(19)
(11) EP 0 350 647 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.01.1990  Patentblatt  1990/03

(21) Anmeldenummer: 89110900.1

(22) Anmeldetag:  15.06.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5F27D 1/00, F27D 1/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 22.06.1988 DE 3821099

(71) Anmelder: Kanthal GmbH
D-64546 Mörfelden-Walldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Heider, Hanns-Wolfgang, Dipl.-Ing.
    D-8900 Augsburg 1 (DE)

(74) Vertreter: TER MEER - MÜLLER - STEINMEISTER & PARTNER 
Mauerkircherstrasse 45
81679 München
81679 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Selbsttragendes Wand- oder Deckenelement und damit ausgerüsteter Hochtemperatur-Industrieofen


    (57) Für Hochtemperatur-Industrieöfen wird die Innenauskleidung aus vorzugsweise nach einem Baukastenprinzip zusammensetz­baren Isolierkörperelementen (1) hergestellt, die erfin­dungsgemäß durch hochwarmfeste formstabile, vorzugsweise stabförmige Keramikelemente verstärkt sind, welche in Hohl­kanälen (3) der Isolierkörper (1) formschlüssig eingebracht sind und die aus dem Eigengewicht der Isolierkörper resul­tierenden Kräfte auch bei hohen Betriebstemperaturen auf­nehmen.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft wärmeisolierende Wand- oder Decken­elemente aus faserkeramischem Isolierwerkstoff für Hochtem­peratur-Industrieöfen sowie einen mit derartigen Isolier­elementen oder -moduln ausgerüsteten Industrieofen.

    [0002] Zur Auskleidung und Isolation von industriell oder in La­bors genutzten Ofengehäusen, wie sie als Kammer-, Tunnel- oder Durchschuböfen bekannt sind, werden neben herkömmli­chen massiven Auskleidungen in zunehmendem Maße faserkera­mische Isolierwerkstoffe in Form von Isolierwolle, flexi­blen Fasermatten oder bis zu bestimmten Betriebstemperatu­ren formstabilen Isolierblöcken verwendet. Die Faserisolie­rungen, die im Falle von blockartigen Elementen oder Moduln vakuumgeformt oder gegossen sein können, bestehen aus Fa­sern mit unterschiedlichen Gehalten an Aluminiumoxid, Sili­ciumoxid und/oder Zirkonoxid, die mittels eines anorgani­schen oder organischen Binders in eine zur Auskleidung und Isolation der Ofenwände geeignete Form gebracht werden. Die wesentlichen Vorteile dieser Isolierart sind die außeror­dentlich hohe Isolationswirkung und das niedrige spezifi­sche Gewicht des Isolationsmaterials, die es ermöglichen, raumsparende Ofeneinheiten mit geringer Speicherwärme und im Vergleich zu herkömmlichen Konstruktionen niedrigen Energie- und damit Betriebskosten zu fertigen. Faseriso­lierwerkstoffe haben jedoch den Nachteil geringer Festig­keit bzw. Tragfähigkeit und einer unzureichenden Formstabi­ lität bei hohen Temperaturen. So treten beispielsweise bei Temperaturen über 1200°C Umkristallisationen ein, die zu Verformungen insbesondere bei Deckenelementen (Durchhängen) führen. Für den Einsatz von Faserkeramikisolationen bei hö­heren Temperaturen und/oder für größere Ofenabmessungen sind daher verschiedene Stützkonstruktionen bekannt und üb­lich, z. B. die Verwendung von keramischen Haltern, welche senkrecht durch die Isolation hindurchgeführt und meist an der Außenwand verankert werden. Für ein Deckenelement mit einer Breite von z. B. 600 mm und einer Länge von z. B. 2500 mm werden üblicherweise mindestens achtzehn Befesti­gungselemente benötigt. Dies erfordert einen hohen Montage­aufwand und die Einsatztemperatur ist gleichwohl auf T ≦ 1300°C beschränkt. Eine andere bekannte Möglichkeit besteht darin, die vakuumgeformten Elemente oder Moduln zu einer bogenförmigen Konstruktionseinheit zu verbinden, die bei­spielsweise als Deckenelement eine Spannweite von maximal 4000 mm ermöglicht. Die erzielbare Anwendungstemperatur ist aber ebenfalls auf T ≦ 1300°C beschränkt. Des weiteren ist es bekannt, rohrförmige Stützprofile aus Aluminium- oder Zirkonsilicat direkt in die Faserisolation einzubringen. Diese Verstärkungselemente enthalten jedoch eine bei höhe­ren Temperaturen erweichende Glasphase und besitzen daher nur eine unbefriedigende Formstabilität. Derart verstärkte Elemente kommen daher nur für kleine Laborofenanlagen oder für niedrige Ofentemperaturen bis ebenfalls T ≦ 1300°C in Frage. Es wurde auch schon die Verwendung von Stützprofilen aus siliciuminfiltriertem Siliciumcarbid (SiSiC) erwogen, die unmittelbar im Feuerraum des Ofens liegen. Dies erfor­dert jedoch den gleichzeitigen Einsatz von dünnen Platten aus feuerfester Keramik, auf welche die Isoliermatten oder -elemente aufgelegt werden. Wegen der Gefahr des Ausschmel­zens von metallischem Silicium aus dem SiSiC, verbunden mit häufig beobachteter Rißbildung, ergibt sich auch für diesen Fall einer Verstärkung der Ofenauskleidung als oberste Be­triebsgrenze eine Temperatur von Tmax = 1300°C.

