(19)
(11) EP 0 352 594 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
31.01.1990  Patentblatt  1990/05

(21) Anmeldenummer: 89113091.6

(22) Anmeldetag:  17.07.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C25F 3/16, G21F 9/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE ES FR LI NL SE

(30) Priorität: 28.07.1988 DE 3825708

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Weber, Robert
    D-8525 Uttenreuth (DE)
  • Stamm, Hubert
    D-8500 Nürnberg 90 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Elektropolierverfahren zum Zwecke der Dekontamination


    (57) Die Erfindung bezieht sich auf ein Elektropolierverfahren zum Zwecke der Dekontamination von Anlagenteilen in kerntech­nischen Anlagen. Dabei besteht das Problem, die Strahlenbela­stung des Personals bei der Dekontamination von Anlagenteilen einerseits und den technischen und finanziellen Aufwand solcher Maßnahmen andererseits zu verringern.
    Hierzu sieht die Erfindung vor, daß zum Elektropolieren Deionat verwendet wird, welches mit solchen Elektrolyten ange­reichert ist, die die Leitfähigkeit des Deionats erhöhen und zugleich von der werkseigenen Wasseraufbereitungsanlage auf­arbeitbar sind. Beim Einsatz in Kernkraftwerken können dem Deionat solche Elektrolyte zugesetzt werden, die im Primärkühl­mittel ohnehin vorhanden sind.
    Die Erfindung ist insbesondere zu Zwecken der Dekontamina­tion von Anlagenteilen in kerntechnischen Anlagen, wie zum Bei­spiel von Kernkraftwerken, geeignet.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Elektropolierverfahren zum Zwecke der Dekontamination von Anlagenteilen in kerntechnischen Anlagen.

    [0002] Beim Betrieb von kerntechnischen Anlagen ist eine Kontamination von mit radioaktiven Substanzen in Berührung kommenden Anlagen­teile, wie Rohrleitungen, Behälter, Wellen und dergleichen, meist nicht zu vermeiden. Die Kontamination beruht ganz über­wiegend auf der Ablagerung radioaktiver Nuklide auf den Ober­flächen dieser Anlagenteile. Für die Dekontamination der Anla­genteile haben sich bisher Elektropolierverfahren bewährt, die beispielsweise aus der DE-OS 33 43 396 und der DE-OS-33 45 278 bekannt sind. Bei den meisten dieser Elektropolierverfahren schaltet man das Anlagenteil, dessen Oberfläche dekontaminiert werden soll, als Anode und eine Schwammelektrode als Kathode. Die leitende Verbindung zwischen Kathode und Anode wird durch Deionat, dem zur Sicherstellung einer ausreichend großen Leit­fähigkeit, ein Elektrolyt zugemischt ist, hergestellt. In den meisten Fällen wird hierzu verdünnte Schwefelsäure oder ver­dünnte Phosphorsäure eingesetzt. Mit der Schwammelektrode wird bei eingeschalteter Spannung über die zu dekontaminierende Ober­fläche gewischt. Bei diesem Verfahren wird eine sehr dünne Ober­flächenschicht mit den oberflächlich angelagerten Verunreini­gungen abgetragen und der Abtrag mit der Elektrolytlösung aus Deionat und Elektrolyt fortgeschwemmt. Erfahrungsgemäß läßt sich so die Radioaktivität kontaminierter Oberflächen ohne weiteres um mehr als eine Zehnerpotenz vermindern.

    [0003] Die beim Dekontaminieren eingesetzte Säure enthält nach dem De­kontaminieren radioaktiven Rückstand aus dem Materialabtrag und muß daher aufwendig entsorgt werden. Der Entsorgungsaufwand ist sowohl hinsichtlich der Kosten als auch hinsichtlich des Per­sonenschutzes beachtlich. Die sauren Lösungen, die nach der De­kontamination übrig bleiben, werden in speziellen Behältern ge­sammelt und zu Aufbereitungsanlagen transportiert. Im Werk und beim Transport sind besondere Abschirmungen erforderlich, um die radioaktive Strahlung in die Umgebung auf das zulässige Maß zu reduzieren.

    [0004] Zugleich muß beim Dekontaminieren dafür gesorgt werden, daß Leckagen weitgehend vermieden werden, um eine Kontamination benachbarter Anlagenbereiche zu vermeiden. Insbesondere bei der Dekontamination in Primärkreisläufen von Kraftwerken müssen ganze Rohrabschnitte sorgfältig abgedichtet werden. Unvermeid­liche Leckagen in eine an das zu dekontaminierende Bauteil an­geschlossene Rohrleitung hinein machen eine sorgfältige Ab­saugung der ausgetretenen Flüssigkeit notwendig. Diese zusätz­lichen Arbeiten führen zur Erhöhung der Strahlenbelastung des Personals und erhöhen zugleich auch das technische Risiko und die Kostenbelastung.

