(19)
(11) EP 0 361 004 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.04.1990  Patentblatt  1990/14

(21) Anmeldenummer: 89113416.5

(22) Anmeldetag:  21.07.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5G03C 1/07
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 03.08.1988 DE 3826374

(71) Anmelder: Agfa-Gevaert AG
D-51373 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • Bahnmüller, Wilfried, Dr.
    D-8192 Geretsried/Gelting (DE)
  • Finkener, Jutta, Dipl.-Ing.
    D-8000 München 5 (DE)
  • Himmelreich, Dieter, Dr.
    D-8000 München 70 (DE)
  • Reiber, Wolfgang, Dipl.-Ing.
    D-8035 Gauting (DE)
  • Schwarz, Heinz, Dipl.-Ing.
    D-8000 München 80 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Fotografisches, bei Tageslicht verarbeitbares Aufzeichnungsmaterial mit Halbtongradation


    (57) Als Schwarzweiß-Halbton-Tageslichtfilm eignet sich ein fotografisches Material, dessen Silberhalogenid zu mindestens 75 mol-% aus Silberchlorid besteht und in Gegenwart einer 1-Phenyl-5-mercaptotetrazol-Verbindung hergestellt worden ist.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein fotografisches, bei Tages­licht verarbeitbares Aufzeichnungsmaterial (Tageslicht­film), das zur Wiedergabe von Halbtönen geeignet ist. Unter einem Tageslichtfilm wird ein Film verstanden, der bei Tageslicht oder tageslichtähnlichen Bedingungen ge­handhabt, insbesondere bildmäßig belichtet und ent­wickelt werden kann. Ein solcher Film wiest also eine vergleichsweise sehr geringe Empfindlichkeit auf.

    [0002] Es ist bekannt, daß beim Übergang von hochempfindlichen Silberhalogenidemulsionen zu niedriger empfindlichen die bei der Entwicklung erzeugte Gradationskurve immer steiler wird, bis eine gewisse Grenzgradation erreicht wird, die dann ohne zusätzliche Maßnahmen nicht mehr überschritten wird. Diese Gradation ist aber so steil, daß praktisch nur noch Schwarzweiß-Wiedergaben möglich sind, also keine Grautöne mehr wiedergegeben werden.

    [0003] Filme dieser Art werden schon lange vor allem in der grafischen Industrie verwendet. In den letzten Jahren ist es nun gelungen, die Filme so unempfindlich zu ma­chen, daß sie auch bei gewöhnlichem Tageslicht oder bei Leuchtstoffröhrenbeleuchtung ohne Dunkelkammer gehand­habt werden können. Allerdings haben, wie schon erwähnt, alle auf dem Markt befindlichen Materialien dieser Art eine so steile Gradation, daß Grautöne nicht wiedergege­ben werden können. Es besteht aber der Bedarf an einem bei tageslichtähnlichen Bedingungen verarbeitbaren Auf­zeichnungsmaterial, dessen Gradation so flach ist, daß Grautöne wiedergegeben werden können. Vor allem zur Her­stellung von verlaufenden Masken wäre dies ein außeror­dentlicher Vorteil.

    [0004] Wenn der mit Tageslichtsystemen arbeitende Reprofotograf heute eine solche verlaufende Maske herstellen will, dann muß er, weil hierfür nur empfindlichere Filme zur Verfügung stehen, die nicht tageslichtsicher sind, die Maske in einer Dunkelkammer auf einem der handelsübli­chen klassischen Halbtonfilme belichten und in einer dort befindlichen weiteren Entwicklungsmaschine ent­wickeln, also sein gesamtes Arbeitsfeld verlassen. Dies bedeutet einen erheblichen zusätzlichen Aufwand an Zeit und Kosten (Material und Investitionen). Ein Verfahren, das sowohl Dunkelkammer als auch eine gesonderte Ent­wicklungsmaschine vermeidet, hätte große Vorteile.

    [0005] Es ist bekannt und Stand der Technik, das Kornwachstum bei der Herstellung von Silberhalogenidemulsionen da­ durch zu hemmen, daß man die Fällung des Silberhaloge­nids in Gegenwart von Verbindungen durchführt, die stark am Silberhalogenid adsorbiert werden. In der Literatur sind hierzu verschiedene Stabilisatoren beschrieben, insbesondere Aminosäuren oder andere Stickstoff und/oder Schwefel enthaltende organische Verbindungen. Eine der für solche Zwecke häufig eingesetzten Verbindungen ist Phenylmercaptotetrazol, vergl. GB 1 204 623. Normaler­weise werden solche Versuche nur mit Silberhalogenid­emulsionen durchgeführt, die hauptsächlich aus Silber­bromid mit gegebenenfalls geringen Anteilen Silberchlo­rid und/oder Silberiodid bestehen, denn der große Vor­teil des Silberchlorids, die schnelle Entwickelbarkeit, kommt bei derart feinkörnigen Emulsionen nicht mehr we­sentlich zum Tragen.

    [0006] Versucht man nun bei silberchloridreichen Emulsionen das Kornwachstum mit einem Stabilisator vom Typ des Phenyl­mercaptotetrazols zu hemmen, so stellt man überraschend fest, daß die Gradation der erhaltenen Emulsionen sehr viel flacher ist als erwartet, je nach Menge des verwen­deten Wachstumshemmers einstellbar. Dies geschieht, ohne daß die Korngrößenverteilung der Emulsion sich auffällig verbreitert. Das ist ein völlig überraschender und uner­warteter Effekt. Üblicherweise wird eine flache Grada­tion durch eine sehr breite Korngrößenverteilung des Silberhalogenids erzeugt, was einer breiten Empfindlich­keitsverteilung der Körner entspricht.

    [0007] Gegenstand der Erfindung ist ein fotografisches, bei Ta­geslicht verarbeitbares Aufzeichnungsmaterial, insbeson­ dere ein Tageslichtfilm mit mindestens einer auf einen Schichtträger aufgetragenen Silberhalogenidemulsions­schicht, dadurch gekennzeichnet, daß das Silberhalogenid zu mindestens 75 mol-%, vorzugsweise zu mindestens 95 mol-%, aus Silberchlorid besteht und in Gegenwart eines 1-Phenyl-5-mercaptotetrazols hergestellt worden ist.

    [0008] Die verwendete 1-Phenyl-5-mercaptotetrazol-Verbindung kann 1-Phenyl-5-mercaptotetrazol selbst sein, sie kann aber auch am Phenylring substituiert sein, z. B. mit Amino, Acylamino oder mit löslichmachenden funktionellen Gruppen wie Hydroxyl oder Carboxyl. Die 1-Phenyl-5-mer­captotetrazol-Verbindung kann aber auch in einer Form vorliegen, bei der die Mercaptogruppe blockiert ist und gegebenenfalls erst unter den Fällungsbedingungen frei­gesetzt wird; 1-Phenyl-5-mercaptotetrazol-Verbindungen mit blockierter Mercaptogruppe sind beispielsweise in DE-A-21 61 044 und DE-A-21 61 045 beschrieben.

    [0009] Die 1-Phenyl-5-mercaptotetrazol-Verbindung wird vorzugs­weise in einer Menge von 0,5 bis 50 mmol verwendet, be­zogen auf 1 mol des bei der Fällung des Silberhalogenids insgesamt einzusetzenden Silbernitrats.

    [0010] Die 1-Phenyl-5-mercaptotetrazol-Verbindung wird im all­gemeinen bei der Fällung in gelöster Form zusammen mit einem Emulsionsbindemittel, insbesondere Gelatine, vor­gelegt, und die Fällungsreaktionspartner - Silbernitrat­lösung einerseits und Halogenidlösung andererseits - werden im allgemeinen nach dem üblichen Doppeleinlauf-­Verfahren (double jet) zugefügt. Die Zusammensetzung der Halogenidlösung entspricht im wesentlichen dem Haloge­nidverhältnis der gewünschten Emulsion. Demnach besteht das Halogenid der Halogenidlösung hauptsächlich, d. h. zu mehr als 75 mol-%, bevorzugt zu mehr als 95 mol-%, aus Chlorid; der Rest besteht aus Bromid und/oder Iodid, wobei der Iodidanteil im allgemeinen nicht größer als 10 mol-% ist. Das Iodid kann aber auch ganz oder teil­weise nach Abschluß der eigentlichen Fällung zugefügt werden. Bromid und Iodid können aber auch vollständig fehlen, wenn eine reine Silberchloridemulsion herge­stellt werden soll.

    [0011] Die erfindungsgemäßen Silberchloridemulsionen haben normalerweise eine durchschnittliche Korngröße von weniger als 0,1 µm. Es kann sich dabei um homodisperse oder heterodisperse Emulsionen handeln, beispielsweise um eine Emulsion, in der 90 % aller Körner eine Korn­größe haben, die um 0,04 µm oder weniger von der durch­schnittlichen Korngröße nach oben oder unten abweicht.

    [0012] Die Aufarbeitung der Emulsionen kann in der üblichen Weise erfolgen, z. B. durch Flocken, Auswaschen und Re­dispergieren. Die Emulsionen werden nicht chemisch ge­reift, sie können aber noch mit den üblichen Zusätzen versehen werden. Das sind insbesondere weitere Stabili­satoren, wie Quecksilbersalze, Triazaindolizine, Netz­mittel und Härtungsmittel. Man kann sogar, ohne daß sich die Tageslichtsicherheit wesentlich ändert, spektrale Sensibilisatoren zusetzen. Vorteilhaft ist auch der Zu­satz von Elektronenfängern wie Pinakryptolgelb und ähn­lichen als Desensibilisatoren, um die Tageslichtempfind­lichkeit noch weiter zu drücken.

    [0013] Auch die Zugabe von Edelmetallverbindungen wie bei­spielsweise Hexahalogenokomplexe des Rhodiums, Iridiums oder Osmiums ist möglich und gegebenenfalls sinnvoll.

    [0014] In einer bevorzugten Ausführungsform enthält die erfin­dungsgemäße Silberhalogenidemulsion beispielsweise pro mol Silber 10 - 200 mg Pinakryptolgelb und/oder 1 - 100 mg Natriumhexachlororhodiat-III.

    [0015] Die erfindungsgemäße Emulsion kann als einzelne Schicht vergossen werden oder aber auch auf zwei oder mehrere Schichten verteilt werden, die direkt aufeinander ge­gossen werden oder durch Trennschichten getrennt sein können. Um besondere Formen der Schwärzungskurven zu erzielen, kann man auch einen mehrschichtigen Film her­stellen, bei dem eine oder mehrere Schichten aus einer kontrastreichen Emulsion sowie ein oder mehrere Schich­ten aus der beschriebenen Halbtontageslichtemulsion be­stehen. Es ist sogar zur Erzielung besonderer Effekte denkbar, die erfindungsgemäße Halbtontageslichtemulsio­nen mit klassischen Emulsionen zu kombinieren. Über der Schicht mit der erfindungsgemäßen Emulsion befindet sich üblicherweise eine Schutzschicht, zwischen ihr und der Substratschicht des Schichtträgers kann sich eine wei­tere nichtsilberhaltige Schicht befinden. Auch eine Kom­ bination von einer normalen steil arbeitenden Silber­halogenidemulsionsschicht mit einer Schicht der erfin­dungsgemäßen Emulsion, gegebenenfalls mit gleicher oder verschiedener Spektralsensibilisierung, ist möglich. Alle Schichten können sogenannte Schirmfarbstoffe ent­halten, die fotografisch nicht aktiv sind, sondern nur Licht absorbieren und somit zur Schärfe beitragen.

    [0016] Die Emulsionen können auf transparente Unterlagen ge­gossen werden, z.B. auf einen transparenten Film oder auf Glasplatten, es ist auch die Verwendung von opaken Unterlagen möglich, z.B. von Schichtträgern aus Papier, das gegebenenfalls ein- oder beidseitig durch Beschich­tung hydrophobiert sein kann.

    [0017] Zur Vereinfachung der Entwicklung können Entwicklersub­stanzen in der Emulsionsschicht enthalten sein. Es ist aber auch möglich, die Entwicklersubstanzen in separate Schichten über, unter oder zwischen der/den Emulsions­schicht/en einzulagern.

    [0018] Der erfindungsgemäße Tageslichtfilm eignet sich hervor­ragend zur Herstellung von schwarzweißen Halbtonwieder­gaben, insbesondere zur Herstellung von verlaufenden Masken, die in der Reprofotografie gelegentlich kombi­niert mit Farbauszugswiedergaben verwendet werden. Auf­grund seiner Eigenschaft, bei Tageslicht oder tages­lichtähnlichen Bedingungen, z. B. bei Leuchtstoffröhren­licht, verarbeitet werden zu können, stellt or eine wertvolle Bereicherung für die Reprofotografie dar, weil sich eine zusätzliche Dunkelkammereinrichtung erübrigt.

    Beispiel 1


    Emulsionsrezept



    [0019] 

    A: 3500 ml Wasser 25°C
    1225 g AgNO₃

    B: 3000 ml Wasser 25°C
    172 g KBr
    375 g NaCl

    C: 5600 ml Wasser 40°C
    172 g Inertgelatine
    Phenylmercaptotetrazol (wie in Tabelle 1 angegeben) gelöst in 350 ml Methanol



    [0020] Beide Lösungen A und B werden im üblichen double jet - Verfahren in 120 s ohne pAg-Steuerung in die vorge­legte Lösung C gegeben. Nach Beendigung des Doppelein­laufes wird eine Lösung von 12 g KI in 100 ml Wasser zu­gefügt, dann wird 4 min weiter gerührt und anschließend mit Polystyrolsulfonsäure in der üblichen Weise geflockt und ausgewaschen.

    [0021] Die Emulsionen werden nicht chemisch gereift. Vor dem Beguß wird, berechnet auf 45 g AgNO₃, zugefügt:
    32 mg Pinakryptolgelb (gelöst in Wasser)
    0,68 mg Natriumhexachlororhodiat-III
    32 mg Verbindung der Formel I
    3200 mg Verbindung der Formel II

    [0022] Netzmittelzugabe erfolgt entsprechend dem Gießsystem.



    [0023] Von der Emulsion wird eine Beschichtung hergestellt mit einem Auftrag entsprechend 3,0 g Silbernitrat pro m². Über die Emulsionsschicht wird eine Schutzschicht ge­zogen, bestehend aus einer 3,2 %igen wäßrigen Gelatine­lösung, die Netzmittel entsprechend dem Gießsystem und als Härtungsmittel 0,2 % Formaldehyd enthält.

    [0024] Die Dicke der Schutzschicht beträgt nach der Trocknung ca. 1 µm.

    [0025] Nach dem Beguß wird das Material gelagert, bis die Här­tung auf einen konstanten Wert angestiegen ist. Zur Prüfung wird das Material an einem der handelsüblichen Tageslichtkopiergeräte hinter einem Stufenkeil belich­ tet. Entwickelt wird bei 27°C unterschiedlich lang in einem Phenidon-Hydrochinonentwickler der folgenden Zu­sammensetzung:
    2 g Trilon B
    70 g K₂CO₃
    200 g K₂SO₃
    30 g KBr
    16 g KOH
    60 g Hydrochinon
    1,45 g Phenidon
    90 mg 1-Phenyl-5-mercaptotetrazol
    auffüllen mit Wasser auf 1000 ml (Konzentrat); zum Gebrauch wird 1 Volumenteil des Konzentrates mit 2 Volumenteilen Wasser verdünnt.
    Tabelle 1
    Menge Phenylmercaptotetrazol [g] Gradation gemessen zwischen den Dichten 0,3 und 1,7 nach Entwicklungsdauer
      164 s 82 s 32 s
    0 2,98 2,77 2,69
    6,5 1,57 1,45 1,27
    13,0 1,45 1,25 1,06
    26,0 0,78 0,76 0,74

    Beispiel 2



    [0026] Nach den Angaben von Beispiel 1 wird eine Emulsion hergestellt, wobei jedoch statt 172 g KBr nur 17,2 KBr und statt 375 g NaCl 451 g NaCl verwendet werden.
    Tabelle 2
    Menge Phenylmercaptotetrazol [g] Gradation gemessen zwischen den Dichten 0,3 und 1,7 nach Entwicklungsdauer
      164 s 82 s 32 s
    0 3,14 3,01 3,20
    26,0 1,03 0,99 0,98



    Ansprüche

    1. Fotografisches bei Tageslicht verarbeitbares Auf­zeichnungsmaterial mit mindestens einer auf einen Schichtträger aufgetragenen Silberhalogenidemul­sionsschicht, dadurch gekennzeichnet, daß das Sil­berhalogenid zu mindestens 75 mol-% aus Silber­chlorid besteht und in Gegenwart eines 1-Phenyl-5-­mercaptotetrazols hergestellt worden ist.
     
    2. Aufzeichnungsmaterial nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Silberhalogenidemulsion nicht chemisch gereift ist.
     
    3. Aufzeichnungsmaterial nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Silberhalogenidemulsion 0-25 mol-% Silberbromid und/oder 0-10 mol-% Silber­iodid enthält.
     
    4. Aufzeichnungsmaterial nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Silberhalogenidemulsion in Gegenwart von 0,5-50 mmol eines 1-Phenyl-5-mer­capto-tetrazols bezogen auf ein mol des bei der Fällung insgesamt einzusetzenden Silbernitrats, hergestellt worden ist.
     
    5. Aufzeichnungsmaterial nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Silberhalogenidemulsion pro mol Silber 10-200 mg Pinakryptolgelb enthält.
     
    6. Aufzeichnungsmaterial nach einem der Ansprüche 1 und 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Silberhalo­genidemulsion pro mol Silber 1-100 mg Natriumhexa­chlororhodiat-III enthält.
     
    7. Aufzeichnungsmaterial nach Anspruch 1, dadurch ge­kennzeichnet, daß die Silberhalogenidemulsion pro mol Silberhalogenid 10-250 mg eines Spektralsensi­bilisators enthält.
     





    Recherchenbericht