(19)
(11) EP 0 356 950 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.03.1990  Patentblatt  1990/10

(21) Anmeldenummer: 89115770.3

(22) Anmeldetag:  26.08.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5D06M 11/11, D06M 11/50, D06M 11/30, D06M 13/364, D06M 11/09
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB IT

(30) Priorität: 01.09.1988 DE 3829631

(71) Anmelder: BASF Aktiengesellschaft
D-67063 Ludwigshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Bereck, Attila, Dr.
    D-6701 Maxdorf (DE)
  • Reincke, Klaus
    D-6706 Wachenheim (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Filzfreiausrüstung von textilen Materialien aus Wolle


    (57) Verfahren zur Filzfreiausrüstung von textilen Materialen, die aus Wolle bestehen oder Wolle zusammen mit anderen Fasern im Gemisch enthalten, bei dem

    (a) die textilen Materialien in wäßriger Flotte soweit chloriert, daß die Aktivchloraufnahme 0,2 bis 2,0 Gew.% beträgt,

    (b) die chlorierten textilen Materialien dann unmittelbar mit einer Flotte behandelt, die mindestens eine Peroxiverbindung gelöst enthält und gegebenenfalls

    (c) 0,5 bis 5 Gew.%, bezogen auf die textilen Materialien, eines bekannten Polymeren für die Filzfreiausrüstung aufbringt.


    Bei der erfindungsgemäßen Behandlung von Wolle tritt praktisch keine Vergilbung der Ware auf.


    Beschreibung


    [0001] Zur Verbesserung der Schrumpfbeständigkeit von textilen Materialien, die aus Wolle bestehen oder Wolle zusammen mit anderen Fasern im Gemisch enthalten, sind zahlreiche Methoden bekannt. Hierüber wird in der Literatur in Übersichtsartikeln berichtet, vgl. K.R. Makinson, Fiber Science Series, Band 8, Shrinkproofing of Wool, Marcel Dekker Inc., New York und Basel 1979 und A. Bereck, Deutscher Färberkalender, Band 84, 247-285 (1980). Behandlungen der textilen Materialien mit chlorhaltigen oder chlorfreien Oxidationsmitteln haben dabei große praktische Bedeutung, einerseits als selbständige Ausrüstungsverfahren, andererseits als Vorbehandlungsstufe von kombinierten Verfahren, bei denen das aus Wolle bestehende Textilmaterial zunächst oxidiert und daran anschließend mit einem Polymerisat behandelt wird. Dabei wird eine Reihe von verschiedenen Polymeren und reaktionsfähigen oligomeren Substanzen eingesetzt. Einige darunter können auch ohne eine oxidierende Vorbehandlung verwendet werden.

    [0002] Alle bisher bekannten Filzfreiausrüstungsverfahren weisen jedoch Nachteile auf. Behandelt man beispielsweise ein textiles Material aus Wolle mit einem kationischen Polyamid-Epichlorhydrin-Harz auf Basis von Adipinsäure und Diethylentriamin nach dem Verfahren, das aus der GB-PS 1 074 731 und der GB-PS 1 174 822 bekannt ist, so muß man mit einer deutlichen Veränderung des färberischen Verhaltens der Wolle rechnen. Führt man dagegen die Filzfreiausrüstung nach dem Verfahren der DE-OS 23 07 563 oder der DE-AS 24 14 470 durch, bei denen als Polymer Additionsprodukte von Isocyanaten und Disulfiten verwendet werden, so tritt eine deutliche Verhärtung der Wolle auf. Textile Materialien aus Wolle, die nach den Verfahren der GB-PS 1 533 343 zunächst mit einem Oxidations- oder Chlorierungsmittel und anschließend mit einer Verbindung behandelt werden, die mehrere Aziridinreste enthält, so erhält man zwar Materialien, die eine hohe Krumpfbeständigkeit und einen ausgesprochen weichen Griff aufweisen, sie sind aber in der Regel etwas gelber als das unbehandelte Material. Diese Farbtonverschiebung der Wolle wird durch die hierbei angewandte chlorierende Vorbehandlungsstufe verursacht und kann bei weißer oder pastellfarbiger Ware (z.B. hellblau) störend wirken. Eine Vergilbung tritt bei Sämtlichen Verfahren auf, die einen chlorierenden Behand­lungsschritt enthalten, insbesondere dann, wenn die Chlorierung zur Vermeidung von unegaler Behandlung oberhalb von pH 2 durchgeführt wird. Es hat daher in der Praxis nicht an Versuchen gefehlt, chlorierende Filzfrei­ausrüstungsmittel durch andere Oxidationsmittel, wie beispielsweise Car'osche Säure (H₂SO₅), ihre Salze (Caroat®) oder durch Kaliumpermanganat zu ersetzen. Die Anwendung dieser Mittel führt zwar in der Regel nicht zur Vergilbung der Wolle oder anderer keratinhaltiger Fasern, sondern bewirkt oft eine Erhöhung des Weißgrades der so behandelten textilen Materialien. Leider ist aber die schrumpfverringernde Wirkung dieser Mittel nicht ausreichend, um Wolle waschmaschinenfest zu machen. Die Wirkung bleibt weit unterhalb der Wirksamkeit der chlorabspaltenden Substanzen, vgl. die oben zitierte Literaturstelle K.R. Makinson, Seite 311. Die Gründe dafür sind in dieser Literaturstelle auf den Seiten 233 ff ausführlich dargelegt. Eine einbadige Anwendung von chlorierenden Substanzen und Kaliumpermanganat oder eine Verfahrensweise, wie Kaliumpermanganatbehandlung und anschließende Chlorierung der Wolle, schädigt die Wollsubstanz und löst in der Regel das Vergilbungsproblem nicht. Bei gefärbter oder weiß-bunt-gemusteter Wollware scheidet eine Permanganatbehandlung ohnehin aus, weil Permanganat die Farbstoffe angreift.

    [0003] Sowohl nach der Chlorierung der Wolle als auch nach einer Behandlung von Wolle mit Kaliumpermanganat ist eine reduktive Nachbehandlung, z.B. mit Natriumbisulfit, unerläßlich. In dem zuerst genannten Fall der Chlorierung müssen aggressive Chloraminreste, die sich aus Wollpeptid und Chlor bilden, zerstört werden. Im zweiten Fall wird der aus Kaliumpermanganat entstandene Braunstein zu wasserlöslichen Mangan-2-Salzen reduziert und dadurch eliminiert. Daraus folgt, daß die bisher bekannten Verfahren zur Filzfreiausrüstung mindestens zweistufig sind.

    [0004] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Filzfreiausrüstung von textilen Materialien, die aus Wolle bestehen oder Wolle zusammen mit anderen Fasern im Gemisch enthalten, zur Verfügung zu stellen, bei dem praktisch keine Vergilbung und praktisch keine Schädigung der Fasern auftritt. Das behandelte textile Material soll außerdem einen weichen Griff aufweisen.

    [0005] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst mit einem Verfahren zur Filzfrei­ausrüstung von textilen Materialien, die aus Wolle bestehen oder Wolle zusammen mit anderen Fasern im Gemisch enthalten, durch Chlorieren und Bleichen der textilen Materialien, wenn man

    (a) die textilen Materialien in wäßriger Flotte so weit chloriert, daß die Aktivchloraufnahme, bezogen auf den Gehalt an Wolle der trockenen textilen Materialien, 0,2 bis 2 Gew.% beträgt,

    (b) die chlorierten textilen Materialien dann unmittelbar mit einer Wasserstoffperoxid enthaltenden Flotte behandelt, die 3 bis 30 ml Wasserstoffperoxid, berechnet auf 35 gew.%iges Wasserstoffperoxid, pro Liter gelöst enthält oder 1 bis 10 Gew.%, bezogen auf Wolle, H₂SO₅ oder eines wasserlöslichen Alkali- oder Ammoniumsalzes der Perschwefelsäure darauf in wäßriger Lösung einwirken läßt und gegebenenfalls

    (c) 0, 5 bis 5 Gew.%, bezogen auf die textilen Materialien, eines bekannten Polymeren für die Filzfreiausrüstung aufbringt.



    [0006] Die Wolle kann in allen Verarbeitungsstufen vorliegen, z.B. als Gewebe, Maschenware, Flocke, Kammzug oder Garn.

    [0007] Zur Filzfreiausrüstung des Wollmaterials erfolgt in der Verfahrensstufe a) zunächst eine Chlorierung. Als chlorierende Agenzien kommen beispielsweise gasförmiges Chlor, Chlorwasser und eine Reihe von anorganischen und organischen Substanzen in Betracht, die reaktives Chlor, d.h. Chlor in der Oxidationsstufe +1, enthalten. Von besonderer technischer Bedeutung sind dabei hypochlorige Säure und ihre Salze, insbesondere Natriumhypochlorit sowie wasserlösliche Salze der Dichlorisocyanursäure, vorzugsweise Natriumdichlorisocyanurat. Die Verwendung von wasserlöslichen Salzen der Dichlorisocyanursäure zur Chlorierung von proteinhaltigen textilen Materialien ist bekannt. Die Chlorierung wird vorzugsweise in einem wäßrigen Medium durchgeführt. Hierbei arbeitet man entweder in langer Flotte oder durch Foulardieren. Das Flottenverhältnis in der langen Flotte beträgt in der Regel 1:10 bis 1:50. Vorzugsweise verwendet man als chlorierendes Agens Natriumhypochlorit oder Natriumdichlorisocyanat. Die Konzentrationen der chlorierenden Agenzien in der Flotte betragen 0,2 bis 2,0 g/l, bezogen auf den Aktivchlorgehalt. Die Chlorierung der textilen Materialien wird bei einer Flottentemperatur von etwa 5 bis 35, vorzugs­weise 10 bis 25°C durchgeführt. Der pH-Wert der Chlorierungsflotte liegt zwischen 2 und 7, vorzugsweise 3 bis 5. Die Dauer der Chlorierung richtet sich nach der Reaktionsgeschwindigkeit des Chlorierungsmittels mit den Wolle. Sie kann je nach pH-Wert und Temperatur der Behandlungsflotte zwischen 5 und 60 Minuten betragen. Die Behandlungsflotte enthält vorzugsweise eine solche Konzentration an Chlorierungsmittel, daß nach Abschluß der Chlorierung das aktive Chlor im Behandlungsbad verbraucht ist. Der Endpunkt der Chlorierung kann beispielsweise mit Hilfe von Kaliumjodid-Stärke-Papier leicht festgestellt werden. Die proteinhaltigen Fasern der textilen Materialien werden soweit chloriert, daß die Aktivchloraufnahme, bezogen auf den Wollgehalt der trockenen textilen Materialien, 0,2 bis 2, vorzugsweise 0,5 bis 1,5 Gew.% beträgt.

    [0008] Die Chlorierung der textilen Materialien kann auch in Gegenwart eines Netzmittels durchgeführt werden. Sofern die Chlorierung in Gegenwart eines Netzmittels erfolgt, enthält die Chlorierungsflotte 0,2 bis 1,0 g/l eines Netzmittels oder eines Netzmittelgemisches. Geeignete Netzmittel sind beispielsweise Alkoxylierungsprodukte von langkettigen Alkoholen, z.B. C₈- bis C₁₈-Alkoholen sowie die Alkoxylierungsprodukte von Phenol und Alkylphenolen. Als Alkoxylierungsmittel kommen vorzugsweise Ethylenoxid und/oder Propylenoxid in Betracht. Pro Mol Alkohol oder Phenol lagert man beispielsweise 5 bis 60, vorzugsweise 5 bis 20 Mol Ethylenoxid an. Propylenoxid wird in einer solchen Menge, meistens zusammen mit Ethylen­oxid an die Alkohole oder Phenole angelagert, daß man noch wasserlösliche Netzmittel erhält. Weitere geeignete Netzmittel sind C₉- bis C₁₃-Alkyl­phosphorsäuremono- oder -diester sowie C₄- bis C₈-Alkylphosphorsäure­triester und C₈-C₁₈-Alkylsulfonate. Die Chlorierung der Wolle kann auch kontinuierlich durchgeführt werden. In der Verfahrensstufe (a) des erfindungsgemäßen Verfahrens wird vorzugsweise soweit chloriert, daß die Aktivchloraufnahme 0,2 bis 2,0, vorzugsweise 0,5 bis 1,5 Gew.% beträgt. Der Chlorierungsgrad der Wolle beträgt bei dem erfindungsgemäßen Verfahren etwa nur 50 % des Wertes, der bei den Verfahren des Standes der Technik üblicherweise eingestellt wird.

