[0001] Gegenstand der Erfindung ist die Herstellung eines hochanisotropen Vorprodukts für
Kohlenstoffasern aus Steinkohlenteerpech.
[0002] Die Herstellung von Kohlenstoffasern aus Steinkohlenteerpech ist an sich bekannt.
Aufgrund der geringeren Rohstoffkosten und der höheren Ausbeuten ist zu erwarten,
daß die daraus hergestellten Fasern sich zu niedrigeren Kosten als solche aus Polyacrylnitril
herstellen lassen. Aus isotropen Pechen ist es jedoch nicht möglich, hochfeste Kohlenstoffasern
wie aus Polyacrylnitril zu erzeugen, die eine Zugfestigkeit von mehr als 2 GPa bei
einer Bruchdehnung von mehr als 1 % haben. Hierfür sind nur anisotrope Peche geeignet.
Aus diesem Grunde werden weltweit intensive Forschungsarbeiten zur Entwicklung solcher
Peche durchgeführt.
[0003] Ein derartiges Pech hat flüssigkristalline Eigenschaften, insbesondere eine geordnete
Anordnung von großen planaren aromatischen Molekülen unter Beibehaltung der Fluidität.
Derartige Peche werden als 'Mesophasenpeche' bezeichnet, wobei neben der überwiegenden
anisotropen Phase auch eine isotrope Phase vorhanden sein kann. Die Beurteilung der
Anisotropie erfolgt durch Betrachtung der angeschliffenen Pechoberfläche mit dem Polarisationsmikroskop.
[0004] Neben der Anisotropie sollte ein zur Herstellung von hochfesten Kohlenstoffasern
geeignetes Pech folgende Eigenschaften aufweisen:
- Möglichst niedriger Gehalt an Feststoffpartikeln zur Vermeidung von Fehlstellen
in der Faser;
- niedrige Fließtemperatur zur Vermeidung von Polymerisation während der Verarbeitung;
- hoher Kohlenstoffgehalt, Verkokungsrückstand und niedriger Flüchtigengehalt zur
Erzielung einer hohen Ausbeute und Vereinfachung der Verspinnung, Stabilisierung und
Carbonisierung;
- niedriger Gehalt an in Chinolin unlöslichen Bestandteilen bei hohem Gehalt an in
Toluol unlöslichen Bestandteilen (hohe ß-Spanne = TI - QI).
[0005] Es ist offensichtlich, daß eine gezielte Raffination des Vielstoffgemisches Pech
erforderlich ist, um ein derartiges Eigenschaftsprofil zu erreichen.
[0006] Die sorgfältige Abtrennung der im Pech vorhandenen Feststoffpartikel ist unabdingbar
und gehört zum bekannten Stand der Technik.
[0007] Aus der Literatur ist bekannt, daß die direkte Erzeugung von Mesophasenpechen aus
filtrierten Steinkohlenteer- oder Petrolpechen durch thermische Behandlung nur zu
mäßigen Ergebnissen führt:
[0008] Bei zu kurzer Behandlungszeit ist ein hoher isotroper Anteil vorhanden, wodurch die
Ausbeute verringert und die Faserfestigkeit beeinträchtigt wird. Bei weitergehender
Behandlung bilden sich aus den hochmolekularen Pechbestandteilen unschmelzbare Partikel,
welche die Verspinnung erschweren und die Faserqualität verschlechtern.
[0009] Eine Pechfraktionierung mit dem Ziel einer Einengung der Molekulargewichtsverteilung
wurde in zahlreichen Veröffentlichungen beschrieben.
[0010] Ausgehend von einem Weichpech werden bei dem Verfahren nach der EP 0 17 29 55 A1(1)
in einer ersten thermischen Behandlung Mesophasen gebildet und durch eine Extraktion
mit einem aromatischen Lösemittel mit anschließender Filtration die gebildeten unlöslichen
Pechbestandsteile abgeschieden. Das Filtrat wird destillativ aufgearbeitet, um das
Lösemittel abzutrennen, und einer zweiten thermischen Behandlung unterworfen, wodurch
ein hochanisotropes Pech für die Kohlenstoffaser-Herstellung erzeugt wird, das jedoch
einen hohen Fließpunkt und einen hohen Gehalt an Chinolinunlöslichem hat. Die Festigkeitseigenschaften
der carbonisierten Faser sind nicht ausreichend.
