(19)
(11) EP 0 356 827 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.03.1990  Patentblatt  1990/10

(21) Anmeldenummer: 89115214.2

(22) Anmeldetag:  18.08.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5D06M 15/643, E01C 13/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB GR IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 31.08.1988 DE 3829467

(71) Anmelder: BAYER AG
51368 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • de Montigny, Armand, Dr.
    D-5090 Leverkusen 1 (DE)
  • Kortmann, Wilfried
    D-5992 Nachrodt-Wiblingwerde (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Gleitmittel auf Polyorganosiloxanbasis


    (57) Die vorliegende Erfindung betrifft Gleitmittel auf Basis von Wasserstoffpolyorganosiloxanen für Substrate - ins­besondere Bodenbeläge -, das nachstehende Struktur auf­weist:

    wobei R ein Alkylrest bis zu 14 C-Atomen oder ein halogen- bzw. pseudohalogensubstituierter nieder­molekularer Alkylrest oder ein Phenylrest be­deutet, mit der Maßgabe, daß mindestens 50 % aller R-Reste aus Methylgruppen bestehen, und R₁ ein Methylrest und n eine Zahl zwischen 0 und 15 und x eine Zahl zwischen 100 und 1000 und y eine Zahl zwischen 2 und 10 bedeutet.


    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Gleitmittel auf Basis spezieller Wasserstoffpolyorganosiloxane, das synthetischen Materialien hohe Gleitfähigkeit verleiht, die auch unter verstärkter Beanspruchung dieser Materia­lien über längere Zeiträume erhalten bleibt

    [0002] Es ist seit langem bekannt, Gleitmittel auf Grundlage von Diorganopolysiloxanen - ggf. im Gemisch mit orga­nischen Substanzen wie z.B. Wachsen - einzusetzen. So lehrt DE-0S 2 161 813, daß Gemische von Diorganopoly­siloxanen unterschiedlicher Viskosität, die - ggf. neben R₃SiO1/2 - ebenfalls R₂Si(OR′)O1/2 Endgruppen, in denen R′ ein Wasserstoff oder Alkylrest bedeuten kann, aufweisen, gute Gleitmittel darstellen. DE-OS 2 535 768 schlägt vor, durch Emulsionspolymerisation gewonnene Diorganopolysiloxane, die eine Viskosität von mindestens 20000 cST bei 25°C aufweisen, im Gemisch mit Wachsen oder organischen, ggf. substituierten Polymeren, einzu­setzen. EP-A 0 063 311 schlägt Öl-/Wasser-Dispersionen vor, deren Wirkkomponente aus 5 bis 80 Gew.-% Siliconöl einer Viskosität von 500 bis 50000 mP.s bei 25°C sowie einen Rest aus Wachs, Fettsäuren, kationenaktiven Imi­dazoliniumsalzen und ethoxylierten Fettaminen besteht.

    [0003] Ebenfalls gute Gleiteigenschaften sollen lt. EP-A 0 145 150 Polyetherpolysiloxane aufweisen.

    [0004] Versuche in der Praxis haben gezeigt, daß die den oben genannten Schriften zugrunde liegenden Gleitmittel be­stimmten Garnen, Fasern, Folien usw. zum Teil die gefor­derten Eigenschaften verleihen können, jedoch für be­stimmte Substrate in ihrer Wirkung nicht ausreichend sind.

    [0005] So wird zum Beispiel im Falle von aus Polypropylenfasern bestehenden Kunstrasen eine äußerst hohe - einem natür­lichen Rasen vergleichbare - Glätte verlangt, eine Eigenschaft, die einem solchen Kunstrasen nur durch eine Behandlung mit einem Glättemittel vermittelt werden kann. Fehlen diese Eigenschaften, so kann es beim Sturze und Rutschen auf diesem Rasen zu Verletzungen und Ver­brennungen kommen. Wird ein solcher Rasen im Sportbe­trieb eingesetzt, so kommt im Falle von Hochleistungs­sportarten der Glätte eine besondere Bedeutung zu. Wird z.B. ein derartiger Rasen für ein Sportfeld präpariert, so muß er neben den schon oben angesprochenen Gleit­werten auch weitere für die jeweilige Sportart spezi­fische Eigenschaften aufweisen. So darf z.B. im Falle des Einsatzes als Rasen für Fußballspiele, das Ball­springverhalten oder das Ballrollverhalten usw. nicht beeinträchtigt werden. Ahnliche Anforderungen werden auch bei anderen Sportarten gostellt. So dürfen z.B. die Eigenschaften von künstlichen Skipisten oder von künst­lichen Curlingbahnen sich nicht signifikant von denjeni­gen natürlicher - gut präparierter - Untergründe unter­scheiden. Daneben sollen die geforderten Eigenschaften über einen längeren Zeitraum gegen extreme Beanspruchung seitens des Benutzers, wie auch - im Falle von Freiluft­anlagen - gegen atmosphärische Einflüsse unempfindlich sein.

