[0001] Die Erfindung bezieht sich auf die Verwendung einer Plasma-Vorbehandlung zur Erhöhung
der Haftfähigkeit einer nachfolgend aufzubringenden zweiten Lackschicht.
[0002] Plasma-Behandlungen zur Erzeugung eines haftfähigen Untergrundes sind bereits seit
einiger Zeit bekannt. Sie werden angewandt, um insbesondere auf Polyolefinbasis hergestellte
Kunststoffe zu lackieren, zu bedrucken oder einen Haftgrund für eine nachfolgende
Verklebung zu schaffen. Ein solches Verfahren ist beispielsweise in der DE-OS 36 38
719 beschrieben.
[0003] Die Plasma-Behandlung Läßt sich beispielsweise im sogenannten Niederdruck-Plasma
durchführen. Gemäß diesem Verfahren werden die zu behandelnden Teile in eine Vakuumkammer
gebracht und dort einem Prozeßgas ausgesetzt. Dieses Prozeßgas kann beispielsweise
Stickstoff, Sauerstoff oder ein Edelgas sein. Das Prozeßgas wird einem hochfrequenten
Spannungsfeld ausgesetzt, wodurch eine Ionisierung des Prozeßgases eintritt. In dem
durch die Ionisation entstandenen Plasma reagieren die Ionen und Radikale sowie ultraviolette
Strahlung mit der Oberfläche des zu behandelnden Teiles, wodurch - abhängig von der
verwendeten Art des Prozeßgases - ein Abtrag dünner Schichten oder eine Vernetzung
der Moleküle an der Oberfläche des Werkstückes erfolgt. Diese Umwandlung verbessert
die Benetzbarkeit der Oberfläche, so daß die Haftungsfähigkeit einer darauf aufgebrachten
Schicht verbessert wird.
[0004] Bekannt ist auch die sogenannte Corona-Vorbehandlung von Kunststoffen, insbesondere
von Folien und Formteilen aus Kunststoffen. Bei der Corona-Behandlung wird ein hochgespanntes
Feld erzeugt und mittels einer Elektrode eine Corona-Funkenentladung zum Werkstück
hin erzeugt. Das entstehende Plasma wird auf die Oberfläche des zu behandelnden Werkstücks
übertragen und führt bei dieser zu einer Erhöhung der Benetzbarkeit.
[0005] Gegenüber der erstgenannten Plasma-Behandlung hat die Corona-Behandlung den Vorteil,
daß kein Vakuumbehälter notwendig ist. Es lassen sich deshalb durch die Corona-Behandlung
ohne aufwendige Einrichtungen auch große Werkstücke oder nur Bereiche derselben behandeln.
Bei den bekannten Corona-Vorbehandlungsanlagen wird durch manuelles oder automatische
Entlangführen der Elektrode an dem Werkstück die Behandlung durchgeführt. Die Elektrode
strahlt frei ab, so daß eine masseführende Gegenelektrode nicht notwendig ist.
[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine neue Verwendung für derartige Plasma-Vorbehandlungen
aufzuzeigen.
[0007] Die neue Verwendung besteht darin, daß die Plasma-Vorbehandlung an Bauteilen durchgeführt
wird, die bereits lackiert sind und für die die Haftfähigkeit der Lackoberfläche
für eine nachfolgend aufzubringende zweite Lackschicht verbessert werden soll.
[0008] Die bekannten Plasma-Vorbehandlungen werden fast ausschließlich zur Behandlung von
Kunststoffen eingesetzt, um eine gute Haftung von Farben, Lacken, Klebern oder Schäumen
zu gewährleisten. In Sonderfällen ist bereits auch eine Metallbehandlung durchgeführt
worden.
