(57) Die Erfindung bezieht sich auf ein Elektropolierverfahren zum Zwecke der Dekontamination
von Anlagenteilen in kerntechnischen Anlagen. Dabei besteht das Problem, die Strahlenbelastung
des Personals bei der Dekontamination von Anlagenteilen einerseits und den technischen
und finanziellen Aufwand solcher Maßnahmen andererseits zu verringern.
Hierzu sieht die Erfindung vor, daß zum Elektropolieren Deionat verwendet wird, welches
mit solchen Elektrolyten angereichert ist, die die Leitfähigkeit des Deionats erhöhen
und zugleich von der werkseigenen Wasseraufbereitungsanlage aufarbeitbar sind. Beim
Einsatz in Kernkraftwerken können dem Deionat solche Elektrolyte zugesetzt werden,
die im Primärkühlmittel ohnehin vorhanden sind.
Die Erfindung ist insbesondere zu Zwecken der Dekontamination von Anlagenteilen in
kerntechnischen Anlagen, wie zum Beispiel von Kernkraftwerken, geeignet.
[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Elektropolierverfahren zum Zwecke der Dekontamination
von Anlagenteilen in kerntechnischen Anlagen.
[0002] Beim Betrieb von kerntechnischen Anlagen ist eine Kontamination von mit radioaktiven
Substanzen in Berührung kommenden Anlagenteile, wie Rohrleitungen, Behälter, Wellen
und dergleichen, meist nicht zu vermeiden. Die Kontamination beruht ganz überwiegend
auf der Ablagerung radioaktiver Nuklide auf den Oberflächen dieser Anlagenteile.
Für die Dekontamination der Anlagenteile haben sich bisher Elektropolierverfahren
bewährt, die beispielsweise aus der DE-OS 33 43 396 und der DE-OS-33 45 278 bekannt
sind. Bei den meisten dieser Elektropolierverfahren schaltet man das Anlagenteil,
dessen Oberfläche dekontaminiert werden soll, als Anode und eine Schwammelektrode
als Kathode. Die leitende Verbindung zwischen Kathode und Anode wird durch Deionat,
dem zur Sicherstellung einer ausreichend großen Leitfähigkeit, ein Elektrolyt zugemischt
ist, hergestellt. In den meisten Fällen wird hierzu verdünnte Schwefelsäure oder verdünnte
Phosphorsäure eingesetzt. Mit der Schwammelektrode wird bei eingeschalteter Spannung
über die zu dekontaminierende Oberfläche gewischt. Bei diesem Verfahren wird eine
sehr dünne Oberflächenschicht mit den oberflächlich angelagerten Verunreinigungen
abgetragen und der Abtrag mit der Elektrolytlösung aus Deionat und Elektrolyt fortgeschwemmt.
Erfahrungsgemäß läßt sich so die Radioaktivität kontaminierter Oberflächen ohne weiteres
um mehr als eine Zehnerpotenz vermindern.
[0003] Die beim Dekontaminieren eingesetzte Säure enthält nach dem Dekontaminieren radioaktiven
Rückstand aus dem Materialabtrag und muß daher aufwendig entsorgt werden. Der Entsorgungsaufwand
ist sowohl hinsichtlich der Kosten als auch hinsichtlich des Personenschutzes beachtlich.
Die sauren Lösungen, die nach der Dekontamination übrig bleiben, werden in speziellen
Behältern gesammelt und zu Aufbereitungsanlagen transportiert. Im Werk und beim Transport
sind besondere Abschirmungen erforderlich, um die radioaktive Strahlung in die Umgebung
auf das zulässige Maß zu reduzieren.
[0004] Zugleich muß beim Dekontaminieren dafür gesorgt werden, daß Leckagen weitgehend vermieden
werden, um eine Kontamination benachbarter Anlagenbereiche zu vermeiden. Insbesondere
bei der Dekontamination in Primärkreisläufen von Kraftwerken müssen ganze Rohrabschnitte
sorgfältig abgedichtet werden. Unvermeidliche Leckagen in eine an das zu dekontaminierende
Bauteil angeschlossene Rohrleitung hinein machen eine sorgfältige Absaugung der
ausgetretenen Flüssigkeit notwendig. Diese zusätzlichen Arbeiten führen zur Erhöhung
der Strahlenbelastung des Personals und erhöhen zugleich auch das technische Risiko
und die Kostenbelastung.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Strahlenbelastung des Personals bei
der Dekontamination von Anlagenteilen einerseits und den technischen und finanziellen
Aufwand solcher Maßnahmen andererseits zu verringern.