[0011] Ein anderer Weg zur Herstellung von verspinnbarem Mesophasenpech beinhaltet die Pechhydrierung.
In dem Verfahren nach der DE 3 33 05 75 C2(2) wird Pech mit einem Hydriermittel, z.
B. Tetrahydrochinolin, hydriert und nach Filtration und destillativer Abtrennung des
Lösemittels zur Mesophasenerzeugung unter Vakuum thermisch behandelt.
[0012] Durch diese Maßnahme wird der Fließpunkt gesenkt und die Festigkeitseigenschaften
der bei 1500 °C carbonisierten Faser werden verbessert.
[0013] Ein komplexerer Prozeß zur Spinnpecherzeugung wird in der EP 0 24 75 65 A1(3) beschrieben:
[0014] Aus Steinkohlenteer werden nach Extraktion mit Xylol Unlösliche abfiltriert. Die
lösliche Fraktion wird einer Wärme-Druck-Behandlung unterzogen, zur destillativen
Abtrennung von Niedrigmolekularen geflasht und die schwere Phase wird hydriert. Nach
destillativer Abtrennung des Hydriermittels erfolgt die Mesophasenerzeugung durch
thermische Behandlung.
[0015] Nachteilig bei den beiden letzten Verfahren zur Spinnpecherzeugung ist der hohe technische
Aufwand durch die für die Pechhydrierung erforderlichen hohen Drücke und Temperaturen.
Insbesondere das letzte Verfahren mit zusätzlicher Wärme-Druck-Behandlung, Flashung
und Destillation ist aufwendig und kann den Kostenvorteil, der durch den billigen
Rohstoff gegeben ist, wieder aufheben.
[0016] Die Eigenschaften der nach den beispielhaft ausgewählten Patenten hergestellten Spinnpeche
und carbonisierten Pechfasern sind aus Tabelle 1 ersichtlich:
Tabelle 1
|
|
Verfahren nach |
|
|
(1) |
(2) |
(3) |
Spinnpech-Eigenschaften |
|
|
|
|
Fließpunkt |
|
350 |
330 |
316 |
optishe Anisotropie |
Vol.-% |
94 |
100 |
90 |
Toluol-Unlösliche |
Gew.-% |
93.7 |
85 |
95,5 |
Chinolin-Unlösliche |
Gew.-% |
45 |
45 |
16 |
Kohlenstoffaser-Eigenschaften |
|
|
|
|
Zugfestigkeit |
GPa |
1,3 |
2,76 |
2,67 |
Elastizitätsmodul |
GPa |
86 |
196 |
153 |
Carbonisierungs-Endtemperatur |
°C |
1000 |
1500 |
1000 |
[0017] Aus dem Stand der Technik ist ersichtlich, daß es bisher nur mit hydrierten Pechen
gelungen ist, carbonisierte Pechfasern mit einer Zugfestigkeit von mehr als 2 GPa
und einer Bruchdehnung von mehr als 1 % herzustellen.
[0018] Es bestand daher die Aufgabe, ein einfacheres Verfahren zur Herstellung eines anisotropen
Pechs ohne Hydrierung zu entwickeln, aus dem Fasern gesponnen werden können, die nach
der Carbonisierung eine Zugfestigkeit von mehr als 2 GPa bei einer Bruchdehnung von
mehr als 1 % haben.
[0019] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß ein Steinkohlenteerpech in einem
Temperaturbereich von 330 bis 400 °C 8 bis 12 Stunden mit 1 bis 10·10⁻³ kg/kgPech·h
eines sauerstoffhaltigen Gases verblasen und anschließend mit einem Pechlösemittel
extrahiert wird, und die lösliche Pechfraktion nach der destillativen Abtrennung des
Lösemittels mit einer Aufheizgeschwindigkeit von 1 bis 50 K/min unter einem Druck
von 0,5 bis 50 mbar bis auf eine Temperatur zwischen 400 und 480 °C erhitzt wird,
wobei die Endtemperatur bis zu 50 min gehalten wird.
[0020] Das Verblasen von Steinkohlenteerpech mit Luft ist an sich bekannt. Es dient dazu,
den Erweichungspunkt und den Verkokungsrückstand zu erhöhen. Das so behandelte Pech
wird beispielsweise als Einsatzprodukt für die Pechverkokung in Horizontalkammeröfen
verwendet. Es ist auch vorgeschlagen worden, Steinkohlenteerpech zu filtrieren, mit
Luft zu verblasen und anschließend zu verspinnen (Fuel, 1981, Vol 60, S. 848-850)
Auch hier hat das Verblasen den Zweck, den Erweichungspunkt zu erhöhen, damit die
Pechfaser bei der weiteren Behandlung nicht klebt. Außerdem ist das erhaltene Pech
isotrop und daher nicht zur Erzeugung hochfester Fasern geeignet.
[0021] Unter Steinkohlenteerpech wird der Rückstand aus der destillativen Aufarbeitung von
Hochtemperatur-Steinkohlenteer verstanden, vorzugsweise ein Steinkohlenteernormalpech
mit einem Erweichungspunkt (Kraemer-Sarnow) von etwa 70 °C. Als Lösemittel können
alle Pechlösemittel verwendet werden, die in ihrem Löseverhalten Pyridin, Chinolin
oder Anthracenöl entsprechen.
[0022] Die Erfindung wird anhand des nachstehenden Beispiels näher erläutert:
Beispiel
[0023] In einer beheizten Retorte werden 500 kg Steinkohlenteerpech mit einem Erweichungspunkt
(Kraemer-Sarnow) von 70 °C unter Rühren auf 335 °C erhitzt und 10 Stunden mit 6·10⁻³
kg Luft/kgPech·h verblasen, bis die Temperatur auf 393 °C angestiegen ist. Die Luft
wird dabei über Rohre, die kurz über dem Retortenboden enden, in das flüssige Pech
gedrückt.
[0024] Das so verblasene Pech hat folgende Stoffdaten:
Fließpunkt |
160 °C |
Toluol-Unlösliche |
52 Gew.-% |
Chinolin-Unlösliche |
21 Gew.-% |
Verkokungsrückstand (Alcan) |
68 Gew.-% |
Asche (900 °C) |
0,2 Gew.-% |
[0025] Das verblasene Pech wird gemahlen und 1 Gew.-Teil Pech in 2 Gew.-Teilen Chinolin
bei 180 °C unter Rühren gelöst. Nach etwa 2 Stunden werden die nicht gelösten Bestandteile
des Pechs durch Sedimentation von den löslichen Bestandteilen abgetrennt. Die flüssige
Phase wird abgesaugt und über ein Sintermetallfilter (Porenweite: 1 µm) gefiltert,
um auch feinste Feststoffpartikel abzuscheiden. Das Chinolin wird unter einem Druck
von 200 mbar bis zu einer Sumpftemperatur von 300 °C aus der Pech-Lösung abdestilliert.
[0026] Die verbleibende Pechfraktion hat folgende Stoffdaten:
Fließpunkt |
|
170 °C |
Toluol-Unlösliche |
|
46 Gew.-% |
Chinolin-Unlösliche |
weniger als |
1 Gew.-% |
Verkokungsrückstand (Alcan) |
|
65 Gew.-% |
Asche (900 °C) |
|
Spurren |
[0027] Die Pechfraktion wird unter einem Druck von 5 mbar in 60 Minuten von 250 auf 440
°C erhitzt und die Endtemperatur 20 Minuten lang gehalten.
[0028] Das so erzeugte Mesophasenpech hat folgende Eigenschaften:
Fließpunkt |
|
320 °C |
optische Anisotropie |
mehr als |
90 Vol.-% |
Toluol-Unlösliche |
|
85 Gew.-% |
Chinolin-Unlösliche |
|
18 Gew.-% |
Verkokungsrückstand (Alcan) |
|
94 Gew.-% |
Druckfiltertest (1 µm) |
|
praktisch keine unschelzbaren Partikel vorhanden |
[0029] Das Mesophasenpech läßt sich bei 380 °C verspinnen, ohne daß Fadenbrüche auftreten.