[0009] Um Lackschichten für eine nachfolgende weitere Lackierung haftfähiger zu machen wird
gewöhnlich ein Schleifen oder der Auftrag eines Haftvermittlers durchgeführt. In den
meisten Fällen wird das Schleifen als bewährte und wirtschaftliche Arbeitsmethode
bevorzugt. Ein Haftvermittler wird deshalb oft nur noch dann eingesetzt, wenn die
zu behandelnden Stellen für das Schleifen schwer zugänglich sind oder das zu behandelnde
Bauteil bereits montiert ist und für das Schleifen eigens demontiert werden müßte.
Schließlich können profilierte oder genarbte Oberflächen nicht durch Schleifen, sondern
nur durch einen Haftvermittler behandelt werden, wenn die Oberflächenstruktur erhalten
bleiben soll.
[0010] Aufwendig ist das Schleifen von beispielsweise aus weichem Polyurethanschaum bestehenden
Werkstücken, da das Werkstück beim Schleifen leicht eingedrückt werden kann. Erschwerend
kommt hinzu, daß für derartige Werkstücke hochelastische Lacke verwendet werden müssen,
die einerseits schwer zu schleifen sind, andererseits jedoch ohne das Schleifen der
Erstlackierung die erforderliche Haftung für die Zweitlackierung unzureichend ist.
Dies gilt besonders, wenn für die Zweitlackierung ein Metallic-Lack verwendet werden
soll.
[0011] Einige Lacksysteme mit ausgezeichneter Bewitterungsstabilität, die besonders kratz-
und waschanlagenfest sind, konnten bisher nicht eingesetzt werden, da der Oberflächenspannungs-Unterschied
der vernetzten und der darauf aufgetragenen Naßlackschicht der Zweitlackierung so
groß ist, daß keine Benetzung gegeben ist. Nur durch sehr intensives, sogenanntes
"Matt-Schleifen" kann dieser Nachteil annähernd beseitigt werden. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen
kann das Schleifen jedoch meist nicht durchgeführt werden, so daß diese Lacksysteme
nur selten zum Einsatz gelangen.
[0012] Durch die Verwendung einer Plasma-Vorbehandlung für lackierte Bauteile zur Erhöhung
der Haftfähigkeit einer nachfolgend aufzubringenden zweiten Lackschicht werden die
vorstehend genannten Nachteile des Schleifens und diejenigen der herkömmlichen Haftvermittler
vermieden und der Einsatz von beliebigen Lacksystemen bei Gewährleistung der erwünschten
Haftung möglich.
[0013] Vorteilhaft sollte die Plasma-Vorbehandlung dort eingesetzt werden, wo das Schleifen
nicht möglich ist, wo der Auftrag des Haftvermittlers im Fertigungsablauf erschwert
ist (Spritzanlagen, Abdeckung der nichtzubehandelnden Teile), wo neue Lacksysteme
aus Wirtschaftlichkeitsgründen bisher nicht eingesetzt werden konnten und dort, wo
aufgrund des aus elastischem Material hergestellten Werkstückes ein Schleifen nur
unter erschwerten Bedingungen möglich ist.
[0014] Durch die vorgeschlagene Plasma-Vorbehandlung der lackierten Oberfläche entstehen
sauerstoffhaltige, ggf. auch nitrohaltige funktionelle Gruppen, die den größten Beitag
zur Haftung einer darauf aufzubringenden weiteren Lackschicht liefern. Ein geeignetes
Maß für die Haftung ist die Oberflächenspannung. Diese kann beispielsweise vor der
Plasma-Behandlung bis 20 mN/m betragen. Für die erwünschte Haftung soll ein Wert von
mindestens 50 mN/m erreicht werden, was durch die vorgeschlagene Plasma-Vorbehandlung
ohne weiteres möglich ist.
[0015] Bevorzugt wird die Vorbehandlung durch eine Corona-Funkenentladung in einem hochgespannten
Feld durchgeführt. Dafür sind Spannungen von mehreren Kilovolt notwendig. Der Behandlungsabstand
der Elektrode kann bis 20 mm betragen, bevorzugt werden jedoch kürzere Abstände.
