(19)
(11) EP 0 356 554 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.03.1990  Patentblatt  1990/10

(21) Anmeldenummer: 88114220.2

(22) Anmeldetag:  31.08.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C10J 3/84, C10J 3/54
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB GR IT LI LU NL SE

(71) Anmelder: MAN Gutehoffnungshütte Aktiengesellschaft
46122 Oberhausen (DE)

(72) Erfinder:
  • Knop, Klaus Dr.-Ing.
    D-4170 Geldern 1 (DE)

(74) Vertreter: Glawe, Delfs, Moll & Partner 
Patentanwälte Postfach 26 01 62
80058 München
80058 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Vergassen von Kohle und Weiterbehandeln des Produktgases


    (57) Beim Vergasen von Kohle in einem vorzugsweise alotherm beheizten Gaserzeuger wird das aus dem Gaserzeuger abge­zogene heiße Produktgas als Wärmemedium zur Erzeugung von Hochdruck- und/oder Niederdruckdampf verwendet, und das bei Abkühlung aus dem Produktgas anfallende Kondensatwasser wird abgetrennt, gegebenenfalls von darin enthaltenen flüchtigen oder organischen Verunreinigungen befreit, und dann in einem Eindampfer eingedampft und als Prozeßdampf in den Gaserzeuger zurückgeführt. Als Heizmedium für den Eindampfer dient der Hochdruck- und/oder Niederdruckdampf, gegebenenfalls nach vorheriger Nutzung in einer Dampfturbine. Auf diese Weise wird das Kondensatwasser des Produktgases umweltfreundlich rezykliert.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Vergasen von Kohle, wobei das Produktgas in einem oder mehreren Wärmetauschern unter Erzeugung von Dampf bis unter den Kondensationspunkt des in ihm enthaltenen Wasserdampfs abgekühlt und das dabei aus dem Produktgas anfallende Kondensatwasser abgetrennt, aufbereitet und in den Prozeß zurückgeführt wird.

    [0002] Ein Verfahren dieser Art ist aus EP-A-0 202 428 bekannt. Das Verfahren wird vorzugsweise mit allothermer, also fremd­beheizter Kohlevergasung durchgeführt, wobei die für die Vergasung benötigte Prozeßwärme nicht durch die Vergasungs­reaktion selbst gewonnen, sondern von außen mittels Wärme­tauscher zugeführt wird. Zur Erzeugung der Prozeßwärme kann dabei eine äußere Wärmequelle, z.B. ein Kernreaktor dienen, die Prozeßwärme kann aber auch durch Verbrennen eines Teils des erzeugten Produktgases selbst gewonnen werden, wie aus der genannten EP-A-0 202 428 bekannt. Der Rest des Produktgases kann industriell verwertet oder aber zwecks Erzeugung elektrischer Energie mittels Gas- und/oder Dampfturbinen ebenfalls einer Verbrennung zugeführt werden. Man kann auf diese Weise einen kombinierten Gas- und Dampfturbinenprozeß mit integrierter Kohlevergasung schaffen, der eine wesentliche Verbesserung der Primär­energieausnutzung ermöglicht. Außerdem besteht gegenüber der direkten Verbrennung der Kohle der Vorteil, daß das durch Vergasung gewonnene Produktgas sehr viel einfacher von um­weltschädlichen Bestandteilen gereinigt werden kann als durch Kohleverbrennung erzeugtes Rauchgas.

    [0003] Ein wesentliches Problem bei der Kohlevergasung besteht je­doch darin, daß das durch die Vergasung gewonnene Rohgas einen hohen Wasserdampfanteil enthält, der insbesondere bei allothermer Vergasung über 40% liegt. Bei der späteren Ab­kühlung des Produktgases bis unter die Kondensationstempera­tur fällt eine hohe Menge an Kondensatwasser an. In diesem sind Rückstände organischer Art wie z.B. Phenole, BTX u.dgl. sowie auch anorganische Rückstände enthalten. Soll das Kon­densatwasser in die Umwelt entlassen werden, so muß es über aufwendige Einrichtungen so aufbereitet werden, daß es nicht mehr umweltschädlich ist. Aus der genannten EP-A-0 202 428 ist vorgeschlagen, das Kondensatwasser aufzubereiten und als Kesselspeisewasser für die Dampferzeugung zu nutzen. Eine Kesselspeisewasseraufbereitung ist aber bereits bei Verwendung von z.B. gewöhnlichem Flußwasser ein aufwendi­ger und kostspieliger Prozeß; die Gewinnung von Kessel­speisewasser aus dem extrem verunreinigten Kondensat des Produktgases würde technisch und in Hinblick auf die Kosten nicht vertretbar sein. Auch kann ja nach der Art der Verfahrensführung die Menge des anfallenden Konden­satwassers wesentlich größer sein als die Menge des zur Kesselnachspeisung benötigten Speisewassers.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der genannten Art so auszubilden, daß das aus dem Produkt­gas abgetrennte Kondensatwasser auf möglichst einfache und energetisch günstige Weise aufbereitet und in den Prozeß zurückgeführt wird.

