(19)
(11) EP 0 370 348 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.05.1990  Patentblatt  1990/22

(21) Anmeldenummer: 89120978.5

(22) Anmeldetag:  11.11.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5G03C 5/50
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR GB IT LI

(30) Priorität: 24.11.1988 DE 3839573

(71) Anmelder: Agfa-Gevaert AG
D-51373 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • Wernicke, Ubbo, Dr.
    D-5000 Köln 90 (DE)
  • Mitzinger, Herbert
    D-5253 Lindlar-Remshagen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Fotografisches Umkehrverfahren


    (57) Ein fotografisches Umkehrverfahren zur Herstellung von positiven fotografischen Bildern durch bildmäßige Be­lichtung des mindestens eine Silberhalogenidemulsions­schicht enthaltenden lichtempfindlichen Materials, Schwarz-Weiß-Erstentwicklung des Materials, chemische Verschleierung, Farbentwicklung, Bleichen, Fixieren, Wässern oder Stabilisieren und Trocknen, bei dem das Material von der Erstentwicklung ohne jeden Zwischen­schritt wie Zwischenwässerung oder diffuse Zweitbe­lichtung in die Farbentwicklung überführt wird, das Erstentwicklungsbad ausschließlich ein oder mehrere N,N-­Dialkyl-p-phenylendiaminderivate als Entwickler sowie eine Zinn(II)-Komplexverbindung enthält und auf einen pH-Wert < 8 eingestellt ist, und das Farbentwicklungsbad ebenfalls ausschließlich ein oder mehrere N,N-Dialkyl-p-­phenylendiaminderivate als Entwickler enthält und auf einen pH-Wert > 10 eingestellt ist, benötigt wesentlich weniger Zeit als das herkömmliche Verfahren, liefert aber gleichwertige Ergebnisse.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verarbeitung von fotografischen Umkehrmaterialien, das gegenüber her­kömmlichen Verfahren von wesentlich kürzerer Dauer ist.

    [0002] Bei dem fotografischen Umkehrverfahren wird unter Ver­wendung eines Farbdias durch Belichten eines negativ arbeitenden Farbumkehrpapiers durch eine spezielle Umkehrentwicklung ein positives farbiges Bild erzeugt. Dabei weist das Farbumkehrpapier wenigstens eine einen Gelbkuppler enthaltende blauempfindliche, wenigstens eine einen Purpurkuppler enthaltende grünempfindliche und wenigstens eine einen Blaugrünkuppler enthaltende rotempfindliche Silberhalogenidschicht auf.

    [0003] Die übliche Umkehrverarbeitung nach dem chromogenen Farbverfahren gliedert sich in mindestens sechs Schritte:
    - Erstentwicklung = Schwarz-Weiß-Negativentwicklung Das bei der Aufnahme bildmäßig belichtete Silber­halogenid wird durch einen Erstentwickler zu einem Schwarzweiß-Negativ entwickelt. Im allgemeinen werden Metol-Hydrochinon- oder Phenidon-Hydrochinon-Ent­wickler verwendet.
    - Zwischenwässerung = Entfernen des Erstentwicklers zur Vermeidung von Nachentwicklung im Farbentwicklungs­bad.
    - Diffuse Zweitbelichtung oder chemische Verschleierung Alles im Erstentwickler nicht entwickelte Silberhalo­genid wird entwickelbar gemacht.
    - Farbentwicklung = Entwicklung des durch die Zweitbe­lichtung oder chemische Verschleierung aktivierten Silberhalogenids zu Silber und Farbstoffbildung.

    [0004] Proportional zu dem im Farbentwickler reduzierten Sil­berhalogenid werden die Farbstoffe in entsprechender Menge aus Farbkuppler und dem entstehenden Entwickler­oxidationsprodukt gebildet.
    - Bleichen und Fixieren oder Bleichfixieren = Heraus­lösen des gesamten in Erst- und Farbentwicklung gebil­deten Silbers, so daß ein positives Farbstoffbild übrig bleibt.
    - Schlußwässerung oder Stabilisierbad = Auswaschung von Chemikalien und Stabilisierung von Bildfarbstoffen und Bildoberfläche.

    [0005] Dieses Umkehrverfahren könnte erheblich einfacher, schneller und rationeller gestaltet werden, wenn man auf die Wässerung zwischen Erst- und Farbentwicklung und auf die diffuse Zweitentwicklung bzw. chemische Verschleie­rung in einem separaten Schritt verzichten könnte. Bei herkömmlicher Durchführung des Verfahrens unter Verzicht auf die Wässerung käme es jedoch durch Verschleppung des Erstentwicklers in den Farbentwickler in Verbindung mit der diffusen Zweitbelichtung zu einer Schwarz-Weiß Nach­entwicklung, die die Qualität des fertigen Farbbildes stark beeinträchtigen würde.

    [0006] Ein Verschleppen des Erstentwicklers wäre jedoch von untergeordneter Bedeutung, wenn er mit der Struktur des Farbentwicklers vergleichbar wäre und keine Nebenreak­tionen im Farbentwicklungsbad verursachen würde.

    [0007] Beim Einsatz von einem Farbentwickler im Erst- und Farbentwicklungsbad wäre ein Verschleppen des Entwick­lers bei Verzicht auf Zwischenwässerung ohne Nachteil, jedoch müßte dieser Entwickler im Erstentwicklungsbad zur Schwarz-Weiß-Entwicklung geeignet sein (Reduktion der belichteten Silberhalogenidkeime zu Bildsilber) und eine Kupplung des entstehenden Entwickleroxidationspro­dukts mit den Farbkupplern im fotografischen Material dürfte nicht stattfinden.

    [0008] In DE-A-2 249 857 wird ein Verfahren zur Umkehrentwick­lung beschrieben, bei dem in Erstentwicklungsbad sowohl ein Schwarz-Weiß-Entwickler als auch ein in seinen Farb­kupplungsaktivitäten behinderter Farbentwickler einge­ setzt wird. In einem zweiten Bad werden die kupplungs­inhibierenden Wirkungen, hervorgerufen z.B. durch Sul­fit, Ascorbinsäure etc., aufgehoben und die Farbkupplung kann stattfinden. Als Nachteil dieses Verfahrens ist jedoch die gleichzeitige Anwesenheit von zwei Ent­wicklertypen und den daraus resultierenden Abstimmungs- und Verfahrensprobleme anzusehen. Insgesamt wird nur eine mäßige Bildqualität erreicht.

    [0009] Aufgabe der Erfindung war es nun, ein Umkehrentwick­lungsverfahren zu entwickeln, bei dem auf eine Wässerung zwischen dem Erst- und Farbentwicklungsbad und auf die diffuse Zweitbelichtung verzichtet werden kann, ohne daß die oben erwähnten Nachteile auftreten.

    [0010] Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein foto­grafisches Umkehrverfahren zur Herstellung von positiven fotografischen Bildern durch bildmäßige Belichtung des mindestens eine Silberhalogenidemulsionsschicht enthal­tenden lichtempfindlichen Materials, Schwarz-Weiß-Erst­entwicklung des Materials, chemische Verschleierung, Farbentwicklung, Bleichen, Fixieren, Wässern oder Stabi­lisieren und Trocknen, bei dem das Material von der Erstentwicklung ohne jeden Zwischenschritt wie Zwischen­wässerung oder diffuse Zweitbelichtung in die Farbent­wicklung überführt wird, das Erstentwicklungsbad aus­schließlich ein oder mehrere N,N-Dialkyl-p-phenylen­diaminderivate als Entwickler sowie mindestens eine Zinn(II)-Komplexverbindung enthält und auf einen pH-Wert < 8 eingestellt ist, und das Farbentwicklungsbad eben­falls ausschließlich ein oder mehrere N,N-Dialkyl-p-­phenylendiaminderivate als Entwickler enthält und auf einen pH-Wert > 10 eingestellt ist.

    [0011] Geeignete Entwicklersubstanzen des p-Phenylendiamintyps entsprechen der allgemeinen Formel

    worin
    R₁, R₂ H, gegebenenfalls substituiertes C₁-C₄-Alkyl, C₆-C₁₀-Aryl und C₁-C₃-Alkoxy,
    R₃ H, gegebenenfalls substituiertes C₁-C₄-Alkyl, C₆-C₁₀-Aryl und C₁-C₃-Alkoxy, Halogen,
    n 1 oder 2 bedeuten.

    [0012] Besonders geeignete primäre aromatische Aminoentwickler­substanzen sind p-Phenylendiamine und insbesondere N,N-­Dialkyl-p-phenylendiamine, in denen die Alkylgruppen und der aromatische Kern substituiert oder unsubstituiert sind. Beispiele solcher Verbindungen sind N,N-Diethyl-p-­phenylendiamin-hydrochlorid, 4-N,N-Diethyl-2-methylphe­nylendiamin-hydrochlorid, 4-(N-Ethyl-N-2-methansulfonyl­aminoethyl)-2-methylphenylendiamin-sesquisulfatmonohy­drat, 4-(N-Ethyl-N-2-hydroxyethyl)-2-methylphenylendi­aminsulfat und 4-N,N-Diethyl-2,2′-methansulfonylamino­ethylphenylendiamin-hydrochlorid.

    [0013] Die Konzentrationen der Entwicklersubstanzen im Erstent­wicklungsbad liegen im Bereich von 2 bis 20 g/l, vor­zugsweise 4 bis 10 g/l.

    [0014] In einer bevorzugten Ausführungsform werden dem Zweit­entwicklungsbad keine Entwicklersubstanzen zugesetzt, so daß nur die aus dem Erstentwicklungsbad eingeschlepp­ten Anteile enthalten sind.

    [0015] Vorzugsweise enthält das Erstentwicklungsbad wenigstens eine Substanz, die die Reaktion des Farbkupplers mit dem Entwickleroxidationsprodukt verhindert.

    [0016] Geeignete Verbindungen sind z.B. Citracinsäure, Sulfit, Hydroxylamin und Derivate, Ascorbinsäure und Derivate und farblose Kuppler, die zu farblosen Kupplungsproduk­ten führen (Weißkuppler). Sie werden vorzugsweise in einer Menge von 0,005 bis 0,1 Mol/l eingesetzt.

    [0017] Die Konzentration der Zinn(II)-Komplexverbindungen im Erstentwicklungsbad beträgt 0,001 bis 0,05 Mol/l.

    [0018] Als Komplexbildner für die Sn(II)-Komplex-Verbindungen sind insbesondere Carbonsäuren und Phosphonsäuren ge­eignet, wie z. B.:

    [0019] Aminocarbonsäuren, wie z. B. Ethylendiamintetraessigsäu­re und die in der deutschen Offenlegungsschrift 1 814 834 genannten; Hydroxycarbonsäuren, wie beispiels­weise Gluconsäure und Citronensäure; Polycarbonsäuren wie Oxalsäure; Phosphonsäuren vom Typ der Nitrilo­methylenphosphonsäuren und der Alkylidenphosphonsäuren, wie sie beispielsweise in der deutschen Offenlegungs­ schrift 2 009 693 aufgeführt sind, Azacycloalkan-2,2-­diphosphonsäuren, wie sie aus der deutschen Offenle­gungsschrift 2 610 678 bekannt sind oder Phosphonocar­bonsäuren mit wenigstens einer Carboxy- und wenigstens einer Phosphonogruppe im Molekül, insbesondere Säuren folgender allgemeiner Formel:

    worin
    R₄, R₅, R₆, R₇ gleich oder verschieden sind und Wasser­stoff, Alkyl mit 1 bis 4 C-Atomen, Hydroxyl oder (CH₂)mX bedeuten, wobei X eine Phosphono- oder eine Carboxygruppe sein kann und m 0 oder eine ganze Zahl von 1 bis 4 ist, mit der Maßgabe, daß wenig­stens einer der Substituenten R₄ bis R₇ aus einer Phosphonogruppe besteht oder eine solche enthält.

    [0020] Eine besonders geeignete Phosphonocarbonsäure ist 1,2,4-­Tricarboxybutan-2-phosphonsäure. Die genannten Komplex­bildner können in den erfindungsgemäß zu verwendenden Bädern einzeln oder in Kombination und gegebenenfalls im Überschuß, bezogen auf die vorhandenen Zinn-II-Ionen, eingesetzt werden.

    [0021] In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform enthält der Erstentwickler einen Phosphat- oder Acetatpuffer und ist auf einen pH-Wert <7 eingestellt. In diesem Fall kann auf Verbindungen, die eine Reaktion des Entwickler­oxidationsproduktes mit dem Farbkuppler verhindern sollen, verzichtet werden.

    [0022] Darüber hinaus kann es bei Anwendung dieses Verfahrens im Dauerbetrieb vorteilhaft sein, den beiden Entwickler­lösungen Netzmittel und Komplexbildner zuzusetzen, die das Eindringen der Lösungen in die Emulsionsschichten beschleunigen bzw. Kalziumionen aus der Gelatine und dem Wasser binden.

    [0023] Geeignete Komplexbildner zur Komplexierung von Kalzium­ionen sind beispielsweise Aminopolycarbonsäuren, die an sich gut bekannt sind. Typische Beispiele für solche Aminopolycarbonsäuren sind Nitrilotriessigsäure, Ethy­lendiamintetraessigsäure (EDTA), 1,3-Diamino-2-hydroxy­propyltetraessigsäure, Diethylentriaminpentaessigsäure, N,N′-Bis-(2-hydroxybenzyl)-ethylendiamin-N,N′-diessig­säure, Hydroxyethylethylendiamintriessigsäure, Cyclo­hexandiaminotetraessigsäure und Aminomalonsäure.

    [0024] Weitere Kalziumkomplexbildner sind Polyphosphate, Phosphonsäuren, Aminopolyphosphonsäuren und hydroli­siertes Polymaleinsäureanhydrid, z.B. Natriumhexa­metaphosphat, 1-Hydroxyethan-1,1-diphosphonsäure (HEDP), Aminotrismethylenphosphonsäure, Ethylendiamintetra­methylenphosphonsäure. 1-Hydroxyethan-1,1-diphosphon­säure wirkt auch als Eisenkomplexbildner.

    [0025] Des weiteren ist es vorteilhaft, den beiden Entwickler­lösungen Eisenkomplexbildner zuzusetzen.

    [0026] Spezielle Eisenkomplexbildner sind z.B. 4,5-Dihydroxy-­1,3-benzoldisulfonsäure, 5,6-Dihydroxy-1,2,4-benzol­trisulfonsäure und 3,4,5-Trihydroxybenzoesäure.

    [0027] Für die Komplexierung des Kalziums werden bevorzugt etwa 0,2 bis etwa 1,8 Mol eines Kalziumplexbildners pro Mol Entwicklersubstanz eingesetzt.

    [0028] Der Eisenkomplexbildner wird in Mengen von etwa 0,02 bis etwa 0,2 Mol pro Mol Entwicklersubstanz angewendet.

    [0029] Weiterhin kann es zweckmäßig sein, den Lösungen Weißtö­ner und/oder Weißkuppler zuzusetzen.

    [0030] Als weitere Bestandteile kommen optische Aufheller, Gleitmittel, z.B. Polyalkylenglykole, Tenside, Stabili­satoren, z.B. heterocyclische Mercaptoverbindungen oder Nitrobenzimidazol und Mittel zur Einstellung des ge­wünschten pH-Wertes in Frage. Die Entwicklerlösung kann ferner weniger als 5 g/l Benzylalkohol enthalten; vor­zugsweise ist sie benzylalkoholfrei.

    [0031] Die gebrauchsfertigen Lösungen können aus den einzelnen Bestandteilen oder aus sogenannten Konzentraten herge­stellt werden, wobei in den Konzentraten die einzelnen Bestandteile wesentlich höher konzentriert gelöst wer­den. Die Konzentrate sind so eingestellt, daß sich aus ihnen ein sogenannter Regenerator herstellen läßt, d.h. eine Lösung, die etwas höhere Konzentrationen an den einzelnen Bestandteilen als die gebrauchsfertige Lösung aufweist, einerseits durch weiteres Verdünnen und Zugabe eines Starters eine gebrauchsfertige Lösung ergibt und andererseits ständig einer in Gebrauch befindlichen Entwicklerlösung zugesetzt wird, um die beim Entwickeln verbrauchten oder aus der Ent-wicklerlösung durch Über­lauf oder durch das entwickelte Material ausgeschleppten Chemikalien zu ersetzen.

    [0032] Nach der Entwicklung wird das fotografische Material wie üblich gebleicht, fixiert, gewässert und getrocknet, wo­bei Bleichen und Fixieren zum Bleichfixieren zusammenge­faßt werden können, und die Wässerung durch ein Stabili­sierbad ersetzt werden kann.

    [0033] Als Farbumkehrmaterialien kommt insbesondere farbumkehr­fotografisches Papier in Betracht, das insbesondere ein mit einer Barytschicht oder vorzugsweise α-Olefinpoly­merschicht (z.B. Polyethylen) laminiertes Papier ist, auf das die lichtempfindlichen Schichten aufgetragen sind.

    [0034] Das Material enthält üblicherweise mindestens je eine rotempfindliche, grünempfindliche und blauempfindliche Silberhalogenidemulsionsschicht sowie gegebenenfalls Zwischenschichten und Schutzschichten.

    [0035] Wesentliche Bestandteile der fotografischen Emulsions­schichten sind Bindemittel, Silberhalogenidkörnchen und Farbkuppler.

    [0036] Als Bindemittel wird vorzugsweise Gelatine verwendet. Diese kann jedoch ganz oder teilweise durch andere synthetische, halbsynthetische oder auch natürlich vor­kommende Polymere ersetzt werden. Synthetische Gelatine­ersatzstoffe sind beispielsweise Polyvinylalkohol, Poly-­N-vinylpyrrolidon, Polyacrylamide, Polyacrylsäure und deren Derivate, insbesondere deren Mischpolymerisate. Natürlich vorkommende Gelatineersatzstoffe sind bei­spielsweise andere Proteine wie Albumin oder Casein, Cellulose, Zucker, Stärke oder Alginate. Halbsynthe­tische Gelatineersatzstoffe sind in der Regel modifi­zierte Naturprodukte. Cellulosederivate wie Hydroxy­alkylcellulose, Carboxymethylcellulose und Phthalyl­cellulose sowie Gelatinederivate, die durch Umsetzung mit Alkylierungs- oder Acylierungsmitteln oder durch Aufpfropfung von polymerisierbaren Monomeren erhalten worden sind, sind Beispiele hierfür.

    [0037] Die Bindemittel sollen über eine ausreichende Menge an funktionellen Gruppen verfügen, so daß durch Umsetzung mit geeigneten Härtungsmitteln genügend widerstands­fähige Schichten erzeugt werden können. Solche funktio­nellen Gruppen sind insbesondere Aminogruppen, aber auch Carboxylgruppen, Hydroxylgruppen und aktive Methylen­gruppen.

    [0038] Die vorzugsweise verwendete Gelatine kann durch sauren oder alkalischen Aufschluß erhalten sein. Es kann auch oxidierte Gelatine verwendet werden. Die Herstellung solcher Gelatinen wird beispielsweise in The Science and Technology of Gelatine, herausgegeben von A.G. Ward und A. Courts, Academic Press 1977, Seite 295 ff beschrie­ben. Die jeweils eingesetzte Gelatine soll einen mög­lichst geringen Gehalt an fotografisch aktiven Verun­reinigungen enthalten (Inertgelatine). Gelatinen mit hoher Viskosität und niedriger Quellung sind besonders vorteilhaft.

    [0039] Das als lichtempfindlicher Bestandteil in dem fotogra­fischen Material befindliche Silberhalogenid kann als Halogenid Chlorid, Bromid oder Iodid bzw. Mischungen davon enthalten. Beispielsweise kann der Halogenidanteil wenigstens einer Schicht zu 0 bis 15 Mol-% aus Iodid, zu 0 bis 100 Mol-% aus Chlorid und zu 0 bis 100 Mol-% aus Bromid bestehen. Bevorzugt sind Silberbromidchlorid­emulsionen mit einerseits mindestens 80 Mol-% Bromid und 0 bis 20 Mol-% Chlorid und andererseits mit mindestens 95 Mol-% Chlorid und 0 bis 5 Mol-% Bromid. Es kann sich um überwiegend kompakte Kristalle handeln, die z.B. regulär kubisch oder oktaedrisch sind oder Übergangs­formen aufweisen können. Vorzugsweise können aber auch plättchenförmige Kristalle vorliegen, deren durch­schnittliches Verhältnis von Durchmesser zu Dicke bevorzugt wenigstens 5:1 ist, wobei der Durchmesser eines Kornes definiert ist als der Durchmesser eines Kreises mit einem Kreisinhalt entsprechend der proji­zierten Fläche des Kornes. Die Schichten können aber auch tafelförmige Silberhalogenidkristalle aufweisen, bei denen das Verhältnis von Durchmesser zu Dicke wesentlich größer als 5:1 ist, z.B. 12:1 bis 30:1.

    [0040] Die Silberhalogenidkörner können auch einen mehrfach ge­schichteten Kornaufbau aufweisen, im einfachsten Fall mit einem inneren und einem äußeren Kornbereich (core/­shell), wobei die Halogenidzusammensetzung und/oder sonstige Modifizierungen, wie z.B. Dotierungen der ein­zelnen Kornbereiche unterschiedlich sind. Die mittlere Korngröße der Emulsionen liegt vorzugsweise zwischen 0,2 µm und 2,0 µm, die Korngrößenverteilung kann sowohl homo- als auch heterodispers sein. Homodisperse Korn­größenverteilung bedeutet, daß 95 % der Körner nicht mehr als ± 30% von der mittleren Korngröße abweichen. Die Emulsionen können neben dem Silberhalogenid auch organische Silbersalze enthalten, z.B. Silberbenztriazo­lat oder Silberbehenat.

    [0041] Es können zwei oder mehrere Arten von Silberhalogenid­emulsionen, die getrennt hergestellt werden, als Mi­schung verwendet werden.

    [0042] Die fotografischen Emulsionen können unter Verwendung von Methinfarbstoffen oder anderen Farbstoffen spektral sensibilisiert werden. Besonders geeignete Farbstoffe sind Cyaninfarbstoffe, Merocyaninfarbstoffe und komplexe Merocyaninfarbstoffe.

    [0043] Eine Übersicht über die als Spektralsensibilisatoren ge­eigneten Polymethinfarbstoffe, deren geeignete Kombina­tionen und supersensibilisierend wirkenden Kombinationen enthält Research Disclosure 17643/1978 in Abteilung IV.

    [0044] Insbesondere sind die folgenden Farbstoffe - geordnet nach Spektralgebieten - geeignet:

    1. als Rotsensibilisatoren



    [0045] 9-Ethylcarbocyanine mit Benzthiazol, Benzselenazol oder Naphthothiazol als basische Endgruppen, die in 5- und/oder 6-Stellung durch Halogen, Methyl, Methoxy, Carbalkoxy, Aryl substituiert sein können sowie 9-Ethyl-naphthoxathia- bzw. -selencarbo­cyanine und 9-Ethyl-naphthothiaoxa- bzw. -benz­imidazocarbocyanine, vorausgesetzt, daß die Farb­stoffe mindestens eine Sulfoalkylgruppe am hetero­cyclischen Stickstoff tragen.

    2. als Grünsensibilisatoren



    [0046] 9-Ethylcarbocyanine mit Benzoxazol, Naphthoxazol oder einem Benzoxazol und einem Benzthiazol als basische Endgruppen sowie Benzimidazocarbocyanine, die ebenfalls weiter substituiert sein können und ebenfalls mindestens eine Sulfoalkylgruppe am hete­rocyclischen Stickstoff enthalten müssen.

    3. als Blausensibilisatoren



    [0047] symmetrische oder asymmetrische Benzimidazo-, Oxa-, Thia- oder Selenacyanine mit mindestens einer Sulfoalkylgruppe am heterocyclischen Stickstoff und gegebenenfalls weiteren Substituenten am aromati­schen Kern, sowie Apomerocyanine mit einer Rhoda­ningruppe.

    [0048] Auf Sensibilisatoren kann verzichtet werden, wenn für einen bestimmten Spektralbereich die Eigenempfindlich­keit des Silberhalogenids ausreichend ist, beispiels­weise die Blauempfindlichkeit von Silberbromiden.

    [0049] Den unterschiedlich sensibilisierten Emulsionsschichten werden nicht diffundierende monomere oder polymere Farb­kuppler zugeordnet, die sich in der gleichen Schicht oder in einer dazu benachbarten Schicht befinden können. Gewöhnlich werden den rotempfindlichen Schichten Blau­grünkuppler, den grünempfindlichen Schichten Purpur­kuppler und den blauempfindlichen Schichten Gelbkuppler zugeordnet.

    [0050] Farbkuppler zur Erzeugung des blaugrünen Teilfarben­bildes sind in der Regel Kuppler vom Phenol- oder α-­Naphtholtyp.

    [0051] Farbkuppler zur Erzeugung des purpurnen Teilfarbenbildes sind in der Regel Kuppler vom Typ des 5-Pyrazolons, des Indazolons oder der Pyrazoloazole.

    [0052] Farbkuppler zur Erzeugung des gelben Teilfarbenbildes sind in der Regel Kuppler mit einer offenkettigen Keto­methylengruppierung, insbesondere Kuppler vom Typ des α-Acylacetamids; geeignete Beispiele hierfür sind α-­Benzoylacetanilidkuppler und α-Pivaloylacetanilidkupp­ler.

    Beispiel



    [0053] Ein farbfotografisches Aufzeichnungsmaterial, welches für das erfindungsgemäße Verarbeitungsverfahren geeignet ist, wurde hergestellt, indem auf einen Schichtträger auf beidseitig mit Polyethylen beschichtetem Papier die folgenden Schichten in der angegebenen Reihenfolge auf­getragen wurden. Die Mengenangaben beziehen sich jeweils auf 1 m². Für den Silberhalogenidauftrag werden die ent­sprechenden Mengen AgNO₃ angegeben.

    Schichtaufbau


    1. Schicht (Substratschicht):



    [0054] 0,2 g Gelatine

    2. Schicht (blauempfindliche Schicht):



    [0055] blauempfindliche Silberhalogenidemulsion (99,5 Mol-­% Chlorid, 0,5 Mol-% Bromid, mittlerer Korndurchmesser 0,8 µm) aus 0,63 g AgNO₃ mit
    1,38 g Gelatine
    0,95 g Gelbkuppler Y
    0,2 g Weißkuppler W
    0,29 g Trikresylphosphat (TKP)

    3. Schicht (Schutzschicht)



    [0056] 1,1 g Gelatine
    0,06 g 2,5-Dioctylhydrochinon
    0,06 g Dibutylphthalat (DBP)

    4. Schicht (grünempfindliche Schicht)



    [0057] grünsensibilisierte Silberhalogenidemulsion (99,5 Mol-% Chlorid, 0,5 Mol-% Bromid, mittlerer Korndurchmesser 0,6 µm) aus 0,45 g AgNO₃ mit
    1,08 g Gelatine
    0,41 g Purpurkuppler M
    0,08 g 2,5-Dioctylhydrochinon
    0,5 g DBP
    0,04 g TKP

    5. Schicht (UV-Schutzschicht)



    [0058] 1,15 g Gelatine
    0,6 g UV-Absorber der Formel

    0,045g 2,5-Dioctylhydrochinon
    0,04 g TKP

    6. Schicht (rotempfindliche Schicht)



    [0059] rotsensibilisierte Silberhalogenidemulsion (99,5 Mol-% Chlorid, 0,5 Mol-% Bromid, mittlerer Korndurchmesser 0,5 µm) aus 0,3 g AgNO₃ mit
    0,75 g Gelatine
    0,36 g Blaugrünkuppler C
    0,36 g TKP

    7. Schicht (UV-Schutzschicht)



    [0060] 0,35 g Gelatine
    0,15 g UV-Absorber gemäß 5. Schicht
    0,2 g TKP

    8. Schicht (Schutzschicht)



    [0061] 0,9 g Gelatine
    0,3 g Härtungsmittel der folgenden Formel



    [0062] Die verwendeten Komponenten haben folgende Formel:



    [0063] Ein Stufenkeil wird auf das oben beschriebene foto­grafische Aufzeichnungsmaterial aufbelichtet und wie folgt verarbeitet:
    Erstentwickler 45 sec, 30 °C
    Farbentwickler 45 sec, 30 °C
    Bleichfixieren 45 sec, 30 °C
    Wässern (3 x 15 sec) 45 sec, 30 °C
    Trocknen

    [0064] Die einzelnen Verarbeitungsbäder hatten die folgende Zu­sammensetzung:
    Erstentwickler
    Wasser 800 ml
     
    4-(N-Ethyl-N-2-hydroxyethyl)-2-methylphenylendiaminsulfatmonohydrat (CD 4) 7 g
    Sn(II)-phosphonobutantricarbonsäure 3,2 g
    Natriumsulfit 0,6 g
    Citracinsäure 5 g
    Kalimcarbonat 20 g
    pH-Einstellung auf 7,5, danach mit Wasser auf 1 Liter auffüllen.
    Zweitentwickler
    Wasser 900 ml
    EDTA 2 g
    HEDP, 60 gew.-%ig 0,5 ml
    Natriumchlorid 1 g
    N,N-Diethylhydroxylamin, 85 gew.-%ig 5 ml
     
    4-(N-Ethyl-N-2-methansulfonylaminoethyl)-2-methylphenylendiamin-sesquisulfatmonohydrat (CD 3), 50 gew.-%ig 8 ml
    Kaliumcarbonat 25 g
    pH-Einstellung auf pH 11 mit KOH bzw. H₂SO₄; mit Wasser auf 1 Liter auffüllen.
    Bleichfixierbad:
    Wasser 800 ml
    EDTA 4 g
    Ammoniumthiosulfat 100 g
    Natriumsulfit 15 g
    Ammonium-Eisen-EDTA-Komplex 60 g
    3-Mercapto-1,2,4-triazol 2 g
    pH-Einstellung auf pH 7,3 mit Ammoniak bzw. Essigsäure; mit Wasser auf 1 Liter auffüllen.

    Vergleichsbeispiel



    [0065] Es wird wie in Beispiel 1 verfahren, jedoch wird

    1. der Erstentwickler ohne Zinnkomplex eingesetzt,

    2. nach dem Erstentwickler 60 sek. gewässert,

    3. eine Zweitbelichtung durchgeführt und anschließend wie in Beispiel 1 weiter verarbeitet.



    [0066] Beide Verfahren führen praktisch zu den gleichen sensi­tometrischen Ergebnissen in Bezug auf Gradation, Neu­tralität der Abstimmung, Maximaldichten, Weißen und Reinheit der Farben.

    [0067] Erfindungsgemäß können mit Erfolg auch folgende Erst- und Zweitentwickler eingesetzt werden:
    Erstentwickler:
    Wasser 800 ml
    CD 3 10 g
    Natriumsulfit 10 g
    KH₂PO₄ 20 g
    Sn(II)-ionen (als Komplexverbindung) 0,3-3 g
    pH-Einstellung auf 5,5 bis 7,5; mit Wasser auf 1 l auffüllen
    Zweitentwickler
    Wasser 900 ml
    KH₂PO₄ 30 g
    CD 3 0-5 g
    Natriumsulfit 0-5 g
    Sn(II)-ionen (als Komplexverbindung) 0-1 g
    pH-Einstellung mit KOH auf 10-13; mit Wasser auf 1 l auffüllen.


    [0068] Als Komplexbildner kommen neben Phosphonobutantri­carbonsäure Ethylendiamintetraessigsäure, Oxalsäure oder Gluconsäure in Betracht.

    [0069] Der Zweitentwickler kann außerdem übliche Entwicklungs­beschleuniger wie Ethylendiamin oder Thioether enthal­ten.


    Ansprüche

    1. Fotografisches Umkehrverfahren zur Herstellung von positiven fotografischen Bildern durch bildmäßige Belichtung des mindestens eine Silberhalogenidemul­sionsschicht enthaltenden lichtempfindlichen Ma­terials, Schwarz-Weiß-Erstentwicklung des Materi­als, chemische Verschleierung, Farbentwicklung, Bleichen, Fixieren, Wässern oder Stabilisieren und Trocknen, bei dem das Material von der Erstentwick­lung ohne jeden Zwischenschritt in die Farbent­wicklung überführt wird, das Erstentwicklungs­bad ausschließlich ein oder mehrere N,N-Dialkyl-p-­phenylendiaminderivate als Entwickler sowie mindestens eine Zinn(II)-Komplexverbindung enthält und auf einen pH-Wert < 8 eingestellt ist, und das Farbentwicklungsbad ebenfalls ausschließlich ein oder mehrere N,N-Dialkyl-p-phenylendiaminderivate als Entwickler enthält und auf einen pH-Wert > 10 eingestellt ist.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das N,N-Dialkyl-p-phenylendiaminderivat im Erstentwicklungsbad der Formel (II) entspricht

    worin
    R₁, R₂ H, gegebenenfalls substituiertes C₁-C₄-­Alkyl, C₆-C₁₀-Aryl und C₁-C₃-Alkoxy,
    R₃ H, gegebenenfalls substituiertes C₁-C₄-­Alkyl, C₆-C₁₀-Aryl und C₁-C₃-Alkoxy, Halogen,
    n 1 oder 2 bedeuten.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die N,N-Dialkyl-p-phenylendiaminderivate den beiden Formeln

    entsprechen.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Konzentration der Entwicklersubstanzen im Erstentwicklungsbad im Bereich von 2 bis 20 g/l liegt.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Konzentration der Zinn(II)-Komplexverbin­dungen im Erstentwicklungsbad 0,001 bis 0,05 Mol/l beträgt.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Komplexbildner für die Zinn(II)-Komplexver­bindungen Carbonsäuren und Phosphonsäuren einge­setzt werden.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Komplexbildner der Formel

    worin
    R₄, R₅, R₆, R₇ gleich oder verschieden sind und Wasserstoff, Alkyl mit 1 bis 4 C-Atomen, Hydroxyl oder (CH₂)mX bedeuten, wobei X eine Phosphono- oder eine Carboxygruppe sein kann und m 0 oder eine ganze Zahl von 1 bis 4 ist, mit der Maßgabe, daß wenigstens einer der Substituenten R₄ bis R₇ aus einer Phosphono­gruppe besteht oder eine solche enthält.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Erstentwicklungsbad wenigstens eine Sub­stanz enthält, die die Reaktion der Farbkuppler mit dem Entwickleroxidationsprodukt verhindert.
     
    9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet,, daß die die Kupplungsreaktion verhindernde minde­stens eine Substanz in einer Menge von 0,005 bis 0,1 Mol/l eingesetzt wird.
     





    Recherchenbericht