    [0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Strahlenbelastung des Personals bei der Dekontamination von Anlagenteilen einer­seits und den technischen und finanziellen Aufwand solcher Maß­nahmen andererseits zu verringern.

    [0006] Diese Aufgabe wird gemäß der Erfindung dadurch gelöst, daß zum Elektropolieren Deionat verwendet wird, welches zur Gewährlei­stung einer elektrischen Leitfähigkeit mit einem Elektrolyten angereichert ist, der von der werkseigenen Wasseraufbereitungs anlage aufarbeitbar ist.

    [0007] Wegen der Verwendung von Deionat, welches mit solchen Elektro­lyten angereichert ist, welche von der werkseigenen Wasserauf­bereitungsanlage aufarbeitbar sind, braucht die Lösung, die nach der Dekontamination übrig bleibt, nicht mehr in abgeschirm­ten Behältnissen abtransportiert zu werden, sondern kann durch die werkseigene Wasserreinigungs- bzw. Aufbereitungsanlage auf­gearbeitet werden. Die dabei anfallenden Salze können ausgefil­tert werden. Außerdem ist es möglich, bei Leckagen des zu dekon­taminierenden Bauteils in andere Anlagenteile, beispielsweise in eine angeschlossene Rohrleitung hinein auf eine besondere Absau­gung der ausgetretenen Flüssigkeit zu verzichten. Diese gelangt von dort ohne weitere Maßnahmen in die werkseigene Wasseraufbe­reitungsanlage, wo sie aufbereitet wird. Dadurch vermindert sich die Strahlenbelastung des Personals erheblich.

    [0008] Beim Einsatz in Kernkraftwerken können dem Deionat in besonders vorteilhafter Ausgestaltung der Erfindung solche Elektrolyte zugesetzt werden, die im Primärkühlmittel ohnehin vorhanden sind. Hierdurch werden Werkstoffschädigungen durch in den an­grenzenden Anlagenteilen verbleibende Elektrolytrückstände zu­verlässig vermieden, weil die verwendeten Elektrolyte ohnedies im Primärkühlmittel vorhanden sind und die verwendeten Werk­stoffe für diese Elektrolyte ausgelegt sind. So ist es bei Kernkraftwerken besonders vorteilhaft, dem Deionat Borsäure oder Lithiumhydroxid zuzusetzen.

    [0009] Beispielsweise wird die Temperatur des mit einem Elektrolyt an­gereichterten Deionats über die Umgebungstemperatur hinaus er­höht. Dadurch wird dessen Leitfähigkeit erhöht, was das Ergebnis der Dekontamination verbessert.

    [0010] Nach einem anderen Beispiel wird eine Schwammelektrode einge setzt, deren Abstand zur zu behandelnden Oberfläche eines Bauteiles kleiner als 10 mm ist. Damit erzielt man eine weitge­hend vollständige Dekontamination.

    [0011] Weitere Einzelheiten der Erfindung werden anhand eines Aus­führungsbeispiels erläutert.

    [0012] Soll beispielsweise die Innenwandung einer Druckleitung im Primärkreislauf eines Kernreaktors zum Zwecke der Durchführung von Wartungsarbeiten dekontaminiert werden, so kann beispiels­weise eine Elektropoliervorrichtung zum Einsatz kommen, wie sie in der deutschen Offenlegungsschrift 33 45 278 offenbart ist. Gemäß dem Verfahren nach der Erfindung wird jedoch, anstelle der dort verwendeten Elektrolytlösung - meist verdünnte Schwefel­säure - Deionat eingesetzt, dem man zuvor beispielsweise Bor­säure zugesetzt hat. Da die elektrische Leitfahigkeit, die man mit Borsäure erreichen kann, deutlich geringer ist als die Leit­fähigkeit, die man mit Schwefelsäure erreichen kann, wird auch der Stromfluß und damit auch der Abtrag je Zeiteinheit geringer ausfallen. Um diese Minderleistung aufzufangen kann das den Schwammelektroden zugeführte, mit Borsäure angereicherte Deio­nat vor der Einleitung in die Schwammelektrode aufgewärmt wer­den. Die hierbei einzuhaltende Grenztemperatur wird durch die Temperaturfestigkeit des Schwamms und der übrigen Bauelemente der Schwammelektrode sowie durch die Dampfbildung begrenzt. Temperaturen des mit Borsäure angereicherten Deionats um 75° C sind bei der Verwendung entsprechend temperaturfester Schwämme realistisch. Des weiteren kann zur Erhöhung des Abtrags je Zeiteinheit auch die Dicke des verwendeten Schwamms, das heißt der Abstand des metallischen Teils der Schwammelektrode von der zu dekontaminierenden Oberfläche verringert werden. Hierbei sind Schwammstärken von 10 mm und darunter, vorzugsweise von 5 mm, gut brauchbar.

