[0001] Die Erfindung betrifft ein am Außenumfang angetriebenes und mittels an den beiden
Drehrohrenden an deren Außenumfang axialsymmetrisch angeordneten Laufringen auf Rollen
laufendes Drehrohr mit im Bereich der an die Drehrohrenden anschließenden Drehrohrköpfe
vorgesehenen Leitungen bzw. Stutzen für Produkteintritt, Produktgasabzug und Feststoffaustritt
zur thermischen Behandlung, Schwelung oder Pyrolyse flüssiger oder fester Stoffe oder
Mischphasen mittels indirekter Beheizung durch eine stationäre um den Drehrohrmantel
angeordnete Muffel.
[0002] Eine technische Ausführung einer Schwelung kohlenwasserstoffhaltiger Rückstände ist
beschrieben in "Die katalytische Druckhydrierung von Kohlen, Teeren und Mineralölen",
Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg, 1950. Hiernach wird der auf etwa 400
bis 450 °C erhitzte kohlenwasserstoffhaltige flüssige Rückstand in den Schwelraum
eingespritzt, der durch Gasheizung von außen auf etwa 550 bis 600 °C erhitzt wird.
Es findet eine Destillation auf Koks statt, wobei das Abtreiben des gewinnbaren Kohlenwasserstoffölanteils
durch Gegenstromzugabe von ca. 10 % überhitztem Wasserdampf gefördert werden kann.
Der Schwelrückstand wird an dem dem Eingang gegenüberliegenden Ende des Ofens durch
eine Wassertauchung ausgetragen (vgl. Seite 45). Dabei wurden derartige Vorrichtungen,
die austragsseitig schwach gegen die Horizontale nach unten geneigt angeordnet wurden,
häufig als sogenannte Kugelöfen mit einer Beschickung aus Stahlkugeln vorgesehen,
um mittels in Längsrichtung als Mitnehmer aufgeschweißter flacher Rippen zu bewirken,
daß die Kugeln im sich drehenden Ofen möglichst hoch mitgenommen wurden, um dann im
Herabfallen die sich bildenden Krusten loszuschlagen (vgl. Seite 254, a.a.O.).
[0003] Neben der Aufarbeitung von kohle- oder mineralölstämmigen kohlenwasserstoffhaltigen
Rückständen können durch Schwelung auch Abfallstoffe wie Kunststoffabfälle, kohlenwasserstoffbelastete
Rückstände, kontaminierte Böden, Biomassen, Abschlämme u. dgl. auf flüssige Produkte
und Schwelteer neben Schwelgas und Schwelkoks aufgearbeitet werden.
[0004] So ist vorgeschlagen worden, Hausmüll, Industrie- und Gewerbemüll sowie Sonderabfallstoffe
in einem geeigneten Reaktor, z. B. einem Drehrohrofen, einer Niedertemperatur-Pyrolyse
zu unterziehen (vgl. DE-PS 29 47 293, EP-0 111 081 Al).
[0005] Vergleichsweise wenige Veröffentlichungen befassen sich mit der apparativen Seite
derartiger Verfahren, insbesondere der Zurverfügungstellung verbesserter Drehrohrkonstruktionen.
Eine zufriedenstellende Abdichtung der drehenden Teile eines Drehrohrs von den die
Produktzuführungs- bzw. Produktaustrittsleitungen aufnehmenden feststehenden Teilen
ist immer noch ein technisches Problem, dessen Lösung wegen der herrschenden mechanischen
und thermischen Belastungen beträchtliche Schwierigkeiten macht.
[0006] So ist nach der DE 33 46 338 Al eine Dichtungsanordnung mit einem Gleitringdichtungssystem
und einer an einem rotierenden Teil eines Drehrohrs angeordneten Abdichtscheibe sowie
dichtend anliegenden Anlaufringen vorgeschlagen worden.