[0006] Diese Aufgabe wird gemäß der Erfindung dadurch gelöst, daß zum Elektropolieren Deionat
verwendet wird, welches zur Gewährleistung einer elektrischen Leitfähigkeit mit einem
Elektrolyten angereichert ist, der von der werkseigenen Wasseraufbereitungs anlage
aufarbeitbar ist.
[0007] Wegen der Verwendung von Deionat, welches mit solchen Elektrolyten angereichert
ist, welche von der werkseigenen Wasseraufbereitungsanlage aufarbeitbar sind, braucht
die Lösung, die nach der Dekontamination übrig bleibt, nicht mehr in abgeschirmten
Behältnissen abtransportiert zu werden, sondern kann durch die werkseigene Wasserreinigungs-
bzw. Aufbereitungsanlage aufgearbeitet werden. Die dabei anfallenden Salze können
ausgefiltert werden. Außerdem ist es möglich, bei Leckagen des zu dekontaminierenden
Bauteils in andere Anlagenteile, beispielsweise in eine angeschlossene Rohrleitung
hinein auf eine besondere Absaugung der ausgetretenen Flüssigkeit zu verzichten.
Diese gelangt von dort ohne weitere Maßnahmen in die werkseigene Wasseraufbereitungsanlage,
wo sie aufbereitet wird. Dadurch vermindert sich die Strahlenbelastung des Personals
erheblich.
[0008] Beim Einsatz in Kernkraftwerken können dem Deionat in besonders vorteilhafter Ausgestaltung
der Erfindung solche Elektrolyte zugesetzt werden, die im Primärkühlmittel ohnehin
vorhanden sind. Hierdurch werden Werkstoffschädigungen durch in den angrenzenden
Anlagenteilen verbleibende Elektrolytrückstände zuverlässig vermieden, weil die verwendeten
Elektrolyte ohnedies im Primärkühlmittel vorhanden sind und die verwendeten Werkstoffe
für diese Elektrolyte ausgelegt sind. So ist es bei Kernkraftwerken besonders vorteilhaft,
dem Deionat Borsäure oder Lithiumhydroxid zuzusetzen.
[0009] Beispielsweise wird die Temperatur des mit einem Elektrolyt angereichterten Deionats
über die Umgebungstemperatur hinaus erhöht. Dadurch wird dessen Leitfähigkeit erhöht,
was das Ergebnis der Dekontamination verbessert.
[0010] Nach einem anderen Beispiel wird eine Schwammelektrode einge setzt, deren Abstand
zur zu behandelnden Oberfläche eines Bauteiles kleiner als 10 mm ist. Damit erzielt
man eine weitgehend vollständige Dekontamination.
[0011] Weitere Einzelheiten der Erfindung werden anhand eines Ausführungsbeispiels erläutert.
[0012] Soll beispielsweise die Innenwandung einer Druckleitung im Primärkreislauf eines
Kernreaktors zum Zwecke der Durchführung von Wartungsarbeiten dekontaminiert werden,
so kann beispielsweise eine Elektropoliervorrichtung zum Einsatz kommen, wie sie
in der deutschen Offenlegungsschrift 33 45 278 offenbart ist. Gemäß dem Verfahren
nach der Erfindung wird jedoch, anstelle der dort verwendeten Elektrolytlösung - meist
verdünnte Schwefelsäure - Deionat eingesetzt, dem man zuvor beispielsweise Borsäure
zugesetzt hat. Da die elektrische Leitfahigkeit, die man mit Borsäure erreichen kann,
deutlich geringer ist als die Leitfähigkeit, die man mit Schwefelsäure erreichen
kann, wird auch der Stromfluß und damit auch der Abtrag je Zeiteinheit geringer ausfallen.
Um diese Minderleistung aufzufangen kann das den Schwammelektroden zugeführte, mit
Borsäure angereicherte Deionat vor der Einleitung in die Schwammelektrode aufgewärmt
werden. Die hierbei einzuhaltende Grenztemperatur wird durch die Temperaturfestigkeit
des Schwamms und der übrigen Bauelemente der Schwammelektrode sowie durch die Dampfbildung
begrenzt. Temperaturen des mit Borsäure angereicherten Deionats um 75° C sind bei
der Verwendung entsprechend temperaturfester Schwämme realistisch. Des weiteren kann
zur Erhöhung des Abtrags je Zeiteinheit auch die Dicke des verwendeten Schwamms, das
heißt der Abstand des metallischen Teils der Schwammelektrode von der zu dekontaminierenden
Oberfläche verringert werden. Hierbei sind Schwammstärken von 10 mm und darunter,
vorzugsweise von 5 mm, gut brauchbar.
[0013] Der Betrieb der Elektropoliervorrichtung kann in herkömmlicher Weise, wie dies durch
die DE-OS 33 45 278 oder die DE-OS 33 43 396 bekannt ist, erfolgen. Dabei ist es anlagenseitig
jedoch zweckmäßig, an die Zuführungsleitung zur Schwammelektrode eine Heizung für
die Aufwärmung der Elektrolytlösung anzuschließen. Nach Abschluß der Elektropolierarbeiten
befindet sich in einem Auffangbehälter für die Elektrolytlösung das mit Borsäure
angereicherte Deionat mit den abgetragenen Oberflächensubstanzen inklusive des ursprünglich
an der Oberfläche angelagerten radioaktiven Materials. Außerdem ist der Innenraum
des so behandelten Rohres oder Behältnisses mit geringen Mengen an zurückgebliebener
Elektrolytlösung verunreinigt. Da diese zurückgebliebenen Elektrolytlösungsmengen
sich im wesentlichen aus dem ohnehin im Primärkreislauf befindlichen Deionat und Borsäure
zusammensetzen und in ihrer Menge gegenüber der betriebsmäßig durchzusetzenden Menge
an Deionat verschwindend gering sind, kann die Kernkraftanlage nach der Dekontamination
ohne umständliche Absaugung der zurückgebliebenen Elektrolytlösungsmenge wieder in
Betrieb genommen werden. Die hierdurch bedingte geringfügige Erhöhung des Borsäuregehalts
im Kühlmittel kann durch die werksseitige Wasseraufbereitungsanlage ohne weiteres
aufgearbeitet werden. Hierdurch wird der mit der Absaugung sonst erforderliche Personeneinsatz
eingespart. Auch die Elektrolytlösungsmenge im Auffangbehälter kann nach Abfiltern
des abgetragenen Materials allmählich der werkseigenen Wasseraufbereitungsanlage
zugeführt, dort aufgearbeitet und dem Primärkühlmittel zugeführt werden.
[0014] Es ist ein großer Vorteil dieser Art der Dekontamination darin zu sehen, daß die
die Strahlenbelastung des Personals erhöhende und arbeitsaufwendige Absaugung von
aus unvermeidlichen Leckagen ausgetretener Flüssigkeit unterbleiben kann und daß darüber
hinaus der Transport der verbrauchten Elektrolytlösungsmengen außerhalb der Kraftwerksanlage
entfällt. Schließlich ist es ein weiterer Vorteil dieses Verfahrens, daß die Aufarbeitung
der Elektrolytlösung nach der Dekontamination mit der werkseigenen Wasseraufbereitungsanlage
durchgeführt werden kann. Nicht zu vergessen ist, daß nach der Aufarbeitung der Lösung
der größte Teil, nämlich das Deionat, wieder verwendet werden kann und nur ein sehr
kleiner schlammartiger Rückstand entsorgt werden muß, wie dies von Zeit zu Zeit auch
mit den Rückständen des betrieblichen Wasserreinigungsvorgangs erfolgt.
1. Elektropolierverfahren zum Zwecke der Dekontamination von Anlagenteilen in kerntechnischen
Anlagen, dadurch gekennzeichnet, daß zum Elektropolieren Deionat verwendet wird, welches zur Gewährleistung einer
elektrischen Leitfähigkeit mit einem Elektrolyten angereichert ist, der von der werkseigenen
Wasseraufbereitungsanlage aufarbeitbar ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß beim Einsatz in Kernkraftwerken dem Deionat ein Elektrolyt zugesetzt wird, der
im Primärkühlmittel ohnehin vorhanden ist.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß dem Deionat Borsäure zugesetzt wird.
4.Verfahren nach einem der Ansprüche 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß dem Deionat Lithiumhydroxid zugesetzt wird.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Temperatur des mit einem Elektrolyt angereicherten Deionats zur Erhöhung
von dessen Leitfähigkeit über die Umgebungstemperatur hinaus erhöht wird.
6.Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß eine Schwammelektrode zum Einsatz kommt, bei der der Abstand der Elektrode zur
behandelnden Oberfläche kleiner als 10 mm ist.