(19)
(11) EP 0 349 749 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
10.01.1990  Patentblatt  1990/02

(21) Anmeldenummer: 89109493.0

(22) Anmeldetag:  26.05.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5B05D 3/14, B05D 7/02, B05D 1/38
(84) Benannte Vertragsstaaten:
ES

(30) Priorität: 02.07.1988 DE 3822482

(71) Anmelder: AUDI AG
D-85045 Ingolstadt (DE)

(72) Erfinder:
  • Faix, Zdenek
    D-8070 Ingolstadt (DE)

(74) Vertreter: Engelhardt, Harald 
AUDI AG Patentabteilung
85045 Ingolstadt
85045 Ingolstadt (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verwendung einer Plasma-Vorbehandlung zur Erhöhung der Haftfähigkeit einer nachfolgend aufzubringenden zweiten Lackschicht


    (57) Es wird die Verwendung einer Plasma-Vorbehandlung für Lackierte Bauteile zur Erhöhung der Haftfähigkeit einer nachfolgend aufzubringenden zweiten Lackschicht vorgeschlagen.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf die Verwendung einer Plasma-Vorbehandlung zur Erhöhung der Haftfähigkeit einer nachfolgend aufzubringenden zweiten Lackschicht.

    [0002] Plasma-Behandlungen zur Erzeugung eines haftfähigen Untergrundes sind bereits seit einiger Zeit bekannt. Sie werden angewandt, um insbesondere auf Polyolefinbasis hergestellte Kunststoffe zu lackieren, zu bedrucken oder einen Haftgrund für eine nachfolgende Verklebung zu schaffen. Ein solches Verfahren ist beispielsweise in der DE-OS 36 38 719 beschrieben.

    [0003] Die Plasma-Behandlung Läßt sich beispielsweise im sogenannten Niederdruck-­Plasma durchführen. Gemäß diesem Verfahren werden die zu behandelnden Teile in eine Vakuumkammer gebracht und dort einem Prozeßgas ausgesetzt. Dieses Prozeßgas kann beispielsweise Stickstoff, Sauerstoff oder ein Edelgas sein. Das Prozeßgas wird einem hochfrequenten Spannungsfeld ausgesetzt, wodurch eine Ionisierung des Prozeßgases eintritt. In dem durch die Ionisation ent­standenen Plasma reagieren die Ionen und Radikale sowie ultraviolette Strahlung mit der Oberfläche des zu behandelnden Teiles, wodurch - abhängig von der verwendeten Art des Prozeßgases - ein Abtrag dünner Schichten oder eine Vernetzung der Moleküle an der Oberfläche des Werkstückes erfolgt. Diese Umwandlung verbessert die Benetzbarkeit der Oberfläche, so daß die Haftungsfähigkeit einer darauf aufgebrachten Schicht verbessert wird.

    [0004] Bekannt ist auch die sogenannte Corona-Vorbehandlung von Kunststoffen, ins­besondere von Folien und Formteilen aus Kunststoffen. Bei der Corona-­Behandlung wird ein hochgespanntes Feld erzeugt und mittels einer Elektrode eine Corona-Funkenentladung zum Werkstück hin erzeugt. Das entstehende Plasma wird auf die Oberfläche des zu behandelnden Werkstücks übertragen und führt bei dieser zu einer Erhöhung der Benetzbarkeit.

    [0005] Gegenüber der erstgenannten Plasma-Behandlung hat die Corona-Behandlung den Vorteil, daß kein Vakuumbehälter notwendig ist. Es lassen sich deshalb durch die Corona-Behandlung ohne aufwendige Einrichtungen auch große Werk­stücke oder nur Bereiche derselben behandeln. Bei den bekannten Corona-­Vorbehandlungsanlagen wird durch manuelles oder automatische Entlang­führen der Elektrode an dem Werkstück die Behandlung durchgeführt. Die Elektrode strahlt frei ab, so daß eine masseführende Gegenelektrode nicht notwendig ist.

    [0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine neue Verwendung für derarti­ge Plasma-Vorbehandlungen aufzuzeigen.

