(19)
(11) EP 0 369 282 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.05.1990  Patentblatt  1990/21

(21) Anmeldenummer: 89120514.8

(22) Anmeldetag:  06.11.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5H01H 1/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB IT SE

(30) Priorität: 17.11.1988 DE 3838951

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
D-80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Haufe, Wolfgang
    D-8521 Hessdorf (DE)
  • Rothkegel, Bernhard
    verstorben (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Niederspannungsschaltgeräte-Sinterkontaktwerkstoff der Energietechnik, insbesondere für Motorschütze


    (57) Aus einem inneroxidierten Legierungspulver hergestellte Sin­terkontaktwerkstoffe der Konstitution AgSnO₂Bi₂O₃CuO sind be­kannt. Gemäß der Erfindung enthält der Werkstoff als weiteres Oxid wenigstens Zirkonoxid und gegebenenfalls zusätzlich Wis­mutoxid in Massenanteilen von vorzugsweise zwischen 0,1 und 5 % vorhanden. Zur Herstellung dieser Werkstoffe wird Zirkonoxid­pulver und gegebenenfalls zusätzlich Wismutoxidpulver dem inneroxidierten Legierungspulver aus AgSnO₂Bi₂O₃CuO zuge­mischt. Mit einem solchen Kontaktwerkstoff wird insbesondere das Übertemperaturverhalten in Motorschützen verbessert.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen Sinterkontaktwerkstoff für Niederspannungsschaltgeräte der Energietechnik, insbe­sondere für Motorschütze, enthaltend Silber (Ag), Zinnoxid (SnO₂), Wismutoxid (Bi₂O₃) und Kupferoxid (CuO) und hergestellt aus einem inneroxidierten Legierungspulver (IOLP) der Metalle Silber, Zinn, Wismut und Kupfer, wobei das Zinnoxid in Massen­anteilen von 4 bis 12 % vorhanden ist und das Verhältnis der Massenanteile von Zinnoxid zu Wismutoxid einerseits und von Zinnoxid zu Kupferoxid andererseits im inneroxidierten Legie­rungspulver jeweils zwischen 8:1 und 12:1 beträgt.

    [0002] Für den Einsatz in Niederspannungsschaltgeräten der Energie­technik, beispielsweise in Motorschützen, aber auch in Lei­stungsschaltern haben sich Kontaktwerkstoffe aus Silber-Zinn­oxid als besonders vorteilhaft erwiesen. Kontaktstücke aus Silber-Zinnoxid erreichen in Motorschützen eine hohe Lebens­dauerschaltzahl, haben aber den Nachteil, daß sich bei Licht­bogeneinwirkung auf den Kontaktflächen thermisch sehr stabile Oxidschichten ausbilden, die zu einem erhöhten Kontaktwider­stand führen. Dadurch treten bei Dauerstromführung im Schalt­gerät unzulässig hohe Übertemperaturen an den Schaltgliedern auf, die insbesondere zu Schäden an den Kunststoffteilen führen können.

    [0003] In der DE-OS 33 04 637, der DE-OS 34 21 758 und der DE-OS 34 21 759 werden aus inneroxidierten Legierungspulvern hergestellte Sinterkontaktwerkstoffe der Konstitution AgSnO₂Bi₂O₃CuO beschrieben, die einerseits die heute gestellten Forderungen an die Lebensdauerschaltzahl und andererseits an das Einschaltvermögen erfüllen. Bei diesen Werkstoffen kann ein relativ hoher Wismutoxid-Anteil vorhanden sein, der ent­weder über das inneroxidierte Legierungspulver oder über eine seperate Zumischung des Wismutoxids zum inneroxidierten Le­gierungspulver eingebracht wird. Allerdings erreichen diese Werkstoffe hinsichtlich der Übertemperatur nur dann akzeptable werte, wenn der Gesamtmassenanteil an Oxid auf 8 % bis 11 % begrenzt wird.

    [0004] Aufgabe der Erfindung ist es daher, einen aus inneroxidiertem Legierungspulver hergestellten Werkstoff der Konstitution AgSnO₂Bi₂O₃CuO zu schaffen, bei welchem zwecks Silbereinspa­rung der Oxidanteil möglichst hoch und trotzdem die Übertem­peratur möglichst niedrig und bei dem die übrigen Eigenschaften in einem optimalen Verhältnis zueinander belassen sind.

    [0005] Die Aufgabe ist erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß bei einem Kontaktwerkstoff aus dem inneroxidierten Legierungspulver der eingangs genannten Art weiterhin wenigstens Zirkonoxid (ZrO₂) vorhanden ist. Der Massenanteil des Zirkonoxids beträgt dabei zwischen 0,1 und 5 %. Gegebenenfalls kann neben dem Wismutoxid des inneroxidierten Legierungspulvers zusätzlich Wismutoxid außerhalb der Verbundpulverteilchen vorhanden sein. Dabei be­trägt der Massenanteil an Zirkonoxid und gegebenenfalls Wis­mutoxid vorzugsweise zwischen 0,1 und 5 %, wobei der Gesamtge­halt der Oxide in Massenanteilen maximal 20 % beträgt.

    [0006] Zur Herstellung eines solchen Werkstoffes wird einem inneroxi­dierten Legierungspulver vorgegebener Zusammensetzung Zirkon­oxidpulver und gegebenenfalls zur Sinterung mit flüssiger Phase zusätzlich Wismutoxidpulver hinzugemischt, wobei beim Naßmi­schen des inneroxidierten Legierungspulvers mit dem Pulver der Zusatzoxide organische Lösungsmittel, insbesondere Propanol, verwendet werden.

    [0007] Im Rahmen der Erfindung ergab es sich überraschenderweise, daß speziell durch den Zusatz von mindestens Zirkonoxidpulver zu einem inneroxidierten Legierungspulver aus AgSnO₂Bi₂O₃CuO gegenüber dem Stand der Technik, insbesondere bei Gesamtmas­senanteilen an Oxid von etwa 12 %, niedrigere Übertemperaturen und vergleichbare oder höhere Lebensdauerschaltzahlen erzielt werden.

    [0008] Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung des Verfahrens zur Her­stellung von Kontaktstücken aus dem neuen Werkstoff, wobei weiterhin auf eine Tabelle mit Einzelbeispielen für unter­schiedliche Werkstoffzusammensetzungen Bezug genommen wird.

    [0009] In der Tabelle sind Meßwerte für die Lebensdauerschaltzahl und für die Übertemperatur angegeben. Die Lebensdauerschalt­zahl korrespondiert dabei bekanntermaßen mit dem Volumenabbrand des Kontaktwerkstoffes und die Übertemperatur mit dem Kontakt­widerstand. Es sind vier Beispiele des Standes der Technik und vier Ausführungsbeispiele der Erfindung gegenübergestellt.

    [0010] Zur Herstellung der inneroxidierten Legierungspulver für die in der Tabelle angegebenen Beispiele werden Legierungen aus AgSnBiCu bei einer Temperatur von etwa 1323 K (1050°C) er­schmolzen. Durch Zerstäuben der Schmelze mit Wasser in einer Druckverdüsungsanlage werden daraus gleich zusammengesetzte Legierungspulver erhalten. Nach dem Trocknen werden die Pulver auf < 300 µm abgesiebt. Dieser Anteil wird in sauerstoffhal­tiger Atmosphäre bei Temperaturen zwischen 773 K (500°C) und 873 K (600°C) quantitativ inneroxidiert, wonach AgSnO₂Bi₂O₃CuO-Pulver folgender Zusammensetzung in Massen­anteilen in Prozent erhalten werden:
    Beispiel Ag SnO₂ Bi₂O₃ CuO
    1 88,84 9,3 0,93 0,93
    2/4 89,44 8,8 0,88 0,88
    3 91,00 7,5 0,75 0,75


    [0011] Den angegebenen AgSnO₂Bi₂O₃CuO-Pulvern wurden die Pulver von Zirkonoxid und gegebenenfalls zusätzlich Wismutoxid durch Naßmischen in einer Rührwerkskugelmühle unter Verwendung von Propanol und Stahlkugeln zugesetzt. Nach dem Trocknen wurden die Stahlkugeln von der jeweiligen Pulvermischung durch Ab­sieben getrennt. Die Ausgangspulver für die Kontaktstückher­stellung der in der Tabelle angegebenen Werkstoffbeispiele waren wie folgt zusammengesetzt:
    1. AgSnO₂9,3 Bi₂O₃0,93 CuO0,93 + ZrO₂0,6 IOLP - PM
    2. AgSnO₂8,8 Bi₂O₃0,88 CuO0,88 + ZrO₂1,3 IOLP - PM
    3. AgSnO₂7,5 Bi₂O₃0,75 CuO0,75 + ZrO₂1,4 IOLP - PM
     
    4. AgSnO₂8,8 Bi₂O₃0,88 CuO0,88 + ZrO₂0,6 + Bi₂O₃2,4 IOLP - PM
    (IOLP =̂ inneroxidiertes Legierungspulver; PM =̂ Pulvermischung)


    [0012] Bei dieser Aufstellung bildet das inneroxidierte Legierungs­pulver die Basis mit 100 Massenanteilen in Prozent, zu dem die Zusatzoxide in Massenanteilen bezogen auf 100 % hin­zugemischt werden. Bei der Herstellung der Kontaktstücke wird das erzeugte Ausgangspulvergemisch mit einem Preßdruck von z.B. 600 MPa verdichtet. Die erhaltenen Preßkörper werden bei einer Temperatur zwischen 1123 K (850°C) und 1148 K (875°C) über 2 h an Luft gesintert. Zur Erzielung einer kleinen Rest­porosität werden die gesinterten Kontaktstücke bei einer Temperatur von 923 K (650°C) und einem Druck von z.B. 1000 MPa warm nachgepreßt. Eine weitere Verdichtung und Verfestigung wird durch eine zweite Sinterung bei einer Temperatur zwi­schen 1123 K (850°C) und 1148 K (875°C) während 2 h erreicht. Anschließend erfolgt als letzter Herstellschritt ein Kalt­kalibrieren zur Endform bei einem Druck von z.B. 1000 MPa.

    [0013] Zur Verwendung als Kontaktstücke in Niederspannungsschaltge­räten der Energietechnik werden zweckmäßigerweise Zweischich­ten-Fertigformteile mit einer lötfähigen Reinsilberschicht gefertigt. Diese Formteile können unmittelbar auf die Kontakt­träger beispielsweise von Motorschützen aufgelötet werden.

    [0014] Mit nach obiger Vorschrift hergestellten Kontaktstücken wurden Lebensdauer- und Erwärmungsprüfungen in Motorschützen durchge­führt. Es wurden Siemens-Schütze mit einem AC-3-Nennbetriebs­strom von 250 A verwendet. Wesentliche Kenngrößen sind dabei die Lebensdauerschaltzahl bei 4-fachem AC-3-Nennbetriebsstrom (4 x Ie AC-3=1000 A) und die maximale Übertemperatur der An­schlußschienen des Schaltgerätes bei Dauerführung des AC-1-­Nennbetriebsstromes von IeAC-1=300 A. Die Messungen der Über­temperatur wurden während der Lebensdauerprüfung bis zu einer Schaltzahl von 5.10⁴ durchgeführt. Die zugehörigen Meßwerte sind in der Tabelle angegeben.

    [0015] Die vier Vergleichswerkstoffe des oben abgehandelten Standes der Technik, die durch Sinterung von inneroxidierten Legie­rungspulven hergestellt wurden, sind eingangs aufgelistet. Deren Meßwerte zeigen, daß bezüglich der Übertemperatur die Werkstoffe der Konstitution AgSnO₂Bi₂O₃CuO und AgSnO₂Bi₂O₃CuO+ Bi₂O₃ Werte unterhalb von 80 K nicht erreichen, was in der Praxis in manchen Fällen als unbefriedigend angesehen wird.

    [0016] Hier ergeben nun die neuen Werkstoffe, die durch Sinterung eines inneroxidierten Legierungspulvers bekannter Zusammen­setzung unter Zumischung von Zirkonoxidpulver und gegebenen­ falls Wismutoxidpulver hergestellt wurden, insbesondere bei einem Gesamtmassenanteil von etwa 12 % Oxid, die geforderte Verbesserung des Übertemperaturverhaltens. Es wurden Werte von 70 K bis 80 K gemessen, wobei die Lebensdauerschaltzahl auf dem gleichen hohen Niveau des Standes der Technik bleibt. Damit ist das Eigenschaftspektrum insgesamt verbessert, wobei sich in jedem Fall eine Silbereinsparung ergibt.
    Tabelle
    Beispiel-Nr. Werkstoff   Lebensdauerschaltzahl bei 4 x IeAC-3= 1000 A Übertemperatur in K bei IeAC-1= 300 A
    Vergleichswerkstoffe:      
    DE-OS 33 04 637 AgSnO₂10Bi₂O₃1Cu01 IOLP ca. 140.000 90 - 120
    DE-OS 34 21 759 AgSnO₂6,5Bi₂O₃0,66CuO0,74 IOLP ca. 90.000 80 - 90
    DE-0S 34 21 758 AgSnO₂6,47Bi₂O₃3,51CuO0,71 IOLP ca. 120.000 80 - 90
      AgSnO₂6,33Bi₂O₃0,64CuO0,72 + Bi₂O₃2,63 IOLP - PM ca. 120.000 80 - 90
    erfindungsgemäße Werkstoffe:      
    1. AgSnO₂9,3Bi₂O₃0,93 CuO0,93 + ZrO₂0,6 IOLP - PM ca. 146.000 70 - 80
    2. AgSnO₂8,82Bi₂O₃0,88 CuO0,88 + ZrO₂1.3 IOLP - PM ca. 140.000 70 - 80
    3. AgSnO₂7,5Bi₂O₃0,75 CuO0,75 + ZrO₂1,4 IOLP - PM ca. 115.000 70 - 80
    4. AgSnO₂8,8Bi₂O₃0,88CuO0,88 + ZrO₂0,6 + Bi₂O₃2,4 IOLP - PM ca. 120.000 70 - 80



    Ansprüche

    1. Sinterkontaktwerkstoff für ein Niederspannungsschaltgerät der Energietechnik, insbesondere für ein Motorschütz, enthal­tend Silber (Ag), Zinnoxid (SnO₂), Wismutoxid (Bi₂O₃) und Kupferoxid (CuO) und hergestellt aus einem inneroxidierten Legierungspulver (IOLP) der Metalle Silber, Zinn, Wismut und Kupfer, wobei das Zinnoxid in Massenanteilen von 4 bis 12 % enthalten ist und das Verhältnis der Massenanteile von Zinnoxid zu Wismutoxid einerseits und zu Kupferoxid andererseits im inneroxidierten Legierungspulver jeweils zwischen 8:1 und 12:1 beträgt, dadurch gekennzeichnet, daß weiterhin wenigstens Zirkonoxid (ZrO₂) vorhanden ist.
     
    2. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil an Zirkon­oxid zwischen 0,1 und 5 % beträgt.
     
    3. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil an Zirkon­oxid zwischen 0,5 und 4 % beträgt.
     
    4. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil an Zirkon­oxid zwischen 0,5 und 3 % beträgt.
     
    5. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil an Zirkon­oxid zwischen 0,5 und 2 % beträgt.
     
    6. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 1 oder einem der Ansprüche 2 bis 5, dadurch gekennzeich­net, daß neben dem Wismutoxid des inneroxidierten Legie­rungspulvers, das Verbundpulverteilchen bildet, zusätzlich Wismutoxid außerhalb der Verbundpulverteilchen vorhanden ist.
     
    7. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil an Wismut­oxid zwischen 0,1 und 5 % beträgt.
     
    8. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil an Wismut­oxid zwischen 0,5 und 4 % beträgt.
     
    9. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil an Wismut­oxid zwischen 0,5 und 3 % beträgt.
     
    10. Sinterkontaktwerkstoff nach einem der vorhergehenden An­sprüche, dadurch gekennzeichnet, daß der Gesamtgehalt der Oxide in Massenanteilen maximal 20 % be­trägt.
     
    11. Sinterkontaktwerkstoff nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, daß der Massenanteil aller Oxide bei etwa 12 % liegt.