    [0006] Ziel der vorliegenden Erfindung ist es, Substraten - z.B. auf Polyolefinbasis - die oben geschilderten Eigen­schaften zu vermitteln. Die Eigenschaften können über­raschenderweise erhalten werden, wenn ein derartiges Substrat mit einem wasserstoffhaltigen Polysiloxan, sei es aus organischer Lösung, sei es aus wäßriger Phase, behandelt wird. Das erfindungsgemäße Gleitmittel, das aus einem Wasserstoff-Polyorganosiloxan besteht, ist da­durch gekennzeichnet, daß es folgende Zusammensetzung aufweist:

    wobei R ein Alkylrest bis zu 14 C-Atomen oder ein halo­gen- bzw. pseudohalogensubstituierter niedermolekularer Alkylrest oder ein Phenylrest bedeutet, mit der Maßgabe, daß mindestens 50 % aller R-Reste aus Methylgruppen be­stehen, und R₁ ein Methylrest und n eine Zahl zwischen 0 und 15 und x eine Zahl zwischen 100 und 1000 und y eine Zahl zwischen 2 und 10 bedeutet.

    [0007] Produkte, die CH₃SiO₃/₂-, (CH₃)₃SiO₁/₂-, (CH₃)₂SiO- und CH₃(H)SiO-Bausteine aufweisen, sind prinzipiell bekannt und werden in der Textilchemie vor allem bei x-Werten ≧ 3 als Vernetzer gemeinsam mit Polyorganosiloxandiolen oder vinylgruppenhaltigen Polyorganosiloxanen und den entsprechenden Katalysatoren (s. z.B. US-PS 2 588 365, US-PS 4 456 542) als Hydrophobiermittel eingesetzt. Diese Produkte vermitteln, wenn überhaupt, nur schwache Gleiteigenschaften.

    [0008] Erstaunlicherweise zeigen die erfindungsgemäßen Struk­turen jedoch exzellente Gleitwerte, die - gemessen im Sling Test nach Leroux sowohl im Naß- wie im Trocken­zustand den Werten vom üblichen Naturrasen, die je nach Pflege Werte von 0,05 (idealer Grasteppich) bis 0,3 aufweisen, nahe kommen.

    [0009] Außerdem ist überraschend, daß sowohl Adhäsion wie auch Cohäsion nach dem Aufbringen - bei Umgebungstemperaturen wie auch bei Temperaturen unterhalb der Erweichungstem­peraturen der Substrate mit oder ohne Katalysator - aus­gezeichnet sind, so daß die Gleitwerte auch nach Bewit­terungstests alle in sie gestellten Forderungen erfül­len. Besonders geeignete Katalysatoren sind Zinn-, Zink- oder Edelmetallkomplexe.

    [0010] Die Einarbeitung oftmals schlecht zugänglicher haftver­mittelnder Gruppen entfällt somit, so daß auf den Einbau von z.B. Aminoalkylsiloxy-, bzw. Epoxysiloxy-Einheiten verzichtet werden kann.

    [0011] Darüber hinaus besitzen die erfindungsgemäßen Gleit­mittel zusätzlich sehr gute Hydrophobierungseigen­schaften und verleihen textilen Geweben einen angenehmen Griff.

    [0012] Die erfindungsgemäßen Siloxane können durch Sprühen, Tauchen usw. oder als Schaum z.B. aus von organischen Lösungen (Cyclohexan) oder in Form von wäßrigen Emul­sionen appliziert werden, wobei je nach Beschaffenheit der Substratoberfläche Mengen von 0,1 bis 100 g Wirk­stoff pro Quadratmeter zur Anwendung kommen.

    [0013] Die nachfolgenden Beispiele erläutern die Erfindung, ohne sie allerdings einzuschränken.

    Herstellungsbeispiele


    Beispiel A



    [0014] Ein Polysiloxan der Zusammensetzung

    das nach in der Siliconchemie gebräuchlicher Methode hergestellt wurde, wurde in Hexan gelöst, so daß eine 30%ige Lösung entsteht.

    Beispiel B



    [0015] Ein Polysiloxan der Zusammensetzung

    wird nach üblicher Methode so emulgiert, daß eine 40%ige - von organischem Lösungsmittel freie - Emulsion entsteht.

    Anwendungsbeispiele


    Beispiel 1



    [0016] Auf ein Substrat, bestehend aus einem Polypropylen­bändchenflortufting (Florauflage ca. 1200 g/m²) wird die Lösung von Beispiel A so aufgesprüht, daß pro Quadrat­meter ca. 90 g Naßgewicht erzielt werden. Das feuchte Substrat wird in einem in der Textilindustrie gebräuch­lichen Trockenaggregat bei max. 110°C von organischem Lösungsmittel befreit.

    [0017] Nach einer Konditionierung von 48 h wird mittels des Sling-Tests nach Leroux die Oberflächenglätte bestimmt. Die erzielten Werte liegen bei 0,30.