    [0007] Die neue Verwendung besteht darin, daß die Plasma-Vorbehandlung an Bautei­len durchgeführt wird, die bereits lackiert sind und für die die Haftfähig­keit der Lackoberfläche für eine nachfolgend aufzubringende zweite Lack­schicht verbessert werden soll.

    [0008] Die bekannten Plasma-Vorbehandlungen werden fast ausschließlich zur Behand­lung von Kunststoffen eingesetzt, um eine gute Haftung von Farben, Lacken, Klebern oder Schäumen zu gewährleisten. In Sonderfällen ist bereits auch eine Metallbehandlung durchgeführt worden.

    [0009] Um Lackschichten für eine nachfolgende weitere Lackierung haftfähiger zu machen wird gewöhnlich ein Schleifen oder der Auftrag eines Haftvermittlers durchgeführt. In den meisten Fällen wird das Schleifen als bewährte und wirtschaftliche Arbeitsmethode bevorzugt. Ein Haftvermittler wird deshalb oft nur noch dann eingesetzt, wenn die zu behandelnden Stellen für das Schleifen schwer zugänglich sind oder das zu behandelnde Bauteil bereits montiert ist und für das Schleifen eigens demontiert werden müßte. Schließ­lich können profilierte oder genarbte Oberflächen nicht durch Schleifen, sondern nur durch einen Haftvermittler behandelt werden, wenn die Oberflä­chenstruktur erhalten bleiben soll.

    [0010] Aufwendig ist das Schleifen von beispielsweise aus weichem Polyurethan­schaum bestehenden Werkstücken, da das Werkstück beim Schleifen leicht ein­gedrückt werden kann. Erschwerend kommt hinzu, daß für derartige Werkstücke hochelastische Lacke verwendet werden müssen, die einerseits schwer zu schleifen sind, andererseits jedoch ohne das Schleifen der Erstlackierung die erforderliche Haftung für die Zweitlackierung unzureichend ist. Dies gilt besonders, wenn für die Zweitlackierung ein Metallic-Lack verwendet werden soll.

    [0011] Einige Lacksysteme mit ausgezeichneter Bewitterungsstabilität, die beson­ders kratz- und waschanlagenfest sind, konnten bisher nicht eingesetzt werden, da der Oberflächenspannungs-Unterschied der vernetzten und der darauf aufgetragenen Naßlackschicht der Zweitlackierung so groß ist, daß keine Benetzung gegeben ist. Nur durch sehr intensives, sogenanntes "Matt-­Schleifen" kann dieser Nachteil annähernd beseitigt werden. Aus Wirtschaft­lichkeitsgründen kann das Schleifen jedoch meist nicht durchgeführt werden, so daß diese Lacksysteme nur selten zum Einsatz gelangen.

    [0012] Durch die Verwendung einer Plasma-Vorbehandlung für lackierte Bauteile zur Erhöhung der Haftfähigkeit einer nachfolgend aufzubringenden zweiten Lack­schicht werden die vorstehend genannten Nachteile des Schleifens und dieje­nigen der herkömmlichen Haftvermittler vermieden und der Einsatz von belie­bigen Lacksystemen bei Gewährleistung der erwünschten Haftung möglich.

    [0013] Vorteilhaft sollte die Plasma-Vorbehandlung dort eingesetzt werden, wo das Schleifen nicht möglich ist, wo der Auftrag des Haftvermittlers im Ferti­gungsablauf erschwert ist (Spritzanlagen, Abdeckung der nichtzubehandelnden Teile), wo neue Lacksysteme aus Wirtschaftlichkeitsgründen bisher nicht eingesetzt werden konnten und dort, wo aufgrund des aus elastischem Materi­al hergestellten Werkstückes ein Schleifen nur unter erschwerten Bedingun­gen möglich ist.

    [0014] Durch die vorgeschlagene Plasma-Vorbehandlung der lackierten Oberfläche entstehen sauerstoffhaltige, ggf. auch nitrohaltige funktionelle Gruppen, die den größten Beitag zur Haftung einer darauf aufzubringenden weiteren Lackschicht liefern. Ein geeignetes Maß für die Haftung ist die Oberflä­chenspannung. Diese kann beispielsweise vor der Plasma-Behandlung bis 20 mN/m betragen. Für die erwünschte Haftung soll ein Wert von mindestens 50 mN/m erreicht werden, was durch die vorgeschlagene Plasma-Vorbehandlung ohne weiteres möglich ist.

