[0001] Die Erfindung betrifft eine Drehanoden-Röntgenröhre mit mindestens einem Gleitlager,
das mit einem flüssigen Schmiermittel gefüllt ist. Eine solche Röntgenröhre ist u.a.
aus der EP-OS 141 476 bekannt. Die Gleitlager zur Lagerung der Drehanode werden dabei
durch sogenannte Spiralrillenlager gebildet, die einen engen Spalt und auf einer
ihrer Lagerflächen ein Muster von Rillen aufweisen. In dem Lagerspalt, der auf der
einen Seite durch eine glatte Lagerfläche und auf der anderen Seite durch die Fläche
mit dem Rillenmuster begrenzt wird, befindet sich das Schmiermitttel. Die Rillen
sind so geformt, daß beim Betrieb der Drehanoden-Röntgenröhre mit einer vorgegebenen
Drehrichtung das Schmiermittel im Lager bleibt. An das Spiralrillenlager grenzt
eine Oberfläche an, die so präpariert ist, daß sie von dem Schmiermittel nicht benetzt
werden kann, z.B. durch eine Titanoxid- oder Siliziumoxid-Carbidschicht.
[0002] Bei derartigen Drehanoden-Röntgenröhren kann es insbesondere beim Transport passieren,
daß Schmiermittteltropfen aus dem Lager austreten und in den Teil des Vakuumraums
der Röntgenröhre gelangen, der im Betrieb der Röhre einem starken elektrischen Feld
ausgesetzt ist. Diese Schmiermitteltropfen beeinträchtigen die Hochspannungsfestigkeit
der Röntgenröhre und können zu deren Zerstörung führen.
[0003] Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Drehanoden-Röntgenröhre der eingangs
genannten Art so auszugestalten, daß der Betrieb der Röntgenröhre durch aus dem Gleitlager
ausgetretene Schmiermitteltropfen nicht be einträchtigt werden kann.
[0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Oberflächen in dem Öffnungsbereich,
über den das Spiralrillenlager mit dem übrigen Vakuumraum der Röntgenröhre in Verbindung
steht, aus einem Material bestehen, das vom Schmiermittel benetzbar ist und damit
Mischphasen oder Legierungen bilden kann.
[0005] Bei der Erfindung besteht die Oberfläche des Öffnungsbereiches, durch den das Schmiermittel
hindurchtreten muß, um aus dem Lager in den übrigen ,im Betriebszustand mit einem
elektrischen Feld erfüllten Vakuumraum zu gelangen, aus einem Material, das vom Schmiermittel
benetzbar ist und damit Mischphasen bildet. Das Schmiermittel kann dabei also nicht
in den im Betriebszustand mit einem elektrischen Feld erfüllten Raum austreten, weil
es auf der Oberfläche im Öffnungsbereich haften bleibt und in diese hineindiffundiert.
Der Bereich bis zum unter Hochspannung stehenden Vakuumraum sollte nach Möglichkeit
als Labyrinth ausgebildet sein.
[0006] Das Schmiermittel und das Oberflächenmaterial im Öffnungsbereich müssen aufeinander
abgestimmt sein. Als Schmiermittel von Gleitlagern bei Röntgenröhren eignen sich
bekanntlich Galliumlegierungen. Diese Legierungen bilden mit vielen Metallen eine
Mischphase, d.h. eine neue Legierung, oft jedoch erst dann, wenn die durch Oxide oder
Carbide passivierten Oberflächen der Metalle zerstört sind. Es eignen sich daher nur
die Metalle, die solche Grenzschichten nicht bilden (Edelmetalle) oder bei denen
diese Grenzschichten durch die mit der Konditionierung von Röntgenröhren verbundenen
Pump- und Ausheizprozesse zerstört werden, beispielsweise Kupfer. Eine bevorzugte
Weiterbildung sieht daher vor, daß das Schmiermittel aus einer Gal liumlegierung
und die Oberfläche im Öffnungsbereich aus einem Edelmetall besteht. Ein Schmiermitteltropfen
aus einer Galliumlegierung breitet sich auf einer z.B. vergoldeten Metallfläche infolge
der Benetzung und Legierungsbildung aus und diffundiert in das Grundmaterial hinein,
besonders bei erhöhten Temperaturen, jedoch auch schon bei Raumtemperatur.
[0007] Wenn die erfindungsgemäß vorgesehenen, vom Schmiermittel benetzbaren und damit Mischphasen
bildenden Oberflächen unmittelbar an die Gleitlagerflächen angrenzen würden, würde
das Schmiermittel relativ leicht aus dem Gleitlager auf diese Flächen übergehen, was
einen unerwünschten Schmiermittelverlust zur Folge hätte. Dieser läßt sich in weiterer
Ausgestaltung der Erfindung dadurch verringern, daß die unmittelbar an das Spiralrillenlager
angrenzenden Oberflächen aus einem Material bestehen, das vom Schmiermittel nicht
benetzbar ist und daß sich daran die vom Schmiermittel benetzbaren und damit Mischphasen
bildenden Oberflächen anschließen. Bei einer Galliumlegierung als Schmiermittel können
nicht benetzbare Oberflächen durch z.B. Titanoxid-Carbid-Beschichtungen oder Siliziumoxid-Carbid-Beschichtungen
erzeugt werden.
