[0001] Die Erfindung betrifft ein textiles Substrat, welches zu Bezügen an Sitzmöbeln, Stühlen
und andern Sitzeinrichtungen verarbeitbar ist und bei welchem das Substrat mindestens
ein Garn aufweist, das als ein natürliche Fasern aufweisendes Mischgarn ausgebildet
ist.
[0002] An Stoffüberzüge, die für den Bezug von Sitzeinrichtungen verwendet werden, werden
besondere Anforderungen gestellt. Unter Sitzeinrichtungen werden alle Arten von Sitzen
verstanden, d. h. Polstermöbel, bezogene Stühle, Automobilsitze, Bürostühle und Sitze
in andern Fahrzeugen wie Flugzeuge und Eisenbahnen, aber auch Rollstühle für gehbehinderte
und invalide Personen.
[0003] Die an diese Stoffe zu stellenden Anforderungen sind sehr mannigfaltig, die teilweise
auch entgegengesetzte Tendenz aufweisen, d.h. eine Verbesserung einer Eigenschaft
führt zu einer Verminderung einer andern gewünschten Eigenschaft.
[0004] Im Besonderen ist der durch die Bezüge vermittelbare Sitzkomfort dort von zusätzlicher
Bedeutung, wo die Sitzeinrichtung während längerer Zeit benützt wird, ohne dass der
Benützer sich von diesem erheben kann. Eine solche Situation besteht beispielsweise
für einen invaliden Rollstuhlfahrer, der an seinen Sitz gefesselt ist und ihn nur
mit fremder Hilfe verlassen kann. Eine ähnliche Situation besteht aber auch für den
Führer eines Kraftfahrzeuges, wenn er gezwungen ist, eine grössere Strecke zurückzulegen,
ohne dass er die Fahrt unterbrechen kann. Aehnliche Verhältnisse können auch für Passagiere
oder Reisende in Flugzeugen und in der Eisenbahn eintreten, die zu einem längeren
Stillsitzen zwingen.
[0005] Auch während des Sitzens entwickelt der menschliche Körper Wärme, welche an die Umgebung
abgegeben wird. Der Betrag an abzugebender Wärme ist vom Wärmewiderstand der Umgebung
abhängig. Ist dieser zu hoch, kann der Körper seinen Wärmeausgleich nicht aufrecht
erhalten, so dass die Transpiration angeregt wird, die für die Kühlung des Körpers
sorgt. Ist diese Transpiration klein, ist sie kaum spürbar, so dass für die betreffende
Person kein Unbehagen entsteht. Ist jedoch die Transpiration so gross, dass Flüssigkeit
bei der Transpiration entsteht, fühlt sich der Sitz unangenehm an, wenn die Feuchtigkeit
nicht abgeführt werden kann. Das Wohlbefinden beim längeren Sitzen hängt einerseits
von der Kleidung, aber andererseits vor allem vom Bezug des Sitzes und seinem Wärmewiderstand
ab.
[0006] Aus dem Bekleidungssektor ist es bekannt, Stoffe einzusetzen, die einen geringen
Wärmewiderstand aufweisen und dadurch die Transpiration vom Körper nach aussen erleichtern
sowie das Eindringen von Wind und Regen weitgehend verhindern. Solche Bekleidungen
bestehen aus einem Schichtmaterial, bei welchem zwei oder drei Lagen benützt werden.
Hierbei ist eine dieser Lagen eine dünne Membran aus Polytetrafluorethylen (PTFE)
die mikroskopisch kleine Poren enthält. Die kleinen Poren dieser an sich wasserabstossenden
Membran lassen kein Wasser durch. Dagegen kann Wasserdampf, wie er bei der Wärmeerzeugung
des menschlichen Körpers entsteht, durch diese Poren diffundieren.
[0007] Diese Mehrschichtenstoffe lassen sich jedoch für Sitze nicht anwenden, da der am
Körper entstehende Wasserdampf an die
[0008] Aussenfläche des Bezuges gelangt und an die Umgebung abgegeben werden sollte. Da
jedoch praktisch alle Sitzvorrichtungen eine Polsterung aufweisen, die aus Kunststoffeinlagen
und Schaumstoffen besteht, die einen hohen Wärmewiderstand aufweisen, kann der durch
die erwähnte Membran durchtretende Wasserdampf nicht, oder nur in geringem Mass an
die Umgebung abgegeben werden.
[0009] Hier setzt die Erfindung ein, der die Aufgabe zugrunde liegt, ein textiles Substrat
der eingangs beschriebenen Art so weiter auszugestalten, dass sein Wärmewiderstand
niedrig gehalten und eine ausreichende Abgabe von Wasserdampf an die Umgebung erreicht
werden kann, ohne dass dadurch die Saugfähigkeit und die Scheuerfestigkeit beeinträchtigt
werden.
[0010] Diese Aufgabe wird gemäss der Erfindung dadurch gelöst, dass das Substrat mindestens
65-85 % (Gew.) natürliche Fasern aufweist und der Rest synthetische Fasern sind. Zweckmässig
weist es 65-85 % natürliche Fasern aus Wolle und Ramie auf, wobei aus Wolle und Ramie
das Mischgarn gebildet ist.
[0011] Die Erfindung geht von der Ueberlegung aus, dass der Sitzkomfort von Bezügen an Sitzeinrichtungen
dadurch verbessert werden kann, dass der von der auf dem Bezug sitzenden Person erzeugte
Wasserdampf innerhalb des als Bezug eingesetzten textilen Substrats abgeleitet und
an die Umgebung abgegeben werden kann.
[0012] Von dem textilen Substrat, das als Bezug für Sitzvorrichtungen am Sitzteil und am
Rückenlehnenteil Anwendung finden kann, wird zunächst eine hohe Strapazierfähigkeit
verlangt, da solche Stoffe bei den vorstehend genannten Anwendungen eine hohe Gebrauchsdauer
erreichen müssen. Dies gilt beispielsweise vor allem bei öffentlichen Verkehrsmitteln,
wie Flugzeugen und Eisenbahnen. Es ist bekannt, dass Stoffe, die mit Kunststoffgarnen
gewoben werden, eine hohe Strapazierfähigkeit erreichen. Zwar wird durch ein Kunststoffgarn
die am Körper entstehende Feuchtigkeit schnell weitergeleitet, jedoch kann ein solches
Garn keine Feuchtigkeit aufnehmen und speichern. Dies bedeutet, dass schon bei Anwesenheit
geringer Feuchtigkeitsmengen der Eindruck entsteht, der Stoff sei feucht. Dies wird
vom Sitzbenützer als unangenehm empfunden und deshalb als mangelhafter Sitzkomfort
bewertet.
[0013] Andererseits ist es bekannt, dass Wolle eine hohe Aufnahmefähigkeit von Feuchtigkeit
besitzt. Dies bedeutet, dass ein Ueberzug aus Wolle solange einen angenehmen Sitzkomfort
bietet, als die Grenze der Aufnahmefähigkeit erreicht ist. Andererseits ist Wolle
ein sehr schlechter Leiter für Feuchtigkeit; es muss bei langer Benützung eines Stoffes
aus Wollgarnen eine erhebliche Abnahme des Sitzkomfortes erwartet werden, sobald die
Aufnahmefähigkeit für Feuchtigkeit erschöpft ist.
[0014] Um diese ungünstigen Eigenschaften von Kunststoff und Wolle zu verbessern wurden
zunächst Bezüge hergestellt, bei denen der Stoff aus einem synthetischen Garn und
einem Wollgarn gewebt wurde. Hierbei wurde beispielsweise für die Kette ein synthetisches
Garn und für den Schuss ein Wollgarn verwendet. Bezüge an Sitzvorrichtungen mit einem
solchen Stoff ergaben zwar einen guten Sitzkomfort, jedoch nur im Rahmen der Eigenschaften
der Wolle und des synthetischen Stoffes, d.h. eine Feuchtigkeitsableitung und eine
Saugfähigkeit im Rahmen des jeweiligen Woll- und Synthetikanteils. Wenn auch durch
die Verwendung eines synthetischen Garnes die Weiterleitung des Wasserdampfes erhöht
wurde, ergab sich für den Sitzbenützer nach einer verhältnismassig kurzen Zeit eine
subjektiv feststellbare Abnahme des Sitzkomfortes.
[0015] Weitere Untersuchungen zur Verbesserung des Sitzkomfortes führten zur Verwendung
eines Mischgarnes anstelle eines Wollgarnes. Ueberraschenderweise ergab sich aber
eine Erhöhung des Sitzkomfortes erst dann, als ein Mischgarn aus Wolle und Ramie verwendet
wurde. Ramie ist eine Bastfaser und ist eine der ältesten, für die Herstellung von
textilen Stoffen verwendete Faser. Ramie und eine ähnliche, als Chinagras bezeichnete
Pflanze gedeihen vor allem in tropischem und subtropischem Klima. Die perenierende
Ramiepflanze erreicht in geeignetem Klima eine Höhe von 120-250 cm und es können bis
zu fünf Ernten jährlich gewonnen werden. Die durch Decortieren und Degommieren gereinigte
Ramiefaser besteht zum grössten Teil aus Zellulose. Sie verhält sich daher ähnlich
wie Baumwolle, doch ist sie glatter, glänzender und steifer.
[0016] Mit dem erwähnten Mischgarn konnten nun Bezugstoffe für Sitzvorrichtungen geschaffen
werden, die einen deutlich erhöhten Sitzkomfort ergaben.
[0017] Vergleichsversuchse wurden von den Springborn Laboratories (Europe) AG in CH-9326
Horn durchgeführt. Hierbei wurde der Feuchtigkeitstransport in einem Gewebeverband
in Quer- und Längsrichtung gemessen, indem die Steighöhe von Wasser festgestellt wurde.
Für diesen Versuch wurde ein Bezugstoff verwendet, dessen Kette aus einer Polyesterfaser
PE/CS mit der Markenbezeichnung "TREVIRA" bestand, während als Schussfaden ein mit
der Marke "CLIMATEX" bezeichnetes Gewebe der Anmelderin verwendet wurde. Die Zusammensetzung
dieses Gewebes ist:
Polyester PE/CS 23 %
Ramie RA 15 % (Faser mit der Markenbzeichnung FIRON der Firma
Ernest H. Fischers Söhne, CH-5605 Dottikon)
Wolle WO 62 %
[0018] Die Steighöhe betrug in Kettrichtung nach 3 Stunden 19,5 cm und in der Schussrichtung
16,9 cm.
[0019] Bei einem Vergleichsstoff, dessen Kette und Schuss aus PE/CS bestand, betrugen die
Werte nach drei Stunden 20,8 cm in der
[0020] Kettrichtung und 18,0 cm in Schussrichtung. Die Steighöhe betrug demnach für einen
aus 100 % PE/CS hergestellten Stoff nur wenig mehr als für den Stoff mit dem als Schussfaden
verwendeten Mischgarn "CLIMATEX". Der nur aus PE/CS bestehende Stoff bietet aber nur
einen geringen Sitzkomfort, während der Stoff mit dem Mischgarn sehr hohe Ansprüche
bezüglich des Sitzkomfortes erfüllt. Es kommt noch hinzu, dass durch die Verwendung
der Ramie-Faser die Reissfähigkeit des Stoffes erhöht wird.
[0021] Vergleichsweise sei erwähnt, dass in einem Gewebeverband, bei dem Schuss und Kette
aus 100% Wolle bestand die Steighöhe sowohl in Quer- als auch in Längsrichtung nach
ein und drei Stunden praktisch Null war. Die vorstehend erwähnten günstigen Ergebnisse
können annähernd auch mit Mischgarnen erreicht werden, bei denen den natürlichen Fasern
des Mischgarnes Baumwolle, Leinen, Zellwolle mit Wolle oder andere tierische Fasern
aber auch synthetische Fasern zugefügt werden.
[0022] Für die zur Erhöhung des Sitzkomfortes bei Sitzvorrichtungen eignen sich vorzugsweise
Bezugsstoffe mit einer Zusammensetzung:
Wolle 50-70%
Ramie 10-20%
Polyester 15-35%
[0023] Anstelle der Polyesterfaser können auch andere Fasern aus Polypropylen, Polyacryl,
Aramid und Polyamid verwendet werden. Dem Mischgarn können auch Metallfasern zugefügt
werden, wodurch das Garn antistatische Eigenschaften erhält. Der Anteil kann hierbei
1-5 % erreichen.
[0024] Muss eine hohe antistatische Eignung erreicht werden, ist es zweckmässig, auf den
Metallfaserzusatz im Mischgarn zu verzichten und anstelle desselben einen separaten
Metalldraht in das Gewebe des Bezugsstoffes einzuweben.
[0025] Wie bereits erwähnt, kann das Substrat als Gewebe ausgebildet sein jedoch auch als
Schussraschel oder als Malimo. Hierbei kann das Mischgarn sowohl als Schussfaden als
auch Kettfaden verwendet werden. Wird es als Schussfaden verwendet, kann der Kettfaden
ein synthetisches Garn sein. Wird umgekehrt das Mischgarn als Kettfaden verwendet,
besteht der Schussfaden aus seinem synthetischen Garn. Es ist aber auch möglich, für
die genannten Bezugstoffarten sowohl für den Schussfaden als auch für den Kettfaden
ein Mischgarn zu verwenden. In diesem Fall werden dem Mischgarn synthetische Fasern
der vorstehend genannten Art zugefügt, so dass die vorstehend genannten Prozentzahlen
erreicht werden.
[0026] Bezugsstoffe ergeben dann einen hohen Sitzkomfort, wenn sowohl Schuss als auch Kette
aus dem Mischgarn hergestellt werden. Wegen der hohen Reissfestigkeit der Ramie- und
Polyester-Faser ist auch die Scheuerfestigkeit eines solchen Stoffes mit demjenigen
aus Synthetik allein vergleichbar. Bezugsstoffe, bei denen der Schuss und/oder die
Kette aus dem beschriebenen Mischgarn hergestellt sind, können auch mit einer Schwerentflammbarkeits-Ausrüstung
versehen werden, ohne dass dadurch der Sitzkomfort, d.h. der Feuchtigkeitstransport
durch das Gewebe, beeinflusst wird.
[0027] Die Gewebebindung hat nur einen geringen Einfluss auf den Feuchtigkeitstransport.
Zweckmässig ist es, für das Mischgarn Garne der Garnnummern Nm 10/2-40/2 zu verwenden.
1. Textiles Substrat, welches zu Bezügen an Sitzmöbeln, Stühlen und andern Sitzeinrichtungen
verarbeitbar ist und bei welchen das Substrat mindestens ein Garn aufweist, das als
ein natürliche Fasern aufweisendes Mischgarn ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet,
dass das Substrat 65-85% (Gew.) natürliche Fasern aufweist und der Rest synthetische
Fasern sind.
2. Substrat nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es 65-85 % natürliche Fasern
aus Wolle und Ramie aufweist, wobei aus Wolle und Ramie das Mischgarn gebildet ist.
3. Substrat nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass dem Mischgarn synthetische
Fasern beigemischt sind.
4. Substrat nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es ein Mischgarn aufweist,
bei dem die natürlichen Fasern aus tierischen und pflanzlichen Fasern zusammengesetzt
sind.
5. Substrat nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass bei dem Mischgarn der Anteil
an Ramie-Fasern 15-30 % beträgt.
6. Substrat nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die synthetischen Fasern
des Substrats mindestens 15 % Polyesterfasern, vorzugsweise 15-35 % umfassen.
7. Substrat nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die künstlichen Fasern Fasern
der Gruppe Polypropylen, Polyamid, Polyester, Polyacryl und Aramid umfassen.
8. Substrat nach einem der Ansprüche 1-7, dadurch gekennzeichnet, dass es als Gewebe
Schussraschel oder Malimo ausgebildet ist, bei welchem das Mischgarn als Schuss bzw.
Kette und ein synthetisches Garn als Kette bzw. Schuss verarbeitet ist.
9. Substrat nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es als Gewebe ausgebildet
ist, bei welchem sowohl die Kette als auch der Schuss Mischgarn aufweist.