(19)
(11) EP 0 375 025 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.06.1990  Patentblatt  1990/26

(21) Anmeldenummer: 89203151.9

(22) Anmeldetag:  09.12.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C22C 21/08
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE ES FR GB IT SE

(30) Priorität: 20.12.1988 DE 3842812

(71) Anmelder: METALLGESELLSCHAFT Aktiengesellschaft
D-60015 Frankfurt (DE)

(72) Erfinder:
  • Schmid, Eberhard, Dr.
    D-8755 Alzenau (DE)
  • Rühle, Manfred, Dr.
    D-6053 Obertshausen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Gussleichtwerkstoff


    (57) Für die Herstellung von Formkörpern mit verbesserter Warmfestigkeit, Thermoschockfestigkeit und Dauerschwingfestigkeit eignet sich ein Gußleichtwerkstoff auf der Basis von Aluminium mit einem Zusatz von 5 bis 25 Masse-% Magnesiumsilizid.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft einen gegossenen Gußleichtwerkstoff auf der Basis von Aluminium.

    [0002] Im Brennkraftmaschinenbau haben die aktuellen Entwicklungen - Steigerung der Zünddrücke und thermische Isolation des Brennraums im Hinblick auf einen reduzierten Kraftstoffverbrauch und eine verminderte Schadstoffemission - gravierende Auswirkungen auf die verwendeten Leichtwerkstoffe auf Aluminiumbasis, deren Tragfähigkeit ergänzend zu konstruktiven Maßnahmen erhöht werden muß.

    [0003] Herkömmliche Gußleichtwerkstoffe auf der Basis von Aluminium, wie z.B. Aluminium-Silizium-Kolbenlegierungen, sind in zahlreichen Fällen an den Grenzen ihrer Tragfähigkeit angelangt, da sie oberhalb einer Temperatur von ca. 300°C kaum noch über längere Zeit höhere mechanische und thermische Belastungen ertragen können.

    [0004] Durch Preßgießen, bei dem die in die Gießform gefüllte Schmelze unter hohem Druck von über 1000 bar zur Erstarrung gebracht wird, kann durch das dabei erzielte feine Gefüge die Temperaturwechselbeständigkeit von Aluminium-Silizium-Legierungen zwar leicht aber nicht ausreichend erhöht werden (Z. Metall 30, 1976, S. 46-54).

    [0005] Eine vergleichsweise höhere mechanische und thermische Belastbarkeit besitzen Aluminium-Silizium-Legierungen, deren Matrix durch z.B. 20 Vol.-% Fasern, wie aus Al₂O₃, Kohlenstoff, Stahl und dergleichen, oder Whiskern, wie aus SiC oder dergleichen, verstärkt ist. Das Preßgießverfahren eignet sich in hervorragender Weise zur Herstellung von solchen Faserverbundwerkstoffen (Bader, M.G.: Alumina-fibre reinforced aluminum alloy castings for automotive applications, Proc. of the Int. Ass. for Vehicle Design, Vol. 2, 1984). Faserverbundwerkstoffe sind jedoch im Hinblick auf ihre Herstellung vergleichsweise aufwendig.

    [0006] Keramische Werkstoffe versprechen wesentlich verbesserte Hochtemperaturfestigkeit und günstigeres Korrosionsverhalten. Die Massenherstellung komplizierter keramischer Bauteile, wie z.B. monolithischer Kolben oder Turbinenschaufeln, ist jedoch noch ein ungelöstes Problem. Ferner sind die Einsatzmöglichkeiten von Keramik im Brennkraftmaschinenbau wegen ihrer großen Empfindlichkeit gegenüber Kerben, mechanischen Stößen und thermischer Wechselbeanspruchung von vornherein begrenzt. Darüber hinaus erhöhen sie in unerwünschtem Maße das Gewicht, sind nur mit einem erheblichen Aufwand formbar und ihre Herstellung ist mit beachtlichen Kosten verbunden.

