(19)
(11) EP 0 373 705 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.06.1990  Patentblatt  1990/25

(21) Anmeldenummer: 89203122.0

(22) Anmeldetag:  08.12.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5H01J 35/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB LI NL

(30) Priorität: 14.12.1988 DE 3842034

(71) Anmelder:
  • Philips Patentverwaltung GmbH
    22335 Hamburg (DE)

    DE 
  • Philips Electronics N.V.
    5621 BA Eindhoven (NL)

    CH FR GB LI NL 

(72) Erfinder:
  • Vetter, Axel
    D-2000 Hamburg 65 (DE)

(74) Vertreter: Hartmann, Heinrich, Dipl.-Ing. et al
Philips Patentverwaltung GmbH, Röntgenstrasse 24
D-22335 Hamburg
D-22335 Hamburg (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Drehanoden-Röntgenröhre mit flüsssigem Schmiermittel


    (57) Die Erfindung bezieht sich auf eine Drehanoden-­Röntgenröhre mit einem Gleitlager, insbesondere einem Spiralrillenlager. Bei einer solchen Röntgenröhre wird das Übertreten von Schmiermittel in den im Betriebszustand mit einem starken elektrischen Feld erfüllten Vakuumraum der Röntgenröhre dadurch verhindert, daß die Oberflächen, über die das Schmiermittel in den erwähnten Raum gelangt, mit einem Überzug versehen sind, der durch das Schmiermittel benetzbar ist und mit diesem eine Legierung bildet.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine Drehanoden-Röntgenröhre mit mindestens einem Gleitlager, das mit einem flüssigen Schmiermittel gefüllt ist. Eine solche Röntgenröhre ist u.a. aus der EP-OS 141 476 bekannt. Die Gleitlager zur La­gerung der Drehanode werden dabei durch sogenannte Spiral­rillenlager gebildet, die einen engen Spalt und auf einer ihrer Lagerflächen ein Muster von Rillen aufweisen. In dem Lagerspalt, der auf der einen Seite durch eine glatte La­gerfläche und auf der anderen Seite durch die Fläche mit dem Rillenmuster begrenzt wird, befindet sich das Schmier­mitttel. Die Rillen sind so geformt, daß beim Betrieb der Drehanoden-Röntgenröhre mit einer vorgegebenen Drehrich­tung das Schmiermittel im Lager bleibt. An das Spiralril­lenlager grenzt eine Oberfläche an, die so präpariert ist, daß sie von dem Schmiermittel nicht benetzt werden kann, z.B. durch eine Titanoxid- oder Siliziumoxid-Carbid­schicht.

    [0002] Bei derartigen Drehanoden-Röntgenröhren kann es insbeson­dere beim Transport passieren, daß Schmiermittteltropfen aus dem Lager austreten und in den Teil des Vakuumraums der Röntgenröhre gelangen, der im Betrieb der Röhre einem starken elektrischen Feld ausgesetzt ist. Diese Schmier­mitteltropfen beeinträchtigen die Hochspannungsfestigkeit der Röntgenröhre und können zu deren Zerstörung führen.

    [0003] Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Drehanoden-Röntgenröhre der eingangs genannten Art so aus­zugestalten, daß der Betrieb der Röntgenröhre durch aus dem Gleitlager ausgetretene Schmiermitteltropfen nicht be­ einträchtigt werden kann.

    [0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Oberflächen in dem Öffnungsbereich, über den das Spiral­rillenlager mit dem übrigen Vakuumraum der Röntgenröhre in Verbindung steht, aus einem Material bestehen, das vom Schmiermittel benetzbar ist und damit Mischphasen oder Legierungen bilden kann.

    [0005] Bei der Erfindung besteht die Oberfläche des Öffnungsbe­reiches, durch den das Schmiermittel hindurchtreten muß, um aus dem Lager in den übrigen ,im Betriebszustand mit einem elektrischen Feld erfüllten Vakuumraum zu gelangen, aus einem Material, das vom Schmiermittel benetzbar ist und damit Mischphasen bildet. Das Schmiermittel kann dabei also nicht in den im Betriebszustand mit einem elektri­schen Feld erfüllten Raum austreten, weil es auf der Ober­fläche im Öffnungsbereich haften bleibt und in diese hineindiffundiert. Der Bereich bis zum unter Hochspannung stehenden Vakuumraum sollte nach Möglichkeit als Labyrinth ausgebildet sein.

    [0006] Das Schmiermittel und das Oberflächenmaterial im Öffnungs­bereich müssen aufeinander abgestimmt sein. Als Schmier­mittel von Gleitlagern bei Röntgenröhren eignen sich be­kanntlich Galliumlegierungen. Diese Legierungen bilden mit vielen Metallen eine Mischphase, d.h. eine neue Legierung, oft jedoch erst dann, wenn die durch Oxide oder Carbide passivierten Oberflächen der Metalle zerstört sind. Es eignen sich daher nur die Metalle, die solche Grenzschich­ten nicht bilden (Edelmetalle) oder bei denen diese Grenz­schichten durch die mit der Konditionierung von Röntgen­röhren verbundenen Pump- und Ausheizprozesse zerstört werden, beispielsweise Kupfer. Eine bevorzugte Weiterbil­dung sieht daher vor, daß das Schmiermittel aus einer Gal­ liumlegierung und die Oberfläche im Öffnungsbereich aus einem Edelmetall besteht. Ein Schmiermitteltropfen aus einer Galliumlegierung breitet sich auf einer z.B. ver­goldeten Metallfläche infolge der Benetzung und Legie­rungsbildung aus und diffundiert in das Grundmaterial hinein, besonders bei erhöhten Temperaturen, jedoch auch schon bei Raumtemperatur.

    [0007] Wenn die erfindungsgemäß vorgesehenen, vom Schmiermittel benetzbaren und damit Mischphasen bildenden Oberflächen unmittelbar an die Gleitlagerflächen angrenzen würden, würde das Schmiermittel relativ leicht aus dem Gleitlager auf diese Flächen übergehen, was einen unerwünschten Schmiermittelverlust zur Folge hätte. Dieser läßt sich in weiterer Ausgestaltung der Erfindung dadurch verringern, daß die unmittelbar an das Spiralrillenlager angrenzenden Oberflächen aus einem Material bestehen, das vom Schmier­mittel nicht benetzbar ist und daß sich daran die vom Schmiermittel benetzbaren und damit Mischphasen bildenden Oberflächen anschließen. Bei einer Galliumlegierung als Schmiermittel können nicht benetzbare Oberflächen durch z.B. Titanoxid-Carbid-Beschichtungen oder Siliziumoxid-­Carbid-Beschichtungen erzeugt werden.

    [0008] Die Erfindung wird nachstehend anhand der Zeichnung näher erläutert, die eine erfindungsgemäße Drehanoden-Röntgen­röhre in einem die Drehachse enthaltenden Querschnitt zeigt.

    [0009] Die in der Zeichnung dargestellte Röntgenröhre besitzt einen Metallkolben 1, in dem ein Strahlenaustritts­fenster 2, z.B. aus Beryllium, vorgesehen ist, und der an einem ersten Isolator 3 die Kathode 4 und an einem zweiten Isolator 5 die Drehanode 6 trägt. Die Drehanode 6 umfaßt eine Anodenscheibe 7, von der im Betrieb die Röntgenstrah­ lung ausgeht, und die über ein Lager 6 mit dem zweiten Isolator 5 verbunden ist. Der feststehende Teil des Lagers umfaßt eine Achse 8 aus einer Molybdänlegierung, die über einen Trägerkörper 9 aus einer Eisen-Nickel-Kobald-­Legierung (Vacon) mit dem Isolator 5 verbunden ist. Über den Teil 9 wird die positive Hochspannung für die Dreh­anode zugeführt. Der rotierende Teil 10 des Lagers 6 umfaßt eine zur Achse 8 konzentrische Lagerbuchse 10, die ebenfalls aus einer Molybdänlegierung besteht und den Abmessungen der Achse 8 angepaßt ist, so daß zwischen der Achse 8 und der Buchse 10 nur ein enger Spalt verbleibt, der wesentlich enger ist als in der Zeichnung dargestellt und der z.B. 20 µ dick ist.

    [0010] Das Lager ist ein Gleitlager in Form eines Spiralrillen­lagers. Zu diesem Zweck ist die Achse 8 mit zwei in axialer Richtung gegeneinander versetzten, fischgrätarti­gen Rillenmustern 11 versehen, die als Radiallager wirken. Die Achse 8 enthält darüberhinaus eine zylinder­förmige Verdickung 13, deren Stirnflächen ebenfalls mit einem nicht näher dargestellten Rillenmuster versehen sind, und daher als Spiralrillenlager für die axiale Lagerung der Anode 6 wirken. Wegen der Verdickung 13 kann die Buchse 10 nicht einteilig sein - wie in der Zeichnung dargestellt - sondern muß aus mindestens zwei Teilen bestehen, die so miteinanderverbunden sind, daß das Schmiermittel durch die Verbindungsbereiche nicht austre­ten kann. In dem Zwischenraum zwischen der Achse 8 und der Buchse 10 befindet sich als Schmiermittel 14 eine Gallium­legierung (GaInSn). Dieses Schmiermittel ist bei Raum­temperatur flüssig und benetzt die Oberflächen der Achse 8 und der Buchse 10, ohne damit Legierungen einzugehen.

    [0011] Es läßt sich in der Praxis nicht vermeiden, daß aus dem Lager insbesondere durch stoßartige mechanische Beanspru­ chungen Schmiermittel austritt. Wenn dieses in den Teil des Vakuumraums der Röntgenröhre gelangt, in dem im Be­triebszustand ein starkes elektrisches Feld herrscht, kann die Röntgenröhre zerstört werden. Da das Lager zur Anoden­scheibe hin hermetisch abgeschlossen ist, kann das Schmiermittel nur zwischen dem unteren Teil der Achse 8 und der Buchse 10 sowie zwischen der Außenfläche des Trägerkörpers 9 und der Oberfläche des Rotors 11 hindurch in diesen Raum gelangen, wobei es mit hoher Wahrschein­lichkeit auf den Isolator 5 trifft und dort Hochspannungs­durchschläge hervorruft.

    [0012] Dies wird dadurch verhindert, daß die Oberflächen in dem Öffnungsbereich, durch den hindurch das aus dem Lager aus­tretende Schmiermittel in den übrigen Vakuumraum der Rönt­genröhre gelangt, vergoldet sind. Dies ist durch dick ausgezogene Linien 14 auf der Außenfläche des Träger­körpers 9 und der ihr zugewandten Fläche der Buchse 10 und der Innenfläche des Rotors 11 angedeutet. Die das Schmier­mittel bildende Galliumlegierung benetzt vergoldete Metallflächen und bildet damit bereits bei Raumtemperatur eine neue Legierung. Ein Schmiermitteltropfen bleibt also auf diesen Metallflächen im feldfreien Bereich haften und kann nicht in den vom Feld erfüllten Vakuumraum der Rönt­genröhre austreten. Vorteilhafterweise sind die Ober­flächen im Öffnungsbereich labyrinthartig angeordnet.

    [0013] Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, muß die Oberfläche im Öffnungsbereich so beschaffen sein, daß sie leicht von dem Schmiermittel benetzt werden kann und mit diesem eine Legierung bildet. Für Gallium als Schmiermittel zählen dazu die Edelmetalle - u.a. Gold - aber auch andere Metalle. Allerdings ist die Oberfläche der nicht zu den Edelmetallen gehörenden Metalle meist durch Oxide oder Carbide passiviert, so daß ein Galliumtropfen darauf nicht haften bleibt. Bei einigen dieser Metalle (beispielsweise bei Kupfer) werden diese Schichten durch die Pump- und Ausheizprozesse weitgehend zerstört, denen eine Röntgen­röhre vor der ersten Inbetriebnahme unterzogen werden muß. Auf einer ca. 100°C heißen Kupferoberfläche kommt es auch zur Benetzung und damit zum Einfangen eines Schmier­mitteltropfens. Die Vergoldung der Innenfläche des Kupfer­rotors 11 könnte also unter der Voraussetzung entfallen, daß die Kupferoberfläche nicht kontaminiert ist und auf mindestens 100°C gehalten wird.

    [0014] Aus dem Lager ausgetretenes Gallium, das auf der vergol­deten Oberfläche des Trägerkörpers 9 haften bleibt, dif­fundiert im Laufe der Zeit auch in den Trägerkörper 9 ein, der aus einer Eisen-Nickel-Kobalt-Legierung besteht, deren thermischer Ausdehnungskoeffizient dem des Isolators 5 angepaßt ist. Dieser Trägerkörper nimmt also auch das ausgelaufene Schmiermittel nach und nach auf, was insbe­sondere den Vorteil hat, daß die teure Goldschicht sehr dünn sein kann. Würde dieser Trägerkörper ohne Vergoldung mit dem Schmiermittel in Berührung kommen, würden die auf der Oberfläche vorhandenen Oxid- oder Carbid-Grenz­schichten ein Haftenbleiben des Schmiermittels verhin­dern. Die Goldschicht muß so auf dem Trägerkörper veran­kert werden, daß die störenden Grenzschichten zerstört werden, z.B. durch bekannte galvanische Präparationsme­thoden.

    [0015] Wenn die vom Schmiermittel benetzbaren Oberflächen - und dazu zählen auch die Oberflächen der Lagerbuchse 10 und der Achse 8 im unteren Bereich - unmittelbar bis an die Gleitlager heranreichen würden, dann könnte das Schmier­mittel relativ leicht auch diese Oberflächen benetzen und würde dabei dem Lager entzogen. Um dieses zu vermeiden, sind die Oberflächen im unteren Bereich der Achse 8 und des Lagers 10, wie durch die gepunkteten Linien angedeu­tet, mit einer Schicht versehen, die eine Benetzung durch das Schmiermittel verhindert. Eine geeignete Schicht be­steht beispielsweise aus Titanoxid-Carbid. Sie verhindert, daß im normalen Betrieb Schmiermittel aus dem Lager läuft. Erst wenn gleichwohl durch starke mechanische Stöße oder dergleichen das Schmiermittel diesen nicht benetz­baren, als kapillar wirksamen Bereich überwunden hat, trifft es auf die erfindungsgemäße Schicht, an der es haften bleibt.


    Ansprüche

    1. Drehanoden-Röntgenröhre mit mindestens einem Gleitlager, das mit einem flüssigen Schmiermittel gefüllt ist,
    dadurch gekennzeichnet, daß die Oberfläche (15) in dem Öffnungsbereich, über den das Gleitlager (8,10,12) mit dem übrigen Vakuumraum der Röntgenröhre in Verbindung steht, aus einem Material bestehen, das vom Schmiermittel benetzbar ist und damit Mischphasen oder Legierungen bilden kann.
     
    2. Drehanoden-Röntgenröhre nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet, daß die Oberfläche im Öffnungs­bereich durch auf einen Trägerkörper (a) aufgebrachte Schichten gebildet werden.
     
    3. Drehanoden-Röntgenröhre nach Anspruch 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet, daß das Schmiermittel aus einer Galliumlegierung und die Oberfläche im Öffnungsbereich aus einem Edelmetall besteht.
     
    4. Drehanoden-Röntgenröhre nach Anspruch 3,
    dadurch gekennzeichnet, daß die Oberfläche aus Gold besteht.
     
    5. Drehanoden-Röntgenröhre nach einem der Ansprüche 2 bis 4,
    dadurch gekennzeichnet, daß der Trägerkörper (9) aus einem Material besteht, das mit dem Schmiermittel ebenfalls eine Mischphase oder Legierung bildet.
     
    6. Drehanoden-Röntgenröhre nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
    dadurch gekennzeichnet, daß die unmitttelbar an das Spiralrillenlager angrenzenden Oberflächen aus einem Material bestehen, das vom Schmiermitttel nicht benetzbar ist und daß sich daran die vom Schmiermittel benetzbaren und damit Mischphasen bildenden Oberflächen anschließen.
     
    7. Drehanoden-Röntgenröhre nach Anspruch 6,
    dadurch gekennzeichnet, daß das Schmiermittel aus einer Galliumlegierung besteht und daß die unmittelbar an das Spiralrillenlager angrenzenden Oberflächen mit Titanoxid-­Karbid beschichtet sind.
     




    Zeichnung