[0001] Die Erfindung betrifft ein fotografisches, bei Tageslicht verarbeitbares Aufzeichnungsmaterial
(Tageslichtfilm), das zur Wiedergabe von Halbtönen geeignet ist. Unter einem Tageslichtfilm
wird ein Film verstanden, der bei Tageslicht oder tageslichtähnlichen Bedingungen
gehandhabt, insbesondere bildmäßig belichtet und entwickelt werden kann. Ein solcher
Film wiest also eine vergleichsweise sehr geringe Empfindlichkeit auf.
[0002] Es ist bekannt, daß beim Übergang von hochempfindlichen Silberhalogenidemulsionen
zu niedriger empfindlichen die bei der Entwicklung erzeugte Gradationskurve immer
steiler wird, bis eine gewisse Grenzgradation erreicht wird, die dann ohne zusätzliche
Maßnahmen nicht mehr überschritten wird. Diese Gradation ist aber so steil, daß praktisch
nur noch Schwarzweiß-Wiedergaben möglich sind, also keine Grautöne mehr wiedergegeben
werden.
[0003] Filme dieser Art werden schon lange vor allem in der grafischen Industrie verwendet.
In den letzten Jahren ist es nun gelungen, die Filme so unempfindlich zu machen,
daß sie auch bei gewöhnlichem Tageslicht oder bei Leuchtstoffröhrenbeleuchtung ohne
Dunkelkammer gehandhabt werden können. Allerdings haben, wie schon erwähnt, alle
auf dem Markt befindlichen Materialien dieser Art eine so steile Gradation, daß Grautöne
nicht wiedergegeben werden können. Es besteht aber der Bedarf an einem bei tageslichtähnlichen
Bedingungen verarbeitbaren Aufzeichnungsmaterial, dessen Gradation so flach ist,
daß Grautöne wiedergegeben werden können. Vor allem zur Herstellung von verlaufenden
Masken wäre dies ein außerordentlicher Vorteil.
[0004] Wenn der mit Tageslichtsystemen arbeitende Reprofotograf heute eine solche verlaufende
Maske herstellen will, dann muß er, weil hierfür nur empfindlichere Filme zur Verfügung
stehen, die nicht tageslichtsicher sind, die Maske in einer Dunkelkammer auf einem
der handelsüblichen klassischen Halbtonfilme belichten und in einer dort befindlichen
weiteren Entwicklungsmaschine entwickeln, also sein gesamtes Arbeitsfeld verlassen.
Dies bedeutet einen erheblichen zusätzlichen Aufwand an Zeit und Kosten (Material
und Investitionen). Ein Verfahren, das sowohl Dunkelkammer als auch eine gesonderte
Entwicklungsmaschine vermeidet, hätte große Vorteile.
[0005] Es ist bekannt und Stand der Technik, das Kornwachstum bei der Herstellung von Silberhalogenidemulsionen
da durch zu hemmen, daß man die Fällung des Silberhalogenids in Gegenwart von Verbindungen
durchführt, die stark am Silberhalogenid adsorbiert werden. In der Literatur sind
hierzu verschiedene Stabilisatoren beschrieben, insbesondere Aminosäuren oder andere
Stickstoff und/oder Schwefel enthaltende organische Verbindungen. Eine der für solche
Zwecke häufig eingesetzten Verbindungen ist Phenylmercaptotetrazol, vergl. GB 1 204
623. Normalerweise werden solche Versuche nur mit Silberhalogenidemulsionen durchgeführt,
die hauptsächlich aus Silberbromid mit gegebenenfalls geringen Anteilen Silberchlorid
und/oder Silberiodid bestehen, denn der große Vorteil des Silberchlorids, die schnelle
Entwickelbarkeit, kommt bei derart feinkörnigen Emulsionen nicht mehr wesentlich
zum Tragen.
[0006] Versucht man nun bei silberchloridreichen Emulsionen das Kornwachstum mit einem Stabilisator
vom Typ des Phenylmercaptotetrazols zu hemmen, so stellt man überraschend fest, daß
die Gradation der erhaltenen Emulsionen sehr viel flacher ist als erwartet, je nach
Menge des verwendeten Wachstumshemmers einstellbar. Dies geschieht, ohne daß die
Korngrößenverteilung der Emulsion sich auffällig verbreitert. Das ist ein völlig überraschender
und unerwarteter Effekt. Üblicherweise wird eine flache Gradation durch eine sehr
breite Korngrößenverteilung des Silberhalogenids erzeugt, was einer breiten Empfindlichkeitsverteilung
der Körner entspricht.
[0007] Gegenstand der Erfindung ist ein fotografisches, bei Tageslicht verarbeitbares Aufzeichnungsmaterial,
insbeson dere ein Tageslichtfilm mit mindestens einer auf einen Schichtträger aufgetragenen
Silberhalogenidemulsionsschicht, dadurch gekennzeichnet, daß das Silberhalogenid
zu mindestens 75 mol-%, vorzugsweise zu mindestens 95 mol-%, aus Silberchlorid besteht
und in Gegenwart eines 1-Phenyl-5-mercaptotetrazols hergestellt worden ist.
[0008] Die verwendete 1-Phenyl-5-mercaptotetrazol-Verbindung kann 1-Phenyl-5-mercaptotetrazol
selbst sein, sie kann aber auch am Phenylring substituiert sein, z. B. mit Amino,
Acylamino oder mit löslichmachenden funktionellen Gruppen wie Hydroxyl oder Carboxyl.
Die 1-Phenyl-5-mercaptotetrazol-Verbindung kann aber auch in einer Form vorliegen,
bei der die Mercaptogruppe blockiert ist und gegebenenfalls erst unter den Fällungsbedingungen
freigesetzt wird; 1-Phenyl-5-mercaptotetrazol-Verbindungen mit blockierter Mercaptogruppe
sind beispielsweise in DE-A-21 61 044 und DE-A-21 61 045 beschrieben.
[0009] Die 1-Phenyl-5-mercaptotetrazol-Verbindung wird vorzugsweise in einer Menge von
0,5 bis 50 mmol verwendet, bezogen auf 1 mol des bei der Fällung des Silberhalogenids
insgesamt einzusetzenden Silbernitrats.
[0010] Die 1-Phenyl-5-mercaptotetrazol-Verbindung wird im allgemeinen bei der Fällung in
gelöster Form zusammen mit einem Emulsionsbindemittel, insbesondere Gelatine, vorgelegt,
und die Fällungsreaktionspartner - Silbernitratlösung einerseits und Halogenidlösung
andererseits - werden im allgemeinen nach dem üblichen Doppeleinlauf-Verfahren (double
jet) zugefügt. Die Zusammensetzung der Halogenidlösung entspricht im wesentlichen
dem Halogenidverhältnis der gewünschten Emulsion. Demnach besteht das Halogenid der
Halogenidlösung hauptsächlich, d. h. zu mehr als 75 mol-%, bevorzugt zu mehr als 95
mol-%, aus Chlorid; der Rest besteht aus Bromid und/oder Iodid, wobei der Iodidanteil
im allgemeinen nicht größer als 10 mol-% ist. Das Iodid kann aber auch ganz oder teilweise
nach Abschluß der eigentlichen Fällung zugefügt werden. Bromid und Iodid können aber
auch vollständig fehlen, wenn eine reine Silberchloridemulsion hergestellt werden
soll.
[0011] Die erfindungsgemäßen Silberchloridemulsionen haben normalerweise eine durchschnittliche
Korngröße von weniger als 0,1 µm. Es kann sich dabei um homodisperse oder heterodisperse
Emulsionen handeln, beispielsweise um eine Emulsion, in der 90 % aller Körner eine
Korngröße haben, die um 0,04 µm oder weniger von der durchschnittlichen Korngröße
nach oben oder unten abweicht.
[0012] Die Aufarbeitung der Emulsionen kann in der üblichen Weise erfolgen, z. B. durch
Flocken, Auswaschen und Redispergieren. Die Emulsionen werden nicht chemisch gereift,
sie können aber noch mit den üblichen Zusätzen versehen werden. Das sind insbesondere
weitere Stabilisatoren, wie Quecksilbersalze, Triazaindolizine, Netzmittel und Härtungsmittel.
Man kann sogar, ohne daß sich die Tageslichtsicherheit wesentlich ändert, spektrale
Sensibilisatoren zusetzen. Vorteilhaft ist auch der Zusatz von Elektronenfängern
wie Pinakryptolgelb und ähnlichen als Desensibilisatoren, um die Tageslichtempfindlichkeit
noch weiter zu drücken.
[0013] Auch die Zugabe von Edelmetallverbindungen wie beispielsweise Hexahalogenokomplexe
des Rhodiums, Iridiums oder Osmiums ist möglich und gegebenenfalls sinnvoll.
[0014] In einer bevorzugten Ausführungsform enthält die erfindungsgemäße Silberhalogenidemulsion
beispielsweise pro mol Silber 10 - 200 mg Pinakryptolgelb und/oder 1 - 100 mg Natriumhexachlororhodiat-III.
[0015] Die erfindungsgemäße Emulsion kann als einzelne Schicht vergossen werden oder aber
auch auf zwei oder mehrere Schichten verteilt werden, die direkt aufeinander gegossen
werden oder durch Trennschichten getrennt sein können. Um besondere Formen der Schwärzungskurven
zu erzielen, kann man auch einen mehrschichtigen Film herstellen, bei dem eine oder
mehrere Schichten aus einer kontrastreichen Emulsion sowie ein oder mehrere Schichten
aus der beschriebenen Halbtontageslichtemulsion bestehen. Es ist sogar zur Erzielung
besonderer Effekte denkbar, die erfindungsgemäße Halbtontageslichtemulsionen mit
klassischen Emulsionen zu kombinieren. Über der Schicht mit der erfindungsgemäßen
Emulsion befindet sich üblicherweise eine Schutzschicht, zwischen ihr und der Substratschicht
des Schichtträgers kann sich eine weitere nichtsilberhaltige Schicht befinden. Auch
eine Kom bination von einer normalen steil arbeitenden Silberhalogenidemulsionsschicht
mit einer Schicht der erfindungsgemäßen Emulsion, gegebenenfalls mit gleicher oder
verschiedener Spektralsensibilisierung, ist möglich. Alle Schichten können sogenannte
Schirmfarbstoffe enthalten, die fotografisch nicht aktiv sind, sondern nur Licht
absorbieren und somit zur Schärfe beitragen.
[0016] Die Emulsionen können auf transparente Unterlagen gegossen werden, z.B. auf einen
transparenten Film oder auf Glasplatten, es ist auch die Verwendung von opaken Unterlagen
möglich, z.B. von Schichtträgern aus Papier, das gegebenenfalls ein- oder beidseitig
durch Beschichtung hydrophobiert sein kann.
[0017] Zur Vereinfachung der Entwicklung können Entwicklersubstanzen in der Emulsionsschicht
enthalten sein. Es ist aber auch möglich, die Entwicklersubstanzen in separate Schichten
über, unter oder zwischen der/den Emulsionsschicht/en einzulagern.
[0018] Der erfindungsgemäße Tageslichtfilm eignet sich hervorragend zur Herstellung von
schwarzweißen Halbtonwiedergaben, insbesondere zur Herstellung von verlaufenden Masken,
die in der Reprofotografie gelegentlich kombiniert mit Farbauszugswiedergaben verwendet
werden. Aufgrund seiner Eigenschaft, bei Tageslicht oder tageslichtähnlichen Bedingungen,
z. B. bei Leuchtstoffröhrenlicht, verarbeitet werden zu können, stellt or eine wertvolle
Bereicherung für die Reprofotografie dar, weil sich eine zusätzliche Dunkelkammereinrichtung
erübrigt.
Beispiel 1
Emulsionsrezept
[0019]
A: 3500 ml Wasser 25°C
1225 g AgNO₃
B: 3000 ml Wasser 25°C
172 g KBr
375 g NaCl
C: 5600 ml Wasser 40°C
172 g Inertgelatine
Phenylmercaptotetrazol (wie in Tabelle 1 angegeben) gelöst in 350 ml Methanol
[0020] Beide Lösungen A und B werden im üblichen double jet - Verfahren in 120 s ohne pAg-Steuerung
in die vorgelegte Lösung C gegeben. Nach Beendigung des Doppeleinlaufes wird eine
Lösung von 12 g KI in 100 ml Wasser zugefügt, dann wird 4 min weiter gerührt und
anschließend mit Polystyrolsulfonsäure in der üblichen Weise geflockt und ausgewaschen.