[0016] Es lassen sich sowohl bewegliche Corona-Elektroden, die über die zu behandelnden
Lackflächen manuell geführt werden, aber auch stationäre Corona-Elektroden einsetzten,
welche in einem genau festgelegten bzw. programmierten Abstand auf die lackierte
Oberfläche einwirken. Je nach der Intensität der gewünschten Behandlung sind pro Flächeneinheit
Behandlungszeiten von nur wenigen Sekunden notwendig. Dabei ist ein möglichst kurzer
Abstand der Elektrode von dem Werkstück von Vorteil. Bei Verwendung einer isolierten
Elektrode kann durch Entlangführen der Elektrode auf der Werkstückoberfläche ein
kurzer Elektrodenabstand ohne aufwendige Steuerung erreicht werden.
[0017] In Versuchen hat sich gezeigt, daß durch die Corona-Vorbehandlung keine sichtbare
Veränderung der lackierten Werkstückoberfläche verursacht wird. Dieser Umstand ermöglicht
einen besonders vorteilhaften Einsatz der Corona-Vorbehandlung in der Praxis. Es
spielt deshalb keine Rolle, wenn die vorbehandelte Fläche größer ausfällt als diejenige
Fläche, die nachfolgend mit einer weiteren Lackschicht überzogen wird. Bei Einsatz
eines Haftvermittlers oder gar beim Schleifen wäre diese Vorgehensweise nicht vertretbar.
[0018] Die vorgeschlagene Vorbehandlung läßt sich mit großem Vorteil dann einsetzen, wenn
nur ein Teil einer komplett vormontierten Baueinheit nachlackiert werden muß. Dies
kann beispielsweise bei Fahrzeugkarosserien der Fall sein. Bei solchen Teilen ist
es auch möglich, daß die großen Flächen durch Schleifen oder mit einem Haftvermittler
behandelt werden und die Randbereiche, also diejenigen Bereiche, an welche sich andere,
nicht mit einer weiteren Lackschicht zu lackierende Bauteile anschließen, mittels
Corona-Vorbehandlung bearbeitet werden. Sowohl die Corona- als auch die anderen Plasma-Vorbehandlungen
ermöglichen in einfacher Weise einen haftfähigen Untergrund für jedes nachfolgend
aufgebrachte Lacksystem. Die Oberflächenspannungen der vernetzten und der nassen
Lackschichten können dabei sehr unterschiedlich sein.
[0019] In der Praxis ist zu beobachten, daß manchmal bereits bei der Erstlackierung Unregelmäßigkeiten
in Form von Kratern auftreten. Man hat festgestellt, daß diese Krater durch Arbeitsfehler
oder durch Luftverschmutzung verursacht werden. Die Krater treten dabei verstärkt
oder ausschließlich dann auf, wenn die Karosserien vor der Erstlackierung längere
Zeit - beispielsweise über ein Wochenende - gestanden sind. Bedingt durch die längere
Standzeit wirken Umwelteinflüsse auf die Oberfläche ein, wodurch auf dieser die Krater
verursachende verschiedene Oberflächenspannungen entstehen. Teilweise können auch
Vorbehandlungsfehler (Fettreste) Auslöser für die Kraterbildung sein.
[0020] Um auszuschließen, daß die Krater auch bei der Zweitlackierung zu erkennen sind,
könnte man die Oberfläche der Erstlackierung mit einem geeigneten Mittel behandeln.
Abgesehen davon, daß diese Vorgehensweise sehr aufwendig ist, läßt sich damit nur
dann ein Erfolg erzielen, wenn anschließend die komplette Karosse gewaschen und wieder
getrocknet wird, was den Aufwand zusätzlich erhöht. Eine partielle Behandlung dieser
Flächen ohne nachfolgenden Wasch- und Trockenvorgang der kompletten Karosserie scheidet
schon deshalb aus, da die Randbereiche nicht rückstandsfrei gereinigt werden können.