    [0013] Der Betrieb der Elektropoliervorrichtung kann in herkömmlicher Weise, wie dies durch die DE-OS 33 45 278 oder die DE-OS 33 43 396 bekannt ist, erfolgen. Dabei ist es anlagenseitig jedoch zweck­mäßig, an die Zuführungsleitung zur Schwammelektrode eine Hei­zung für die Aufwärmung der Elektrolytlösung anzuschließen. Nach Abschluß der Elektropolierarbeiten befindet sich in einem Auf­fangbehälter für die Elektrolytlösung das mit Borsäure angerei­cherte Deionat mit den abgetragenen Oberflächensubstanzen in­klusive des ursprünglich an der Oberfläche angelagerten radioak­tiven Materials. Außerdem ist der Innenraum des so behandelten Rohres oder Behältnisses mit geringen Mengen an zurückgebliebener Elektrolytlösung verunreinigt. Da diese zurückgebliebenen Elektrolytlösungsmengen sich im wesentlichen aus dem ohnehin im Primärkreislauf befindlichen Deionat und Borsäure zusammensetzen und in ihrer Menge gegenüber der betriebsmäßig durchzusetzenden Menge an Deionat verschwindend gering sind, kann die Kernkraft­anlage nach der Dekontamination ohne umständliche Absaugung der zurückgebliebenen Elektrolytlösungsmenge wieder in Betrieb ge­nommen werden. Die hierdurch bedingte geringfügige Erhöhung des Borsäuregehalts im Kühlmittel kann durch die werksseitige Wasser­aufbereitungsanlage ohne weiteres aufgearbeitet werden. Hier­durch wird der mit der Absaugung sonst erforderliche Personen­einsatz eingespart. Auch die Elektrolytlösungsmenge im Auffang­behälter kann nach Abfiltern des abgetragenen Materials allmäh­lich der werkseigenen Wasseraufbereitungsanlage zugeführt, dort aufgearbeitet und dem Primärkühlmittel zugeführt werden.

    [0014] Es ist ein großer Vorteil dieser Art der Dekontamination darin zu sehen, daß die die Strahlenbelastung des Personals erhöhende und arbeitsaufwendige Absaugung von aus unvermeidlichen Leckagen ausgetretener Flüssigkeit unterbleiben kann und daß darüber hin­aus der Transport der verbrauchten Elektrolytlösungsmengen außer­halb der Kraftwerksanlage entfällt. Schließlich ist es ein wei­terer Vorteil dieses Verfahrens, daß die Aufarbeitung der Elek­trolytlösung nach der Dekontamination mit der werkseigenen Wasseraufbereitungsanlage durchgeführt werden kann. Nicht zu vergessen ist, daß nach der Aufarbeitung der Lösung der größte Teil, nämlich das Deionat, wieder verwendet werden kann und nur ein sehr kleiner schlammartiger Rückstand entsorgt werden muß, wie dies von Zeit zu Zeit auch mit den Rückständen des betrieb­lichen Wasserreinigungsvorgangs erfolgt.


    Ansprüche

    1. Elektropolierverfahren zum Zwecke der Dekontamination von Anlagenteilen in kerntechnischen Anlagen, dadurch gekennzeichnet, daß zum Elektropolieren Deionat verwendet wird, welches zur Gewährleistung einer elektrischen Leitfähigkeit mit einem Elektrolyten angereichert ist, der von der werkseigenen Wasseraufbereitungsanlage aufarbeitbar ist.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekenn­zeichnet, daß beim Einsatz in Kernkraftwerken dem Deionat ein Elektrolyt zugesetzt wird, der im Primärkühlmittel ohnehin vorhanden ist.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekenn­zeichnet, daß dem Deionat Borsäure zugesetzt wird.
     
    4.Verfahren nach einem der Ansprüche 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß dem Deionat Lithiumhydroxid zugesetzt wird.
     
    5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, da­durch gekennzeichnet, daß die Temperatur des mit einem Elektrolyt angereicherten Deionats zur Erhöhung von dessen Leitfähigkeit über die Umgebungstemperatur hinaus erhöht wird.
     
    6.Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, da­durch gekennzeichnet, daß eine Schwamm­elektrode zum Einsatz kommt, bei der der Abstand der Elektrode zur behandelnden Oberfläche kleiner als 10 mm ist.
     





    Recherchenbericht