[0021] Die Emulsionen werden nicht chemisch gereift. Vor dem Beguß wird, berechnet auf 45
g AgNO₃, zugefügt:
32 mg Pinakryptolgelb (gelöst in Wasser)
0,68 mg Natriumhexachlororhodiat-III
32 mg Verbindung der Formel I
3200 mg Verbindung der Formel II
[0022] Netzmittelzugabe erfolgt entsprechend dem Gießsystem.

[0023] Von der Emulsion wird eine Beschichtung hergestellt mit einem Auftrag entsprechend
3,0 g Silbernitrat pro m². Über die Emulsionsschicht wird eine Schutzschicht gezogen,
bestehend aus einer 3,2 %igen wäßrigen Gelatinelösung, die Netzmittel entsprechend
dem Gießsystem und als Härtungsmittel 0,2 % Formaldehyd enthält.
[0024] Die Dicke der Schutzschicht beträgt nach der Trocknung ca. 1 µm.
[0025] Nach dem Beguß wird das Material gelagert, bis die Härtung auf einen konstanten
Wert angestiegen ist. Zur Prüfung wird das Material an einem der handelsüblichen Tageslichtkopiergeräte
hinter einem Stufenkeil belich tet. Entwickelt wird bei 27°C unterschiedlich lang
in einem Phenidon-Hydrochinonentwickler der folgenden Zusammensetzung:
2 g Trilon B
70 g K₂CO₃
200 g K₂SO₃
30 g KBr
16 g KOH
60 g Hydrochinon
1,45 g Phenidon
90 mg 1-Phenyl-5-mercaptotetrazol
auffüllen mit Wasser auf 1000 ml (Konzentrat); zum Gebrauch wird 1 Volumenteil des
Konzentrates mit 2 Volumenteilen Wasser verdünnt.
Tabelle 1
Menge Phenylmercaptotetrazol [g] |
Gradation gemessen zwischen den Dichten 0,3 und 1,7 nach Entwicklungsdauer |
|
164 s |
82 s |
32 s |
0 |
2,98 |
2,77 |
2,69 |
6,5 |
1,57 |
1,45 |
1,27 |
13,0 |
1,45 |
1,25 |
1,06 |
26,0 |
0,78 |
0,76 |
0,74 |
Beispiel 2
[0026] Nach den Angaben von Beispiel 1 wird eine Emulsion hergestellt, wobei jedoch statt
172 g KBr nur 17,2 KBr und statt 375 g NaCl 451 g NaCl verwendet werden.
Tabelle 2
Menge Phenylmercaptotetrazol [g] |
Gradation gemessen zwischen den Dichten 0,3 und 1,7 nach Entwicklungsdauer |
|
164 s |
82 s |
32 s |
0 |
3,14 |
3,01 |
3,20 |
26,0 |
1,03 |
0,99 |
0,98 |
1. Fotografisches bei Tageslicht verarbeitbares Aufzeichnungsmaterial mit mindestens
einer auf einen Schichtträger aufgetragenen Silberhalogenidemulsionsschicht, dadurch
gekennzeichnet, daß das Silberhalogenid zu mindestens 75 mol-% aus Silberchlorid
besteht und in Gegenwart eines 1-Phenyl-5-mercaptotetrazols hergestellt worden ist.
2. Aufzeichnungsmaterial nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Silberhalogenidemulsion
nicht chemisch gereift ist.
3. Aufzeichnungsmaterial nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Silberhalogenidemulsion
0-25 mol-% Silberbromid und/oder 0-10 mol-% Silberiodid enthält.
4. Aufzeichnungsmaterial nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Silberhalogenidemulsion
in Gegenwart von 0,5-50 mmol eines 1-Phenyl-5-mercapto-tetrazols bezogen auf ein
mol des bei der Fällung insgesamt einzusetzenden Silbernitrats, hergestellt worden
ist.
5. Aufzeichnungsmaterial nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Silberhalogenidemulsion
pro mol Silber 10-200 mg Pinakryptolgelb enthält.
6. Aufzeichnungsmaterial nach einem der Ansprüche 1 und 5, dadurch gekennzeichnet,
daß die Silberhalogenidemulsion pro mol Silber 1-100 mg Natriumhexachlororhodiat-III
enthält.
7. Aufzeichnungsmaterial nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Silberhalogenidemulsion
pro mol Silberhalogenid 10-250 mg eines Spektralsensibilisators enthält.