    [0015] Bevorzugt wird die Vorbehandlung durch eine Corona-Funkenentladung in einem hochgespannten Feld durchgeführt. Dafür sind Spannungen von mehreren Kilovolt notwendig. Der Behandlungsabstand der Elektrode kann bis 20 mm betragen, bevorzugt werden jedoch kürzere Abstände.

    [0016] Es lassen sich sowohl bewegliche Corona-Elektroden, die über die zu behan­delnden Lackflächen manuell geführt werden, aber auch stationäre Corona-­Elektroden einsetzten, welche in einem genau festgelegten bzw. programmier­ten Abstand auf die lackierte Oberfläche einwirken. Je nach der Intensität der gewünschten Behandlung sind pro Flächeneinheit Behandlungszeiten von nur wenigen Sekunden notwendig. Dabei ist ein möglichst kurzer Abstand der Elektrode von dem Werkstück von Vorteil. Bei Verwendung einer isolierten Elektrode kann durch Entlangführen der Elektrode auf der Werkstückober­fläche ein kurzer Elektrodenabstand ohne aufwendige Steuerung erreicht werden.

    [0017] In Versuchen hat sich gezeigt, daß durch die Corona-Vorbehandlung keine sichtbare Veränderung der lackierten Werkstückoberfläche verursacht wird. Dieser Umstand ermöglicht einen besonders vorteilhaften Einsatz der Corona-­Vorbehandlung in der Praxis. Es spielt deshalb keine Rolle, wenn die vor­behandelte Fläche größer ausfällt als diejenige Fläche, die nachfolgend mit einer weiteren Lackschicht überzogen wird. Bei Einsatz eines Haftvermitt­lers oder gar beim Schleifen wäre diese Vorgehensweise nicht vertretbar.

    [0018] Die vorgeschlagene Vorbehandlung läßt sich mit großem Vorteil dann einset­zen, wenn nur ein Teil einer komplett vormontierten Baueinheit nachlackiert werden muß. Dies kann beispielsweise bei Fahrzeugkarosserien der Fall sein. Bei solchen Teilen ist es auch möglich, daß die großen Flächen durch Schleifen oder mit einem Haftvermittler behandelt werden und die Rand­bereiche, also diejenigen Bereiche, an welche sich andere, nicht mit einer weiteren Lackschicht zu lackierende Bauteile anschließen, mittels Corona-­Vorbehandlung bearbeitet werden. Sowohl die Corona- als auch die anderen Plasma-Vorbehandlungen ermöglichen in einfacher Weise einen haftfähigen Un­tergrund für jedes nachfolgend aufgebrachte Lacksystem. Die Oberflächen­spannungen der vernetzten und der nassen Lackschichten können dabei sehr unterschiedlich sein.

    [0019] In der Praxis ist zu beobachten, daß manchmal bereits bei der Erst­lackierung Unregelmäßigkeiten in Form von Kratern auftreten. Man hat fest­gestellt, daß diese Krater durch Arbeitsfehler oder durch Luftverschmutzung verursacht werden. Die Krater treten dabei verstärkt oder ausschließlich dann auf, wenn die Karosserien vor der Erstlackierung längere Zeit - beispielsweise über ein Wochenende - gestanden sind. Bedingt durch die längere Standzeit wirken Umwelteinflüsse auf die Oberfläche ein, wodurch auf dieser die Krater verursachende verschiedene Oberflächenspannungen ent­stehen. Teilweise können auch Vorbehandlungsfehler (Fettreste) Auslöser für die Kraterbildung sein.

    [0020] Um auszuschließen, daß die Krater auch bei der Zweitlackierung zu erkennen sind, könnte man die Oberfläche der Erstlackierung mit einem geeigneten Mittel behandeln. Abgesehen davon, daß diese Vorgehensweise sehr aufwendig ist, läßt sich damit nur dann ein Erfolg erzielen, wenn anschließend die komplette Karosse gewaschen und wieder getrocknet wird, was den Aufwand zusätzlich erhöht. Eine partielle Behandlung dieser Flächen ohne nach­folgenden Wasch- und Trockenvorgang der kompletten Karosserie scheidet schon deshalb aus, da die Randbereiche nicht rückstandsfrei gereinigt werden können.

    [0021] Die Krater treten fast ausschließlich in den etwas horizontalen Flächen der Fahrzeugkarosserie auf, da sich dort die Verunreinigungen absetzen. Um die durch die Verunreinigungen hervorgerufenen Benetzungsstörungen auf der Lackoberfläche zu beseitigen, wird gemäß dem Patentanspruch 5 vorgeschla­gen, daß die Bauteile, welche vor relativ langer Zeit erstlackiert wurden, einer Plasma-Vorbehandlung unterzogen werden. Dadurch werden in einfacher Weise die unterschiedlichen Oberflächenspannungen ausgeglichen und eine gute Grundlage für die nachfolgende Zweitlackierung geschaffen. In den meisten Fällen ist es ausreichend, wenn die Plasma-Vorbehandlung nur an den etwa waagrechten Flächen der Bauteile durchgeführt wird. Dabei ist es im Produktionsablauf möglich, die waagrechten Flächen - bei einer Fahrzeug­karosserie die Motorhaube, das Dach und den Kofferraumdeckel - vollautoma­tisch durch eine die Elektroden für die Plasmabehandlung aufweisende Vor­richtung abzufahren.

    [0022] Wie vorstehend dargelegt, bietet eine Plasma-Vorbehandlung für bereits lackierte Bauteile, auf welche nachfolgend eine weitere Lackschicht auf­gebracht werden soll, erhebliche Vorteile. Die vorgeschlagene Verwendung ermöglicht vollkommen neue Anwendungsbereiche. Obwohl Plasma-Vorbehand­lungen an Kunststoffen bereits seit einiger Zeit durchgeführt werden, sind damit noch nie Lackschichten behandelt worden, um eine Erhöhung der Haft­fähigkeit für eine weitere Lackschicht zu erreichen.

    [0023] In der Zeichnung ist in perspektivischer Darstellung der vordere rechte Ab­schnitt eines Personenkraftwagens wiedergegeben, dessen Kotflügel wegen eines Arbeitsfehlers nachlackiert werden soll. Dazu wird der mit 1 gekenn­zeichnete Flächenbereich geschliffen und anschließend der mit 2 bezeich­nete, sich an die Schweinwerfereinheit 3 anschließende Bereich einer kurz­zeitigen manuellen Corona-Behandlung unterzogen. Auf den in dieser Weise vorbereiteten Kotflügel läßt sich nachfolgend ohne Probleme die gewünschte Lackschicht aufbringen. Der große Vorteil der beschriebenen Vorgehensweise besteht darin, daß bereits montierte Bauteile ohne Ausbau und ohne Be­schädigungsgefahr für angrenzende Bauteile für eine Lackierung vorbehan­delt werden können.


    Ansprüche

    1. Verwendung einer Plasma-Vorbehandlung für lackierte Bauteile zur Er­höhung der Haftfähigkeit einer nachfolgend aufzubringenden zweiten Lack­schicht.
     
    2. Plasma-Vorbehandlung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß diese in an sich bekannter Weise durch eine Corona-Funkenentladung in einem hochgespannten Feld erfolgt.
     
    3. Plasma-Vorbehandlung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Vorbehandlung in an sich bekannter Weise in einer Vakuumkammer unter Zu­führung eines geeigneten Prozeßgases und unter Einfluß eines das Prozeß­gas ionisierenden hochfrequenten Spannungsfeldes erfolgt.
     
    4. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Plasma-Vorbehandlung an lackierten, aus weichelastischem Material bestehenden, z. B. geschäumten Bauteilen durchgeführt wird.
     
    5. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Plasma-Vorbehandlung an solchen Bauteilen durchgeführt wird, welche vor relativ langer Zeit erstlackiert wurden.
     
    6. Verwendung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Plasma-Vor­behandlung nur an den etwa waagerechten Flächen der Bauteile durchge­führt wird.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht