(19)
(11) EP 0 361 632 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.04.1990  Patentblatt  1990/14

(21) Anmeldenummer: 89250043.0

(22) Anmeldetag:  21.09.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5B21B 25/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE ES FR GB IT

(30) Priorität: 28.09.1988 DE 3833375

(71) Anmelder: MANNESMANN Aktiengesellschaft
D-40027 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Kümmerling, Rolf, Dr.-Ing.
    D-4100 Duisburg 28 (DE)
  • Bellmann, Manfred, Dipl.-Ing.
    D-4030 Ratingen 5 (DE)
  • Pieters, Rolf, Dipl.-Ing.
    D-4330 Mülheim (DE)

(74) Vertreter: Meissner, Peter E., Dipl.-Ing. et al
Meissner & Meissner, Patentanwaltsbüro, Postfach 33 01 30
D-14171 Berlin
D-14171 Berlin (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Führen von langgestrecktem, hohlzylindrischen Walzgut


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Führen von sich um die Längsachse drehendem, langgestrecktem, hohlzy­lindrischem Walzgut mittels eines unterhalb der Walzachse angeordneten, in Walzachsrichtung anstellbaren Führungs­mittels. Um ein Verfahren zu entwickeln, um das lang­gestreckte, hohlzylindrische Walzgut genau auf Walzmitte zu führen, ohne dabei den wendelförmigen Vorschub zu be­hindern, wird vorgeschlagen, daß ein parallel zur Walz­achse liegender Oberflächenbereich mindestens eines Führungsmittels während des Walzvorganges an die Ober­fläche des Walzgutes überwiegend entgegen der Schwer­kraftrichtung zur Anlage gebracht wird.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Führen von sich um die Längsachse drehenden langgestrecktem, hohlzylin­drischem Walzgut gemäß dem Gattungsbegriff des Haupt­anspruchs.

    [0002] Entsprechend dem Stand der Technik wie er sich beispiels­weise aus der DE-OS 20 32 533 ergibt, wird beim Walzen, insbesondere beim Schrägwalzen, bei dem sich während des Walzvorganges das Walzgut um die Längsachse dreht, das Walzgut auf der Einlauf- bzw. auf der Auslaufseite durch ein unterhalb der Walzachse angeordnetes Führungs­mittel gehalten. Ein solches Führungsmittel kann allge­mein ein Rohr, eine Halbschale oder im Falle von Walzen mit einem auf der Auslaufseite gehaltenem Innenwerkzeug mehrere hintereinander angeordnete Hülsenführungsböcke sein, in denen üblicherweise drei parallel zur Walzachse liegende und in Walzachsrichtung anstellbare Rollen angeordnet sind. Bei einer solchen Dreieranordnung sind zwei Rollen in einer horizontalen Ebene liegend unterhalb der Walzachse und die dritte oberhalb der Walzachse angeordnet. Diese dritte Rolle wird nach Beendigung des Walzvorganges in Auswerfstellung geschwenkt, damit das fertiggewalzte Gut zusammen mit dem Innenwerkzeug aus der Walzlinie entfernt werden kann. Während des Walzvorganges wird das Führungsmittel in der Praxis abstandsmäßig so zum Walzmittelpunkt eingestellt, daß zwischen der Ober­fläche des Walzgutes und der Oberfläche des Führungsmittels sich ein Spiel ergibt, um insbesondere die Längsbewegung des Walzgutes nicht zu behindern. Dieses Spiel läßt aber transversale Schwingungen des Walzgutes und des Innen­ werkzeuges zu, die zu einem erhöhten Verschleiß des Führungsmittels und zu Wanddickenungleichmäßigkeiten führen. Es kann aber auch wie bei der genannten DE-OS 20 32 533 eine ständige Anlage am Walzgut be­absichtigt sein, wodurch der Verschleiß noch ver­größert wird.

    [0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zu entwickeln, um das langgestreckte, hohlzylindrische Walzgut genau auf Walzmitte zu führen, ohne dabei den wendelförmigen Vorschub zu behindern. Die beim üblichen Führungssystem auftretenden Schwingungen sollen möglichst weitgehend behindert und dadurch eine gleichmäßige Wanddicke erzielt werden.

    [0004] Diese Aufgabe wird durch das kennzeichnende Merkmal des Hauptanspruches gelöst.

    [0005] Die direkte Anlage eines parallel zur Walzachse liegenden Oberflächenbereiches des Führungsmittels an die Oberfläche des Walzgutes während des Walzvorganges minimiert die ansonsten bei einem mit Spiel angestellten Führungsmittel auftretenden Beschleunigungskräfte und damit die Frequenz und die Amplitude des Schlages. Durch den Wegfall der Luftspaltwege zwischen der Oberfläche des Walzgutes und des Führungsmittels wird die kinetische Energie nahezu zu Null gemacht. Die Führung wird hör- und sichtbar besser. Mit diesem erfindungsgemäßen Verfahren ist es möglich, die Walzwerksleistung durch höhere zulässige Drehzahlen zu steigern, den Verschleiß der Führungsmittel zu vermindern und die Maßhaltigkeit, insbesondere die Wanddicke des Walzgutes zu verbessern.

    [0006] Das vorgeschlagene Verfahren ist anwendbar für alle Walzwerke, bei denen das Walzgut sich während des Walzens um die Längsachse dreht, d. h. Lochwalzwerk Schrägwalzfwerk und Reeler. Bei den Walzverfahren ohne Innenwerkzeug ist das Führungsmittel überwiegend als Rohr oder als Halbschale mit entsprechenden Schlitzen zum Einfahren der Treibrollen ausgebildet.

    [0007] Anders sieht es bei den Hülsenführungsböcken aus, die hauptsächlich für das Walzen mit einem Innenwerkzeug verwendet werden. In diesen Böcken sind üblicherweise drei parallel zur Walzachse liegende Rollen angeordnet, die in Walzachsrichtung anstellbar sind. Das bisher übliche Verfahren zum Führen des Walzgutes bestand darin, die drei Rollen in einem vorgegebenen Abstand zur Oberfläche des Walzgutes zu halten. Dies führte dazu, daß starke Beschleunigungskräfte während des wendelförmigen Vorschubes des Walzgutes auftraten und das Führungsmittel einem starken Verschleiß unterworfen wurde. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren werden die zwei in einer horizontalen Ebene liegenden unterhalb der Walzachse angeordneten Rollen während des Walzvorganges an die Oberfläche des Walzgutes zur Anlage gebracht. Dabei ist erfindungswesentlich, daß die Anstellung der Rollen überwiegend entgegen der Schwerkraftrichtung erfolgt, so daß die Schwerkraftkomponente des Walzgutes zusammen mit dem Innenwerkzeug das Anlegen der Oberfläche des Walzgutes an die Rollen unterstützt. Damit das Walzgut im Störungsfall nicht aus der Walzlinie springen kann, wird weiterbildend vorgeschlagen, die dritte oberhalb der Walzachse liegende Rolle während des Walzvorganges in einem vorgegebenen Abstand zur Oberfläche des Walzgutes zu halten. Dieser Abstand soll dabei mindestens 20 % des Walzgutaußendurchmessers betragen. Damit wird verhindert, daß das Walzgut an diese dritte Rolle schlägt und dadurch wieder die nicht gewünschten transversalen Schwingungen angefacht werden können. Die zwei unterhalb der Walzachse liegenden Rollen werden abstandsmäßig so angeordnet, daß sich die von der jeweiligen Achse zum Walzmittelpunkt gedachten Geraden in einem Winkel von 120 Grad schneiden. Mit dieser Winkelangabe sollen die üblichen herstellungs- und einbaubedingten Abweichungen in der Größenordnung von einigen Graden mit erfaßt sein.

    [0008] In der Zeichnung wird das erfindungsgemäße Verfahren näher erläutert.

    [0009] Es zeigen:

    Figur 1 die Walzgutführung entsprechend dem bekannten Verfahren

    Figur 2 die erfindungsgemäße Walzgutführung



    [0010] In Figur 1 ist die Walzgutführung entsprechend dem bisher bekannten Verfahren dargestellt. In diesem Beispiel wird das Walzgut 1 mit einem Innenwerkzeug 2, z. B. Dorn oder Stange, gewalzt. Während des Walzens dreht sich das Walzgut 1 zusammen mit der Stange 2 um die Längsachse 3, wie durch den Pfeil 4 angedeutet. Die Längsachse 3 ist hier zugleich auch die Walzachse. Die drei Rollen 5, 5′, 5˝ sind in einem hier nicht dargestellten Hülsenführungsbock angeordnet und in Walzachsrichtung anstellbar. Die Anstellung der Rollen erfolgt in der Weise, daß zwischen der Oberfläche der Rollen 5, 5′, 5˝ und des Walzgutes 1 ein Spiel 6 verbleibt. Nach dem Walzen kann die oberhalb der Walzachse 3 liegende Rolle 5′, 5˝ in Auswerfstellung, hier gestrichelt dargestellt, geschwenkt werden, damit das Walzgut zusammen mit dem Innenwerkzeug 2 aus der Walzlinie entfernt werden kann.

    [0011] Figur 2 zeigt die Walzgutführung gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren, wobei für gleiche Teile gleiche Bezugszeichen wie in Figur 1 verwendet wurden. Während des Walzvorganges sind die zwei unterhalb der Walzachse 3 liegenden Rollen 5, 5′ zur Anlage an die Oberfläche des Walzgutes 1 gebracht worden, so daß im Berührungsbereich zwischen der Oberfläche der Rolle 5, 5′ und des Walzgutes 1 kein Spiel verbleibt. Unterstützt wird diese Anlage durch die auf die Rolle 5, 5′ drückende Schwerkraftkomponente des Walzgutes 1 und des Innenwerkzeuges 2. Aus Sicherheitsgründen wird die oberhalb der Walzachse 3 liegende Rolle 5˝ in einem vorgegebenen Abstand 7 zur Oberfläche des Walzgutes 1 gehalten. Falls keine Gefahr besteht, daß das Walzgut 1 aus der Walzlinie springen kann, kann diese Rolle 5˝ ebenso wie in Figur dargestellt sofort nach Walzbeginn in Auswerfstellung geschwenkt werden.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Führen von sich um die Längsachse drehenden langgestrecktem, hohlzylindrischem Walzgut mittels ober- und unterhalb des Walzgutes parallel zur Walzachse angeordneter, in Walzachsrichtung anstellbarer Führungsmittel,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß während des Walzvorganges mindestens eines der unterhalb des Walzgutes angeordneten Führungsmittel überwiegend entgegen der Schwerkraftrichtung zur Anlage am Walzgut gebracht wird, bei abgehobener Stellung des oberhalb angeordneten Führungsmittels.
     
    2. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1,
    wobei ober- und unterhalb des Walzgutes dieses führende, parallel zur Walzachse liegende Rollen vorgesehen sind, die in Walzachsrichtung anstellbar sind,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß während des Walzvorganges ein sich ständig ver­ändernder Bereich der Außenoberfläche zweier, in einer horizontalen Ebene im Abstand voneinander angeordneter, unterhalb der Walzachse liegender Rollen zu Anlage ge­bracht wird, und daß die oberhalb der Walzachse ange­ordnete Rolle während des Walzvorganges in einem vor­gegebenen Abstand zur Oberfläche des Walzgutes gehalten wird.
     
    3. Vorrichtung nach Anspruch 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Abstand der Oberfläche der Rolle zur Oberfläche des Walzgutes mindestens 20 % des Walzgutaußendurch­messers beträgt.
     
    4. Vorrichtung nach Anspruch 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die von der jeweiligen Achse der zwei unterhalb der Walzachse liegenden Rollen zum Walzmittelpunkt gedachten Geraden sich unter einem Winkel von 120 Grad schneiden.
     




    Zeichnung