[0001] Diese Erfindung bezieht sich auf ein Hochverzugsstreckwerk für ein flyerloses Spinnverfahren.
[0002] Die Entwicklung der flyerlosen Spinnverfahren bis zur Mitte der 60-iger Jahre ist
im Buch "Die Streckwerke der Spinnereimaschinen" von Dr. Ing. Walter Wegener (Springer-Verlag,
Ausgabe 1965, Seite 193 bis 243) zusammengefasst. Im gleichen Buch werden die Konstruktionen
und Arbeitsweise der verschiedensten Streckwerksanordnungen erläutert. Insbesondere
wird auf den Seiten 245 und 246 der 1965-Ausgabe das sogenannte "Druckstangenstreckwerk"
für die Hochleistungsstrecke der damaligen englischen Firma Platt Brothers (Sales)
Ltd. erklärt und dargestellt.
[0003] In der Zwischenzeit sind einige weitere flyerlose Spinnverfahren entwickelt worden,
die auf der Basis einer Streckwerkspeisung des zu verspinnenden Fasermaterials arbeiten
sollten. Die Streckwerke für solche Spinnverfahren müssen mit einem sehr hohen Gesamtverzug
arbeiten, welcher den Verzug der heute konventionellen Ringspinnmaschine weit übersteigt.
Letztere Maschine ist natürlich dazu konzipiert, das vom Flyer vorverstreckte Vorgarn
zu verarbeiten.
[0004] Das Vorgarn ist schon leicht gedreht, und das Streckwerk einer Ringspinnmaschine
hat dementsprechend zwei Aufgaben:
- die Drehungen des Vorgarnes aufzuheben,
- das von der Drehung gelöste Material auf die Garnnummer zu verfeinern (zu verstrecken).
[0005] Die erste Aufgabe wird vom Vorverzugsfeld des Streckwerkes erledigt, wobei ein sehr
niedriger Verzug (1.1 bis 1.3) ausreicht. Das eigentliche Verziehen geschieht im
Hauptverzugsfeld normalerweise mit dem maximal möglichen Verzug für ein einziges
Verzugsfeld (ca. 40-, bis manchmal 50-fach).
[0006] Ein Hochverzugsstreckwerk umfasst daher normalerweise mindestens ein Vorverzugsfeld
und ein Hauptverzugsfeld, d.h. mindestens drei Walzenpaare. Dabei ist es heutzutage
wohlbekannt, spezielle Massnahmen zu treffen, um die Faserführung im Hauptverzugsfeld
zu optimieren. Die Druckstange im vorerwähnten "Druckstangenstreckwerk" der Firma
Platt Brothers gehört zu dieser Kategorie von Massnahmen.
[0007] Es ist auch bekannt zur Verbesserung der Faserführung im Vorverzugsfeld (besonders
bei Verarbeitung von Kurzstapelfasern), ein den Faserstrom umgebenden Kondensor zwischen
dem Eingangs- und Mittelwalzenpaaren einen Zweizonenstreckwerkes vorzusehen. Dabei
kann aber die Neueinführung einer Lunte (eines Bandes oder eines Vorgarnes) in einen
solchen Kondensor zu Problemen führen.
[0008] Es ist ferner aus DE-PS 945 822 bekannt, ein Luntenspannungssensor im Vorverzugsfeld
anzuordnen und den Vorverzug anhand des Ausgangssignals von diesem Sensor zu regeln.
Der Sensor umfasst einen Fühler, der den Faserstrom umlenken muss, um ein Spannungssignal
erzeugen zu können. Dabei muss die vom Fühler hervorgerufene Umlenkung variabel sein,
sodass das Ausgangssignal sich mit der Luntenspannung ändern kann.
[0009] Die Erfindung sieht ein Hochverzugsstreckwerk mit mindestens einem Vorverzugsfeld
und mindestens einem Hauptverzugsfeld vor. Vorzugsweise ergibt das Hauptverzugsfeld
einen Verzug grösser als 30 und das Vorverzugsfeld einen Verzug grösser als 2, d.h.
das Streckwerk ergibt einen Gesamtverzug von mindestens 60.
[0010] Die Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Element zur vorbestimmten Umlenkung
des Faserstroms im Vorverzugsfeld angeordnet ist. Das Vorverzugsfeld kann eines vom
einer Mehrzahl solcher Felder sein, wobei jedes Feld mit einem jeweiligen Element
zur Faserumlenkung versehen werden kann. Das Element kann vorteilhafterweise auch
als Faserstrombegrenzungsmittel zur Begrenzung der Ausbreitung des Faserstromes im
Vorverzugsfeld ausgebildet werden. Da aber ein solches Element den Faserstrom nicht
umgibt, sondern in mindestens einer Richtung freilässt, entstehen aus dieser Anordnung
keine Zusatzprobleme bei der Neueinführung der Lunte in das Streckwerk.
[0011] Die vorbestimmte Umlenkung des Faserstroms kann dadurch erreicht werden, dass das
Element entweder starr auf einem Träger oder derart auf einem Träger montiert ist,
dass das Element nicht unter dem vom Faserstrom ausgeübten Druck nachgeben kann.
[0012] Das Verhältnis Breite : Höhe der Lunte am Element sollte so gewählt werden, dass
möglichst viele Fasern einer Reibkraft am Element ausgesetzt werden. Dieses Verhältnis
ist vorzugsweise mindestens 3 : 1 und noch besser mindestens 4 : 1 sein. Das Element
liegt vorteilhafterweise im Mittelbereich des Vorverzugsfeldes d.h. im mittleren
Drittel des Abstandes der beiden Klemmpunkte des Vorverzugsfeldes.
[0013] Das Streckwerk kann mit Vorteil in einer Spinnmaschine eingesetzt werden, welche
einer Vorlage aus unverdrehtem Material zu einem Garn verarbeitet. Dabei kann der
tex-Wert dieses Materials bei der Einfuhr in das Streckwerk denjenigen des Ringspinnvorgarnes
bei weitem übertreffen, z.B. über 1000 tex liegen. Aus diesem Grund muss die Gesamtanordnung
einen sehr hohen Verzug (von mehr als 150) aufweisen, was einen relativ hohen Verzug
im Vorverzugsfeld (vorzugsweise mindestens 4) notwendig macht.
[0014] Als Beispiel wird eine Ausführung gemäss dieser Erfindung nun anhand der beiliegenden
Zeichnungen näher erläutert werden. Es zeigt:
- Figur 1 schematisch und in Seitenansicht eine Streckwerkanordnung gemäss dieser
Erfindung,
- Figur 2 (in einem grösseren Massstab) ein Detail aus der Gesamtanordnung und
- Figur 3 eine Variante der Anordnung gemäss Fig.2.
[0015] Das in der Figur 1 dargestellte Streckwerk ist für eine Düsenspinnmaschine konzipiert
und umfasst ein Lieferwalzenpaar LP, ein Mittelwalzenpaar MP und Eingangswalzenpaar
EP. Das zu verspinnende Fasermaterial wird aus einer geeigneten nicht dargestellten
Vorlage von links nach rechts in das Streckwerk eingezogen, verstreckt und vom Lieferwalzenpaar
LP an eine nicht gezeigte Düsenanordnung zum Falschdrallspinnen befördert. Das Vorlagematerial
hat ein tex von über 1000.
[0016] Das Eingangswalzenpaar EP und Mittelwalzenpaar MP bilden zusammen ein Vorverzugsfeld
mit einem Verzug vorzugsweise im Bereich 4 - 8. Das Mittelwalzenpaar MP und Lieferwalzenpaar
LP bilden zusammen ein Hauptverzugsfeld mit einem Verzug vorzugsweise grösser als
30 und möglicherweise von ungefähr 40. Das gezeigte Streckwerk ist als ein sogenanntes
Doppelriemchenstreckwerk ausgeführt, d.h. die obere und die untere Walze des Mittelwalzenpaares
MP sind je mit einem Riemchen R versehen, welches sich von der jeweiligen Walze in
das Hauptverzugsfeld erstreckt, um die Faserführung in diesem Verzugsfeld zu verbessern.
Diese Anordnung ist aber nicht erfindungswesentlich. Eine Alternativlösung, welche
sich auf einer sogenannten Kepastreckwerkanordnung beruht, ist in unserer schweizerischen
Patentanmeldung Nr. 2723/88 beschrieben worden, und könnte auch im Zusammenhang mit
dieser Erfindung benutzt werden.
[0017] Gemäss dieser Erfindung, ist eine Druckstange D im Vorverzugsfeld dem Eingangswalzenpaar
EP nachgestaltet, um den Faserstrom FS in diesem Feld leicht umzulenken und dadurch
die Faserführung in diesem Verzugsfeld zu verbessern. Eine solche Verbesserung der
Faserführung ist durch eine Verbesserung der von der Spinnstelle erzielbaren Garnwerte
nachweisbar und zwar durch eine Erhöhung der Reissfestigkeit und Dehnung und durch
eine Reduktion der CV Uster-Werte, Dünnstellen, Dickstellen und Nissen.
[0018] Die Verbesserung entsteht dadurch, dass insbesondere die kürzeren (aber vorzugsweise
möglichst viele) Fasern an der Druckstange einer Reibkraft ausgesetzt werden. Diese
Reibkräfte an der Druckstange begrenzen die Beschleunigungsstrecke im Verzugsfeld,
d.h. die Strecke worin kürzere Fasern auf die höhere Geschwindigkeit des nachgeschalteten
Walzenpaares beschleunigt werden.
[0019] In einer bevorzugten Ausführung (eine Variante,die in der Figur 2 dargestellt ist)
wird die Faserführungsfläche F der Druckstange D mit "Schulter" S zur seitlichen
Begrenzung der Ausbreitung des Faserstromes im Vorverzugsfeld versehen. Die Fläche
F sollte als eine in der Richtung des Faserflusses konvex abgerundete Fläche gebildet
werden.
[0020] Die Druckstange D, welche als Umlenkelement für den Faserstrom dient, ist vorzugsweise
starr auf einem nicht gezeigten Halter montiert. Letzterer kann stationär vom Gestell
des Streckwerkes getragen werden. Die Stange D könnte aber um die eigene Längsachse
drehbar sein.
[0021] Die Position der Druckstange im Vorverzugsfeld ist für die optimale Wirkung wichtig.
Sie ist vorzugsweise ungefähr in der Mitte des Feldes (zwischen den beiden, dieses
Feld begrenzenden Klemmlinien) angebracht.
[0022] Figur 1 zeigt die Druckstange auf der "unteren" Seite der Lunte d.h. auf der gleichen
Seite wie die positiv angetriebenen Walzen. Die Druckstange könnte aber auch auf der
anderen Seite der Lunte angeordnet werden. Die notwendige Umlenkung der Fasern ist
sehr klein; eine Umlenkung von ca 1 mm gegenüber der Bahn der Fasern in der Abwesenheit
der Stange reicht zur Erzielung der notwendigen Reibkraft und der damit verbundenen
Verbesserungen.
[0023] Die Stange ist nicht unbedingt rund (zylindrisch) hat aber vorzugsweise die schon
erwähnte konvex abgerundete, faserführende Fläche F. Diese Fläche F kann aber auch
in der Querrichtung eine konvexe Form aufweisen, wie dies in Fig. 3 gezeigt ist.
Diese Figur zeigt auch mit gestrichelten Linien die bevorzugte Gestaltung der Lunte
an der Druckstange, nämlich als eine relativ dünne, breite Schicht. Die Breite dieser
Schicht steht vorzugsweise im Verhältnis 4 : 1 oder mehr zur Schichttiefe.
[0024] Figur 1 zeigt zwei mögliche Stellungen der beiden Walzen des Eingangspaares EP gegeneinander.
Die obere (Druck-) Walze kann entweder senkrecht oberhalb der unteren Walze angeordnet
werden (gestrichelt) oder in der Richtung der Vorlage versetzt sein (voll ausgezogen).
Letztere Variante ist für die Kombination mit einer Luntenstopvorrichtung gemäss unserer
schweize rischen Patentanmeldung Nr. 2.957/88 vorteilhaft.
[0025] Die Länge des Vorverzugsfeldes (zwischen der Klemmlinien der Walzenpaaren EP und
MP) kann normalerweise (ohne Druckstange) nicht erheblich länger als die mittlere
Stapellänge des zu verarbeitenden Materials sein. Der Gebrauch einer faserführenden
Stange ermöglicht aber die Verlängerung des Vorverzugsfeldes, was für Bediengungsarbeiten
im Vorverzugsfeld günstig ist, da die Einstellarbeit bei einer Aenderung des Stapels
dadurch reduziert wird.
1. Ein Hochverzugsstreckwerk für ein flyerloses Spinnverfahren mit mindestens einem
Vorverzugsfeld (EP, MP) und mindestens einem Hauptverzugsfeld (MP, LP) dadurch gekennzeichnet,
dass ein Element (D) zur vorbestimmten Umlenkung des Faserstromes im Vorverzugsfeld
(EP, MP) angeordnet ist.
2. Ein Streckwerk nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
dass das Element starr auf einem stationären Halter montiert ist.
3. Ein Streckwerk nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet,
dass der Vorverzug grösser als 2-fach ist.
4. Ein Streckwerk nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
dass das dem Streckwerk vorgelegte Band schwerer als 1000 tex ist.
5. Ein Streckwerk nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
dass das Element mit einer der Breite des Bandes begrenzenden Schulter (S) versehen
ist.
6. Ein Streckwerk nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
dass die Breite des Bandes am Element mindestens die dreifache Tiefe des Bandes entspricht.
7. Ein Steckwerk nach einer der vorangehenden An sprüche, dadurch gekennzeichnet,
dass das Element im Mittelbereich des Vorverzugsfeldes (EP, MP) liegt.