[0007] Wesentliche Nachteile der herkömmlich gebauten und im Stand der Technik bekannten
Drehrohrkonstruktionen sind die Wärmeverluste im Bereich der direkt am Drehrohr eingebauten
Laufringe, die aufgetretenen Probleme bei der Abdichtung zwischen den feststehenden
Drehrohrköpfen und dem sich drehenden Rohr und die mit der Wärmedehnung des Drehrohrs
verbundenen Probleme.
[0008] Die mit den Laufringen und auch dem Antrieb des Drehrohrs, der häufig als Kettentrieb
über Zahnräder erfolgt, verbundenen Wärmeverluste führen auch zu einer Verschlechterung
der Flüssigproduktausbeute aufgrund vorzeitiger Kondensation mit anschließenden Crack-
und Polymerisationsreaktionen. Die bekannten Drehrohrkonstruktionen wurden gewöhnlich
mit einem weichen, axialen Dehnungskompensator zum Drehrohrkopf ausgelegt. Die Dichtungsfunktion
des beispielsweise mit Druckrolle an den stationären Dichtungsteil angepreßten rotierenden
und zwei Dichtungspackungen enthaltenden Dichtungsteils wird erheblich von Drehrohrexzentrizitäten
beeinträchtigt.
[0009] Aus diesen Unzulänglichkeiten leitet sich die Erfindungsaufgabe ab, durch eine verbesserte
thermische Isolierung, insbesondere im Bereich der Laufringe des Drehrohrs zu einem
besseren thermischen und chemischen Wirkungsgrad beizutragen.
[0010] Eine weitere Aufgabe besteht darin, durch eine verbesserte konstruktive Anordnung
der Elemente des Gleitringdichtungssystems zu einer verbesserten Dichtfunktion und
einer wesentlich erhöhten Standzeit der Dichtungspackungen zwischen den bewegten und
den stehenden Teilen des Drehrohrs beizutragen.
[0011] Diese Aufgaben und Ziele werden dadurch gelöst, daß bei einer Drehrohrkonstruktion
der eingangs genannten Art eintritts- und austrittsseitig je ein schwimmendes Gleitringdichtungssystem
mit je einer kraftschlüssigen Rahmenkonstruktion eine Drehverbindung zwischen dem
Drehrohr und den beiden mit den Leitungen bzw. Stutzen verbundenen stationären Drehrohrköpfen
ermöglicht.
[0012] Eine vorteilhafte Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Gleitringdichtungssystems besteht
darin, daß dasselbe einen elastischen Dichtungsteil mit hydraulisch, pneumatisch oder
durch Federkraft nachgeführter Kompensatoreinheit zum Ausgleich des Verschleißes der
eigentlichen Dichtungselemente aufweist.
[0013] Das vorgeschlagene Gleitringdichtungssystem mit beispielsweise einer kugelgelagerten
Rahmenkonstruktion und kraftschlüssiger Verbindung zum Drehrohrkopf erlaubt, daß der
Drehrohrkopf alle Bewegungen des Drehrohrs mit Ausnahme der Drehbewegung um die Drehachse
mitmachen kann.
[0014] Durch diese Maßnahme brauchen nur noch die Produktzuführungs- bzw. -abführungsleitungen
kompensiert zu werden, wohingegen bei den Ausführungen nach dem Stand der Technik
sämtliche Relativbewegungen des Drehrohrkopfes über den gesamten Drehrohrdurchmesser
kompensiert werden mußten.
[0015] Durch die Baueinheit einer Kugeldrehverbindung, wie sie als Ausführungsbeispiel nachfolgend
näher erläutert wird, mit dem elastischen Teil der Gleitringdichtung in einer Rahmenkonstruktion,
liegt eine exakte Führung der Dichtung vor, und es ist ein einfacher Dehnungsausgleich
zum Ausgleich des Verschleißes der Dichtungselemente wie Packungen, Metallringe oder
dergl. möglich. Auf diese Weise machen Ein- und Austragskopf "frei schwimmend" alle
Bewegungen, und insbesondere auch die den Verschleiß der Dichtungselemente um ein
Mehrfaches übertreffende Wärmeausdehnung des Drehrohrs mit.
[0016] Im folgenden wird eine spezielle Ausführungsform des erfindungsgemäßen Gleitringdichtungssystems
im Sinne eines Ausführungsbeispiels näher beschrieben und anhand der Darstellung in
Figur 1 erläutert.
[0017] Ein mit dem drehenden Teil der Dichtung verschraubter Flansch 1 ist über den gesamten
Umfang mit dem Außenmantel des Drehrohrs 2 an dessen Enden verschweißt. Im drehenden
Teil der Dichtung sind die Dichtungselemente 3, 4, 5, z. B. Packungen, Metallringe
oder dergl. aus geeigneten Materialien mechanisch exakt geführt, wodurch im Zusammenwirken
mit dem stehenden Dichtungsflansch 6 eine zuverlässige Abdichtung bewirkt wird. Zwischen
den aus den Dichtungselementen 3, 4, 5, dem drehenden Dichtungsflansch 1 sowie dem
stehenden Dichtungsflansch 6 gebildeten ringförmigen Sperräumen kann mittels Durchgangsventilen
oder dergl. ein Sperrgas oder eine Sperrflüssigkeit zugeführt werden, um gegenüber
dem abzudichtenden Raum für einen zur Erzeugung einer Strömung in Richtung des Drehrohrinneren
ausreichenden geringen Überdruck zu sorgen.
[0018] In einem Abstand zu dem vorgenannten mit den Dichtungselementen in Berührung stehenden
Dichtungsflansch ist ein weiterer Flansch 7 als Teil einer Rahmenkonstruktion 8, die
beispielsweise als Schweißkonstruktion ausgeführt sein kann, derart angeordnet, daß
zwischen diese beiden Flansche eine Kompensatoreinheit 9 eingeschweißt ist. Diese
Kompensatoreinheit 9 bildet den elastischen Teil der Dichtung und dient insbesondere
zum Ausgleich des Verschleißes der Dichtungselemente. Sie ist als Metallkompensator
beispielsweise als Faltenbalg ausgebildet. Mittels Feder 10, Hydraulik oder Pneumatik
kann die Anpreßkraft des Dichtungsflansches an die Dichtungselemente konstant gehalten
werden und der Verschleiß der Dichtungselemente 3, 4, 5 in gewissen Grenzen ausgeglichen
werden. Durch ein Dichtungselement 11 zwischen Flansch 7 und Drehrohrkopf 12 wird
ein weiterer Sperraum gebildet, der die Bauteile des Dichtungssystems vor den teilweise
chemisch aggressiven Pyrolysegasen, Koksablagerungen u. dgl. schützt.
[0019] Der nichtdrehende Teil der Dichtung wird gegen das von dem drehenden Teil ausgeübte
Moment zweckmäßig durch in der Figur nicht gezeigte Drehmomentsicherungen in Form
starrer Stangenverbindungen zwischen der Rahmenkonstruktion und dem stehenden Dichtungsflansch
gesichert. Die beiden nichtdrehenden Flansche 6 und 7 des Dichtungssystems werden
durch die stationäre Rahmenkonstruktion 8 bei allen praktisch vorkommenden Betriebsbedingungen
parallel gehalten. An dem drehenden Flansch 1 des Dichtungssystems ist die Kugeldrehverbindung
13 mit deren innerem Ring verschraubt, der äußere Ring ist mit dem die kraftschlüssige
Rahmenverbindung gewährleistenden Rahmen 8 fest verbunden, beispielsweise verschraubt.