[0021] Die Krater treten fast ausschließlich in den etwas horizontalen Flächen der Fahrzeugkarosserie
auf, da sich dort die Verunreinigungen absetzen. Um die durch die Verunreinigungen
hervorgerufenen Benetzungsstörungen auf der Lackoberfläche zu beseitigen, wird gemäß
dem Patentanspruch 5 vorgeschlagen, daß die Bauteile, welche vor relativ langer Zeit
erstlackiert wurden, einer Plasma-Vorbehandlung unterzogen werden. Dadurch werden
in einfacher Weise die unterschiedlichen Oberflächenspannungen ausgeglichen und eine
gute Grundlage für die nachfolgende Zweitlackierung geschaffen. In den meisten Fällen
ist es ausreichend, wenn die Plasma-Vorbehandlung nur an den etwa waagrechten Flächen
der Bauteile durchgeführt wird. Dabei ist es im Produktionsablauf möglich, die waagrechten
Flächen - bei einer Fahrzeugkarosserie die Motorhaube, das Dach und den Kofferraumdeckel
- vollautomatisch durch eine die Elektroden für die Plasmabehandlung aufweisende
Vorrichtung abzufahren.
[0022] Wie vorstehend dargelegt, bietet eine Plasma-Vorbehandlung für bereits lackierte
Bauteile, auf welche nachfolgend eine weitere Lackschicht aufgebracht werden soll,
erhebliche Vorteile. Die vorgeschlagene Verwendung ermöglicht vollkommen neue Anwendungsbereiche.
Obwohl Plasma-Vorbehandlungen an Kunststoffen bereits seit einiger Zeit durchgeführt
werden, sind damit noch nie Lackschichten behandelt worden, um eine Erhöhung der Haftfähigkeit
für eine weitere Lackschicht zu erreichen.
[0023] In der Zeichnung ist in perspektivischer Darstellung der vordere rechte Abschnitt
eines Personenkraftwagens wiedergegeben, dessen Kotflügel wegen eines Arbeitsfehlers
nachlackiert werden soll. Dazu wird der mit 1 gekennzeichnete Flächenbereich geschliffen
und anschließend der mit 2 bezeichnete, sich an die Schweinwerfereinheit 3 anschließende
Bereich einer kurzzeitigen manuellen Corona-Behandlung unterzogen. Auf den in dieser
Weise vorbereiteten Kotflügel läßt sich nachfolgend ohne Probleme die gewünschte Lackschicht
aufbringen. Der große Vorteil der beschriebenen Vorgehensweise besteht darin, daß
bereits montierte Bauteile ohne Ausbau und ohne Beschädigungsgefahr für angrenzende
Bauteile für eine Lackierung vorbehandelt werden können.
1. Verwendung einer Plasma-Vorbehandlung für lackierte Bauteile zur Erhöhung der
Haftfähigkeit einer nachfolgend aufzubringenden zweiten Lackschicht.
2. Plasma-Vorbehandlung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß diese in an sich
bekannter Weise durch eine Corona-Funkenentladung in einem hochgespannten Feld erfolgt.
3. Plasma-Vorbehandlung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Vorbehandlung
in an sich bekannter Weise in einer Vakuumkammer unter Zuführung eines geeigneten
Prozeßgases und unter Einfluß eines das Prozeßgas ionisierenden hochfrequenten Spannungsfeldes
erfolgt.
4. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Plasma-Vorbehandlung
an lackierten, aus weichelastischem Material bestehenden, z. B. geschäumten Bauteilen
durchgeführt wird.
5. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Plasma-Vorbehandlung
an solchen Bauteilen durchgeführt wird, welche vor relativ langer Zeit erstlackiert
wurden.
6. Verwendung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Plasma-Vorbehandlung
nur an den etwa waagerechten Flächen der Bauteile durchgeführt wird.