    [0003] Der Erfindung liegt damit die Aufgabe zugrunde, eine siche­re Abstützung der aus faserkeramischen Isoliermaterialien hergestellten Wärmeisolationsauskleidung von Hochtempera­turöfen zu schaffen, die auch insbesondere bei hohen Tempe­raturen absolut formstabil ist und eine sehr einfache Mon­tage von Ofenauskleidungen ermöglicht.

    [0004] Gemäß der Erfindung wird vorgeschlagen, für Hochtemperatur-­Industrieöfen, die mit wärmeisolierenden Wand- und Decken­elementen aus faserkeramischem Isolierwerkstoff ausgeklei­det sind, erfindungsgemäß selbsttragende Teile zu verwen­den, bei denen in Hohlräume des das einzelne Wand- oder Deckenelement bildenden Isolierkörpers keramische Verstär­kungselemente aus rekrisallisiertem, gesintertem silicium­nitrid- bzw. siliciumoxidnitridgebundenem Siliciumcarbid oder reaktionsgebundenem Siliciumnitrid eingesetzt oder eingezogen sind und bei denen der Abstand der Hohlkanäle von der heizelement- oder feuerseitigen Isolierkörper­oberfläche so bemessen ist, daß eine Reaktion des Materials der Verstärkungselemente mit der umgebenden Faserisolation verhindert ist.

    [0005] Der Isolationskörper besteht vorzugsweise aus hochtempera­turbeständigem aluminiumoxid- und/oder zirkonoxidhaltigem Fasermaterial, das mittels eines organischen Binders gebun­den ist, wobei die auf die Verstärkungselemente angepaßten Hohlräume in den Isolationskörper eingeformt oder durch ein mechanisches Bearbeitungsverfahren eingebracht sind. Wei­terhin sind die Hohlräume vorzugsweise als den Isolierkör­per durchsetzende Hohlkanäle und die Verstärkungselemente als Verstärkungsstäbe ausgebildet mit formschlüssiger An­passung an die Hohlkanäle.

    [0006] Die Verstärkungselemente oder -stäbe können durch eine che­misch stabile Zwischenschicht in Form eines Vliesmaterials umgeben sein. Vorzugsweise jedoch sind die Verstärkungsele­ mente oder -stäbe mit einer chemisch und bei hohen Tempera­turen stabilen Beschichtung versehen.

    [0007] Die Verstärkungsstäbe besitzen vorzugsweise einen quadrati­schen, rechteck- oder kreisförmigen Querschnitt und beste­hen vorzugsweise aus selbstgebundenem Siliciumcarbid vom Typ RSiC, SSiC oder SiSiC, also aus Werkstoffen, die keine Glasphase enthalten und sich daher auch bei hohen Tempera­turen nicht verformen.

    [0008] Für den Fall einer die Verstärkungselemente umgebenden Trennschicht zur Vermeidung chemischer Reaktionen kann die­se durch an sich bekannte Beschichtungsverfahren aufge­bracht werden, beispielsweise durch Engobieren oder mit­tels Plasmaspritzverfahren.

    [0009] Der Isolierkörper selbst wird vorzugsweise aus einem hoch­temperaturbeständigen Fasermaterial aus Aluminiumsilicat vom Typ A0 und einem organischen alkaliarmen Binder mit SiO₂ als Hauptbestandteil hergestellt.

