(19)
(11) EP 0 370 588 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.05.1990  Patentblatt  1990/22

(21) Anmeldenummer: 89250030.7

(22) Anmeldetag:  07.09.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C21D 8/10, C21D 1/20
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE ES FR GB IT SE

(30) Priorität: 16.09.1988 DE 3832014

(71) Anmelder: MANNESMANN Aktiengesellschaft
D-40027 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Von Hagen, Ingo, Dr.-Ing.
    D-4150 Krefeld 1 (DE)
  • Homberg, Gerd, Dr.-Ing.
    D-4020 Mettmann 2 (DE)
  • Prasser, Christoph, Dr.-Ing.
    D-4300 Essen (DE)

(74) Vertreter: Meissner, Peter E., Dipl.-Ing. et al
Meissner & Meissner, Patentanwaltsbüro, Postfach 33 01 30
D-14171 Berlin
D-14171 Berlin (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung hochfester nahtloser Stahlrohre


    (57) Die Erfindung betrifft die Herstellung hochfester naht­loser Stahlrohre aus Einsatzblöcken bestimmter Zusammen­setzung, die nach Erwärmung auf 1150 - 1280oC zu Rohren ausgewalzt werden und danach eine definierte Warmbe­handlung durchlaufen.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung hochfester nahtloser Rohre aus Stahl durch Warmwalzen und anschließendes beschleunigtes Abkühlen aus der Walzhitze. Diese Rohre sollen als Ölfeld- und Leitungsrohre einsetzbar sein und mindestens der API-Gütestufe X70 entsprechen.

    [0002] Die Herstellung nahtloser Rohre erfolgt üblicherweise durch Warmwalzen von Stahlblöcken, die auf etwa 1200 - 1250o erwärmt wurden. Die Hauptumformung des Walzprozesses findet dicht unterhalb der Blockziehtemperatur, also bei sehr hohen Temperaturen statt. Die durch die Verformung verursachte Rekristallisation des Gefüges führt aufgrund dieser hohen Temperaturen zu einem starken Kornwachstum und infolge dessen zu einer entsprechenden Verschlechterung des Zähigkeitsverhaltens der Werkstoffe. Es ist daher bisher stets als erforderlich angesehen worden, an den Walzprozeß eine gesonderte Wärmebehandlung in Form einer Normalisierungs- oder Vergütungsbehandlung anzuschließen, bei der durch Umkörnung ein feineres Gefüge und dadurch eine Verbesserung der Zähigkeitseigenschaften erreicht wird.

    [0003] Eine solche Wärmebehandlung erfordert einen erheblichen Aufwand an Zeit und Kosten, so daß es wünschenswert ist, einen Weg zu finden, diese Zusatzbehandlung zu vermeiden. Grundsätzlich bietet es sich an, durch eine gezielte Abkühlung nach dem Warmwalzen im Rohr ein bainitisches Gefüge zu erzeugen, also sowohl die Ferritbildung als auch die Martensitbildung weitestgehend zu vermeiden. Ein bainitisches Gefüge liefert neben hohen Festigkeitskennwerten gute Zähigkeitseigenschaften. Dieser Weg ist jedoch bisher für einen großtechnischen Einsatz nicht praktikabel gewesen, weil die Temperaturführung während der beschleunigten Abkühlung nicht so erfolgen konnte, daß das Bainitgebiet sicher erreicht wurde.

    [0004] Dies liegt daran, daß die einzelnen Stahlrohre unvermeidbar am Ende der letzten Walzstufe stets nicht nur untereinander unterschiedliche Temperaturen aufweisen; es bestehen auch erhebliche Temperaturdifferenzen über die Rohrlänge und sogar über den Rohrumfang. Diese Temperaturdifferenzen betragen typischerweise bis zu 100oC und lassen sich am Ende der beschleunigten Abkühlung in nahezu unveränderter Größe auf dem Rohr wiederfinden. Es kann also praktisch keine fixe Abkühltemperatur angestrebt werden. Das aber bedeutet, daß durch die Abkühlung nur in einzelnen Zonen des Rohres das Bainitgebiet in der gewünschten Weise erreicht wird, während in anderen Zonen Ferrit (durch zu langsame bzw. nicht ausreichend tiefe Abkühlung) oder Martensit (durch zu tiefe Abkühlung) entsteht. Insgesamt weisen solche Rohre örtlich außerordentlich stark abweichende Zähigkeits- und Festigkeitseigenschaften auf und sind für die vorgesehene Verwendung nicht geeignet.

    [0005] Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Verfahren der gattungsgemäßen Art anzugeben, mit dem nahtlose Rohre mit hohen Streckgrenzen und hohen Zugfestigkeiten bei gleichzeitig guten Zähigkeitseigenschaften (Av+20°C > 60 J) (API-Gütestufe X70 oder höher) herstellbar sind, ohne daß diese nach dem Walzen einer zusätzlichen Wärmebehandlung unterzogen werden müssen. Dabei sollen Temperaturunterschiede im gewalzten Rohr von mindestens 100 - 150 K zulässig sein, ohne daß die geforderten Eigenschaften in Frage gestellt werden, und der verwendete Werkstoff soll preiswert herstellbar sein, also keine größeren Mengen an teuren Legierungselementen erfordern.

    [0006] Gelöst wird diese Aufgabe erfindungsgemäß durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1; vorteilhafte Weiterbildungen dieses Verfahrens sind in den Unteransprüchen 2 und 3 angegeben.

    [0007] Die erfindungsgemäße Lösung besteht im wesentlichen aus einer gezielten Werkstoffauswahl mit enggesetzten Grenzen für die einzelnen Legierungselemente und vorgegebenen Bemessungsregeln für einzelne Elemente untereinander sowie einer auf diesen Werkstoff abgestimmten Abschreckbehandlung. Es konnte ein Stahl gefunden werden, der nicht nur preiswert herstellbar ist, weil er keine größeren Mengen teurer Legierungselemente erfordert, sondern der überraschenderweise über ein breites Temperaturintervall (z.B. 150 K) der Abkühlung (Abfangtemperatur) die Bildung von Bainit gewährleistet. Die Entstehung von Ferrit kann problemlos auf unkritische Werte von unter 10 % Gefügeanteil beschränkt werden. Es wurde festgestellt, daß dem Verhältnis der Elemente Kupfer und Nickel untereinander sowie der Summe der Gehalte an Cr und Mo für das Abkühlverhalten hinsichtlich der Erzielung gleichmäßiger Festigkeits- und Zähigkeitswerte eine außerordentliche Bedeutung zukommt. Dies gilt ebenfalls für den engbegrenzten Gehalt an Kohlenstoff. Bei Einhaltung der vorgegebenen Analyse erhält man einen Stahl, der hinsichtlich der Endtemperatur der Abschreckbehandlung in einem breiten Temperaturintervall praktisch gleichmäßig gute Werte liefert. Dabei ist es gleichgültig, in welchem Zustand die Einsatzblöcke vorliegen (z.B. Gußblöcke, Rundstrangguß, gerundeter Vierkantstrangguß, gewalzter Rundstahl).

    [0008] Die Wirksamkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens wird anhand der für ein Ausführungsbeispiel in den Figuren 1 und 2 dargestellten Werte der Zugfestigkeit Rm und der Streckgrenze Rt0,5 bzw. der Kerbschlagarbeit Av+20°C in Abhängigkeit von der Abfangtemperatur der beschleunigten Abkühlung deutlich erkennbar. Die ermittelten Werte beziehen sich auf einen Stahl mit folgender Zusammensetzung:
    0,09 % C
    1,5 % Mn
    0,25 % Cr
    0,06 % V
    0,04 % Nb
    0,016 % P
    0,003 % S
    Rest Eisen und übliche Verunreinigungen

    [0009] Wie aus Figur 1 hervorgeht, liegen die Meßwerte der Streckgrenze und der Zugfestigkeit in einem Abfangtemperaturbereich von 350 - 520oC nahezu auf gleichbleibendem Niveau. Die Streckgrenzenverhältnisse Rt0,5/Rm liegen durchweg unter 80 %. Trotz des groben Ausgangsgefüges liefert der Stahl mit der erfindungsgemäßen Abkühlbehandlung gute Kerbschlagarbeitswerte (Figur 2). Im Intervall der Abfangtemperatur von 350 - 520oC beträgt diese bei einer Prüftemperatur von +20oC stets deutlich mehr als 60 J.

    [0010] Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht unter Verwendung einer preiswerten Legierung und trotz Verzichts auf eine (kostenaufwendige) gesonderte Wärmebehandlung die Herstellung hochfester Stahlrohre als Ölfeld- und Leitungsrohre, wobei durch beschleunigte Abkühlung aus der Walzhitze auch an solchen Rohren, die eine ungleichmäßige Temperaturverteilung aufweisen, sicher ein bainitisches Gefüge mit guten Zähigkeitseigenschaften über die gesamte Rohrlänge erzeugt wird. Unterschiede in der Abfangtemperatur von bis zu 150 K und je nach Einstellung der Legierung auch darüber hinaus wirken sich dabei nicht kritisch auf die Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften aus.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung hochfester nahtloser Rohre aus Stahl durch Warmwalzen und anschließendes beschleunigtes Abkühlen, gekennzeichnet durch die Kombination folgender Maßnahmen:

    a) Verwendung von Einsatzblöcken aus einem mit Aluminium und/oder Silizium beruhigten Stahl mit folgender Zusammensetzung (Gewichts-%):
    0,08 - 0,13 % C
    1,40 - 1,90 % Mn
    0 - 0,50 % Cr
    0 - 0,50 % Mo
    0 - 0,70 % Ni
    0 - 0,40 % Cu
    0,04 - 0,13 % V
    max. 0,020 % P
    max. 0,010 % S
    Rest Eisen und übliche Verunreinigungen,
    wobei die Summe der Gehalte an Cr und Mo im Bereich 0,20 bis 0,70 % liegt und das Mengenverhältnis Cu/Ni bei Vorhandensein beider Elemente auf maximal 1 beschränkt ist.

    b) Die Einsatzblöcke werden auf eine Temperatur von 1150 bis 1280oC erwärmt und in bekannter Weise zu Rohren warmgewalzt.

    c) Nach Verlassen der letzten Warmwalzstufe werden die eine Temperatur oberhalb Ar3 aufweisenden Rohre direkt aus der Walzhitze in 5 - 50 Sekunden unter weitgehender Vermeidung von Ferritbildung (max. 10 %) bis auf einen Temperaturbereich von 340 - 560oC abgeschreckt und anschließend weiter an Luft abgekühlt.


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß dem Stahl maximal 0,04 % Nb zugesetzt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß dem Stahl maximal 0,04 % Ti zugesetzt wird.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht