[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung hochfester nahtloser Rohre aus
Stahl durch Warmwalzen und anschließendes beschleunigtes Abkühlen aus der Walzhitze.
Diese Rohre sollen als Ölfeld- und Leitungsrohre einsetzbar sein und mindestens der
API-Gütestufe X70 entsprechen.
[0002] Die Herstellung nahtloser Rohre erfolgt üblicherweise durch Warmwalzen von Stahlblöcken,
die auf etwa 1200 - 1250
o erwärmt wurden. Die Hauptumformung des Walzprozesses findet dicht unterhalb der Blockziehtemperatur,
also bei sehr hohen Temperaturen statt. Die durch die Verformung verursachte Rekristallisation
des Gefüges führt aufgrund dieser hohen Temperaturen zu einem starken Kornwachstum
und infolge dessen zu einer entsprechenden Verschlechterung des Zähigkeitsverhaltens
der Werkstoffe. Es ist daher bisher stets als erforderlich angesehen worden, an den
Walzprozeß eine gesonderte Wärmebehandlung in Form einer Normalisierungs- oder Vergütungsbehandlung
anzuschließen, bei der durch Umkörnung ein feineres Gefüge und dadurch eine Verbesserung
der Zähigkeitseigenschaften erreicht wird.
[0003] Eine solche Wärmebehandlung erfordert einen erheblichen Aufwand an Zeit und Kosten,
so daß es wünschenswert ist, einen Weg zu finden, diese Zusatzbehandlung zu vermeiden.
Grundsätzlich bietet es sich an, durch eine gezielte Abkühlung nach dem Warmwalzen
im Rohr ein bainitisches Gefüge zu erzeugen, also sowohl die Ferritbildung als auch
die Martensitbildung weitestgehend zu vermeiden. Ein bainitisches Gefüge liefert neben
hohen Festigkeitskennwerten gute Zähigkeitseigenschaften. Dieser Weg ist jedoch bisher
für einen großtechnischen Einsatz nicht praktikabel gewesen, weil die Temperaturführung
während der beschleunigten Abkühlung nicht so erfolgen konnte, daß das Bainitgebiet
sicher erreicht wurde.
[0004] Dies liegt daran, daß die einzelnen Stahlrohre unvermeidbar am Ende der letzten Walzstufe
stets nicht nur untereinander unterschiedliche Temperaturen aufweisen; es bestehen
auch erhebliche Temperaturdifferenzen über die Rohrlänge und sogar über den Rohrumfang.
Diese Temperaturdifferenzen betragen typischerweise bis zu 100
oC und lassen sich am Ende der beschleunigten Abkühlung in nahezu unveränderter Größe
auf dem Rohr wiederfinden. Es kann also praktisch keine fixe Abkühltemperatur angestrebt
werden. Das aber bedeutet, daß durch die Abkühlung nur in einzelnen Zonen des Rohres
das Bainitgebiet in der gewünschten Weise erreicht wird, während in anderen Zonen
Ferrit (durch zu langsame bzw. nicht ausreichend tiefe Abkühlung) oder Martensit (durch
zu tiefe Abkühlung) entsteht. Insgesamt weisen solche Rohre örtlich außerordentlich
stark abweichende Zähigkeits- und Festigkeitseigenschaften auf und sind für die vorgesehene
Verwendung nicht geeignet.
[0005] Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Verfahren der gattungsgemäßen Art anzugeben,
mit dem nahtlose Rohre mit hohen Streckgrenzen und hohen Zugfestigkeiten bei gleichzeitig
guten Zähigkeitseigenschaften (A
v+20°C > 60 J) (API-Gütestufe X70 oder höher) herstellbar sind, ohne daß diese nach dem
Walzen einer zusätzlichen Wärmebehandlung unterzogen werden müssen. Dabei sollen Temperaturunterschiede
im gewalzten Rohr von mindestens 100 - 150 K zulässig sein, ohne daß die geforderten
Eigenschaften in Frage gestellt werden, und der verwendete Werkstoff soll preiswert
herstellbar sein, also keine größeren Mengen an teuren Legierungselementen erfordern.
[0006] Gelöst wird diese Aufgabe erfindungsgemäß durch ein Verfahren mit den Merkmalen des
Patentanspruchs 1; vorteilhafte Weiterbildungen dieses Verfahrens sind in den Unteransprüchen
2 und 3 angegeben.
[0007] Die erfindungsgemäße Lösung besteht im wesentlichen aus einer gezielten Werkstoffauswahl
mit enggesetzten Grenzen für die einzelnen Legierungselemente und vorgegebenen Bemessungsregeln
für einzelne Elemente untereinander sowie einer auf diesen Werkstoff abgestimmten
Abschreckbehandlung. Es konnte ein Stahl gefunden werden, der nicht nur preiswert
herstellbar ist, weil er keine größeren Mengen teurer Legierungselemente erfordert,
sondern der überraschenderweise über ein breites Temperaturintervall (z.B. 150 K)
der Abkühlung (Abfangtemperatur) die Bildung von Bainit gewährleistet. Die Entstehung
von Ferrit kann problemlos auf unkritische Werte von unter 10 % Gefügeanteil beschränkt
werden. Es wurde festgestellt, daß dem Verhältnis der Elemente Kupfer und Nickel untereinander
sowie der Summe der Gehalte an Cr und Mo für das Abkühlverhalten hinsichtlich der
Erzielung gleichmäßiger Festigkeits- und Zähigkeitswerte eine außerordentliche Bedeutung
zukommt. Dies gilt ebenfalls für den engbegrenzten Gehalt an Kohlenstoff. Bei Einhaltung
der vorgegebenen Analyse erhält man einen Stahl, der hinsichtlich der Endtemperatur
der Abschreckbehandlung in einem breiten Temperaturintervall praktisch gleichmäßig
gute Werte liefert. Dabei ist es gleichgültig, in welchem Zustand die Einsatzblöcke
vorliegen (z.B. Gußblöcke, Rundstrangguß, gerundeter Vierkantstrangguß, gewalzter
Rundstahl).
[0008] Die Wirksamkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens wird anhand der für ein Ausführungsbeispiel
in den Figuren 1 und 2 dargestellten Werte der Zugfestigkeit R
m und der Streckgrenze R
t0,5 bzw. der Kerbschlagarbeit A
v+20°C in Abhängigkeit von der Abfangtemperatur der beschleunigten Abkühlung deutlich erkennbar.
Die ermittelten Werte beziehen sich auf einen Stahl mit folgender Zusammensetzung:
0,09 % C
1,5 % Mn
0,25 % Cr
0,06 % V
0,04 % Nb
0,016 % P
0,003 % S
Rest Eisen und übliche Verunreinigungen
[0009] Wie aus Figur 1 hervorgeht, liegen die Meßwerte der Streckgrenze und der Zugfestigkeit
in einem Abfangtemperaturbereich von 350 - 520
oC nahezu auf gleichbleibendem Niveau. Die Streckgrenzenverhältnisse R
t0,5/R
m liegen durchweg unter 80 %. Trotz des groben Ausgangsgefüges liefert der Stahl mit
der erfindungsgemäßen Abkühlbehandlung gute Kerbschlagarbeitswerte (Figur 2). Im Intervall
der Abfangtemperatur von 350 - 520
oC beträgt diese bei einer Prüftemperatur von +20
oC stets deutlich mehr als 60 J.
[0010] Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht unter Verwendung einer preiswerten Legierung
und trotz Verzichts auf eine (kostenaufwendige) gesonderte Wärmebehandlung die Herstellung
hochfester Stahlrohre als Ölfeld- und Leitungsrohre, wobei durch beschleunigte Abkühlung
aus der Walzhitze auch an solchen Rohren, die eine ungleichmäßige Temperaturverteilung
aufweisen, sicher ein bainitisches Gefüge mit guten Zähigkeitseigenschaften über die
gesamte Rohrlänge erzeugt wird. Unterschiede in der Abfangtemperatur von bis zu 150
K und je nach Einstellung der Legierung auch darüber hinaus wirken sich dabei nicht
kritisch auf die Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften aus.
1. Verfahren zur Herstellung hochfester nahtloser Rohre aus Stahl durch Warmwalzen
und anschließendes beschleunigtes Abkühlen, gekennzeichnet durch die Kombination folgender
Maßnahmen:
a) Verwendung von Einsatzblöcken aus einem mit Aluminium und/oder Silizium beruhigten
Stahl mit folgender Zusammensetzung (Gewichts-%):
0,08 - 0,13 % C
1,40 - 1,90 % Mn
0 - 0,50 % Cr
0 - 0,50 % Mo
0 - 0,70 % Ni
0 - 0,40 % Cu
0,04 - 0,13 % V
max. 0,020 % P
max. 0,010 % S
Rest Eisen und übliche Verunreinigungen,
wobei die Summe der Gehalte an Cr und Mo im Bereich 0,20 bis 0,70 % liegt und das
Mengenverhältnis Cu/Ni bei Vorhandensein beider Elemente auf maximal 1 beschränkt
ist.
b) Die Einsatzblöcke werden auf eine Temperatur von 1150 bis 1280oC erwärmt und in bekannter Weise zu Rohren warmgewalzt.
c) Nach Verlassen der letzten Warmwalzstufe werden die eine Temperatur oberhalb Ar3 aufweisenden Rohre direkt aus der Walzhitze in 5 - 50 Sekunden unter weitgehender
Vermeidung von Ferritbildung (max. 10 %) bis auf einen Temperaturbereich von 340 -
560oC abgeschreckt und anschließend weiter an Luft abgekühlt.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß dem Stahl maximal 0,04 % Nb zugesetzt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß dem Stahl maximal 0,04 % Ti zugesetzt wird.