    [0005] Die Lösung der Aufgabe ist im Anspruch 1 angegeben. Die Unteransprüche beziehen sich auf weitere vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens.

    [0006] Durch die Erfindung wird der Vorteil erzielt, daß die Auf­bereitung des Kondensatwassers für seine Rückführung in den Prozeß keiner zusätzlichen Energiequelle bedarf, sondern daß hierfür in einfacher Weise die im erzeugten Hochdruck- und/oder Niederdruckdampf enthaltene Abwärme verwendet werden kann. Da außerdem das Kondensatwasser nicht als Kesselspeisewasser, sondern in Dampfform als Prozeßdampf zurückgeführt wird, werden in ihm etwa noch enthaltene Anteile an organischen Verunreinigungen wieder mit dem erzeugten Produktgas vereinigt. An die bei der Aufberei­tung des Kondensatwassers erzielte Reinheit werden deshalb keine besonders hohen Anforderungen gestellt.

    [0007] Eine Ausführungsform der Erfindung wird anhand der Zeich­nung näher erläutert. Diese zeigt schematisch das Fließ­schema für die Durchführung des erfindungsgemäße Verfahrens.

    [0008] In der Zeichnung ist der bei 1 beginnende Weg des Produkt­gases mit einer Doppellinie und der Weg des erzeugten Dampfes mit einer dicken Linie bezeichnet, um diese Wege von den dünn gezeichneten Leitungen für Wasser od.dgl. zu unterscheiden.

    [0009] In einem Gaserzeuger A, der mittels einer Rohrschlange 11 allotherm beheizt wird, wird aus bei 13 zugeführter fein­körniger Kohle und bei 15 zugeführtem Wasserdampf eine Wirbelschicht erzeugt, wobei der überhitzte Wasserdampf als Reaktions- und Fluidisierungsmedium dient.

    [0010] Das im Gaserzeuger A erzeugte Produktgas oder Rohgas wird über eine Rohgaskühlstrecke 1 geführt und dabei im Wärme­tauscher 17 eines Hochdruckdampferzeugers B abgekühlt. Da­bei wird Hochdruckdampf erzeugt, dessen Druck vorzugsweise höher als 100 bar und dessen Überhitzungstemperatur vor­zugsweise höher als 450°C ist.

    [0011] Das abgekühlte Kohlegas wird über die Leitung 2 durch einen mit einem Venturi-Rohr versehenen Gaswäscher 19 geführt und tritt in den Abscheidebehälter C ein, wo sich im Gas enthaltene Verunreinigungen wie Staub, Salze (z.B. NH₄Cl) und teilweise organische Bestandteile abscheiden.

    [0012] Das den Abscheidebehälter C über 3 verlassende, so ge­reinigte Kohlegas wird in Wärmetauschern 21, 23, weiter abgekühlt, wobei in H Niederdruckdampf vorzugsweise im Bereich von 2 - 4 bar erzeugt wird. Das dabei in den Wärmetauschern 21, 23 anfallende Kondensatwasser, welches im wesentlichen Verunreinigungen organischer Natur enthält, wird als Wasch­wasser im Gaswäscher 19 verwendet und tritt mit dem Gas in den Abscheidebehälter C ein.

    [0013] Aus dem Abscheidebehälter C wird das Kondensatwasser über das Ventil 5 abgezogen und einer Stripperkolonne D zuge­führt. In dieser werden unter Zuführung von Niederdruck­dampf die im Kondensatwasser enthaltenen gasförmigen Be­standteile wie NH₃, H₂S sowie flüchtige organische Bestand­teile ausgetrieben und werden, gegebenenfalls nach Abkühlung im Wärmetauscher 25, einer Brüdenverbrennung über die Lei­tung 6 zugeführt.

    [0014] Das aus der Kolonne D ablaufende Kondensatwasser wird über die Pumpe 7 einem oder mehreren Koksgrusfiltern E zugeführt, in denen eine Abtennung der noch im Kondensatwasser ent­haltenen gelösten oder ungelösten Kohlenwasserstoffe erfolgt. Vorzugsweise kann in den Filtern E als Absorptionshilfs­mittel und Filterhilfsschicht Restkoks und/oder Flugstaub verwendet werden, welcher bei der Vergasung im Gaserzeuger A anfällt und dort als Rückstand über ein (nicht dargestelltes) Schleusensystem ausgetragen wird. Die Verwendung von Koks­grusfiltern zur Abtrennung von Kohlewasserstoffen aus Ab­wasser ist aus DE-A-36 35 461 bekannt.

    [0015] Nach dem Durchlaufen der Filter E wird das Kondensatwasser über die Leitung 8 einem Eindampfbehälter F zugeleitet und dort eingedampft. Als Wärmequelle für die teilweise Ver­dampfung des Kondensats wird der in B erzeugte und über­hitzte Hochdruckdampf verwendet, der zuvor durch eine Dampf­turbine T (Gegendruckdampfturbine) zur Arbeitsleistung, ins­besondere zum Antreiben eines Generators G zur Stromerzeu­gung, geführt wurde. Der Abdampf der Dampfturbine wird durch einen Röhrenwärmetauscher 27 des Eindampfbehälters F ge­führt und dort bis unter den Kondensationspunkt abgekühlt, so daß die Kondensationswärme des Abdampfes zur Verdampfung des von den Filtern E kommenden Kondensatwassers dient.

    [0016] Der im Eindampfbehälter F durch Eindampfen des Kondensat­wasser gewonnene Dampf wird über die Leitung 9 und 15 als Prozeßdampf dem Gaserzeuger A zugeführt. Wenn Druck und Temperatur des Abdampfes der Gasturbine T hoch genug sind, damit der im Eindampf­behälter F erzeugte Dampf einen höheren Druck hat als der Druck im Gaserzeuger A, dann kann der Dampf über die Lei­tung 15 direkt in den Gaserzeuger A eingespeist werden. Sind Druck und Temperatur des Abdampfes aus der Dampftur­bine T so niedrig, daß der Druck des im Eindampfbehälter F erzeugten Dampfes niedriger ist als der Druck im Gaserzeu­ger A, dann kann es erforderlich sein, den Dampf aus dem Eindampfgehälter F mittels des gestrichelt angedeuteten Verdichters 29 auf den für die Einspeisung in den Gaser­zeuger erforderlichen Druck zu komprimieren, wobei der Verdichter 29 von der Dampfturbine T angetrieben werden kann.

    [0017] Das im Wärmetauscher 27 des Eindampfbehälters F aus dem Abdampf der Turbine D kondensierte Wasser wird über eine Pumpe 31 und Wärmetauscher 33, 35 zum Hochdruckdampfer­zeuger B zurückgeführt.

    [0018] Falls die Menge des im Eindampfer F verdampften Kondensats nicht ausreicht, um den Bedarf an Prozeßdampf im Gaserzeu­ger A zu decken, kann in den Eindampfbehälter F zusätzliches Wasser von außen über die Leitung 37 eingespeist werden. Diese Einspeisung von Fremdwasser kann auch an anderer Stel­le, z.B. stromauf der Filter E, erfolgen.

    [0019] Der im Eindampfer F verbleibende Wasserrückstand wird über die Leitung 10 abgezogen und in einem Filter 39 von Fest­stoffen gereinigt und anschließend über die Pumpe 41 zum Eindampfbehälter F zurückgeführt. Die im Filter 39 abge­trennten Feststoffe können in üblicher Weise als Filter­kuchen getrocknet und abgeführt werden.

    [0020] Der besondere Vorteil der beschriebenen Verfahrensführung liegt darin, daß die im Abdampf aus der Dampfturbine T enthaltene Kondensationswärme für das Eindampfen des Kon­densatwassers, d.h. für das Erzeugen von Prozeßdampf ge­nutzt werden kann und somit nicht verlorengeht. Ferner ent­fällt durch den Verdampfungsvorgang in F zusätzliche ex­terne Kühlkapazität. Der gesamte Vergasungsprozeß kann nahe­zu abwasserfrei arbeiten, was insbesondere für die Kopplung des Vergasungsprozesses mit Gas- und Dampfturbinenprozessen, also im Kraftwerksbereich, wichtig ist.