    Beispiel 2



    [0018] Auf ein ähnliches wie in Beispiel 1 beschriebenes Sub­strat wird die Emulsion aus Beispiel B, die auf 15 X mittels Wasser verdünnt wurde, so gesprüht, daß ein Wirkstoffgehalt von ca. 25 g/m² vorliegt. Das feuchte Substrat wird, wie in Beispiel 1 beschrieben, vom über­schüssigen Wasser befreit und konditioniert Das ge­trocknete Substrat wird anschließend einem Sling-Test nach Leroux unterzogen. Der gemessene Wert liegt bei 0,30. Nach einer Bewitterungsperiode von 30 Tagen steigt der Wert auf 0,31.

    Beispiel 3



    [0019] Eine Polyamid 6.6-Faser (Monofil) wird mittels eines Galettenauftragsaggregates mit der erfindungsgemäßen Zurichtung präpariert. Die Abzugsgeschwindigkeit des Fadens wird so eingestellt, daß 0,4 % Festsubstanz, bezogen auf Fasergewicht, auf der Faser verbleiben. Der ausgerüstete Faden wird im Normklima, 23°C und 50 % rel. Feuchte, getrocknet und für 7 Tage gelagert. Danach wird die Haftreibung (= statische Faden/Faden-Reibung) auf dem im nachfolgend beschriebenen Haftmeter (=H-Meter) gemessen.

    Prinzip der Meßmethode (Haftmeter)



    [0020] Die der Bewegung eines Körpers entgegenwirkende Rei­bungskraft FR ist der Normalkraft FN proportional und nahezu unabhängig von deren Berührungsfläche.

    Coulomb'sche Beziehung:



    [0021] FR = µ · FN (µ = Reibungskoeffizient).

    [0022] Liegt ein Körper auf einer schiefen Ebene, so kann der H-Wert bzw. µ statisch aus dem Winkel α bestimmt werden, bei dem der Körper gerade zu gleiten beginnt. Die Hang­abtriebskraft FA hat hier gerade die Haftreibkraft FR überwunden


    Aufbau des H-Meters



    [0023] Nach dem Prinzip der schiefen Ebene wurde eine "Meßkap­sel" auf eine drehbare Achse montiert, die mittels Motor mit einer bestimmten Geschwindigkeit gedreht wird und somit die Kapsel geneigt werden kann.

    [0024] In der "Kapsel" sind auf zwei Führungsstangen bewegliche Platten mit Schlitzen montiert, in die der Faden einge­legt und mit 2 x 10 p verspannt wird. Auf diese parallel verspannten Fäden wird dann der Reiter, ebenfalls mit einem Faden bespannt (10 p Spannung), gesetzt und die "Metallfahne" in die vorhandene, bewegliche Lichtschran­ke geschoben. Rutscht nun der Reiter bei einem bestimm­ten Winkel aus der Lichtschranke, wird der Motor automa­tisch gestoppt und an der Digitalanzeige ist der Tangens des Abrutschwinkels abzulesen. Aus zehn Einzelmessungen ergibt sich der gemittelte Endwert.

    [0025] Ergebnis der Messungen für die erfindungsgemäße Zubereitung:
    µ = 0,39.


    Ansprüche

    1. Gleitmittel auf Basis von Wasserstoffpolyorgano­siloxanen für Substrate - insbesondere Bodenbeläge - dadurch gekennzeichnet, daß es nachstehende Struktur aufweist:

    wobei R ein Alkylrest bis zu 14 C-Atomen oder ein halogen- bzw. pseudohalogensubstituierter nieder­molekularer Alkylrest oder ein Phenylrest be­deutet, mit der Maßgabe, daß mindestens 50 % aller R-Reste aus Methylgruppen bestehen, und R₁ ein Methylrest und n eine Zahl zwischen 0 und 15 und x eine Zahl zwischen 100 und 1000 und y eine Zahl zwischen 2 und 10 bedeutet.
     
    2. Gleitmittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeich­net, daß O < n < 2.
     
    3. Gleitmittel nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß 250 < x < 600.
     
    4. Gleitmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß 2,4< y < 5.
     
    5. Verfahren, dadurch gekennzeichnet, daß Substrate auf Basis Polyolefine, Polyester und/oder Polyamid mit Gleitmitteln nach einem der Ansprüche 1 bis 4 behandelt werden.
     
    6. Verfahren nach 5, dadurch gekennzeichnet, daß pro Quadratmeter 0,1 bis 100 g, vorzugsweise 0,5 bis 50 g, Wirksubstanz aufgebracht werden
     
    7. Verfahren nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekenn­zeichnet, daß dem Gleitmittel ein Kondensations­katalysator aus der Gruppe der Zinn-, Zink- oder Edelmetall-Komplexe während des Ausrüstungsvorgangs zugesetzt wird.