[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Kaltmahlen in einer
Fließbett-Gegenstrahlmühle.
[0002] Strahlmühlen sind seit langem bekannte Zerkleinerungsmaschinen, in denen die zu
zerkleinernden Teilchen durch Gasströme beschleunigt und durch Zusammenprall zerkleinert
werden. Es gibt eine Anzahl unterschiedlicher Strahlmühlenkonstruktionen. Sie unterscheiden
sich durch die Art der Gasführung, durch die Art des Aufprallens der Teilchen gegeneinander
oder auf eine Prallfläche und dadurch, ob die zu zerkleinernden Teilchen im Gasstrahl
mitgeführt werden oder ob der Gasstrahl auf die Teilchen auftrifft und sie mitreißt.
Als Mahlgas wird gewöhnlich Luft oder Heißdampf verwendet.
[0003] Bei der Fließbett-Gegenstrahlmühle treffen freiexpandierende Gasstrahlen in einer
Mahlkammer aufeinander, in welcher sich das Mahlgut in Form eines Fließbettes befindet.
Die Vermahlung erfolgt hierbei praktisch ausschließlich durch Aufeinanderprall der
Mahlgutteilchen gegeneinander, die Vermahlung ist somit nahezu verschleißfrei. Der
Fließbett-Gegenstrahlmühle ist ein Sichter zugeordnet, in welchem das gewonnene Feingut
vom noch nicht genügend zerkleinerten Grobgut abgetrennt wird. Das Grobgut wird in
die Mahlkammer zurückgeführt.
[0004] Viele Stoffe, beispielsweise Kunststoffe, lassen sich wegen ihrer Zähigkeit nur schlecht
oder überhaupt nicht auf feine Korngrößen vermahlen. Durch Kältezufuhr und die dadurch
bewirkte Versprödung der Werkstoffe lassen sich die Mahleigenschaften derartig zäher
Werkstoffe verbessern. Bei Strahlmühlen kühlt man deshalb den Treibgasstrom ab, wie
es beispielsweise in der DE-OS 21 33 019 beschrieben ist. Die Abkühlung des Treibgasstromes
ermöglicht es, Materialien zu mahlen, die unter normalen Bedingungen in Strahlmühlen
nicht mahlbar wären. Trotz intensiver Abkühlung, beispielsweise mit flüssigem Stickstoff,
und trotz der Eigenabkühlung des Treibgasstromes infolge seiner Expansion, läßt die
erreichbare Verbesserung der Mahlbarkeit jedoch sehr zu wünschen übrig. Zwar lassen
sich feine Korngrößen erreichen, jedoch nur mit einem überaus hohen Zeit- und Energieaufwand.
[0005] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung
zum Kaltmahlen zu schaffen, welche einen geringen Bedarf an Energie und Kältemittel
erfordern und gleichzeitig die Feinstzermahlung von Produkten auf bisher praktisch
nicht erreichbare feinste Korngrößen bei wesentlicher Durchsatzsteigerung ermöglichen.
[0006] Ausgehend von dem im Oberbegriff des Anspruches 1 berücksichtigen Stand der Technik
ist diese Aufgabe erfindungsgemäß gelöst mit den im kennzeichnenden Teil des Anspruches
1 angegebenen Merkmalen. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen
angegeben.
[0007] Die Erfindung beruht daher auf der Überlegung, nicht den Treibgasstrom, sondern das
umlaufende Grobgut mit einem kryogenen Kältemittel zu kühlen. Die erfindungsgemäße
Maßnahme bewirkt eine sprunghafte Verbesserung der Mahlergebnisse, wie aus den weiter
hinten aufgestellten Betriebsergebnissen ersichtlich ist.
[0008] Es ist überraschend, daß sich dies allein durch die erfindungsgemäße Maßnahme, nicht
den Treibgasstrom, sondern das umlaufende Grobgut zu kühlen, erreichen läßt. Die
Erfinder folgerten dies aus Betriebsversuchen mit einer Fließbett-Gegenstrahlmühle,
bei der sich trotz intensiver Abkühlung des Treibgasstromes mit flüssigem Stickstoff
für das umlaufende Grobgut im Sumpf der Müh le nur eine geringe Abkühlung ergab.
Die Erfinder schlossen hieraus, daß die Kühlung am Grobgut selbst erfolgen müsse,
um die Mahlleistung zu verbessern.
[0009] Spätere theoretische Überlegungen bestätigten die Richtigkeit dieser Folgerung.
[0010] Wesentlich hierbei ist, daß dann, wenn mit einem gekühlten Treibgasstrom gemahlen
wird, die in Wärme umgewandelte Stoßenergie eines Teilchens nur unvollkommen auf
den kalten Gasstrom übergeht. Dies hat mehrere Ursachen. So ist die Zeit für den
Wärmeübergang vom Teilchen auf das Gas extrem kurz. Da die Wärmekapazität mit sinkender
Temperatur kleiner wird, ist die Temperaturerhöhung durch einen Stoß bei tiefen Temperaturen
größer als bei höheren Temperaturen. Die Relativbewegung zwischen Teilchen und kaltem
Treibgas ist gering, so daß die Werte für den Wärmeübergang ebenfalls abfallen. Hinzu
kommt, daß die Wärmeleitfähigkeit vieler Mahlgüter an sich schon niedrig ist und
mit sinkender Temperatur noch schlechter wird. Ferner ist die Beschleunigungsenergie
von kaltem Gas schlechter als von warmem Gas. Je feiner die angestrebten Korngrößen
werden, um so schlechter werden daher die Mahlbedingungen beim Mahlen mit einem gekühlten
Treibgasstrom. Dies trifft besonders auf Thermoplaste zu, die einen sehr niedrigen
Kristallisationsbereich haben. Deren Mahlung wird völlig unwirtschaftlich.
[0011] Durch die Erfindung läßt sich auf Fließbett-Gegenstrahlmühlen eine beträchtliche
Durchsatzsteigerung erreichen. Es lassen sich Teilchen höchster Feinheit mit entsprechender
Oberflächenvergrößervng und glatter Oberflächenstruktur herstellen. Das Endprodukt
wird gut rieselfähig und besitzt ein hohes Schütt- und Rüttgewicht. Insbesondere
Werkstoffe, die zäh, gummielstisch, klebrig oder schmierig sind, lassen sich mit dem
erfindungsgemäßen Verfahren hervorragend mahlen. Hierbei handelt es sich vor allem
um Naturstoffe, viele Pharmaprodukte, Thermoplaste, Wachse und hochmolekulare Kunststoffe.
Als Kältemittel kommen in erster Linie verflüssigte Gase, insbesondere Stickstoff,
infrage, aber auch Kohlendioxid. Diese können im einfachsten und in vielen Fällen
zweckmäßigsten Fall direkt in den Sumpf der Mühle eingespeist werden. Selbstverständlich
ist auch eine indirekte Kühlung des Grobgutes möglich. Eine indirekte Kühlung kann
auch durch andere Kältemittel, beispielsweise Solebäder, erfolgen.
[0012] Einige Ausführungsbeispiele der Erfindung sollen anhand der beigefügten Zeichnungen
erläutert werden.
[0013] Es zeigen:
Fig.1 eine Fließbett-Gegenstrahlmühle in schematischer Form,
Fig.2 die Kühlung des Sumpfes der FließbettGegenstrahlmühle von Fig.1,
Fig.3 eine Mischform aus direkter und indirekter Kühlung des Sumpfes,
Fig.4 eine Ausführungsform ähnlich Fig.3, jedoch mit ausschließlich direkter Kühlung.
[0014] In der nachfolgenden Beschreibung sind für gleiche Teile in allen Figuren die gleichen
Bezugszeichen verwendet worden.
[0015] Fig.1 zeigt eine Fließbett-Gegenstrahlmühle in schematischer Form. Die Mühle besteht
aus einem Gehäuse 1, welches die Mahlkammer 2 und den Sumpf 3 umfaßt. Das Treibgas
tritt durch die Düsen 4 in die Mahlkammer 2 ein. An das Gehäuse 1 schließt sich der
Sichter 5 an. Das zu mahlende Grobgut befindet sich in Form eines Fließbettes 6 in
der Mahlkammer. Das Mahlgut wird durch die Schleuse 7 zudosiert. Das im Sichter 5
abgetrennte Feingut 10 wird durch den Feingutaustritt 8 abgezogen, wie durch den Pfeil
9 angegeben, und der Filteranlage 15 zugeführt. Diese besitzt einen Stutzen 16 für
das Abgas und eine Entnahmeschleuse 17 für das gewonnene Feingut 10. Das Grobgut
11 strömt vom Sichter 5 zurück in die Mahlkammer 2. Das Treibgas, mit dem die Düsen
4 beaufschlagt werden, wird durch die Zufuhrleitung 14 herbeigeführt.
[0016] Erfindungsgemäß wird das sich im Sumpf 3 der Mühle befindende Grobgut durch flüssigen
Stickstoff abgekühlt. Dieser wird durch die Leitung 12 und den porösen Eintragkörper
13 eingeleitet. Poröse Eintragkörner eignen sich besonders für kleine Mühlen. Für
Mühlen mit größeren Durchmessern sind andere Eintragsysteme, beispielsweise Düsenplatten,
vorzuziehen, um den Stickstoff möglichst feinzerteilt eintragen zu können. Die Stickstoffzufuhr
durch die Leitung 12 und den porösen Eintragkörper 13 erfolgt in Abhängigkeit von
der Temperaturregelung 18. Die Mahlgutaufgabe durch die Schleuse 7 kann auch direkt
in den Sumpf 3 erfolgen. Die Feinfraktion des Feingutes 10 wird durch die Drehzahl
des Sichters 5 bestimmt. Das vom Sichter 5 zurückstromende Grobgut 11 bildet zusammen
mit dem aus der Schleuse 7 eintretenden Mahlgut das Fließbett 6. Der durch den porösen
Eintragkörper 13 eintretende flüssige Stickstoff verdampft und kühlt den Sumpf der
Mühle, d.h. das vom Sichter 5 zurückstromende Grobgut 11 und gegebenenfalls frischaufgegebenes
Mahlgut. Der verdampfte kalte Stickstoff zieht nach oben durch das Gut ab und tritt
in die Mahlzone ein. Kaltgas, Grobgut und Mahlgut bilden unterhalb der Mahlkammer
2 im Sumpf 3 eine erste Fließbettzone.
[0017] Fig.2 zeigt in schematischer Form den unteren Teil der Fließbett-Gegenstrahlmühle
von Fig.1, jedoch mit der Schleuse 7 für das Mahlgut direkt am Sumpf 3 angeordnet.
Die Pfeile 19 verdeutlichen das nach oben zum Sichter hin abziehende Gemisch aus Kaltgas,
Treibgas, Grobgut und Feingut.
[0018] Fig.3 zeigt eine Variante mit indirektem und direkten Wärmeaustausch zwischen zugeführtem
Stickstoff und Mahlgut. Die Zufuhr des flüssigen Stickstoffes erfolgt durch die Leitungen
20 und 21. Der durch die Leitung 21 eintretende flüssige Stickstoff gelangt in ein
an den Stirnflächen geschlossenes doppelwandiges Rohr 22. Dieses doppelwandige Rohr
22 besitzt nach innen gerichtet Austrittsöffnungen 23. Der gesamte untere Teil des
Mühlengehäuses ist ebenfalls als doppelwandige Kammer 24 ausgebildet. In sie mündet
die Leitung 20. Die Kammer 24 besitzt im Sumpf 3 angeordnete Austrittsöffnungen 25
für den durch die Leitung 20 zugeführten Stickstoff. Das vom Sichter zurückströmende
Grobgut 11 wird daher zunächst in dem Bereich zwischen dem doppelwandigen Rohr 22
und der Kammer 24 indirekt gekühlt .Anschließend erfolgt eine direkte Kühlung durch
den aus den Austrittsöffnungen 23 und 25 austretenden Stickstoff. Je nach Betriebsweise
kann dieser noch flüssig oder bereits gasförmig sein.
[0019] Fig.4 zeigt eine Ausführungsform ähnlich Fig.2, jedoch mit einem verlängerten Sumpf
3. Durch eine rohrförmige Schürze 26 wird hierbei dem Grobgut 11 und dem Kaltgas eine
bestimmte Strömungsform aufgeprägt. Die Schürze 26 trennt die Mahlkammer in einen
zentralen Schacht 37, wo der Mahlvorgang stattfindet, und in einen ringförmigen Schacht
38 für das zurückströmende Grobgut. Die Zufuhr des flüssigen Stickstoffes erfolgt
an zwei Stellen, nämlich durch die Leitung 12a direkt in den Sumpf 3 und durch die
Leitung 12b in ein Einsprühsystem 39 im ringförmigen Schacht 38. Der durch die Leitung
12b eingeleitete Stickstoff kühlt demnach unmittelbar das vom Sichter zurückströmende
Grobgut.
[0020] Die Erfindung ist nicht auf die vorstehend beschriebenen Ausführungsformen beschränkt,
da zahlreiche weitere Möglichkeiten für die Abkühlung des vom Sichter zurückströmenden
Grobgutes durch ein Kältemittel bestehen. Es können auch mehrere Mahlzonen mit Sumpf
in Form einer Kaskade hintereinander geschaltet werden. Hierbei wird das aus der Mahlzone
austretende Gemisch aus Feingut und Grobgut in einem Filter vom Abgas abgetrennt und
der nächsten Mahlzone zugeführt. Der unter jeder Mahl zone befindliche Sumpf wird
hierbei gemäß der Erfindung gekühlt. Erst der letzten Stufe wird ein Sichter zugeordnet.
[0021] Nachstehende Betriebsergebnisse zeigen den Fortschritt des erfindungsgemäßen Verfahrens
gegenüber der herkömmlichen Betriebsweise.
Produktbezeichnung |
Korngrößen |
Produktdurchsatz |
Gasdurchsat |
|
Aufgabegut |
Endprodukt |
Kg/h |
Luft |
N₂ |
|
d₁₀ µm |
d₅₀ µm |
d₉₀ µm |
d₁₀ µm |
d₅₀ µm |
d₉₀ µm |
|
m³/h |
m³/h |
Hostalen(R) GUR 200 |
30,3 |
82,2 |
127,3 |
17,5 |
32,1 |
85,3 |
2,0 |
850 |
ohne |
Hostalen(R) GUR 200 |
30,3 |
82,2 |
127,3 |
14,3 |
23,6 |
38,6 |
13,0 |
850 |
200 |
Polyamid |
70 |
130 |
200 |
|
|
|
keine Mahlwirkung |
850 |
ohne |
Polyamid |
70 |
130 |
200 |
10,2 |
26,5 |
41,6 |
3 |
850 |
300 |
[0022] Hostalen
(R) GUR 200 ist ein hochmolekulares Polyethylen der Hoechst AG, Frankfurt. Wie die Betriebsergebnisse
zeigen, konnten beide untersuchten Materialien unter wirtschaftlichen Bedingungen
nicht auf solche Feinheiten gemahlen werden, wie sie mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
erreichbar sind.
[0023] Die Korngrößenanalyse wurde mit einem handelsüblichen Lasergranolometer (Cilas) ermittelt.
Aus der ausgedruckten Kurve wurden die d₁₀-, d₅₀- und d₉₀-Werte als repräsentative
Werte ausgewählt. Zum Beispiel bedeutet der d₁₀-Wert von 10,2 µm in Zeile 4 der Tabelle,
daß 10% des Endproduktes Körner mit einer Größe unter 10,2µm sind.
[0024] Besonders überraschend ist die Steigerung des Produktdurchsatzes bei Hostalen
(R)GUR 200 von 2,0 auf 13,0 kg/h bei gleichzeitig wesentlich engerem Kornband. Durch
die damit verbundene signifikante Vergrößerung der spezifischen Oberfläche eröffnen
sich neue Anwendungsmöglichkeiten.
1. Verfahren zum Kaltmahlen in einer Fließbett-Gegenstrahlmühle mit einer von Gasstrahlen
beaufschlagten Mahlkammer (2), einer Mahlgutaufgabeeinrichtung, einem Sichter (5)
zur Trennung von Grob(11) und Feingut (10) und einem Sumpf (3) unterhalb der Mahlkammer
für zudosiertes Mahlgut und vom Sichter zurückströmendes Grobgut,
dadurch gekennzeichnet,
daß das vom Sichter zurückströmende Grobgut innerhalb der Fließbett-Gegenstrahlmühle
durch ein kryogenes Kältemittel gekühlt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß das kryogene Kältemittel in feinzerteilter Form mit dem Grobgut in Berührung gebracht
wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß das kryogene Kältemittel in den Sumpf eingetragen wird.
4. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 2 oder 3
gekennzeichnet durch eine im Sumpf einer FließbettGegenstrahlmühle angeordnete Eintragvorrichtung
für ein kryogenes Kältemittel, welche als an den Stirnflächen geschlossenes doppelwandiges
Rohr (22) ausgebildet ist, das in axialer Richtung mit Abstand zu den zylindrischen
Wänden der Mahlkammer angeordnet ist und auf die Rohrachse gerichtete Austritts
öffnungen (23) für das Kältemittel aufweist.
5. Vorrichtung nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß die dem doppelwandigen Rohr zugeordneten Wände der Mahlkammer doppelwandig ausgebildet
sind, mit kryogenem Kältemittel beaufschlagbar sind und in den Sumpf gerichtete Austrittsöffnungen
(25) für das Kältemittel besitzen.
6. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
gekennzeichnet durch eine konzentrische rohrförmige Schürze (26) welche die Mahlkammer
in einen zentralen Schacht (37) und einen ringförmigen Schacht (38) trennt.
7. Vorrichtung nach Anspruch 6,
gekennzeichnet durch eine Einsprühvorrichtung (39) für das kryogene Kältemittel im
ringförmigen Schacht.