(19)
(11) EP 0 356 852 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.03.1990  Patentblatt  1990/10

(21) Anmeldenummer: 89115342.1

(22) Anmeldetag:  19.08.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5E01B 5/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 30.08.1988 DE 3829340

(71) Anmelder: Elektro-Thermit GmbH
D-45139 Essen (DE)

(72) Erfinder:
  • Arndt, Gerhard
    D-8000 München 70 (DE)
  • Guntermann, Hans, Dr.
    D-4300 Essen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Geräuschmindernde Schiene


    (57) Geräuschmindernde Schiene, insbesondere Rillenschiene für Kurven von Straßenbahngleisen, welche in der Lauffläche des Schienenkopfes mittig eine in Schienenlängsrichtung verlaufende Ausnehmung, die profilge­recht mit einem NE-Metall ausgefüllt ist, aufweist, und im Restquer­schnitt aus Stahl besteht, wobei die Ausnehmung mit einem Lagermetall ausgefüllt ist. Als Lagermetall wird vorzugsweise eine an sich bekann­te bleireiche oder zinnreiche Legierung verwendet.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine geräuschmindernde Schiene, insbesondere Rillenschiene für Kurven von Straßenbahngleisen, welche in der Lauf­fläche des Schienenkopfes mittig eine in Schienenlängsrichtung ver­laufende Ausnehmung, die profilgerecht mit einem NE-Metall ausgefüllt ist, aufweist, und im Restquerschnitt aus Stahl besteht.

    [0002] Es ist bekannt, daß Schienenfahrzeuge, insbesondere in Kurven mit engen Radien, Geräusche verursachen können, deren Stärke in vielen Fällen über das erträgliche und zulässige Maß hinausgehen. Diese Ge­räusche werden im wesentlichen durch Schlupfschwingungen verursacht, die z.B. darauf zurückzuführen sind, daß die fest auf einer Achse angeordneten Räder bei Kurvenfahrten unterschiedliche Wege zurück­legen müssen, wodurch ein Schlupf für den Wegausgleich auftritt. Bis zum Schlüpfen tritt jedoch eine steigende Verspannung der Räder ein, bis der Haftwert zwischen Rad und Schiene überschritten wird und eine ruckartige Entspannung einsetzt. Unter ihrem Einfluß führt der Rad­satz Drehschwingungen aus, deren Schwingungsenergie zum Teil als Luftschall an die Umgebung übergeht, während ein anderer Teil als Körperschall abgegeben wird.

    [0003] Diese Verhältnisse treten insbesondere bei Straßenbahngleisen auf, die kleine Kurvenradien aufweisen. Die Steifheit und Einbettung der Rillenschienengleise erlauben den in Kurven zwängenden und schlüpfen­den Rädern der Straßenbahnfahrzeuge unter bestimmten Berührungsver­hältnissen kurze, schnelle Reibschwingungen, die zu den bekannten, in vielen Fällen unerträglichen Geräuschen hoher Tonlage und unter an­derem zu starken seitlichen Ausfahrungen der Schienenköpfe und Leit­schienen führen.

    [0004] Zu Veminderung der Geräuschentwicklung sind entsprechend dem Stand der Technik eine große Anzahl von Vorschlägen gemacht worden. So hat man z.B. im Bereich der Lauf- und Führungsflächen der Schienen dünne Auflagen aus Blei oder Zinn aufgetragen. Diese Auflagen haben jedoch nur eine sehr geringe Verschleißfestigkeit und werden deshalb schnell abgetragen. Außerdem werden die Bremswege der auf diesen Schienen fahrenden Fahrzeuge in nicht vertretbarem Maße erhöht.

    [0005] Aus der DE-PS 19 03 177 ist eine geräuschmindernde Schiene, die im Bereich der Lauf- und Führungsflächen Auflagen aus NE-Metall aufweist und im Restquerschnitt aus Stahl besteht, bekannt, wobei das Ne-Me­tall aus einer ein- oder mehrphasigen Bronze mit mindestens 50 % Kup­fergehalt und einem oder mehreren Legierungselementen, vorzugsweise Aluminium, Eisen, Mangan oder bzw. und Nickel, besteht.

    [0006] Vorzugsweise ist das NE-Metall eine mehrphasige Aluminiumbronze mit 8 % Aluminium-, 2 % Eisen-, 12 % Mangan- und 2 % Nickelgehalt neben Kupfer als Restgehalt.