[0008] Die Erfindung wird nachstehend anhand der Zeichnung näher erläutert, die eine erfindungsgemäße
Drehanoden-Röntgenröhre in einem die Drehachse enthaltenden Querschnitt zeigt.
[0009] Die in der Zeichnung dargestellte Röntgenröhre besitzt einen Metallkolben 1, in dem
ein Strahlenaustrittsfenster 2, z.B. aus Beryllium, vorgesehen ist, und der an einem
ersten Isolator 3 die Kathode 4 und an einem zweiten Isolator 5 die Drehanode 6 trägt.
Die Drehanode 6 umfaßt eine Anodenscheibe 7, von der im Betrieb die Röntgenstrah
lung ausgeht, und die über ein Lager 6 mit dem zweiten Isolator 5 verbunden ist. Der
feststehende Teil des Lagers umfaßt eine Achse 8 aus einer Molybdänlegierung, die
über einen Trägerkörper 9 aus einer Eisen-Nickel-Kobald-Legierung (Vacon) mit dem
Isolator 5 verbunden ist. Über den Teil 9 wird die positive Hochspannung für die Drehanode
zugeführt. Der rotierende Teil 10 des Lagers 6 umfaßt eine zur Achse 8 konzentrische
Lagerbuchse 10, die ebenfalls aus einer Molybdänlegierung besteht und den Abmessungen
der Achse 8 angepaßt ist, so daß zwischen der Achse 8 und der Buchse 10 nur ein enger
Spalt verbleibt, der wesentlich enger ist als in der Zeichnung dargestellt und der
z.B. 20 µ dick ist.
[0010] Das Lager ist ein Gleitlager in Form eines Spiralrillenlagers. Zu diesem Zweck ist
die Achse 8 mit zwei in axialer Richtung gegeneinander versetzten, fischgrätartigen
Rillenmustern 11 versehen, die als Radiallager wirken. Die Achse 8 enthält darüberhinaus
eine zylinderförmige Verdickung 13, deren Stirnflächen ebenfalls mit einem nicht
näher dargestellten Rillenmuster versehen sind, und daher als Spiralrillenlager für
die axiale Lagerung der Anode 6 wirken. Wegen der Verdickung 13 kann die Buchse 10
nicht einteilig sein - wie in der Zeichnung dargestellt - sondern muß aus mindestens
zwei Teilen bestehen, die so miteinanderverbunden sind, daß das Schmiermittel durch
die Verbindungsbereiche nicht austreten kann. In dem Zwischenraum zwischen der Achse
8 und der Buchse 10 befindet sich als Schmiermittel 14 eine Galliumlegierung (GaInSn).
Dieses Schmiermittel ist bei Raumtemperatur flüssig und benetzt die Oberflächen der
Achse 8 und der Buchse 10, ohne damit Legierungen einzugehen.
[0011] Es läßt sich in der Praxis nicht vermeiden, daß aus dem Lager insbesondere durch
stoßartige mechanische Beanspru chungen Schmiermittel austritt. Wenn dieses in den
Teil des Vakuumraums der Röntgenröhre gelangt, in dem im Betriebszustand ein starkes
elektrisches Feld herrscht, kann die Röntgenröhre zerstört werden. Da das Lager zur
Anodenscheibe hin hermetisch abgeschlossen ist, kann das Schmiermittel nur zwischen
dem unteren Teil der Achse 8 und der Buchse 10 sowie zwischen der Außenfläche des
Trägerkörpers 9 und der Oberfläche des Rotors 11 hindurch in diesen Raum gelangen,
wobei es mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Isolator 5 trifft und dort Hochspannungsdurchschläge
hervorruft.
[0012] Dies wird dadurch verhindert, daß die Oberflächen in dem Öffnungsbereich, durch den
hindurch das aus dem Lager austretende Schmiermittel in den übrigen Vakuumraum der
Röntgenröhre gelangt, vergoldet sind. Dies ist durch dick ausgezogene Linien 14 auf
der Außenfläche des Trägerkörpers 9 und der ihr zugewandten Fläche der Buchse 10
und der Innenfläche des Rotors 11 angedeutet. Die das Schmiermittel bildende Galliumlegierung
benetzt vergoldete Metallflächen und bildet damit bereits bei Raumtemperatur eine
neue Legierung. Ein Schmiermitteltropfen bleibt also auf diesen Metallflächen im feldfreien
Bereich haften und kann nicht in den vom Feld erfüllten Vakuumraum der Röntgenröhre
austreten. Vorteilhafterweise sind die Oberflächen im Öffnungsbereich labyrinthartig
angeordnet.
[0013] Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, muß die Oberfläche im Öffnungsbereich so beschaffen
sein, daß sie leicht von dem Schmiermittel benetzt werden kann und mit diesem eine
Legierung bildet. Für Gallium als Schmiermittel zählen dazu die Edelmetalle - u.a.
