(19)
(11) EP 0 362 122 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.04.1990  Patentblatt  1990/14

(21) Anmeldenummer: 89730188.3

(22) Anmeldetag:  16.08.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5B21D 3/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE ES FR GB IT SE

(30) Priorität: 27.09.1988 DE 3833163

(71) Anmelder: MANNESMANN Aktiengesellschaft
D-40027 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • von Hagen, Ingo, Dr. Ing.
    D-4150 Krefeld 1 (DE)
  • Kutzenberger, Karlheinz, Dr.
    D-4019 Monheim (DE)

(74) Vertreter: Presting, Hans-Joachim, Dipl.-Ing. et al
Meissner & Meissner, Patentanwaltsbüro, Postfach 330130
14171 Berlin
14171 Berlin (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
     
    Bemerkungen:
    Die Bezeichnung der Erfindung wurde geändert (Richtlinien für die Prüfung im EPA, A-III, 7.3).
     


    (54) Verfahren zum Warmrichten von Stahlrohren


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Warmrichten von langgetrecktem Walzgut aus Stahl in einer Rollenrichtmaschine, bei dem das Walzgut eine Temperatur unterhalb Ar1 bzw. Ac1 und von mindestens 300°C aufweist und nach dem Richten auf Raumtemperatur abgekühlt wird. Um die mechanisch-technoligischen Eigenschaften zu verbessern, wird erfindungsgemäß vorgeschlagen, daß das Walzgut unmittelbar nach Erreichen der geforderten Geometrie beschleunigt mindestens auf eine solche Temperatur abgekühlt wird, bei der kein Verziehen durch Abkühlspannungen infolge weiterer Abkühlung mehr eintritt.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Warmrichten von Stahlrohren entsprechend dem Gattungsbegriff des Patentanspruchs 1 sowie eine Anlage zur Durchführung dieses Verfahrens.

    [0002] Das Abkühlen von Stahlrohren aus der Walzhitze oder von einer erhöhten Temperatur nach einer Wärmebehandlungsmaßnahme (z.B. Vergütung) führt häufig zum Verziehen der Rohre, d.h. zu einer unzulänglichen Rohrgeometrie (z.B. schlechte Geradheit, Ovalität). Um die durch das Walzen oder die Wärmebehandlung eingestellten mechanisch-technologischen Eigenschaften nicht zu gefährden, wird an derartig verzogenem Walzgut ein Warmrichtvorgang vorgenommen, der bei soweit erhöhter Temperatur stattfindet, daß der Bauschinger-Effekt nicht mehr beobachtet werden kann. Die Temperatur des Walzgutes liegt während des Richtvorgangs daher üblicherweise oberhalb von etwa 300oC, aber unterhalb Ac1 bzw. Ar1.

    [0003] In einer Rollenrichtmaschine wird durch geeignetes Aufbringen mechanischer Spannungen im Richtquerschnitt die Streckgrenze des Richtgutes überschritten, so daß eine definierte Krümmung des Richtgutes eingestellt wird (Normierungskrümmung). Danach wird durch wechselweises Biegen und Gegenbiegen mit abklingender Biegeamplitude die gewünschte Geometrie erzielt.

    [0004] Als großer Nachteil des bekannten Warmrichtverfahrens ist es anzusehen, daß das Walzgut nach dem Richtvorgang eine mehr oder weniger unkontrollierte und entsprechend den geometrischen Verhältnissen ungleichmäßige Abkühlung an Luft erfährt. Das führt nämlich dazu, daß die in der Richtmaschine erzielte "Ideal-Geometrie" teilweise wieder verlorengeht. Selbst aufwendige Kühlbettkonstruktionen, in denen z.B. das Walzgut hinter der Richtmaschine in ständiger Drehung gehalten wird, um gleichmäßig abzukühlen, vermögen diesen Mangel nicht zu beheben. So kommt es beispielsweise bei Stahlrohren, bei denen herstellungsbedingt über den Umfang und/oder die Länge Wanddickenschwankungen auftreten, zu örtlich unterschiedlich schneller Abkühlung und folglich unterschiedlich starken Schrumpfungen, die sich in bleibenden Verformungen der wärmeren Zonen auswirken, so daß z.B. eine Ovalität entsteht.

    [0005] In Fällen, in denen eine hohe Maßhaltigkeit der Stahlrohre etwa für eine nachfolgende mechanische Bearbeitung (z.B. Gewindeschneiden an Ölfeldrohren) unbedingt erforderlich ist, muß daher häufig ein zusätzliches Kaltnachrichten angeschlossen werden. Dies ist jedoch nicht nur wegen des damit verbundenen Aufwandes hinsichtlich Zeit und Kosten unerwünscht, sondern kann auch die mechanisch-technologischen Eigenschaften infolge von Kaltverfestigungen negativ verändern. Darüberhinaus kann in den Verformungszonen auch die Korrosionsbeständigkeit beeinträchtigt werden.

    [0006] Aus der DE-OS 22 62 140 ist es bekannt, Stahlhalbzeug wie Drähte, Stangen, Bleche oder Bänder, also Halbzeug mit Vollquerschnitt auf Temperaturen zwischen 149 und 480o C zu erwärmen und warm zu richten. Danach wird das Halbzeug einfach an Luft oder beschleunigt mit Hilfe von Flüssigkeit oder Druckluft abgekühlt. Die Durchführung des Richtvorgangs bei erhöhter Temperatur hat hierbei den Sinn, daß Werkstoffe, die einer Ausscheidungshärtung zugänglich sind, durch den Richtvorgang in ihren Festigkeitseigenschaften nicht beeinträchtigt werden sollen. An das Abkühlen des gerichteten Halbzeugs sind daher weder hinsichtlich des zeitlichen Abstandes zum Richtvorgang noch hinsichtlich der Kühlintensität besondere Anforderungen zu stellen. Insbesondere ergeben sich aus dieser Literaturstelle keinerlei Hinweise darauf, daß die im Richtprozeß erreichte Geometrie bei Stahlrohren durch eine gezielte Abkühlung konserviert werden könnte.

    [0007] Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein gattungsgemäßes Verfahren so weiterzuentwickeln, daß diese Nachteile weitestgehend ausgeschlossen werden. Außerdem soll eine Anlage zur Durchführung dieses Verfahrens angegeben werden.

    [0008] Gelöst wird diese Aufgabe hinsichtlich des Verfahrens mit den kennzelchnenden Merkmalen des Patentanspruchs 1; vorteilhafte Weiterbildungen sind in den Unteransprüchen 2 bis 6 angegeben. Eine erfindungsgemäße Anlage ist mit den Merkmalen des Patentanspruchs 7 ausgestattet und kann durch die kennzelchnenden Merkmale der Unteransprüche 8 und 9 weiter ausgestaltet werden.

    [0009] Der Grundgedanke der Erfindung ist darin zu sehen, daß die beim Warmrichten erzielte Geometrie des Walzgutes beibehalten wird, indem dieser Zustand möglichst kurz nach seinem Erreichen gleichsam eingefroren wird. Dieses Einfrieren soll dabei möglichst schnell, also in Form eines Abschreckvorgangs erfolgen, und zwar bis auf eine Temperatur, bei der sich die Geometrie durch Abkühlspannungen bei weiterer Abkühlung praktisch nicht mehr ändert. Daher müssen die erfor­derlichen Abkühlmaßnahmen (z.B. Düsenring für die Zufuhr von Wasser, Luft, Emulsionen und/oder Wasser/Luft-Gemischen) bereits im Auslaufbe­reich der Richtmaschlne getroffen werden. Bei einem einzelnen Stahlrohr wird daher ein Teil der Rohrlänge, in dem die gewünschte Geometrie bereits erreicht wurde, schon gekühlt, während eine Teillänge gerade noch gerichtet wird und gleichzeitig eine dritte Teillänge noch gar nicht in die Richtmaschine eingelaufen ist. Es wird also mit der Kühlung nicht so lange gewartet, bis das gesamte Rohr aus der Richtmaschine herausgelaufen ist. Vielmehr wird durch das gezielte Abschrecken unmittelbar nach Erreichen der gewünschten Geometrie in den einzelnen Längenelementen des Rohres sichergestellt, daß unerwünschte Geometrieänderungen infolge unkontrollierter Abkühlung nicht eintreten. Wesentlich ist, daß die Abkühlung möglichst gleichmäßig uber den Querschnitt der Rohre erfolgt. Bei Rohren mit ungleichmäßiger Querschnittsgeometrie (z.B. Oelfeldrohre mit angestauchten Enden) kann es erforderlich sein, zur Erzielung einer gleichmäßigen Abkühlung die Art und/oder die Menge des pro Zeiteinheit zugeführten Kühlmittels örtlich zu verändern, d.h. an den Wärmeinhalt der jeweiligen Kühlzone des Stahlrohres anzupassen. Bereiche mit geringerer Wanddicke sind schwächer zu beaufschlagen als Bereiche mit größerer Wanddicke.

    [0010] Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht die Beibehaltung einer hohen Genauigkeit in der Geometrie der Rohre nach dem Warmrichten und somit den Verzicht auf ein Kaltnachrichten und bringt darüberhinaus den Vorteil mit sich, daß ein aufwendiges Kühlbett hinter der Richtmaschlne entfallen kann.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Warmrichten von Stahlrohren in einer Rollenrichtmaschine, bei dem die Rohre eine Temperatur unterhalb Ar1 bzw. A c1 und von mindestens 300oC aufweisen und nach dem Richten auf Raumtemperatur abgekühlt werden,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Rohre unmittelbar nach Erreichen der geforderten Geometrie beschleunigt mindestens auf eine solche Temperatur abgekühlt werden, bei der kein Verziehen durch Abkühlspannungen infolge weiterer Abkühlung mehr eintritt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß beim Richten von Stahlrohren mit unregelmäßigem Querschnitt bzw. ungleichmäßiger Wanddicke die Kühlleistung des zur Erzielung der beschleunigten Abkühlung auf das Walzgut aufgebrachten Kühlmittels in der Weise örtlich unterschiedlich eingestellt wird, daß die Wärmeabfuhr pro Volumeneinheit über den gesamten Querschnitt der Rohre etwa gleich ist.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Abkühlen mit mindestens 30 K/s erfolgt.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Abkühlen mit mindestens 100 K/s erfolgt.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die örtlich unterschiedlichen Kühlleistungen durch entsprechende Steuerung der spezifischen Kühlmittelmenge eingestellt werden.
     
    6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die örtlich unterschiedlichen Kühlleistungen durch Beaufschlagung der Rohre mit örtlich unterschiedlichen Kühlmedien, insbesondere mit Wasser, Wasser/Luft-Gemisch, Emulsion oder Druckluft eingestellt werden.
     
    7. Anlage zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 mit einer Rollenrichtmaschine und gegebenenfalls einer vorgeschalteten Aufheizvorrichtung für die Rohre,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß am Auslauf der Rollenrichtmaschine eine Vorrichtung für die Zuführung eines Kühlmittels zur beschleunigten Abkühlung des Walzgutes angeordnet ist.
     
    8. Anlage nach Anspruch 7 für das Richten insbesondere von rotationssymmetrischem Walzgut,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Abkühlvorrichtung als System von ringförmig angeordneten Düsen ausgebildet ist.
     
    9. Vorrichtung nach Anspruch 8,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Durchflußleistung der Düsen abschnittsweise oder einzeln regelbar ist.
     





    Recherchenbericht