Die Rahmenverbindung ist am anderen Ende mit dem stehenden und nichtkompensierten
Dichtungsflansch 7 verschraubt. Dieser Dichtungsflansch ist wie bereits vorher angegeben
mit dem anderen stehenden Dichtungsflansch, der in Kontakt mit den Dichtungselementen
ist, durch den Kompensator 9 zwecks Ausgleichs des Verschleißes überbrückt.
[0020] Drehrohrkonstruktionen, wenn sie beispielsweise zur Schwelung kohlenwasserstoffhaltiger
Rückstände der Destillation schwerer Öle oder dergl. eingesetzt werden, sind als Drehrohr
mit Muffelheizung auf Temperaturen von maximal 800 bis zu 1200 °C ausgelegt. Der Verfahrensdruck
liegt in der Regel bei einem nur um wenige Hundert mbar über dem äußeren Luftdruck
liegenden Druck.
[0021] Die indirekte Beheizung des Drehrohres erfolgt vorteilhaft durch eine stationäre,
um das Drehrohr angeordnete, mit Heizgasen beheizte Muffel, wobei durch eine geeignete
Abdichtung zwischen dem Drehrohr und der Muffel eine ausreichende Ausnutzung der Heizgase
und eine ordnungsgemäße Führung derselben sichergestellt wird.
[0022] Nach dem Stand der Technik sind Laufringe direkt auf dem heißen Drehrohr befestigt
bzw. haben direkte thermisch leitende Verbindung zum heißen Drehrohr.
[0023] Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung des Drehrohres der eingangs beschriebenen
Art besteht darin, daß die auf Rollen laufenden Laufringe 14 durch einen zwischen
Drehrohr 2 und einem Drehrohreinzug 15 angebrachte Isolierung 16 von dem Drehrohrmantel
2 thermisch isoliert sind. Die Darstellung in Figur 2 zeigt beispielhaft eine derartige
Anordnung.
[0024] Zum Abräumen bzw. Lockern sich beim Betrieb im Drehrohr etwa bildender Krusten, Koksablagerungen
o. dgl. können innenliegende, an der drehenden Wandung abrollende schwere längszylindrische
Wälzkörper vorgesehen werden. Durch in Längsrichtung an dem Wälzkörper verlaufende
Rippen, Nuten oder Hinterschneidungen kann die angestrebte Wirkung je nach den Erfordernissen
der durchgesetzten Materialien unterstützt werden.
1. Am Außenumfang angetriebenes und mittels an den beiden Drehrohrenden an deren Außenumfang
axialsymmetrisch angeordneten Laufringen auf Rollen laufendes Drehrohr mit im Bereich
der an die Drehrohrenden anschließenden Drehrohrköpfe vorgesehenen Leitungen bzw.
Stutzen für Produkteintritt, Produktgasabzug und Feststoffaustritt zur thermischen
Behandlung, Schwelung oder Pyrolyse flüssiger oder fester Stoffe oder Mischphasen
mittels indirekter Beheizung, dadurch gekennzeichnet, daß eintritts- und austrittsseitig
je ein schwimmendes Gleitringdichtungssystem mit je einer kraftschlüssigen Rahmenkonstruktion
eine Drehverbindung zwischen dem Drehrohr und den beiden mit den Leitungen bzw. Stutzen
verbundenen stationären Drehrohrköpfen ermöglicht.
2. Drehrohr nach Patentanspruch 1, dessen Gleitringdichtungssystem einen elastischen
Dichtungsteil mit hydraulisch, pneumatisch oder durch Federkraft nachgeführter Kompensatoreinheit
zum Ausgleich des Verschleißes der eigentlichen Dichtungselemente aufweist.
3. Drehrohr nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die indirekte Beheizung
durch eine stationäre um den Drehrohrmantel angeordnete Muffel erfolgt.
4. Drehrohr nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die auf den Rollen
laufenden Laufringe durch eine Isolierung von dem Drehrohrmantel thermisch isoliert
sind.
5. Drehrohr nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß innenliegende, an der
drehenden Wandung abrollende Wälzkörper vorgesehen sind.