Gold - aber auch andere Metalle. Allerdings ist die Oberfläche der nicht zu den Edelmetallen
gehörenden Metalle meist durch Oxide oder Carbide passiviert, so daß ein Galliumtropfen
darauf nicht haften bleibt. Bei einigen dieser Metalle (beispielsweise bei Kupfer)
werden diese Schichten durch die Pump- und Ausheizprozesse weitgehend zerstört, denen
eine Röntgenröhre vor der ersten Inbetriebnahme unterzogen werden muß. Auf einer
ca. 100°C heißen Kupferoberfläche kommt es auch zur Benetzung und damit zum Einfangen
eines Schmiermitteltropfens. Die Vergoldung der Innenfläche des Kupferrotors 11
könnte also unter der Voraussetzung entfallen, daß die Kupferoberfläche nicht kontaminiert
ist und auf mindestens 100°C gehalten wird.
[0014] Aus dem Lager ausgetretenes Gallium, das auf der vergoldeten Oberfläche des Trägerkörpers
9 haften bleibt, diffundiert im Laufe der Zeit auch in den Trägerkörper 9 ein, der
aus einer Eisen-Nickel-Kobalt-Legierung besteht, deren thermischer Ausdehnungskoeffizient
dem des Isolators 5 angepaßt ist. Dieser Trägerkörper nimmt also auch das ausgelaufene
Schmiermittel nach und nach auf, was insbesondere den Vorteil hat, daß die teure
Goldschicht sehr dünn sein kann. Würde dieser Trägerkörper ohne Vergoldung mit dem
Schmiermittel in Berührung kommen, würden die auf der Oberfläche vorhandenen Oxid-
oder Carbid-Grenzschichten ein Haftenbleiben des Schmiermittels verhindern. Die
Goldschicht muß so auf dem Trägerkörper verankert werden, daß die störenden Grenzschichten
zerstört werden, z.B. durch bekannte galvanische Präparationsmethoden.
[0015] Wenn die vom Schmiermittel benetzbaren Oberflächen - und dazu zählen auch die Oberflächen
der Lagerbuchse 10 und der Achse 8 im unteren Bereich - unmittelbar bis an die Gleitlager
heranreichen würden, dann könnte das Schmiermittel relativ leicht auch diese Oberflächen
benetzen und würde dabei dem Lager entzogen. Um dieses zu vermeiden, sind die Oberflächen
im unteren Bereich der Achse 8 und des Lagers 10, wie durch die gepunkteten Linien
angedeutet, mit einer Schicht versehen, die eine Benetzung durch das Schmiermittel
verhindert. Eine geeignete Schicht besteht beispielsweise aus Titanoxid-Carbid. Sie
verhindert, daß im normalen Betrieb Schmiermittel aus dem Lager läuft. Erst wenn gleichwohl
durch starke mechanische Stöße oder dergleichen das Schmiermittel diesen nicht benetzbaren,
als kapillar wirksamen Bereich überwunden hat, trifft es auf die erfindungsgemäße
Schicht, an der es haften bleibt.
1. Drehanoden-Röntgenröhre mit mindestens einem Gleitlager, das mit einem flüssigen
Schmiermittel gefüllt ist,
dadurch gekennzeichnet, daß die Oberfläche (15) in dem Öffnungsbereich, über den das Gleitlager (8,10,12)
mit dem übrigen Vakuumraum der Röntgenröhre in Verbindung steht, aus einem Material
bestehen, das vom Schmiermittel benetzbar ist und damit Mischphasen oder Legierungen
bilden kann.
2. Drehanoden-Röntgenröhre nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß die Oberfläche im Öffnungsbereich durch auf einen Trägerkörper (a) aufgebrachte
Schichten gebildet werden.
3. Drehanoden-Röntgenröhre nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß das Schmiermittel aus einer Galliumlegierung und die Oberfläche im Öffnungsbereich
aus einem Edelmetall besteht.
4. Drehanoden-Röntgenröhre nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet, daß die Oberfläche aus Gold besteht.
5. Drehanoden-Röntgenröhre nach einem der Ansprüche 2 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, daß der Trägerkörper (9) aus einem Material besteht, das mit dem Schmiermittel ebenfalls
eine Mischphase oder Legierung bildet.
6. Drehanoden-Röntgenröhre nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, daß die unmitttelbar an das Spiralrillenlager angrenzenden Oberflächen aus einem
Material bestehen, das vom Schmiermitttel nicht benetzbar ist und daß sich daran die
vom Schmiermittel benetzbaren und damit Mischphasen bildenden Oberflächen anschließen.
7. Drehanoden-Röntgenröhre nach Anspruch 6,
dadurch gekennzeichnet, daß das Schmiermittel aus einer Galliumlegierung besteht und daß die unmittelbar
an das Spiralrillenlager angrenzenden Oberflächen mit Titanoxid-Karbid beschichtet
sind.