Die Pechfasern werden bis zu einer Temperatur von 350 °C in Luft stabilisiert und
anschließend bis 1200 °C carbonisiert. Die so erhaltenen Kohlenstoffasern sind durch
folgende Daten charakterisiert:
Durchmesser |
9-10 µm |
Zugfestigeit |
2,4 GPa |
Elastizitätsmodul |
210 GPa |
[0030] Die Festigkeitseigenschaften übertreffen die der aus zweifach thermisch behandeltem
Pech gewonnenen Fasern (EP 0 17 29 55 A1) und entsprechen etwa denen der aus hydriertem
und thermisch behandelten Pechen erzeugten Fasern.
[0031] Der Einfluß des Verblasens auf die Pech- und Fasereigenschaften zeigt das folgende
Vergleichsbeispiel :
Vergleichsbeispiel
[0032] Das gleiche Ausgangspech wie im Beispiel wird nach Zudosieren von Filterhilfsmitteln
bei 270 °C filtriert. Das Filtrat hat folgende Eigenschaften:
Erweichungspunkt (Kraemer-Sarnow) |
|
70 °C |
Toluol-Unlöslische |
|
22 Gew.-% |
Chinolin-Unlösliche |
weniger als |
0,1 Gew.-% |
Asche |
|
Spuren |
[0033] Das filtrierte Pech wird unter gleichen Bedingungen wie im Beispiel thermisch behandelt.
Um eine optische Anisotropie von mindestens 90 Vol.-% zu erhalten, muß die Endtemperatur
auf 465 °C und die Haltezeit auf 30 Minuten erhöht werden. Das so erzeugte Mesophasenpech
hat folgende Eigenschaften:
Fließpunkt |
340 °C |
optische Anisotropie |
90 Vol.-% |
Toluol-Unlösliche |
88 Gew.-% |
Chinolin-Unlösliche |
51 Gew.-% |
Verkokungsrückstand (Alcan) |
95 Gew.-% |
Filtertest (1 µm) |
0,5 Gew.-% |
|
unschmelzbarer Partikel |
[0034] Das Mesophasenpech kann erst bei 405 °C versponnen werden. Es treten häufig Fadenbrüche
auf. Die Standzeit der vor den Spinndüsen angeordneten Filterelemente ist gering.
[0035] Die bis 1200 °C carbonisierten Kohlenstoffasern lassen sich durch folgende typische
Eigenschaften charakterisieren:
Durchmesser |
9-11 µm |
Zugfestigkeit |
1,6 GPa |
Elastizitätsmodul |
230 GPa |
[0036] Die Zugfestigkeit entspricht also der aus zweifach thermisch behandelten Pechen.
Die Bruchdehnung liegt jedoch unter 1 %.
[0037] Der Vergleich der Analysendaten zeigt deutlich, daß durch das Verblasen mit Luft
als Vorbehandlung des Peches die Mesophasenbildung günstig beeinflußt wird. Das Mesophasenpech
nach der Erfindung hat bei höherer Anisotropie überraschenderweise einen geringeren
Fließpunkt und einen niedrigeren Gehalt an Chinolin-Unlöslichen. Dadurch wird das
Verspinnen vereinfacht und die Festigkeitseigenschaften der carbonisierten Faser erheblich
verbessert.
1. Verfahren zur Herstellung eines anisotropen Pechs für die Erzeugung von Kohlenstoffasern,
dadurch gekennzeichnet, daß ein Steinkohlenteerpech in einem Temperaturbereich von 330 bis 400 °C 8 bis 12
Stunden mit 1 bis 10·10⁻³ kg/kgPech·h eines sauerstoffhaltigen Gases verblasen und
anschließend mit einem Pechlösemittel extrahiert wird, und die lösliche Pechfraktion
nach der destillativen Abtrennung des Lösemittels mit einer Aufheizgeschwindigkeit
von 1 bis 50 K/min unter einem Druck von 0,5 bis 50 mbar bis auf eine Temperatur zwischen
400 und 480 °C erhitzt wird, wobei die Endtemperatur bis zu 50 min gehalten wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Steinkohlenteerpech ein Rückstand aus der destillativen Aufarbeitung eines
Hochtemperaturteeres ist mit einem Erweichungspunkt (Kraemer-Sarnow) von etwa 70 °C.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß als Pechlösemittel Pyridin, Chinolin oder Anthracenöl verwendet wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das sauerstoffhaltige Gas Luft ist.