(19)
(11) EP 0 357 939 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
14.03.1990  Patentblatt  1990/11

(21) Anmeldenummer: 89113941.2

(22) Anmeldetag:  28.07.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5F27B 7/24
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB GR IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 09.09.1988 DE 3830678

(71) Anmelder: VEBA OEL Technologie und Automatisierung GmbH
D-45896 Gelsenkirchen (DE)

(72) Erfinder:
  • Wenning, Hans-Peter
    D-4285 Raesfeld (DE)
  • Blasko, Michael
    D-4390 Gladbeck (DE)
  • Vits, Reinhard
    D-51067 Köln (DE)

(74) Vertreter: Lindner, Wolfgang, Dr. 
Alexander-von-Humboldt-Strasse
D-45896 Gelsenkirchen
D-45896 Gelsenkirchen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Drehrohr


    (57) Bei diesem am Außenumfang angetriebenen und auf Rollen laufenden Drehrohr (2) mit im Bereich der an die Drehrohrenden anschließenden Drehrohrköpfe (12) vorgesehenen Leitungen bzw. Stutzen für Produkteintritt, Produktgasabzug und Feststoffaustritt zur thermischen Behandlung, Schwelung oder Pyrolyse flüssiger oder fester Stoffe oder Mischphasen mittels indirekter Beheizung wird zwecks verbesserter Dichtfunktion und erhöhter Standzeit der Dichtungspackungen zwischen den bewegten und den stehenden Teilen des Drehrohres (2) eintritts- und austrittsseitig je ein schwimmendes Gleitringdichtungssystem (3,4,5) vorgesehen. Mittels je einer kraftschlüssigen Rahmenkonstruktion (8) wird eine Drehverbindung zwischen dem Drehrohr (2) und den beiden mit den Leitungen bzw. Stutzen verbundenen stationären Drehrohrköpfen (12) ermöglicht.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein am Außenumfang angetriebenes und mittels an den beiden Drehrohrenden an deren Außenumfang axialsymmetrisch angeordneten Laufringen auf Rollen laufendes Drehrohr mit im Bereich der an die Drehrohrenden anschließenden Drehrohrköpfe vorgesehenen Leitungen bzw. Stutzen für Produkteintritt, Produktgasabzug und Feststoffaustritt zur thermischen Behandlung, Schwelung oder Pyrolyse flüssiger oder fester Stoffe oder Mischphasen mittels indirekter Beheizung durch eine stationäre um den Drehrohrmantel angeordnete Muffel.

    [0002] Eine technische Ausführung einer Schwelung kohlenwasserstoffhaltiger Rückstände ist beschrieben in "Die katalytische Druckhydrierung von Kohlen, Teeren und Mineralölen", Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg, 1950. Hiernach wird der auf etwa 400 bis 450 °C erhitzte kohlenwasserstoffhaltige flüssige Rückstand in den Schwelraum eingespritzt, der durch Gasheizung von außen auf etwa 550 bis 600 °C erhitzt wird. Es findet eine Destillation auf Koks statt, wobei das Abtreiben des gewinnbaren Kohlenwasserstoffölanteils durch Gegenstromzugabe von ca. 10 % überhitztem Wasserdampf gefördert werden kann. Der Schwelrückstand wird an dem dem Eingang gegenüberliegenden Ende des Ofens durch eine Wassertauchung ausgetragen (vgl. Seite 45). Dabei wurden derartige Vorrichtungen, die austragsseitig schwach gegen die Horizontale nach unten geneigt angeordnet wurden, häufig als sogenannte Kugelöfen mit einer Beschickung aus Stahlkugeln vorgesehen, um mittels in Längsrichtung als Mitnehmer aufgeschweißter flacher Rippen zu bewirken, daß die Kugeln im sich drehenden Ofen möglichst hoch mitgenommen wurden, um dann im Herabfallen die sich bildenden Krusten loszuschlagen (vgl. Seite 254, a.a.O.).

    [0003] Neben der Aufarbeitung von kohle- oder mineralölstämmigen kohlenwasserstoffhaltigen Rückständen können durch Schwelung auch Abfallstoffe wie Kunststoffabfälle, kohlenwasserstoffbelastete Rückstände, kontaminierte Böden, Biomassen, Abschlämme u. dgl. auf flüssige Produkte und Schwelteer neben Schwelgas und Schwelkoks aufgearbeitet werden.

    [0004] So ist vorgeschlagen worden, Hausmüll, Industrie- und Gewerbemüll sowie Sonderabfallstoffe in einem geeigneten Reaktor, z. B. einem Drehrohrofen, einer Niedertemperatur-Pyrolyse zu unterziehen (vgl. DE-PS 29 47 293, EP-0 111 081 Al).

    [0005] Vergleichsweise wenige Veröffentlichungen befassen sich mit der apparativen Seite derartiger Verfahren, insbesondere der Zurverfügungstellung verbesserter Drehrohrkonstruktionen. Eine zufriedenstellende Abdichtung der drehenden Teile eines Drehrohrs von den die Produktzuführungs- bzw. Produktaustrittsleitungen aufnehmenden feststehenden Teilen ist immer noch ein technisches Problem, dessen Lösung wegen der herrschenden mechanischen und thermischen Belastungen beträchtliche Schwierigkeiten macht.

    [0006] So ist nach der DE 33 46 338 Al eine Dichtungsanordnung mit einem Gleitringdichtungssystem und einer an einem rotierenden Teil eines Drehrohrs angeordneten Abdichtscheibe sowie dichtend anliegenden Anlaufringen vorgeschlagen worden.

    [0007] Wesentliche Nachteile der herkömmlich gebauten und im Stand der Technik bekannten Drehrohrkonstruktionen sind die Wärmeverluste im Bereich der direkt am Drehrohr eingebauten Laufringe, die aufgetretenen Probleme bei der Abdichtung zwischen den feststehenden Drehrohrköpfen und dem sich drehenden Rohr und die mit der Wärmedehnung des Drehrohrs verbundenen Probleme.

    [0008] Die mit den Laufringen und auch dem Antrieb des Drehrohrs, der häufig als Kettentrieb über Zahnräder erfolgt, verbundenen Wärmeverluste führen auch zu einer Verschlechterung der Flüssigproduktausbeute aufgrund vorzeitiger Kondensation mit anschließenden Crack- und Polymerisationsreaktionen. Die bekannten Drehrohrkonstruktionen wurden gewöhnlich mit einem weichen, axialen Dehnungskompensator zum Drehrohrkopf ausgelegt. Die Dichtungsfunktion des beispielsweise mit Druckrolle an den stationären Dichtungsteil angepreßten rotierenden und zwei Dichtungspackungen enthaltenden Dichtungsteils wird erheblich von Drehrohrexzentrizitäten beeinträchtigt.

    [0009] Aus diesen Unzulänglichkeiten leitet sich die Erfindungsaufgabe ab, durch eine verbesserte thermische Isolierung, insbesondere im Bereich der Laufringe des Drehrohrs zu einem besseren thermischen und chemischen Wirkungsgrad beizutragen.

    [0010] Eine weitere Aufgabe besteht darin, durch eine verbesserte konstruktive Anordnung der Elemente des Gleitringdichtungssystems zu einer verbesserten Dichtfunktion und einer wesentlich erhöhten Standzeit der Dichtungspackungen zwischen den bewegten und den stehenden Teilen des Drehrohrs beizutragen.

    [0011] Diese Aufgaben und Ziele werden dadurch gelöst, daß bei einer Drehrohrkonstruktion der eingangs genannten Art eintritts- und austrittsseitig je ein schwimmendes Gleitringdichtungssystem mit je einer kraftschlüssigen Rahmenkonstruktion eine Drehverbindung zwischen dem Drehrohr und den beiden mit den Leitungen bzw. Stutzen verbundenen stationären Drehrohrköpfen ermöglicht.

    [0012] Eine vorteilhafte Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Gleitringdichtungssystems besteht darin, daß dasselbe einen elastischen Dichtungsteil mit hydraulisch, pneumatisch oder durch Federkraft nachgeführter Kompensatoreinheit zum Ausgleich des Verschleißes der eigentlichen Dichtungselemente aufweist.

    [0013] Das vorgeschlagene Gleitringdichtungssystem mit beispielsweise einer kugelgelagerten Rahmenkonstruktion und kraftschlüssiger Verbindung zum Drehrohrkopf erlaubt, daß der Drehrohrkopf alle Bewegungen des Drehrohrs mit Ausnahme der Drehbewegung um die Drehachse mitmachen kann.

    [0014] Durch diese Maßnahme brauchen nur noch die Produktzuführungs- bzw. -abführungsleitungen kompensiert zu werden, wohingegen bei den Ausführungen nach dem Stand der Technik sämtliche Relativbewegungen des Drehrohrkopfes über den gesamten Drehrohrdurchmesser kompensiert werden mußten.

    [0015] Durch die Baueinheit einer Kugeldrehverbindung, wie sie als Ausführungsbeispiel nachfolgend näher erläutert wird, mit dem elastischen Teil der Gleitringdichtung in einer Rahmenkonstruktion, liegt eine exakte Führung der Dichtung vor, und es ist ein einfacher Dehnungsausgleich zum Ausgleich des Verschleißes der Dichtungselemente wie Packungen, Metallringe oder dergl. möglich. Auf diese Weise machen Ein- und Austragskopf "frei schwimmend" alle Bewegungen, und insbesondere auch die den Verschleiß der Dichtungselemente um ein Mehrfaches übertreffende Wärmeausdehnung des Drehrohrs mit.

    [0016] Im folgenden wird eine spezielle Ausführungsform des erfindungsgemäßen Gleitringdichtungssystems im Sinne eines Ausführungsbeispiels näher beschrieben und anhand der Darstellung in Figur 1 erläutert.

    [0017] Ein mit dem drehenden Teil der Dichtung verschraubter Flansch 1 ist über den gesamten Umfang mit dem Außenmantel des Drehrohrs 2 an dessen Enden verschweißt. Im drehenden Teil der Dichtung sind die Dichtungselemente 3, 4, 5, z. B. Packungen, Metallringe oder dergl. aus geeigneten Materialien mechanisch exakt geführt, wodurch im Zusammenwirken mit dem stehenden Dichtungsflansch 6 eine zuverlässige Abdichtung bewirkt wird. Zwischen den aus den Dichtungselementen 3, 4, 5, dem drehenden Dichtungsflansch 1 sowie dem stehenden Dichtungsflansch 6 gebildeten ringförmigen Sperräumen kann mittels Durchgangsventilen oder dergl. ein Sperrgas oder eine Sperrflüssigkeit zugeführt werden, um gegenüber dem abzudichtenden Raum für einen zur Erzeugung einer Strömung in Richtung des Drehrohrinneren ausreichenden geringen Überdruck zu sorgen.

    [0018] In einem Abstand zu dem vorgenannten mit den Dichtungselementen in Berührung stehenden Dichtungsflansch ist ein weiterer Flansch 7 als Teil einer Rahmenkonstruktion 8, die beispielsweise als Schweißkonstruktion ausgeführt sein kann, derart angeordnet, daß zwischen diese beiden Flansche eine Kompensatoreinheit 9 eingeschweißt ist. Diese Kompensatoreinheit 9 bildet den elastischen Teil der Dichtung und dient insbesondere zum Ausgleich des Verschleißes der Dichtungselemente. Sie ist als Metallkompensator beispielsweise als Faltenbalg ausgebildet. Mittels Feder 10, Hydraulik oder Pneumatik kann die Anpreßkraft des Dichtungsflansches an die Dichtungselemente konstant gehalten werden und der Verschleiß der Dichtungselemente 3, 4, 5 in gewissen Grenzen ausgeglichen werden. Durch ein Dichtungselement 11 zwischen Flansch 7 und Drehrohrkopf 12 wird ein weiterer Sperraum gebildet, der die Bauteile des Dichtungssystems vor den teilweise chemisch aggressiven Pyrolysegasen, Koksablagerungen u. dgl. schützt.

    [0019] Der nichtdrehende Teil der Dichtung wird gegen das von dem drehenden Teil ausgeübte Moment zweckmäßig durch in der Figur nicht gezeigte Drehmomentsicherungen in Form starrer Stangenverbindungen zwischen der Rahmenkonstruktion und dem stehenden Dichtungsflansch gesichert. Die beiden nichtdrehenden Flansche 6 und 7 des Dichtungssystems werden durch die stationäre Rahmenkonstruktion 8 bei allen praktisch vorkommenden Betriebsbedingungen parallel gehalten. An dem drehenden Flansch 1 des Dichtungssystems ist die Kugeldrehverbindung 13 mit deren innerem Ring verschraubt, der äußere Ring ist mit dem die kraftschlüssige Rahmenverbindung gewährleistenden Rahmen 8 fest verbunden, beispielsweise verschraubt. Die Rahmenverbindung ist am anderen Ende mit dem stehenden und nichtkompensierten Dichtungsflansch 7 verschraubt. Dieser Dichtungsflansch ist wie bereits vorher angegeben mit dem anderen stehenden Dichtungsflansch, der in Kontakt mit den Dichtungselementen ist, durch den Kompensator 9 zwecks Ausgleichs des Verschleißes überbrückt.