    [0010] Der Hauptvorteil der Erfindung besteht darin, daß auch für Industrieöfen großer Abmessungen und für vergleichsweise hohe Betriebstemperaturen besondere separat zu montierende Befestigungselemente zur Befestigung der Isolation am Ofen­gehäuse, aber auch aufwendige Gewölbedeckenkonstruktionen vermieden werden können. Die Montage solcher Industrieöfen wird daher wesentlich vereinfacht.

    [0011] Ein gemäß der Erfindung verstärkter keramischer Isolierkör­per hat vorzugsweise eine Länge von mindestens 1000 mm. Je nach der Länge der verfügbaren Verstärkungselemente sind Längen der Isolierkörper von 3000 mm für Ofentemperaturen bis 1600°C ohne weiteres möglich.

    [0012] Der Querschnitt der Verstärkungselemente sollte möglichst klein gewählt werden, um einen unerwünschten Wärmeabfluß zur Ofenseitenwand zu reduzieren.

    [0013] Um das Aneinandersetzen mehrerer Faserisoliermodule zu ver­einfachen können diese an den Seitenflächen je eine nutför­mige Ausnehmung sowie auf der gegenüberliegenden Seite ei­nen Steg aufweisen, der so bemessen ist, daß sich mit der Nut des nächsten Isolierkörpers eine quasi nahtlose Verbin­dung nach dem Nut-Feder-Prinzip ergibt. Der Einbau der Mo­dule erfolgt dann zweckmäßigerweise durch einfaches Anein­andersetzen, wobei sich die Deckenelemente dann auf den Seitenwänden der Ofenauskleidung abstützen. Eine weitere Möglichkeit für eine raumsparende Konstruktion besteht dar­in, die Verstärkungsstäbe über die Faserisolationskörper von Deckenelementen hinaus zu verlängern und diese direkt mit der Außenwand des Ofens zu verbinden. Die bei Faseriso­lierkörpern der genannten Art üblicherweise unter der Ein­wirkung hoher Temperaturen auftretende Schrumpfung kann entweder durch eine entsprechende thermische Vorbehandlung bei Temperturen, welche knapp über der Einsatztemperatur liegen, vermieden werden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die entstehenden Spalte nachträglich mit Fasermat­tenmaterial auszufüllen.

    [0014] Mit den erfindungsgemäßen Wand- oder Deckenelementen wird die Auskleidung großer Industrieofenanlagen, welche vor­zugsweise im periodischen Betrieb verwendet werden, ermög­licht. Die Montage und Reparatur solcher Öfen wird erheb­lich erleichtert.

    [0015] Versuche haben gezeigt, daß ein "Durchhängen" oder Verfor­men der Isolierkörper insbesondere auch bei horizontaler Einbauweise nicht mehr auftritt. Die Einsatztemperatur der Isolierkörper erfindungsgemäßer Struktur kann erheblich ge­steigert werden. Darüber hinaus ermöglicht die erfindungs­gemäße Bauweise die Anbringung von elektrischen Deckenheiz­ elementen, so daß eine höhere elektrische Leistung und eine gleichmäßigere Temperaturverteilung im Ofen erreicht wird.

    [0016] Die Erfindung und vorteilhafte Einzelheiten werden nachfol­gend unter Bezug auf die Zeichnung in beispielsweiser Aus­führungsform näher erläutert. Es zeigen:

    Fig. 1 den Querschnitt eines vakuumgeformten Faseriso­liermoduls mit erfindungsgemäßen Merkmalen, und

    Fig. 2 einen vollständig mit faserkeramischen Isoliermo­duln und Deckenelementen gemäß der Erfindung aus­gekleideten Ofen im Querschnitt.