    [0021] Die Beheizung des Gaserzeugers A mittels der Rohrschlange 11 erfolgt durch ein über die Leitung 45 zugeführtes heißes Wärmeträgermedium. Dieses kann z.B. von einem Kern­reaktor zur Verfügung gestellt werden. Einen in sich ge­schlossenen und von äußeren Wärmequellen unabhängigen Prozeß erhält man, wenn man mindestens einen Teil des über die Leitung 4 abgezogenen Produktgases verbrennt und das so erzeugte Rauchgas mit einer Temperatur von z.B. 850° oder mehr über die Leitung 43 der Rohrschlange 11 zuführt. Vor dem Eintritt in die Rohrschlange 11 kann das Rauchgas noch einen Wärmetauscher 45 durchströmen, um den im Eindampfer F gewonnenen Prozeßdampf auf Temperaturen von über 800° zu überhitzen. Das die Rohrschlange 8 ver­lassende Rauchgas kann in einem Wärmetauscher 47 noch zum Überhitzen des der Dampfturbine T zugeführten Dampfes ver­wendet werden.

    [0022] Die bei 25, 33 und 35 dargestellten Wärmetauscher dienen zur Vorwärmung des in den Dampferzeugern B und H ver­wendeten Kesselspeisewassers.

    [0023] Änderungen und Ausgestaltungen der dargestellten Ausfüh­rungsform sind im Rahmen der Erfindung möglich. So kann z.B. zum Erhitzen des Eindampfbehälters F auch der im Dampfer­zeuger H erzeugte Niederdruckdampf verwendet werden. In diesem Fall steht allerdings der über die Leitung 9 ab­gezogene Dampf nur unter einem niedrigen Druck und muß z.B. mittels des Kompressors 39 auf den zur Einspeisung in den Gaserzeuger A erforderlichen hohen Druck von z.B. 35 Bar nachverdichtet werden. Die zur Vorreinigung des Kondensats vor dessen Eindampfung vorgesehene Stripper­stufe D und/oder Filterstufe E können theoretisch auch weggelassen werden, wobei dann die betreffenden Verun­reinigungen im Kondensatwasser verbleiben und zusammen mit dem in F erzeugten Dampf wieder in den Gaserzeuger A zurückgeführt werden. Es besteht dann allerdings die Gefahr, daß sich bestimmte Verunreinigungsstoffe, wie z.B. das in der Stripperstufe D entfernbare Amoniak oder die in den Filtern E abtrennbaren Phenole u.dgl. in dem im Kreislauf geführten Kondensatwasser anreichern und unter Umständen eine für den Betrieb der Anlage und/oder für die verwendeten Materialien kritische Konzentration er­reichen können. Die Einschaltung der Stripperstufe D und Filterstufe E ist deshalb als vorsorgliche Maßnahme anzu­sehen.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Vergasen von Kohle unter Zuführung von Wärme und Prozeßdampf sowie zur Weiterbehandlung des Produktgases, wobei das Produktgas in Wärmetauschern unter Erzeugung von Hochdruck- und/oder Niederdruckdampf bis unter den Kondensationspunkt des in ihm enthaltenen Wasserdampfes gekühlt und der in ihm enthaltene Wasser­dampf als Kondensatwasser abgeschieden, aufbereitet und in den Prozeß zurückgeführt wird , dadurch gekenn­zeichnet, daß das Kondensatwasser in einer Ein­dampfstufe (F) im Wärmeaustausch mit dem Hochdruck- und/­oder Niederdruckdampf eingedampft und der so aus dem Kon­densatwasser erzeugte Dampf als Prozeßdampf der Gaserzeu­gungsstufe (A) zugeführt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1 , dadurch gekenn­zeichnet, daß das Kondensatwasser vor seiner Eindampfung in einer Stripstufe (D) von gasförmigen bzw. flüchtigen Verunreinigungen befreit und/oder in einer Filterstufe (E) von gelösten oder ungelösten Kohlenwasser­stoffen befreit wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2 , dadurch ge­kennzeichnet, daß mit dem erzeugten Hoch­druck- und/oder Niederdruckdampf eine Dampfturbine (T) angetrieben wird und daß der Abdampf der Gasturbine (T) für die Beheizung der Eindampfstufe (F) verwendet und dabei bis unter die Kondensationstemperatur abgekühlt wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 3 , dadurch gekenn­zeichnet, daß der durch Eindampfen des Konden­satwassers gewonnene Prozeßdampf in einer von der Gas­turbine (T) angetriebenen Verdichterstufe (29) nachver­dichtet wird.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1 , dadurch gekenn­zeichnet, daß der Eindampfstufe (F) zusätzlich zu dem Kondensatwasser auch Fremdwasser zugeführt wird.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht