Ionen, die ebenfalls kontinuierlich zu Eisen(III)-Ionen oxidiert
werden müssen, wobei jede chemische Umwandlung, wie z. B. mit Wasserstoffperoxid
und Salzsäure, aufgrund des sehr großen Chemikalienbedarfs ausgeschlossen wäre. Das
Durchlaufverfahren zur kontinuierlichen Regeneration von Eisenchloridlösungen basiert
auf der anodischen Oxidation von Eisen(II)-Ionen zu Eisen(III)-Ionen gemäß der Reaktion
Fe⁺² - e⁻→ Fe⁺³
in einer Reihe von Anolytzellen, die von Kathoden mittels anionper meablen Ionenaustauschermembran
abgetrennt sind. Als Katholyt wird eine mit Salzsäure angesäuerte Natriumchloridlösung
eingesetzt. Während der Kathodenreaktion gemäß der Reaktion
2 H₃O⁺ + 2 e⁻ → H

↑ + 2 H₂O
entsteht aus den dissoziierten Salzsäure zugehörigen Hydroniumionen freies Wasserstoffgas.
Der Stromfluß in beiden Elektrolyten erfolgt durch die Bewegung von Chloridionen
aus dem Katholyten in den Anolyt bzw. die Eisenchloridlösung, wo sie mit dem gemäß
der oben stehenden Reaktion entstehenden Eisen(III)-Ionen das dissoziierte Eisen(III)-chlorid
bilden, was mit der summarischen Reaktion
Fe⁺³ +3 Cl⁻ (aus Katholytlsg.)→ FeCl₃
dargestellt werden kann. Der anodische Oxidationsprozeß wird mittels Messung von Reduktions-
und Oxidationspotential der Eisenchloridlösung überwacht und geregelt.
[0010] Während des Beizens findet eine Metallauflösung in der Prozeßlösung statt, was die
Steigerung der Dichte ender Eisenchloridlösung zur Folge hat. Diese Dichteänderung
wird in einem elektromechanischen Dichteregler erfaßt und mit den Spülwässern automatisch
korrigiert. Somit wird während des Beizens eine neue Eisenchloridlösung, die im Sammelbehälter
aufgefangen wird, hergestellt. diese Eisen(III)-chlorid-Lösung, die eine marktübliche
Konzentration von 40 Gew.-% aufweist, ist ein Wirtschaftsgut und kann an Metallätzwerke
zur Herstellung von Ätzformteilen oder Leiterplatten sowie an industrielle und kommunale
Kläranlagen zur Schlammkonditionierung verkauft werden. Bei einem derzeitigen Eisen(III)-chlorid-preis
von rund DM 200,--/Tonne ist das ein interessanter Kostenfaktor.
[0011] Die Vorteile dieser Handhabung sind zu sehen in dem umweltkonformen Kreislaufprozeß,
weil keine Spülwässer anfallen, der gleichmäßigen Beizgeschwindigkeit, die eine sprunghafte
Erhöhung der Produktqualität und Steigerung der Kapazitäten der bestehenden Beizanlagen
(im Vergleich zum Schwefelsäurebeizen) bewirkt, den geringen Betriebskosten (Energieverbrauch
ca. 4 kWh/kg Fe⁺²→ Fe⁺³), Ertrag aus gewonnener Eisen(III)-chlorid-Lösung, der Unabhängigkeit
von Altlösungsentsorgungen und der damit einhergehenden erhöhten Produktionssicherheit
und schließlich und endlich der fehlenden Emmission von Salzsäuredämpfen (erhöhte
Ergonomie der Arbeitsplätze).