    [0017] Die Querschnittsdarstellung der Fig. 1 läßt ein als wärme­isolierendes Wand- oder Deckenelement zu verwendendes vaku­umgeformtes Faserisoliermodul erkennen, dessen Fasermate­rial als Hauptbestandteil Al₂O₃, etwa 3 bis 4 % SiO₂ und einige Spurenanteile enthält und sich durch einen Schmelz­punkt Ts > 2000°C auszeichnet. In einem durch Näherungsbe­rechnungen und Erfahrungen festgelegten Abstand x von der feuerseitigen Faserisoliermoduloberfläche 5 ist ein im dar­gestellten Beispiel rechteckförmiger langgestreckter und allseitig von Faserisoliermaterial umschlossener Hohlraum 3 ausgespart oder durch nachträgliche mechanische Bearbeitung eingebracht. In den Hohlraum 3 ist ein stabförmiges Ver­stärkungselement 2 mit rechteckförmigem Querschnitt aus re­kristallisiertem Siliciumcarbid formschlüssig eingepaßt. Die Länge des im dargestellten Beispiel als Hohlprofil aus­gebildeten stabförmigen Verstärkungselements ist so bemes­sen, daß das Material des Faserisolierkörpers an beiden En­den ausreichend weit übersteht, um einen schädlichen Wärme­fluß in Richtung der Ofenwand zu verhindern. Der Faseriso­liermodul ist tafel- oder brettartig gestaltet und weist entlang einer Längskante einen Steg 6 mit rechteckförmigem Querschnitt und entlang der anderen Längskante eine ebenso große rechteckförmige, nutförmige Aussparung 7 auf. Wie be­reits angegeben, lassen sich damit großflächige Auskleidun­gen durch einfaches Zusammenfügen der einzelnen Faseriso­liermodule auf einfache Weise erreichen.

    [0018] Die Auskleidung des in Fig. 2 dargestellten Ofens erfolgt so, daß die Seitenwände 8₁, 8₂ bzw. die Rückwand 9 aneinan­derstoßen und die Deckenelemente 1 auf den Ofenseitenwänden 8₁, 8₂ aufliegen. Durch das Einfügen der Stege 6 in die Nut 7 des jeweils nächsten Isolierkörpers ergibt sich eine qua­si nahtlose Verbindung. Über dieser ersten Schicht aus mit SiC-Elementen verstärkten Faserisoliermodulen können weitere Lagen 10 aus flexiblen Isoliermatten angeordnet sein, die zusammen mit der ersten Schicht 1 die erforderliche Iso­lierwirkung gewährleisten. Eine selbsttragende metallische Außenwand 4 umgibt den gesamten Ofen und verschließt diesen dicht.

    [0019] Ein Industrieofen mit einer Isolationsauskleidung aus er­findungsgemäß verstärkten Faserisoliermodulen kann an Luft mit Ofentemperaturen bis 1600°C im periodischen Betrieb oder Dauerbetrieb eingesetzt werden, ohne daß Verformungen, insbesondere an Deckenmoduln, entstehen.


    Ansprüche

    1. Selbsttragendes wärmeisolierendes Wand- oder Decken­element aus faserkeramischem Isolierwerkstoff für Hochtem­peratur-Industrieöfen, dadurch gekennzeichnet, daß in Hohl­räume (3) des das Wand- oder Deckenelement bildenden Iso­lierkörpers (1) keramische Verstärkungselemente (2) aus re­kristallisiertem, gesintertem siliciumnitrid- bzw. silici­umoxidnitridgebundenem Siliciumcarbid oder reaktionsgebun­denem Siliciumnitrid eingesetzt sind und daß der Abstand der Hohlräume von der feuerseitigen Isolierkörperoberfläche (5) so bemessen ist, daß eine Reaktion des Materials der Verstärkungselemente mit der umgebenden Faserisolation ver­hindert ist.
     
    2. Wand- oder Deckenelement nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Isolationskörper (1) aus hochtempe­raturbeständigem aluminiumoxid- und/oder zirkonoxidhaltigem Fasermaterial und einem organischen Binder besteht, in den die auf die Verstärkungselemente angepaßten Hohlräume ein­geformt oder durch ein mechanisches Bearbeitungsverfahren eingebracht sind.
     
    3. Wand- oder Deckenelement nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Hohlräume als den Isolierkörper durchsetzende Hohlkanäle und die Verstärkungselemente als die Hohlkanäle formschlüssig durchsetzende Verstärkungsstä­be ausgebildet sind.
     
    4. Wand- oder Deckenelement nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Verstärkungselemente durch eine chemisch stabile Zwischenschicht in Form eines Vliesmate­rials umgeben sind.
     
    5. Wand- oder Deckenelement nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Verstärkungsstäbe mit einer che­misch auch bei hohen Temperaturen stabilen Beschichtung versehen sind.
     
    6. Industrieofen für Betriebstemperaturen bis 1600°C und einer lichten Breite und/oder Länge des Ofeninnenraums von mindestens 1 m, bei dem mindestens ein Teil der isolie­renden Ofenauskleidung durch stützlose Wand- oder Decken­elemente gemäß einem der vorstehenden Ansprüche gebildet ist.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht