(19)
(11) EP 0 361 038 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.04.1990  Patentblatt  1990/14

(21) Anmeldenummer: 89114612.8

(22) Anmeldetag:  08.08.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5B21D 3/12
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB IT SE

(30) Priorität: 03.09.1988 DE 3830028

(71) Anmelder: Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft
80788 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Engelmohr, Franz
    D-8037 Olching (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Richten eines länglichen Metallteiles, insbesondere eines Pleuels für Hubkolbenmaschinen


    (57) Bei einem Verfahren zum Richten eines länglichen Metall­teiles, insbesondere eines Pleuels für Hubkolbenmaschi­nen, werden die Pleuelaugen in eine Vorrichtung geklemmt und unter elastischer Verformung des Pleuelschaftes zueinander ausgerichtet. Anschließend wird der elastisch verformte Pleuelschaft auf Zug belastet und zur blei­benden Ausrichtung des Pleuels die Oberfläche des Pleuelschaftes und seiner Übergänge zu den Pleuelaugen kugelgestrahlt.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Richten eines länglichen Metallteiles nach den im Oberbegriff des Patentanspruches 1 beschriebenen Verfahrensschrit­ten.

    [0002] Ein derartiges Verfahren ist aus der DE-OS 23 40 153 bekannt. Hierbei wird dem elastischen Richtzustand des Zwischenbereiches in einem weiteren Verfahrensschritt eine Drehbelastung überlagert, wobei das Metallteil zur bleibenden Ausrichtung bis in den plastischen Bereich hinein tordiert wird. Dieses Verfahren ist insbesondere für Metallteile mit rotationssymmetrischen Querschnitten geeignet. Für längliche Metallteile mit davon abwei­chenden Querschnitten ist dieses Richt-Verfahren, insbesondere im Hinblick auf die unterschiedlichen Spannungsgradienten, kaum geeignet.

    [0003] Als ein hohen dynamischen Belastungen ausgesetztes, längliches Metallteil von nicht-rotationssymmetrischem Querschnitt kann das Pleuel einer Hubkolbenmaschine betrachtet werden. Vorallem für übliche Hubkolben-­Brennkraftmaschinen sind die Pleuel geschmiedete Stahl­teile. Die in einem Gesenk geschmiedeten Pleuel werden unmittelbar nach der Entnahme aus dem Gesenk in einem Stanzwerkzeug vom Gesenkgrat befreit und mit der vor­handenen Schmiedewärme einem Vergütungsprozeß zugeführt.

    [0004] Vor der spanabhebenden Bearbeitung der Pleuel werden diese gerichtet. Hierbei wird das Pleuel in die zu richtende Lage gedrückt bzw. geklopft, wobei um das Maß der elastischen Rückfederung überbogen werden muß. Dieses Überbiegen wirkt sich nachteilig auf die dyna­mische Festigkeit des Pleuels aus. Dieser nachteilige Einfluß auf die Sicherheit des Bauteiles wird durch eine entsprechende bauliche Bemessung berücksichtigt.

    [0005] Weiter ist es aus der DE-Z "Metall", 1980, H. 4, S. 320 bis 323 bekannt, metallische Bauteile durch örtlich gezieltes Kugelstrahlen zu richten, wobei das Strahlen eine plastisch umgeformte Oberflächenschicht mit Druck­eigenspannungen ergibt.

    [0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, das gattungs­gemäße Verfahren zum Richten eines länglichen Metall­teiles derart abzuwandeln, daß ein längliches Metallteil von beliebigen Querschnitt, wie zum Beispiel ein Pleuel einer Hubkolbenmaschine, einwandfrei in einfacher und kostengünstiger Weise gerichtet wird, wobei mit dem Richten eine Steigerung der dynamischen Festigkeit, insbesondere der Dauerfestigkeit, verbunden ist.

    [0007] Zur Lösung dieser Aufgabe wird das Metallteil in einem Zwischenbereich während seiner elastischen Verformung zusätzlich mit einer statischen Zugkraft - max. bis zur Streckgrenze - in Längsrichtung belastet und - während dieser Belastung - an der Oberfläche kalt verformt.

    [0008] Ein Vorteil der Erfindung liegt darin, daß beim Richten unter Vorspannung bei gleichzeitiger Kaltverformung der freien Oberfläche des Metallteiles dieses beim Richten nicht überbogen werden muß. Mit der Kaltverformung der Oberfläche wird der Werkstoff des Metallteiles in oberflächennahen Bereichen in überwiegend longitudinaler Richtung plastiziert. Bei Wegnahme der Zugbelastung vom Metallteil nach vollzogener Kaltverformung der Ober­fläche federn nur die inneren Werkstoffbereiche ela­stisch zurück. In den plastizierten äußeren Werkstoff­bereichen treten dadurch hohe Druckeigenspannungen in Längsrichtung auf. Mit der Kaltverformung der Oberfläche wird somit der durch elastische Verformung und durch überlagerte Zugbelastung erreichte Richtzustand des Metallteiles bzw. des Pleuels gewissermaßen eingefroren.

    [0009] Weiter weist das erfindungsgemäße Richten mit Kaltver­formung der Oberfläche des Metallteiles bzw. des Pleuels den weiteren Vorteil auf, daß in oberflächennahen Bereichen des Pleuels gegebene Schmiedefehler sowie beim Stanzen des Gesenkgrates entstehende Überlappungen und ferner Oberflächenfehler von geringer Tiefe in ihren festigkeitsmindernden Auswirkungen durch das Kaltver­formen der Oberfläche kompensiert werden und somit der Ausschuß wesentlich verringert wird. Im Bereich der als Kerben wirkenden Oberflächenrisse werden mit der Kalt­verformung Druckeigenspannungszustände erzeugt, die die dynamische Festigkeit steigern. Diese Steigerung kann in weiterer vorteilhafter Weise für eine nicht unerhebliche Gewichtsreduzierung bei unveränderter Betriebssicherheit des jeweiligen Bauteiles genutzt werden.

    [0010] Zur Erzielung des elastischen Richtzustandes kann die Zugkraft unter Beachtung der Formzahl (αK) für das jeweilige Metallteil (Pleuel) max. bis zu der im Bereich eines im Metallteil verursachten Kerbgrundes auftreten­den Streckgrenze (σS) gesteigert werden. Hierbei kann für eine günstige Werkstoffausnützung die Zugkraft bzw. Zugbelastung dehnungsgesteuert werden. Ist das längliche Metallteil vorzugsweise ein als vergütetes Schmiederoh­teil vorgegebenes Pleuel, so kann die Zugkraft bzw. Zugbelastung im wesentlichen durch die aus der Qualität der Vergütung resultierenden Streckgrenze bestimmt werden. Mit einer solchermaßen dehnungsgesteuert be­stimmten Zugbelastung ergibt sich in vorteilhafter Weise zugleich eine Qualitätskontrolle. Um für die Pleuel eine hohe Qualität sicherzustellen, können die zulässigen Abweichungen der dehnungsgesteuerten Zugbelastung gering gewählt werden. Andererseits läßt die Streuung der dehnungsgesteuerten Zugbelastungen einen unmittelbaren Rückschluß auf die Qualität des Vergütungsprozesses bzw. des Querschnittes zu. Schließlich wird die für das Richten des jeweiligen Bauteiles vorgeschlagene Kalt­verformung der Oberfläche in einfacher und kostengün­stiger Weise nach Anspruch 3 durch das bekannte Kugel­strahlen erzielt. Wie jedoch Anspruch 2 weiter ausweist, ist die Kaltverformung der Oberfläche des jeweiligen Bauteiles nicht auf das Kugelstrahlen allein beschränkt.

    [0011] Nachfolgend wird das erfindungsgemäße Verfahren zum Richten eines länglichen Metallteiles am Beispiel des Richtens eines Pleuels für eine Hubkolbenmaschine beschrieben.

    [0012] Ein Pleuel für hochdrehende Hubkolben-Brennkraftmaschine ist aus Stahl und in einem Gesenk geschmiedet. Unmit­telbar nach Entnahme aus dem Gesenk wird der Gesenkgrat mittels eines Stanzwerkzeuges vom Pleuel entfernt. Das noch schmiedewarme Pleuel wird einem Vergütungsprozeß zugeführt. Insbesondere durch ungleichmäßige Abfuhr beim Auskühlen des vergüteten Pleuels unterliegt dieses einem Verzug. Vor der spanabhebenden Bearbeitung, insbesondere der Lagerbohrungen in beiden Pleuelaugen, muß das Pleuel gerichtet werden.

    [0013] Das im schmiederohen, jedoch vergüteten Zustand mit Gratnaht und Oberflächenfehlern vorliegende Stahl-Pleuel wird in einer Vorrichtung an beiden Pleuelaugen geklemmt angeordnet. Beide Klemmeinrichtungen der Vorrichtung sind so ausgebildet und angeordnet, daß beide Pleuel­augen zueinander ausgerichtet werden, wobei dieses Ausrichten unter elastischer Verformung des die Pleuel­augen verbindenden Pleuelschaftes erfolgt. Anschließend wird der elastisch verformte Pleuelschaft mittels der Klemmeinrichtungen auf Zug belastet, wobei die Zugbe­lastung dehnungsgesteuert bis zur Streckgrenze des vergüteten Pleuels gesteigert wird. Während der dem elastischen Richtzustand überlagerten Zugbelastung durch eine der Streckgrenze entsprechende statische Zugkraft wird die Oberfläche des Pleuelschaftes und seiner Übergänge zu den Pleuelaugen mittels Kugelstrahlen kalt verformt.

    [0014] Mit der unter Zugspannung gestrahlten Bauteiloberfläche wird eine bleibende Ausrichtung des Pleuels nach Ent­nahme aus der Vorrichtung erzielt.

    [0015] Weiter wird mit der Kaltverformung der Oberfläche die Dauerfestigkeit, insbesondere die Dauerschwingfestig­keit, des Pleuels erhöht. Weiter wird mit der dehnungs­gesteuerten Zugbelastung des vergüteten Pleuels zugleich eine Qualitätskontrolle erzielt.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Richten eines länglichen Metalltei­les, insbesondere eines Pleuels für Hubkolbenma­schinen,
    - wobei das Metallteil mit seinen Endbereichen eingespannt wird und
    - beide Endbereiche des Metallteiles unter elasti­scher Verformung des Zwischenbereiches zueinander ausgerichtet werden,
    dadurch gekennzeichnet,
    - daß der Zwischenbereich (Pleuelschaft) während seiner elastischen Verformung zusätzlich mit einer statischen Zugkraft - maximal bis zur Streckgrenze - in Längsrichtung belastet wird und - während dieser Belastung - an der Oberfläche kalt verformt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet, daß das Kaltverformen der Oberfläche des Zwischenbereichs durch Bestrahlen mit einem Strom harter Teilchen oder beim Aufprall hart wirkender Teilchen (Flüssigkeit) erfolgt.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2,
    dadurch gekennzeichnet, daß die harten Teilchen Stahlkugeln sind.