    [0009] Nach Beendigung der Chlorierung erfolgt unmittelbar eine Behandlung der chlorierten textilen Materialien mit Peroxid, Peroxysulfat oder Kombinationen derselben im Verfahrensschritt (b). Beim erfindungsgemäßen Verfahren entfällt das bisher übliche Entchloren mit Natriumdisulfit. Die Chlorierung der Wolle wird vorzugsweise im Verfahrensschritt (a) soweit durchgeführt, daß die Flotte praktisch kein aktives Chlor mehr enthält (Prüfung mit Kaliumjodid-Stärke-Papier). Eine so weit erschöpfte Flotte gemäß Verfahrensschritt (a) braucht nicht abgelassen zu werden, sondern kann direkt für den Verfahrensschritt (b) verwendet werden. Im Verfahrensschritt (b) erfolgt die Behandlung der chlorierten Wolle mit einer Peroxiverbindung unter den bei der Wollbleiche üblichen Bedingungen. Zu diesem Zweck setzt man der praktisch erschöpften Chlorierungsflotte gemäß (a) 3 bis 30, vorzugsweise 5 bis 15 ml Wasserstoffperoxid, berechnet als 35 %iges Wasserstoffperoxid, zu oder verwendet als Peroxiverbindung H₂SO₅ oder die Alkali- oder Ammoniumsalze dieser Säure, oder Kombinationen von Wasserstoffperoxid und Persulfat oder Peroxyschwefelsäure in jedem beliebigen Verhältnis. Die Konzentration der wasserlöslichen Salze der Caro'schen Säure sowie die der Peroxyschwefelsäure in der Behandlungs­flotte liegt bei 1 bis 10, insbesondere 2 bis 5 Gew.%, bezogen auf Wolle. Vorzugsweise verwendet man im Verfahrensschritt (b) Wasserstoffperoxid.

    [0010] Der pH-Wert der Flotte, die für die Behandlung des textilen Materials im Verfahrensschritt (b) in Betracht kommt, liegt wie bei der oxidativen Wollbleiche üblich, zwischen 5 und 9,5. Wenn man in dem pH-Bereich von 7,0 bis 9,5 arbeitet, wählt man für die Behandlung des textilen Materials Temperaturen der Flotte zwischen 35 und 60, vorzugsweise zwischen 40 und 50°C. Es ist jedoch auch möglich, bei Flottentemperaturen zwischen 10 und 35°C zu arbeiten, jedoch benötigt man dann längere Verweilzeiten der textilen Materialien in der Flotte. Bei empfindlichen Färbungen oder bei stark gebleichtem Material kann es vorteilhaft sein, die Behandlung im Verfahrensschritt (b) bei möglichst tiefen Temperaturen, d.h. zwischen 10 und 25°C durchzuführen. In solchen Fällen benötigt man in aller Regel außer längeren Behandlungszeiten auch höhere Peroxidkonzentrationen. Bei der Arbeitsweise im schwach sauren pH-Bereich, z.B. von 5 bis 7, ist es oft vorteilhaft, die Behandlung des textilen Materials im Verfahrens­schritt (b) in Gegenwart eines Bleichaktivators durchzuführen. Bleich­aktivatoren werden dabei in Konzentrationen von 1 bis 5 g/l Flotte verwendet. Beim Arbeiten im sauren pH-Bereich und der gegebenenfalls in Betracht kommenden Mitverwendung von Bleichaktivatoren führt man die Behandlung des textilen Materials in der Regel bei Temperaturen zwischen 60 und 80°C durch. Die Behandlungsdauer berägt dann 10 bis 60 Minuten. Geeignete Bleichaktivatoren sind Carboxylgruppen aufweisende wasser­lösliche Verbindungen oder Carbonsäureanhydride, z.B. Pentaacetylglukose, Glukonsäure, Pentapropionylglukose, Tetraacetylethylendiamin, Tetra­acetylglykoluril, Carbonsäureanhydride, wie Bernsteinsäureanhydrid, Benzoesäureanhydrid oder Phthalsäureanhydrid, Natrium- oder Magnesium­diacetylphosphat sowie Verbindungen, die unter Anwendungsbedingungen unter Bildung von Carbonsäure hydrolysieren, z.B. Phenolester, wie p-Carboxyl­phenylacetat, p-Sulfonylphenylacetat, p-Kresylacetat oder Phenylacetat. Auch Carbonsäuren, wie Fumarsäure und Glutarsäure können als Bleichaktivator verwendet werden.

    [0011] Nachdem die Peroxiverbindung praktisch verbraucht ist, ist die Behandlung gemäß Verfahrensstufe (b) beendet. Das textile Material wird dann dem Bad entnommen, gespült und getrocknet. Falls jedoch eine besonders effiziente Filzfreiausrüstung von textilen Materialien erwünscht ist, schließt sich an den Verfahrensschritt (b) eine Behandlung des textilen Materials mit Polymeren an. Gegebenenfalls kann vor dieser Behandlung ein Spülen des textilen Materials erfolgen. Im Verfahrensschritt (c) wird das Textilgut in einem frischen Bad mit einer Lösung oder einer Dispersion eines synthetischen Polymeren bzw. Oligomeren in an sich bekannter Weise behandelt. Die Behandlung des textilen Materials kann dabei sowohl aus kurzer Flotte (Flottenverhältnis von unter 1:10) aus langer Flotte (Flottenverhältnis 1:10 bis 100), durch Klotzen, Sprühen oder Schaum­auftrag erfolgen. Die in der wäßrigen Flotte enthaltenen Polymeren ziehen dabei auf die Wollfasern auf. Das so imprägnierte Textilgut wird anschließend bei Temperaturen oberhalb von 60°C, in der Regel in dem Temperaturbereich von 80 bis 150°C getrocknet, wobei eine Reaktion zwischen den Polymeren und dem Textilmaterial bzw. eine Vernetzung des Polymeren eintritt. Für die Filzfreiausrüstung geeignete Polymere sind beispielsweise aus der GB-PS 1 533 343, der US-PS 4 592 757 und der US-PS 2 961 247 bekannt. Die Filzfreiausrüstung von Wolle mit Polymeren wird außerdem von A. Bereck in Deutscher Färberkalender, Band 84, Seiten 255 ff (1980) ausführlich beschrieben. Die dort zur Filzfrei­ausrüstung beschriebenen Polymeren können bei dem erfindungsgemäßen Verfahren in der Verfahrensstufe (c) als Polymer eingesetzt werden. Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhält man filzfest ausgerüstete Wolle, die nicht vergilbt ist und auch praktisch keine Schädigung aufweist. Verglichen mit den bekannten Verfahren zur Filzfreiausrüstung von Wolle benötigt man bei dem erfindungsgemäßen Verfahren nur etwa die Hälfte der Menge an Aktivchlor, um Ausrüstungen einer vergleichbaren Qualität herzustellen. Im Unterschied zum Stand der Technik können die Verfahrens­stufen (a) und (b) in einem einzigen Bad durchgeführt werden.

    [0012] Die Prozentangaben in den Beispielen sind Gewichtsprozent.

    Beispiele



    [0013] Für sämtliche Beispiele und Vergleichsbeispiele wurde ein Wollgestrick verwendet, das extrem stark zum Filzschrumpfen neigte. Alle Behandlungen erfolgten in langer Flotte bei einem Flottenverhältnis von 1:40. Die im folgenden angegebenen Anwendungsmengen von Hilfsmitteln sind stets in Gewichtsprozent, bezogen auf das Wollgewicht, berechnet. Die Versuchs­bedingungen und Ergebnisse sind in den Tabellen 1 und 2 zusammengefaßt. Im folgenden werden für die einzelnen Behandlungen die Bedingungen angegeben, unter denen die Behandlung jeweils erfolgt ist.

    Verfahrensschritt (a) - Chlorierung



    [0014] Das Wollmaterial wurde zunächst mit einer Flotte vorbehandelt, die 1 % eines handelsüblichen emulgierten Phosphorsäureesters und 3 % 60 %ige Essigsäure enthielt. Der pH-Wert der Flotte betrug 4,5, die Behandlungs­dauer 10 Minuten, die Behandlungstemperatur 20°C.

    [0015] Nach dieser Behandlung setzte man jeweils zu diesem Bad die in den Tabellen angegebene Menge an Chlorbleichlauge oder Natriumdichlor­isocyanurat zu. Das Textilmaterial wurde in dieser Flotte 30 bis 45 Minuten behandelt, d.h. bis Kaliumjodid-Stärke-Indikatorpapier sich nicht mehr blau färbte. Die Behandlungstemperatur betrug 20°C, der pH-Wert der Flotte lag bei 4 bis 4,5.

    Verfahrensschritt (b)



    [0016] Die in der Tabelle 1 angegebenen Mischungen aus Wasserstoffperoxid, Na₄P₂O₇ und gegebenenfalls Bleichaktivator wurden zu dem nach Abschluß der Chlorierung gemäß Verfahrensschritt (a) vorliegenden Bad direkt zugesetzt, und zwar nachdem die Prüfung auf aktives Chlor mit Kaliumjodid-Stärke-­Indikator-Papier negativ ausfiel.

    [0017] Als Bleichaktivator wurde ein Dicarbonsäuregemisch aus Bernsteinsäure, Glutarsäure und Adipinsäure verwendet.

    Verfahrensschritt (c)



    [0018] Die Filzfreiausrüstung mit einem Polymeren erfolgte ebenfalls in langer Flotte bei einem Flottenverhältnis von 1:40. Als Polymer wurde der im Beispiel 1 der GB-PS 1 533 343 beschriebene zweifache Ester der β-Aziridinopropionsäure mit Polytetrahydrofuran vom Molekulargewicht 2000 eingesetzt. Das Polymere wurde zur Bereitung der Flotte zunächst in 5 %iger wäßriger Schwefelsäure gelöst und zusammen mit 2 % Na₂S₂O₅ (Natriummetabisulfit) in das Behandlungsbad gegeben. Die Polymerkonzen­tration betrug 1 %. Das Textilmaterial wurde jeweils 30 Minuten lang bei Raumtemperatur behandelt und ohne Spülen bei 110°C getrocknet.

    Entchlorung



    [0019] Sofern eine Entchlorung des Textilmaterials durchgeführt wurde, erfolgte sie in dem Bad, in dem das Textilmaterial zuletzt behandelt wurde. Hierzu setzte man diesem Bad jeweils 2 % Na₂S₂O₅ und 1 % eines handelsüblichen Netzmittels (Anlagerungsprodukt von 48 Mol Ethylenoxid an 1 Mol Ricinusöl) zu. Die Behandlung dauerte 10 Minuten bei 30°C. Sofern die Chlorierung mit Natriumhypochlorit durchgeführt wurde, erfolgte diese Behandlung analog der Chlorierung mit dem Dinatriumsalz der Isocyanursäure mit dem einzigen Unterschied, daß der pH-Wert 3 betrug und die Behandlungsdauer ca. 10 Minuten betrug.

    Behandlung mit Kaliumperoxymonosulfat (KHSO₅)



    [0020] wurde so durchgeführt, daß man die Wolle zunächst mit einer Flotte vorbehandelte, die 1 % 85 %iger Ameisensäure und 1 % eines handelsüblichen emulgierten Phosphorsäureesters enthielt. Die Behandlung dauerte 5 Minuten und wurde bei 30°C und einem pH-Wert von 4 vorgenommen. Anschließend fügte man 7 % KHSO₅ innerhalb von 5 Minuten zu. Die Behandlung dauerte ca. 30 Minuten. Der Endpunkt der Behandlung war dann erreicht, sobald sich Kaliumjodid-Stärke-Papier nicht mehr beim Benetzen mit der Flotte blau färbte.

    Reduktive Nachbehandlung



    [0021] Für die reduktive Nachbehandlung gab man zu dem Bad 5 % Natriumsulfit und 2 % Natriumcarbonat. Der pH-Wert der Flotte wurde auf einen Wert in dem Bereich von 7,5 bis 8,0 eingestellt. Die Behandlungsdauer betrug 20 Minuten.

    Testmethoden



    [0022] Der Flächenkrumpf beim Waschen wurde nach der IWS-Testmethode Nr. 31, der Gelbgrad nach DIN 6167 und die Alkalilöslichkeit nach DIN 54 281 bestimmt.



    Tabelle 2
    Vergleichsbeispiele Nr. Reihenfolge der Behandlungen von Wolle Flächenkrumpf in % nach Wäsche(n) Gelb-Grad DIN 6167 Alkalilöslichkeit in %
      I Chlorieren bzw. Oxydieren II Entchloren III Filzfreiausrüstung mit Polymeren 2) 1x 5x    
    1 - - - 60 70 22,0 16,2
    2 1,9 % DC1) 2 % Na₂S₂O₅ - 40 70   21,5
    3 1,9 % DC 2 % Na₂S₂O₅ 2 % Polymer 12 38   -
    4 3,5 % DC 2 % Na₂S₂O₅ - 9 62 - 23,4
    5 3,5 % DC 2 % Na₂S₂O₅ 2 % Polymer - 2 - 3 24,6 (26,6) -
    6 7,0 % KHSO₅ 5 % Na₂SO₃ - 48 65 - 29,8
    7 7,0 % KHSO₅ 5 % Na₂SO₃ 2 % Polymer 18 50 18,6 (22,5) -
    Bei den Vergleichsbeispielen 2 bis 7 wurde die Wolle nach dem Chlorieren, wie unter II angegeben, entchlort.
    1) DC = Na-dichlorisocyanurat
    2) Polymer und Behandlung des Textilmaterials wie bei Verfahrensschritt (c) der Beispiele


    [0023] Wie die Ergebnisse in den Tabellen 1 und 2 zeigen, kann ein ausreichender Filzfreieffekt auf dem untersuchten Material nur mittels einer intensiven Chlorierung, vgl. Vergleichsbeispiel 5 und anschließender Behandlung mit dem Polymer erreicht werden. Diese Vorbehandlung verursacht jedoch eine deutliche Vergilbung der Wolle.

    [0024] Verwendet man anstelle eines Chlorierungsmittels KHSO₅, vgl. Vergleichs­beispiele 6 und 7, so erreicht man zwar eine Aufhellung der Wolle, jedoch ist der Filzfreieffekt auch nach einer Polymerbehandlung bei weitem nicht zufriedenstellend. Außerdem verursacht die oxidative Behandlung ein hohes Maß an Wollschädigung, die an den hohen Anteilen von in Alkali löslichen Bestandteilen der Wolle erkenntlich ist.

    [0025] Gemäß den Beispielen 1 bis 10 erzielt man bei den noch zusätzlich mit einem Polymer behandelten Materialien einen hohen Grad an Filzfreiheit, wobei keine Vergilbung der Ware auftritt. Die niedrigen Werte der Alkalilöslichkeit zeigen, daß die Schädigung der Wolle bei dem erfindungsgemäßen Ausrüstungsverfahren vernachlässigbar gering ist.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Filzfreiausrüstung von textilen Materialien, die aus Wolle bestehen oder Wolle zusammen mit anderen Fasern im Gemisch enthalten, durch Chlorieren und Bleichen der textilen Materialien, dadurch gekennzeichnet, daß man

    (a) die textilen Materialien in wäßriger Flotte so weit chloriert, daß die Aktivchloraufnahme, bezogen auf den Gehalt an Wolle der trockenen textilen Materialien, 0,2 bis 2,0 Gew.% beträgt,

    (b) die chlorierten textilen Materialien dann unmittelbar mit einer Wasserstoffperoxid enthaltenden Flotte behandelt, die 3 bis 30 ml Wasserstoffperoxid, berechnet auf 35 gew.%iges Wasserstoff­peroxid, pro Liter gelöst enthält oder 1 bis 10 Gew.%, bezogen auf Wolle, H₂SO₅ oder eines wasserlöslichen Alkali- oder Ammoniumsalzes der Peroxyschwefelsäure darauf in wäßriger Lösung einwirken läßt und gegebenenfalls

    (c) 0,5 bis 5 Gew.%, bezogen auf die textilen Materialien, eines bekannten Polymeren für die Filzfreiausrüstung aufbringt.


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man die Verfahrensstufe (a) in Gegenwart eines Netzmittels durchführt.
     
    3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß man die Verfahrensstufe (b) in Gegenwart eines Bleichaktivators durchführt.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß man textile Materialien aus Wolle oder aus Fasermischungen, die Wolle enthalten,

    (a) in wäßriger Flotte bis zu einer Aktivchloraufnahme von 0,5 bis 1, 5 Gew.% bezogen auf den Gehalt an Wolle der trockenen textilen Materialien, chloriert und

    (b) direkt im Anschluß an die Chlorierung 5 bis 15 ml Wasserstoff­peroxid, berechnet auf 35 gew.%iges Wasserstoffperoxid, zu der Flotte zusetzt und das textile Material bleicht.


     
    5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß man auf das textile Material zusätzlich (c) 1 bis 2,5 Gew.% eines für die Filzfreiausrüstung bekannten Polymeren aufbringt.