    [0007] Die nach dieser Patentschrift verwendeten Bronzen weisen hohe Festig­keits- und Verschleißeigenschaften auf. Die Bronze ist dabei mit dem restlichen stählernen Schienenwerkstoff vorzugsweise stoffschlüssig durch Schweißung verbunden. Die Aufschweißung der Bronze kann sowohl bei neuen wie abgenutzten Schienen sowohl in Fabrikationsstätten als auch im eingebauten Gleis angewendet werden. Nach dem Aufschweißen werden die Schienen im Aufschweißungsbereich profilgerecht geschlif­fen. Es hat sich jedoch gezeigt, daß auch dieser Lösungsvorschlag nicht voll befriedigen kann.

    [0008] Aus der DE-PS 583 928 ist eine Schiene bekannt, welche zwecks Vermei­dung der Geräuschbildung durch Schlitze, Einschnitte oder dergleichen unterbrochen ist. Als Schiene wird dabei eine Rillenschiene ver­wendet, bei der die Fahrschiene und die Zwangsschiene entweder aus einem Stück besteht oder bei der die Fahrschiene und die Zwangs­schiene miteinander lösbar verbunden sind. Die Schlitze oder Ein­schnitte verlaufen dabei quer zur Schienenlängsrichtung abwechselnd in der Oberkante und der Unterkante der Zwangsschiene. Diese Schlitze oder Einschnitte können dabei mit verschleißfestem oder schmierendem Werkstoff, wie z.B. Blei oder Weißmetall (Lagermetall), ausgefüllt werden. Diesem Lösungsgedanken liegt die Überlegung zugrunde, daß die Schallfortleitung durch diese Schlitze gehemmt wird. Jedoch hat auch dieser Vorschlag nicht zu einer Lösung des Problems der Geräuschver­minderung geführt. Ein wesentlicher Nachteil einer solchen Schiene mit quer verlaufenden Schlitzen oder Einschnitten zeigt eine wesent­lich verminderte mechanische Belastbarkeit und kann deshalb in rauhen Streckenbetrieben nicht eingesetzt werden.

    [0009] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine geräuschmindernde Schiene zu schaffen, die die Eigenschaft der Geräuschminderung über einen langen Zeitraum behält und deren Festigkeitseigenschaften nicht vermindert sind.

    [0010] Gegenstand der Erfindung ist somit eine geräuschmindernde Schiene, insbesondere Rillenschiene für Kurven von Straßenbahngleisen, welche in der Lauffläche des Schienenkopfes mittig eine in Schienenlängs­richtung verlaufende Ausnehmung, die profilgerecht mit einem NE-Me­tall ausgefüllt ist, aufweist, und im Restquerschnitt aus Stahl be­steht und welche dadurch gekennzeichnet ist, daß die Ausnehmung mit einem Lagermetall ausgefüllt ist.

    [0011] Als Lagermetalle eignen sich insbesondere die bleireichen und zinn­reichen Legierungen, wie sie z.B. in der DIN iso 4381 beschrieben sind. Beispiele solcher Legierungen sind:
    Tabelle 1
    Bleireiche Legierungen
    Chemische Elemente Chemische Zusammensetzung in % (Masseanteile)
      PbSb15SnAs PbSb15Sn10 PbSb14Sn9CuAs PbSb10Sn6
    Pb 80,0 bis 84,0 71,0 bis 77,0 70,0 bis 78,0 80,0 bis 86,0
    Sb 13,5 bis 15,5 14,0 bis 16,0 13,0 bis 15,0 9,0 bis 11,0
    Sn 0,9 bis 1,7 9,0 bis 11,0 8,0 bis 10,0 5,0 bis 7,0
    Cu 0,7 0,7 0,7 bis 1,5 0,7
    As 0,8 bis 1,2 0,6 0,3 bis 1,0 0,25
    Cd 0,02 0,05 0,3 bis 0,7 0,05
    Ni - - 0,2 bis 0,6 -
    Bi 0,1 0,1 0,1 0,1
    Fe - 0,1 0,1 0,1
    Al 0,005 0,005 0,005 0,005
    Zn 0,005 0,005 0,005 0,005
    Sonstige zusammen 0,2 0,2 0,2 0,2
    Tabelle 2
    Zinnreiche Legierungen
    Chemische Elemente Chemische Zusammensetzung in % (Masseanteile)
      SnSb12Cu6Pb SnSb8Cu4 SnSb8Cu4Cd
    Sn 79,0 bis 81,0 88,0 bis 90,0 88,0 bis 99,0
    Sb 11,0 bis 13,0 7,0 bis 8,0 7,0 bis 8,0
    Cu 5,0 bis 7,0 3,0 bis 4,0 3,0 bis 4,0
    Cd - - 0,8 bis 1,2
    Pb 1,0 bis 3,0 0,35 0,35
    As 0,1 2) 0,1 3) 0,5
    Ni - - 0,1 bis 0,5
    Bi 0,08 0,08 0,08
    Fe 0,1 0,1 0,05
    Al 0,005 0,005 0,005
    Zn 0,005 0,005 0,005
    Sonstige zusammen 0,4 0,2 0,2
    2) In Sonderfällen ist ein Höchstwert von 0,8 % (Masseanteile) zulässig
    3) In Sonderfällen ist ein Höchstwert von 0,5 % (Masseanteile) zulässig


    [0012] Als besonders brauchbar hat sich folgende Legierung erwiesen:
    Chemische Zusammensetzung % (Masseanteile)
    Pb 82,2
    Sn 6
    Cd 0,5
    Cu 0,8
    Sb 10,0
    Ni -
    As 0,5


    [0013] Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Schienen werden neue Schienen vorzugsweise am Ort der Herstellung oder verlegte Schienen durch Fräsen oder Schleifen mit einer Nut versehen, die mittig im Schienen­kopf und in Schienenlängsrichtung verlaufend angeordent sind. Diese Längsnut hat vorzugsweise eine mittlere Breite von 8 bis 18 mm und eine Tiefe von 3 bis 10 mm. Besonders bevorzugt weist die Längsnut eine mittlere Breite von 10 bis 15 mm und eine Tiefe von 3 bis 6 mm auf. Vor dem Einbringen des Lagermetalls werden zweckmäßig die Be­grenzungsflächen der Nut verzinnt. Dies kann in an sich bekannter Weise mit einer Ammonchlorid/Alkalichloride enthaltenden Zinnpulver­paste in die Nut und Beaufschlagung der Nut mit der Flamme eines Brenners geschehen. In die so vorbereitete verzinnte Nut wird das Lagermetall in einem gewissen Überschuß eingeschmolzen. Nach dem Er­kalten wird der über das Profil des Schienenkopfes ragende Überschuß des Lagermetalls in an sich bekannter Weise abgetragen. Dies kann von Hand oder unter Verwendung von Schienenkopfschleifmaschinen ge­schehen.

    [0014] Es hat sich bei entsprechenden Versuchen in eingebauten Gleisen, z.B. Kehrschleifen von Straßenbahnen, gezeigt, daß die erfindungsgemäßen Schienen geräuschfrei befahren werden können, ohne daß störende Quietschgeräusche auftreten. Die mechanische Festigkeit der erfin­dungsgemäßen Schienen ist weitgehend erhalten. Der Bremsweg der auf diesen Schienen fahrenden Fahrzeuge liegt innerhalb der vorgeschrie­benen Bedingungen.

    [0015] Mit der vorliegenden Erfindung wird somit das der DE-PS 19 03 177 zu entnehmende Voruteil überwunden, daß das die Nut ausfüllende Material besondere Festigkeitseigenschaften aufweisen muß. Bei Einhaltung der Abmessungen der Nut ist sichergestellt, daß die für die Gewährlei­stung der Sicherheit erforderliche Festigkeit der Schiene im Bereich der Radauflage erhalten bleibt, jedoch andererseits das in der Nut angeordnete Lagermetall die Entstehung von Quietschgeräuschen verhin­dert. Eine solche Lehre konnte auch nicht der DE-PS 583 928 entnommen werden, da hier Lagermetalle in quer zur Schienenlängsrichtung ver­laufenden Schlitzen oder Einschnitten eingebracht sind, welche die Bruchfestigkeit der Schiene mindern, und diese Schlitze oder Ein­schnitte vorzugsweise in der Ober- und Unterkante der Einsatzzwangs­schiene angeordnet sind.


    Ansprüche

    1. Geräuschmindernde Schiene, insbesondere Rillenschiene für Kurven von Straßenbahngleisen, welche in der Lauffläche des Schienen­kopfes mittig eine in Schienenlängsrichtung verlaufende Ausneh­mung, die profilgerecht mit einem NE-Metall ausgefüllt ist, auf­weist, und im Restquerschnitt aus Stahl besteht, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Ausnehmung mit einem Lagermetall ausgefüllt ist.
     
    2. Schiene nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Lagerme­tall eine bleireiche oder zinnreiche an sich bekannte Lagermetall­legierung ist.
     
    3. Schiene nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die mit Lagermetall ausgefüllte Längsnut eine mittlere Breite von 8 bis 18 mm und eine Tiefe von 3 bis 10 mm aufweist.
     
    4. Schiene nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Längsnut eine mittlere Breite von 10 bis 15 mm und eine Tiefe von 3 bis 6 mm aufweist.