[0012] Gegenstand der Erfindung ist ferner eine Vorrichtung zum kontinuierlichen elektrolytischen
Regenerieren einer zumindest teilweise verbrauchten, insbesondere einer zum Beizen
von Metallen eingesetzten Eisen(III)-chlorid-Lösung, bestehend aus einem Elektrolysezellenbehälter,
der mit Hilfe wenigstens einer Ionenaustauschermembran in einen mit einem Katholyten
gefüllten Katholytraum mit wenigstens einer Kathode und in wenigstens einen mit der
Eisen(III)-chlorid-Lösung als Anolyten gefüllten Anolytraum mit jeweils einer Anode,
einer kontinuierlich auch teilweise verbrauchte Lösung zuführenden Zuleitung und einer
kontinuierlich regenerierte Lösung abführenden Rückführleitung unterteilt ist. Diese
Vorrichtung ist dadurch gekennzeichnet, daß die Ionenaustauschermembran jeweils aus
einer 0,05 bis 0,50 mm starken Trägerfolie aus Polyester, Poläthylen oder Polyvinylchlorid
mit aufgebrachtem Austauscherharz besteht.
[0013] Für die weitere Ausgestaltung bestehen auch hier mehrere Möglichkeiten. So ist das
Trägerfolienmaterial vorzugsweise fluorisiert. Das aufgebrachte Austauscherharz besteht
nach einer bevorzugten Ausführungsform aus Vinylpyridiniumhalogenid, insbesondere
-bromid. Besonders geeignet sind solche Ionenaustauschermembranen, sofern sie einen
spezifischen elektrischen Widerstand von höchstens 7 Ohm/cm², eine Selektivität von
65 bis 90 % (0,5 N KC1) und eine Transportzahl t_ von 0,75 bis 0,85 aufweisen. Ionenaustauschermembranen
mit den genannten Eigenschaften sind für andere Einsatzgebiete handelsüblich. Nach
einer bevorzugten Ausführungsform besteht der Katholyt aus einer sauren Alkalimetallchloridlösung,
die mittels einer pH-Meßeinrichtung, welche mit einer Salzsäuredosierpumpe gekoppelt
ist, in einem pH-Bereich von 0,5 bis 6,5 kontinuierlich konstant gehalten wird. Fernerhin
sollte die Anordnung so getroffen sein, daß die gebeizten nichteisenhaltigen Metalle
durch die Ionenaustauschermembran in die Katholytlösung überführbar sind, aus der
sie durch periodische pH-Wert-Erhöhung, Ausfällung und Abfiltration selbsttätig entfernbar
sind.
[0014] Die Erfindung beruht der Erkenntnis, daß die genannten Ionenaustauschermembranen
für die Regenerierung zumindest teilweise verbrauchter Lösungen praktisch ideal sind.
Unkontrollierbare Katholyt/Anolyt-Vermischungen sind nicht mehr möglich. Zufolge des
niedrigen spezifischen elektrischen Widerstandes der Ionenaustauschermembran ist
ein geringer Spannungsabfall und somit Energieverbrauch gewährleistet. Entsorgungstechnisch
problematische Abfälle fallen nicht an. Gelöste, nichteisenhaltige Metallionen werden
durch die Membran in den Katholyten überführt, aus dem sie problemlos entfernt werden,
die regenerierte Lösung wird insoweit nicht aufgesättigt.
[0015] Im folgenden wird die Vorrichtung anhand einer ein Ausführungsbeispiel darstellenden
Schemazeichnung erläutert.
[0016] Die in der einzigen Figur in Aufsicht dargestellte Vorrichtung dient zum kontinuierlichen
elektrolytischen Regenerieren einer zumindest teilsweise verbrauchten Ätzlösung in
Form einer zum Ätzen von Metallen eingesetzten Eisen-(III)-chlorid-Lösung und besteht
in ihrem grundsätzlichen Aufbau aus einem Elektrolysezellenbehälter 1. In diesem Behälter
1 sind drei Anolytzellen 2 eingesetzt, in denen Anoden 3 aus kunststoffimprägniertem
Graphit angebracht sind. Zwischen den Anolytzellen 2 befinden sich in einem gemeinsamen
Katholytraum 4 Kathoden 5. In den Wänden der Anolytzellen 2 sind Ionenaustauschermembranen
6 so angebracht, daß sie den Anolytraum 7 vom Katholytraum 4 absolut dicht trennen.
Diese Ionenaustauschermembranen 6 bestehen jeweils aus einer etwa 0,2 mm starken
Polytetrafluoräthylenfolie mit aufgepfropftem quaternarisierten Vinylpyridiniumbromid.
Der Katholytraum 4 ist mit einer Alkalimetallchloridlösung gefüllt, die über die Leitungen
8 in einem Kreislauf mittels einer Pumpe 11 geführt ist. Der Pumpe 11 nachgeschaltet
ist ein Wärmetauscher 12, zum ggf. erforderlichen Kühlen der Lösung. Der pH-Wert
der Katholytlösung wird mittels einer Meßeinrichtung 14, die selbsttätig eine Salzsäuredosierpumpe
13 ansteuert, kontinuierlich geregelt und somit auf einem gewünschten Niveau gehalten.
Der hinter die Meßeinrichtung 14 geschaltete Filter 15 dient der Trennung der ausgefällten
Metallhydroxide. In die Anolyträume 7 wird über Zuleitungen 9 die zu regenerierende
Lösung gleichmäßig eingeführt. Nach der anodischen Oxidation des Eisen(II) zu Eisen(III)
wird das aufbereitete Ätzmedium über eine Rückführleitung 10 in eine nicht dargestellte
Beizmaschine oder einen Lagertank rückgeführt.
1. Verfahren zum Beizen von Halbzeugen, dadurch gekennzeichnet, daß man eine saure Eisen(III)-chlorid-Lösung verwendet.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Eisen(III)-chlorid-Lösung
durch Zugabe von Salzsäure auf eine HCl-Konzentration von 0,5 bis 2 mol/dm³ Lösung,
insbesondere 1,0 mol/dm³ Lösung eingestellt ist.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Eisen(III)-chlorid-Lösung
bis 45 Gew.-%, insbesondere 40 Gew.-% FeCl₃ enthält.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Eisen(III)-chlorid-Lösung
zumindest teilweise durch elektrolytische oder chemische Regeneration zumindest teilweise
verbrauchter Eisen(III)-chlorid-Beizlösung erhalten worden ist.
5. Vorrichtung zum kontinuierlichen elektrolytischen Regenerieren einer zumindest
teilweise verbrauchten, insbesondere einer zum Beizen von Metallen nach Anspruch 4
eingesetzten, sauren Eisen(III)-chlorid-Lösung, bestehend aus einem Elektrolysezellenbehälter,
der mit Hilfe wenigstens einer Ionenaustauschermembran in einen mit einem Katholyten
gefüllten Katholytraum mit wenigstens einer Kathode und in wenigstens einen mit der
Eisen(III)-chlorid-Lösung als Anolyten gefüllten Anolytraum mit jeweils einer Anode,
einer kontinuierlich zumindest teilweise verbrauchte Lösung zuführenden Zuleitung
und einer kontinurierlich regenerierte Lösung abführenden Rückführleitung unterteilt
ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Ionenaustauschermembran (6) jeweils aus einer
0,05 bis 0,50 mm starken Trägerfolie aus Polyester, Polyäthylen oder Polyvinylchlorid
mit aufgebrachtem Austauscherharz besteht.
6. Vorrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Trägerfolienmaterial
fluorisiert ist.
7. Vorrichtung nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß das aufgebrachte
Austauscherharz aus Vinylpyridiniumhalogenid besteht.
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 5 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die
Ionenaustauschermembran (6) einen spezifischen elektrischen Widerstand von höchstens
7 Ohm/cm², eine Selektivität von 65 bis 90 % (0,5 n KCl) und eine Transportzahl t_
von 0,75 bis 0,85 aufweist.
9. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 5 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß der
Katholyt aus einer sauren Alkalimetallchloridlösung besteht, die mittels einer pH-Meßeinrichtung
(14), welche mit einer Salzsäuredosierpumpe (13) gekoppelt ist, in einem pH-Bereich
von 0,5 bis 6,5 kontinuierlich konstant gehalten wird.
10. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 5 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß die
gebeizten, nichteisenhaltigen Metalle durch die Ionenaustauschermembran (6) in die
Katholytlösung überführbar sind, aus der sie durch periodische pH-Wert-Erhöhung, Ausfällung
und Abfiltration selbsttätig entfernbar sind.