    [0020] Drehrohrkonstruktionen, wenn sie beispielsweise zur Schwelung kohlenwasserstoffhaltiger Rückstände der Destillation schwerer Öle oder dergl. eingesetzt werden, sind als Drehrohr mit Muffelheizung auf Temperaturen von maximal 800 bis zu 1200 °C ausgelegt. Der Verfahrensdruck liegt in der Regel bei einem nur um wenige Hundert mbar über dem äußeren Luftdruck liegenden Druck.

    [0021] Die indirekte Beheizung des Drehrohres erfolgt vorteilhaft durch eine stationäre, um das Drehrohr angeordnete, mit Heizgasen beheizte Muffel, wobei durch eine geeignete Abdichtung zwischen dem Drehrohr und der Muffel eine ausreichende Ausnutzung der Heizgase und eine ordnungsgemäße Führung derselben sichergestellt wird.

    [0022] Nach dem Stand der Technik sind Laufringe direkt auf dem heißen Drehrohr befestigt bzw. haben direkte thermisch leitende Verbindung zum heißen Drehrohr.

    [0023] Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung des Drehrohres der eingangs beschriebenen Art besteht darin, daß die auf Rollen laufenden Laufringe 14 durch einen zwischen Drehrohr 2 und einem Drehrohreinzug 15 angebrachte Isolierung 16 von dem Drehrohrmantel 2 thermisch isoliert sind. Die Darstellung in Figur 2 zeigt beispielhaft eine derartige Anordnung.

    [0024] Zum Abräumen bzw. Lockern sich beim Betrieb im Drehrohr etwa bildender Krusten, Koksablagerungen o. dgl. können innenliegende, an der drehenden Wandung abrollende schwere längszylindrische Wälzkörper vorgesehen werden. Durch in Längsrichtung an dem Wälzkörper verlaufende Rippen, Nuten oder Hinterschneidungen kann die angestrebte Wirkung je nach den Erfordernissen der durchgesetzten Materialien unterstützt werden.


    Ansprüche

    1. Am Außenumfang angetriebenes und mittels an den beiden Drehrohrenden an deren Außenumfang axialsymmetrisch angeordneten Laufringen auf Rollen laufendes Drehrohr mit im Bereich der an die Drehrohrenden anschließenden Drehrohrköpfe vorgesehenen Leitungen bzw. Stutzen für Produkteintritt, Produktgasabzug und Feststoffaustritt zur thermischen Behandlung, Schwelung oder Pyrolyse flüssiger oder fester Stoffe oder Mischphasen mittels indirekter Beheizung, dadurch gekennzeichnet, daß eintritts- und austrittsseitig je ein schwimmendes Gleitringdichtungssystem mit je einer kraftschlüssigen Rahmenkonstruktion eine Drehverbindung zwischen dem Drehrohr und den beiden mit den Leitungen bzw. Stutzen verbundenen stationären Drehrohrköpfen ermöglicht.
     
    2. Drehrohr nach Patentanspruch 1, dessen Gleitringdichtungssystem einen elastischen Dichtungsteil mit hydraulisch, pneumatisch oder durch Federkraft nachgeführter Kompensatoreinheit zum Ausgleich des Verschleißes der eigentlichen Dichtungselemente aufweist.
     
    3. Drehrohr nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die indirekte Beheizung durch eine stationäre um den Drehrohrmantel angeordnete Muffel erfolgt.
     
    4. Drehrohr nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die auf den Rollen laufenden Laufringe durch eine Isolierung von dem Drehrohrmantel thermisch isoliert sind.
     
    5. Drehrohr nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß innenliegende, an der drehenden Wandung abrollende Wälzkörper vorgesehen sind.
     




    Zeichnung