[0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen Sinterkontaktwerkstoff für Niederspannungsschaltgeräte
der Energietechnik, insbesondere für Motorschütze, enthaltend Silber (Ag), Zinnoxid
(SnO₂), Wismutoxid (Bi₂O₃) und Kupferoxid (CuO) und hergestellt aus einem inneroxidierten
Legierungspulver (IOLP) der Metalle Silber, Zinn, Wismut und Kupfer, wobei das Zinnoxid
in Massenanteilen von 4 bis 12 % vorhanden ist und das Verhältnis der Massenanteile
von Zinnoxid zu Wismutoxid einerseits und von Zinnoxid zu Kupferoxid andererseits
im inneroxidierten Legierungspulver jeweils zwischen 8:1 und 12:1 beträgt.
[0002] Für den Einsatz in Niederspannungsschaltgeräten der Energietechnik, beispielsweise
in Motorschützen, aber auch in Leistungsschaltern haben sich Kontaktwerkstoffe aus
Silber-Zinnoxid als besonders vorteilhaft erwiesen. Kontaktstücke aus Silber-Zinnoxid
erreichen in Motorschützen eine hohe Lebensdauerschaltzahl, haben aber den Nachteil,
daß sich bei Lichtbogeneinwirkung auf den Kontaktflächen thermisch sehr stabile Oxidschichten
ausbilden, die zu einem erhöhten Kontaktwiderstand führen. Dadurch treten bei Dauerstromführung
im Schaltgerät unzulässig hohe Übertemperaturen an den Schaltgliedern auf, die insbesondere
zu Schäden an den Kunststoffteilen führen können.
[0003] In der DE-OS 33 04 637, der DE-OS 34 21 758 und der DE-OS 34 21 759 werden aus inneroxidierten
Legierungspulvern hergestellte Sinterkontaktwerkstoffe der Konstitution AgSnO₂Bi₂O₃CuO
beschrieben, die einerseits die heute gestellten Forderungen an die Lebensdauerschaltzahl
und andererseits an das Einschaltvermögen erfüllen. Bei diesen Werkstoffen kann ein
relativ hoher Wismutoxid-Anteil vorhanden sein, der entweder über das inneroxidierte
Legierungspulver oder über eine seperate Zumischung des Wismutoxids zum inneroxidierten
Legierungspulver eingebracht wird. Allerdings erreichen diese Werkstoffe hinsichtlich
der Übertemperatur nur dann akzeptable werte, wenn der Gesamtmassenanteil an Oxid
auf 8 % bis 11 % begrenzt wird.
[0004] Aufgabe der Erfindung ist es daher, einen aus inneroxidiertem Legierungspulver hergestellten
Werkstoff der Konstitution AgSnO₂Bi₂O₃CuO zu schaffen, bei welchem zwecks Silbereinsparung
der Oxidanteil möglichst hoch und trotzdem die Übertemperatur möglichst niedrig und
bei dem die übrigen Eigenschaften in einem optimalen Verhältnis zueinander belassen
sind.
[0005] Die Aufgabe ist erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß bei einem Kontaktwerkstoff aus
dem inneroxidierten Legierungspulver der eingangs genannten Art weiterhin wenigstens
Zirkonoxid (ZrO₂) vorhanden ist. Der Massenanteil des Zirkonoxids beträgt dabei zwischen
0,1 und 5 %. Gegebenenfalls kann neben dem Wismutoxid des inneroxidierten Legierungspulvers
zusätzlich Wismutoxid außerhalb der Verbundpulverteilchen vorhanden sein. Dabei beträgt
der Massenanteil an Zirkonoxid und gegebenenfalls Wismutoxid vorzugsweise zwischen
0,1 und 5 %, wobei der Gesamtgehalt der Oxide in Massenanteilen maximal 20 % beträgt.
[0006] Zur Herstellung eines solchen Werkstoffes wird einem inneroxidierten Legierungspulver
vorgegebener Zusammensetzung Zirkonoxidpulver und gegebenenfalls zur Sinterung mit
flüssiger Phase zusätzlich Wismutoxidpulver hinzugemischt, wobei beim Naßmischen
des inneroxidierten Legierungspulvers mit dem Pulver der Zusatzoxide organische Lösungsmittel,
insbesondere Propanol, verwendet werden.
[0007] Im Rahmen der Erfindung ergab es sich überraschenderweise, daß speziell durch den
Zusatz von mindestens Zirkonoxidpulver zu einem inneroxidierten Legierungspulver aus
AgSnO₂Bi₂O₃CuO gegenüber dem Stand der Technik, insbesondere bei Gesamtmassenanteilen
an Oxid von etwa 12 %, niedrigere Übertemperaturen und vergleichbare oder höhere Lebensdauerschaltzahlen
erzielt werden.
[0008] Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden
Beschreibung des Verfahrens zur Herstellung von Kontaktstücken aus dem neuen Werkstoff,
wobei weiterhin auf eine Tabelle mit Einzelbeispielen für unterschiedliche Werkstoffzusammensetzungen
Bezug genommen wird.
[0009] In der Tabelle sind Meßwerte für die Lebensdauerschaltzahl und für die Übertemperatur
angegeben. Die Lebensdauerschaltzahl korrespondiert dabei bekanntermaßen mit dem
Volumenabbrand des Kontaktwerkstoffes und die Übertemperatur mit dem Kontaktwiderstand.
Es sind vier Beispiele des Standes der Technik und vier Ausführungsbeispiele der Erfindung
gegenübergestellt.
[0010] Zur Herstellung der inneroxidierten Legierungspulver für die in der Tabelle angegebenen
Beispiele werden Legierungen aus AgSnBiCu bei einer Temperatur von etwa 1323 K (1050°C)
erschmolzen. Durch Zerstäuben der Schmelze mit Wasser in einer Druckverdüsungsanlage
werden daraus gleich zusammengesetzte Legierungspulver erhalten. Nach dem Trocknen
werden die Pulver auf < 300 µm abgesiebt. Dieser Anteil wird in sauerstoffhaltiger
Atmosphäre bei Temperaturen zwischen 773 K (500°C) und 873 K (600°C) quantitativ inneroxidiert,
wonach AgSnO₂Bi₂O₃CuO-Pulver folgender Zusammensetzung in Massenanteilen in Prozent
erhalten werden:
Beispiel |
Ag |
SnO₂ |
Bi₂O₃ |
CuO |
1 |
88,84 |
9,3 |
0,93 |
0,93 |
2/4 |
89,44 |
8,8 |
0,88 |
0,88 |
3 |
91,00 |
7,5 |
0,75 |
0,75 |
[0011] Den angegebenen AgSnO₂Bi₂O₃CuO-Pulvern wurden die Pulver von Zirkonoxid und gegebenenfalls
zusätzlich Wismutoxid durch Naßmischen in einer Rührwerkskugelmühle unter Verwendung
von Propanol und Stahlkugeln zugesetzt. Nach dem Trocknen wurden die Stahlkugeln von
der jeweiligen Pulvermischung durch Absieben getrennt. Die Ausgangspulver für die
Kontaktstückherstellung der in der Tabelle angegebenen Werkstoffbeispiele waren wie
folgt zusammengesetzt:
1. AgSnO₂9,3 Bi₂O₃0,93 CuO0,93 + ZrO₂0,6 |
IOLP - PM |
2. AgSnO₂8,8 Bi₂O₃0,88 CuO0,88 + ZrO₂1,3 |
IOLP - PM |
3. AgSnO₂7,5 Bi₂O₃0,75 CuO0,75 + ZrO₂1,4 |
IOLP - PM |
|
4. AgSnO₂8,8 Bi₂O₃0,88 CuO0,88 + ZrO₂0,6 + Bi₂O₃2,4 |
IOLP - PM |
(IOLP =̂ inneroxidiertes Legierungspulver; PM =̂ Pulvermischung) |
[0012] Bei dieser Aufstellung bildet das inneroxidierte Legierungspulver die Basis mit
100 Massenanteilen in Prozent, zu dem die Zusatzoxide in Massenanteilen bezogen auf
100 % hinzugemischt werden. Bei der Herstellung der Kontaktstücke wird das erzeugte
Ausgangspulvergemisch mit einem Preßdruck von z.B. 600 MPa verdichtet. Die erhaltenen
Preßkörper werden bei einer Temperatur zwischen 1123 K (850°C) und 1148 K (875°C)
über 2 h an Luft gesintert. Zur Erzielung einer kleinen Restporosität werden die
gesinterten Kontaktstücke bei einer Temperatur von 923 K (650°C) und einem Druck von
z.B. 1000 MPa warm nachgepreßt. Eine weitere Verdichtung und Verfestigung wird durch
eine zweite Sinterung bei einer Temperatur zwischen 1123 K (850°C) und 1148 K (875°C)
während 2 h erreicht. Anschließend erfolgt als letzter Herstellschritt ein Kaltkalibrieren
zur Endform bei einem Druck von z.B. 1000 MPa.
[0013] Zur Verwendung als Kontaktstücke in Niederspannungsschaltgeräten der Energietechnik
werden zweckmäßigerweise Zweischichten-Fertigformteile mit einer lötfähigen Reinsilberschicht
gefertigt. Diese Formteile können unmittelbar auf die Kontaktträger beispielsweise
von Motorschützen aufgelötet werden.
[0014] Mit nach obiger Vorschrift hergestellten Kontaktstücken wurden Lebensdauer- und Erwärmungsprüfungen
in Motorschützen durchgeführt. Es wurden Siemens-Schütze mit einem AC-3-Nennbetriebsstrom
von 250 A verwendet. Wesentliche Kenngrößen sind dabei die Lebensdauerschaltzahl bei
4-fachem AC-3-Nennbetriebsstrom (4 x I
e AC-3=1000 A) und die maximale Übertemperatur der Anschlußschienen des Schaltgerätes bei
Dauerführung des AC-1-Nennbetriebsstromes von I
eAC-1=300 A. Die Messungen der Übertemperatur wurden während der Lebensdauerprüfung bis
zu einer Schaltzahl von 5.10⁴ durchgeführt. Die zugehörigen Meßwerte sind in der Tabelle
angegeben.
[0015] Die vier Vergleichswerkstoffe des oben abgehandelten Standes der Technik, die durch
Sinterung von inneroxidierten Legierungspulven hergestellt wurden, sind eingangs
aufgelistet. Deren Meßwerte zeigen, daß bezüglich der Übertemperatur die Werkstoffe
der Konstitution AgSnO₂Bi₂O₃CuO und AgSnO₂Bi₂O₃CuO+ Bi₂O₃ Werte unterhalb von 80 K
nicht erreichen, was in der Praxis in manchen Fällen als unbefriedigend angesehen
wird.
[0016] Hier ergeben nun die neuen Werkstoffe, die durch Sinterung eines inneroxidierten
Legierungspulvers bekannter Zusammensetzung unter Zumischung von Zirkonoxidpulver
und gegebenen falls Wismutoxidpulver hergestellt wurden, insbesondere bei einem Gesamtmassenanteil
von etwa 12 % Oxid, die geforderte Verbesserung des Übertemperaturverhaltens. Es wurden
Werte von 70 K bis 80 K gemessen, wobei die Lebensdauerschaltzahl auf dem gleichen
hohen Niveau des Standes der Technik bleibt. Damit ist das Eigenschaftspektrum insgesamt
verbessert, wobei sich in jedem Fall eine Silbereinsparung ergibt.
Tabelle
Beispiel-Nr. |
Werkstoff |
|
Lebensdauerschaltzahl bei 4 x IeAC-3= 1000 A |
Übertemperatur in K bei IeAC-1= 300 A |
Vergleichswerkstoffe: |
|
|
|
DE-OS 33 04 637 |
AgSnO₂10Bi₂O₃1Cu01 |
IOLP |
ca. 140.000 |
90 - 120 |
DE-OS 34 21 759 |
AgSnO₂6,5Bi₂O₃0,66CuO0,74 |
IOLP |
ca. 90.000 |
80 - 90 |
DE-0S 34 21 758 |
AgSnO₂6,47Bi₂O₃3,51CuO0,71 |
IOLP |
ca. 120.000 |
80 - 90 |
|
AgSnO₂6,33Bi₂O₃0,64CuO0,72 + Bi₂O₃2,63 |
IOLP - PM |
ca. 120.000 |
80 - 90 |
erfindungsgemäße Werkstoffe: |
|
|
|
1. |
AgSnO₂9,3Bi₂O₃0,93 CuO0,93 + ZrO₂0,6 |
IOLP - PM |
ca. 146.000 |
70 - 80 |
2. |
AgSnO₂8,82Bi₂O₃0,88 CuO0,88 + ZrO₂1.3 |
IOLP - PM |
ca. 140.000 |
70 - 80 |
3. |
AgSnO₂7,5Bi₂O₃0,75 CuO0,75 + ZrO₂1,4 |
IOLP - PM |
ca. 115.000 |
70 - 80 |
4. |
AgSnO₂8,8Bi₂O₃0,88CuO0,88 + ZrO₂0,6 + Bi₂O₃2,4 |
IOLP - PM |
ca. 120.000 |
70 - 80 |
1. Sinterkontaktwerkstoff für ein Niederspannungsschaltgerät der Energietechnik, insbesondere
für ein Motorschütz, enthaltend Silber (Ag), Zinnoxid (SnO₂), Wismutoxid (Bi₂O₃)
und Kupferoxid (CuO) und hergestellt aus einem inneroxidierten Legierungspulver (IOLP)
der Metalle Silber, Zinn, Wismut und Kupfer, wobei das Zinnoxid in Massenanteilen
von 4 bis 12 % enthalten ist und das Verhältnis der Massenanteile von Zinnoxid zu
Wismutoxid einerseits und zu Kupferoxid andererseits im inneroxidierten Legierungspulver
jeweils zwischen 8:1 und 12:1 beträgt, dadurch gekennzeichnet, daß weiterhin wenigstens Zirkonoxid (ZrO₂) vorhanden ist.
2. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil an Zirkonoxid zwischen 0,1 und 5 % beträgt.
3. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil an Zirkonoxid zwischen 0,5 und 4 % beträgt.
4. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil an Zirkonoxid zwischen 0,5 und 3 % beträgt.
5. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil an Zirkonoxid zwischen 0,5 und 2 % beträgt.
6. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 1 oder einem der Ansprüche 2 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß neben dem Wismutoxid des inneroxidierten Legierungspulvers, das Verbundpulverteilchen
bildet, zusätzlich Wismutoxid außerhalb der Verbundpulverteilchen vorhanden ist.
7. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil an Wismutoxid zwischen 0,1 und 5 % beträgt.
8. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil an Wismutoxid zwischen 0,5 und 4 % beträgt.
9. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil an Wismutoxid zwischen 0,5 und 3 % beträgt.
10. Sinterkontaktwerkstoff nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß der Gesamtgehalt der Oxide in Massenanteilen maximal 20 % beträgt.
11. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil aller Oxide bei etwa 12 % liegt.