[0001] Die Erfindung betrifft Carbidwerkstoffe als Ausgangsmaterial für hochverschleißbeständige
Werkzeuge, beispielsweise Schnellarbeitsstähle, und Maschinenteile.
[0002] Bekannt ist die Herstellung von Schnellstahlpulver durch Wasserverdüsen fertiglegierter
Schmelzen. Wasserverdüste Schnellstahlpulver weisen typischerweise Partikelgrößen
von 40 µ bis 200 µ auf, welche nur in einem sehr engen Temperaturintervall (∼ 4° C)
ohne starkes Kornwachstum gesintert werden können. Vollständige Dichte kann nur durch
anschliessendes Heißisostatpressen erreicht werden.
[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen gesinterten Schnellstahlwerkstoff
zu schaffen, welcher gute mechanische Eigenschaften aufweist, wobei die Sinterung
in einem großen Temperaturintervall durchgeführt werden kann.
[0004] Gelöst wird diese Aufgabe von einem Werkstoff mit den in Anspruch 1 genannten Merkmalen,
Ausführungen der Erfindung, ein Legierungspulver und Herstellungsverfahren sind Gegenstände
von Unteransprüchen.
[0005] Der erfindungsgemäße Werkstoff hat den Vorteil sehr guter mechanischer Eigenschaften
aufgrund der kleinen Carbidkörner mit engem Größenspektrum sowie aufgrund seiner hohen
Dichte.
[0006] Das erfindungsgemäße Pulver hat folgende Vorteile:
- Bei der Sinterung kann ein breites Temperaturintervall (> 30°C) benutzt werden,
was aufwendige Temperaturüberwachung und Regelung überflüssig macht und die Fertigungssicherheit
erhöht (geringer Fertigungsausschuß).
- Vollständige Dichte (> 99,9 %) ist ohne starkes Kornwachstum möglich.
- Bei der Herstellung können einige Schritte, beispielsweise das Herstellen der individuellen
Metalle, das Aufschmelzen und Legieren, und das aufwendige Verdüsen der Metallschmelze
eingespart werden.
- Die Karburierung kann bei niedrigeren Temperaturen durchgeführt werden.
[0007] Die günstigen Eigenschaften des Pulvers beruhen vor allem darauf, daß bereits im
Legierungspulver, also vor der Sinterung kleine Carbidteilchen (< 3 µ) vorhanden sind,
welche von der Binderphase umhüllt und benetzt werden. Die Struktur der Pulver ist
nicht kompakt, sondern schwammig- oder korallenartig, woraus sich hohe Sinteraktivität
ergibt.
[0008] Die Herstellung des Werkstoffs erfolgt in drei Schritten:
1. Herstellung von Mischoxidpartikeln
2. Reduktion/Karburierung zu Legierungspulvern
3. Sinterung
[0009] Der erste Schritt erfolgt bevorzugt mit einem Reaktionssprühverfahren (RSV), bei
dem eine Metallsalzlösung der gewünschten Stöchiometrie in einem heißen Reaktor verdüst
wird (T = 800° C bis 1200° C). Bei diesem Schritt bilden sich mikrokristalline Mischoxidpulver.
Der zweite Schritt, die Reduktion/Karburierung der Mischoxide wird mit karburierenden
Gasen oder Gasmischungen oder Kohlenstoff durchgeführt. Dazu eignen sich besonders
gut Drehrohröfen oder Wirbelschichtreaktoren, die ein Zusammenbacken verhindern.
Dieser Schritt kann aber auch in einer Schüttung durchgeführt werden.
[0010] Der dritte Schritt (Pressen und Sintern) erfolgt mit an sich bekannten Verfahren,
wobei jedoch wesentlich größere Temperaturintervalle beim Sintern zulässig sind als
bei den bisher bekannten Pulvern.
[0011] Die Erfindung wird anhand von Figuren näher erläutert.
[0012] Es zeigt:
Figur 1 Mischoxide aus dem RSV,
Figur 2 und 3 Schnellstahlpulver,
Figur 4 gesintertes Werkstoffteil (Gefüge).
[0013] Die im ersten Schritt hergestellten Mischoxidpulver werden im zweiten Schritt einer
Reduktion/Karburierung unterworfen. Die Mischoxidpulver selbst zeichnen sich durch
homogene Verteilung der Komponenten aus. Die Agglomeratgröße (3 bis 40µ) ist sowohl
beeinflußbar über die Konzentration der eingesetzten Lösung, die Zerstäubungs- oder
Verdüsungstechnik als auch über die Reaktortemperatur. Die Agglomerate setzen sich
aus Primärkristalliten mit einer Größenverteilung zwischen 0,3 und 3 µ zusammen.
[0014] Die Homogenität und die feine Verteilung der einzelnen Komponenten bleibt bei der
Karburierung erhalten. Aufgrund der schwamm- oder korallenartigen, also sehr oberflächenreichen
und deswegen reaktiven Struktur des RSV-Mischoxids, kann die Reduktion/Karburierung
bei Temperaturen zwischen 850° C und 1000° C durchgeführt werden. Im Gegensatz zu
bekannten Verfahren für die Karburierung von Einzelmetallen, bei denen weit höhere
Temperaturen die Regel sind (> 1200° C), bleibt die mikrokristalline Struktur des
RSV-Pulvers dabei erhalten.
[0015] Die Carbidgröße in den Pulveragglomeraten wird sowohl durch den Herstellungsprozess
der Mischoxidpulver als auch durch Kornwachstum während des Karburierens bestimmt.
Die Kristallitgröße der Mischoxidpulver nimmt mit steigender Temperatur im RSV zu.
Diese Kristallitgröße beeinflußt maßgeblich die Carbidkorngröße nach der Karburierung.
Die Karburierung selbst erfolgt bei so niedrigen Temperaturen, daß dabei kein Kornwachstum
stattfindet.
Als Reduktions- und Karburierungsmittel werden karburierende Gase, Gasgemische oder
Kohlenstoff eingesetzt. Geeignet sind CH₄/H₂-Mischungen mit einer Kohlenstoffaktivität
< 1.
Kohlenstoff wirkt sowohl als direktes Reduktions-/Karburierungsmittel als auch indirekt
über die Bildung von CO mit dem Mischoxid. Die Reaktion wird zeitkontrolliert durchge
führt, das heißt der Kohlenstoffgehalt wird über die Karburierungszeit eingestellt.
Der Zusammenhang zwischen Karburierungszeit und Kohlenstoffgehalt muß für die jeweilige
Karburierungsart empirisch ermittelt werden.
Beispiel: Herstellung Schnellarbeitsstahl-Werkstoff 71,4 Fe; 4 Cr; 12 W; 1 Mo; 5 V;
1,6 C
1) Oxidpulverherstellung
[0016] Eine Lösung mit einer Metallkonzentration von 150 g/l wird aus stöchiometrisch äquivalenten
Mengen Chromnitrat, Kobaltnitrat, Eisennitrat, Vanadylsulfat, Ammoniummetawolframat
und Ammoniumheptamolybdat unter Zugabe von Wasser hergestellt. Die so hergestellte
Lösung wird mit 10 1/h in einen heißen Reaktor verdüst (Reaktionstemperatur 800° C).
Das Aerosol verdampft extrem rasch, es erfolgt Zersetzung der Salze, wobei sehr feinkristalline,
homogene Mischoxidpartikel entstehen (Figur 1). Gase und Partikel werden in einem
Separator getrennt, das Pulver wird einer Reduktion/Karburierung unterzogen.
2) Reduktion/Karburierung
[0017] Die Reduktion/Karburierung erfolgt beispielsweise in einer Wirbelschichtanlage, in
der ein Verbacken der Pulver während der Umsetzung ausgeschlossen werden kann. Die
Reaktion wird bei 950° C durchgeführt, als Reaktionsgas dient eine Mischung aus 99
% H₂ und 1 % CH₄.
[0018] Die genaue Einstellung des Kohlenstoffgehalts erfolgt zeitkontrolliert und beträgt
für 5 kg-Chargen größenordnungsmäßig 40 Stunden. Die Figuren 2 und 3 zeigen karburiertes
Pulver.
3) Sinterung
[0019] Die so hergestellten Pulver lassen sich ohne Zugabe weiterer Preßhilfsmittel zu Grünlingen
mit etwa 6,3 g/cm³ verdichten. Die Sinterung erfolgt im Vakuum, bei Temperaturen zwischen
1235° C und 1265° C. In diesem Intervall stellt sich vollständige Dichte ohne Kornwachstum
ein (sonst nur möglich durch Sintern bis 97 % der theoretischen Dichte mit anschließendem
Heißisostatpressen). Figur 4 zeigt in 2500-facher Vergrößerung das Gefüge eines gesinterten
Teils.
1. Gesinterte, metallgebundene Carbide, verwendet als Werkstoff für Schnellarbeitsstähle
mit
- einer ersten Phase aus Hartstoffpartikeln wie Wolframcarbid und/oder Molybdäncarbid
und/oder Chromcarbid und/oder Vanadiumcarbid und/oder Niobcarbid und/oder Tantalcarbid
und/oder Mischcarbiden der genannten Metalle mit einer Korngrösse zwischen 2 µ und
7 µ und
- einer zweiten Phase, bestehend aus einer Eisenbasislegierung, welche die Partikel
der ersten Phase umhüllt (Binderphase) und
- einer Dichte oberhalb von 99,9 % der theoretischen Dichte.
2. Gesinterte, metallgebundene Carbide nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
die Binderphase als Hauptbestandteil Eisen und als Minderkomponente Kobalt ent hält,
daß der Hartstoff aus Wolframcarbid und/oder Chromcarbid und/oder Molybdäncarbid und/oder
Vanadiumcarbid und/oder den daraus gebildeten Mischcarbiden besteht und daß der Binderanteil
zwischen 60 % und 95 % liegt.
3. Legierungspulver zur Herstellung eines Werkstoffs nach Anspruch 1 oder 2, dadurch
gekennzeichnet, daß das Pulver in Form eines innig vernetzten, schwamm- bis korallenartigen
Agglomerats vorliegt, mit einer Partikelgrößenverteilung zwischen 3 µ und 40 µ.
4. Legierungspulver nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß das zulässige Sinterintervall
mindestens 30° C beträgt, wobei sich vollständige Dichte (HIP-Qualität) mit einer
Carbid-Korngröße von maximal 7 µ einstellt.
5. Verfahren zur Herstellung eines Werkstoffs nach wenigstens einem der vorliegenden
Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß
a) Mischoxidpartikel (homogene Mikrokristallite) mit der dem Pulver zugrundeliegenden
Metallzusammensetzung hergestellt werden
b) die Mischoxidpulver einer Reduktion/Karburierung unterworfen werden, wobei ein
Legierungspulver entsteht und
c) daraus die Werkstoffe oder die fertigen Bauteile gesintert werden.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Mischoxidpartikel durch
Verdüsen einer metallsalzhaltigen Lösung in einem heißen Reaktor hergestellt werden.
7. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Reduktion/Karburierung
des Mischoxids mit karburierenden Gasen oder Gasmischungen oder Kohlenstoff durchgeführt
wird.
8. Verfahren nach Anspruch 5 oder 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Reduktion/Karburierung
in einer Wirbelschicht, einem Drehrohrofen oder einer Schüttung durchgeführt wird.
9. Verfahren nach Anspruch 5, 7 oder 8, gekennzeichnet durch eine Karburierungstemperatur
von 850° C bis 1000° C.
10. Teile, wie Werkzeuge oder Maschinenteile, hergestellt aus einem der Werkstoffe
der Ansprüche 1 oder 2.