    [0007] Werkstoffe auf der Basis intermetallischer Phasen vereinigen in sich metallische und keramische Eigenschaften, wie z.B. eine gute thermische Leitfähigkeit, eine hohe Schmelztemperatur und teilweise befriedigende Duktilität, so daß sie als geeignet erscheinen, den Bereich zwischen den konventionellen metallischen Leichtwerkstoffen auf der Basis von Aluminium und den hochtemperaturfesten, aber spröden Keramiken auszufüllen. Das betrifft insbesondere Gasturbinen und Brennkraftmaschinen, bei denen verbesserte Werkstoffe eine Erhöhung der Betriebstemperaturen und damit des thermischen Wirkungsgrades ermöglichen.

    [0008] Der Einsatz von intermetallischen Phasen hat bei Leichtmetallkolben aus Aluminium-Silizium-Legierungen insoweit Anwendung gefunden, als diese über Lichtbogenschweißung im Bereich der ersten Kolbenringnut ausgeschieden werden, wenn ein Teil des Grundwerkstoffs aufgeschmolzen und mit Nickel- oder Kupferwerkstoffen vermischt wird. Harte intermetallische Phasen und primär Silizium sind in eine stark übersättigte Matrix aus Aluminium-Mischkristall eingebettet, wodurch sich eine hohe Verschleißbeständigkeit ergibt (US-A-4 562 327).

    [0009] In der DE-A-3 702 721 ist für die Herstellung von Formkörpern hoher Warmfestigkeit eine intermetallische-Phasen-Legierung auf der Basis von Magnesiumsilizid vorgesehen, der bis zu 42 Gew.-% Aluminium und/oder bis zu 22 Gew.-% Silizium zugesetzt sein können. Die optimale Zusammensetzung dieser Legierung ist durch eine Fläche im Dreistoffsystem Aluminium-Magnesium-Silizium durch die eutektische Rinne, den quasibinären Schnitt und durch 42 Gew.-% Aluminium begrenzt. Der Nachteil eines solchen Guß-Leichtwerkstoffs besteht in einer nicht immer vermeidbaren Gasporosität, die beim Erstarren der Restschmelze im Gußkörper auftritt und auf die in der Schmelze gelösten Gase, die bei der Erstarrung infolge der rücklaufenden Löslichkeit freiwerden, zurückzuführen ist.

    [0010] Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen Gußleichtwerkstoff auf Aluminiumbasis zu schaffen, der unter ähnlichen Gießbedingungen wie eine herkömmliche Aluminiumkolbenlegierung, beispielsweise des Typs AlSi12CuNiMg, d.h. bei Temperaturen von 700 bis 750°C vergießbar ist, der eine Liquidustemperatur von 560 bis 700°C und eine Solidustemperatur von 550 bis 600°C besitzt und der einen thermischen Ausdehnungskoeffizienten von < 20 · 10⁻⁶K⁻¹ aufweist.

    [0011] Gelöst ist diese Aufgabe durch einen Gußleichtwerkstoff auf Aluminiumbasis mit einem Zusatz von 5 bis 25 Masse-% Magnesiumsilizid. Dieser Leichtwerkstoff enthält gefügemäßig primär Magnesiumsilizid und besteht als Rest aus binärem Al-Mg₂Si-Eutektikum bzw. ternärem Al-Mg₂Si-Si-Eutektikum.

    [0012] In L.F. Mondolfo, Aluminum Alloys: Structure and Properties, London 1976, S. 787, ist zwar erwähnt, daß Aluminiumlegierungen Magnesiumsilizid bis etwa 2 Masse-% enthalten können..Oberhalb dieser Grenze lassen sich solche Aluminiumlegierungen nicht mehr umformen. Über Gußleichtwerkstoffe mit einem Zusatz an Mg₂Si wird in dieser Druckschrift nicht berichtet.

    [0013] Im Hinblick auf eine verbesserte Duktilität kann der erfindungsgemäße Leichtwerkstoff durch einen Zusatz von bis zu 12 Masse-%, vorzugsweise 0,5 bis 10 Masse-% Silizium korngefeint werden, wobei allerdings kein primäres Silizium auftreten darf.

    [0014] Das Silizium ist nach einem weiteren Erfindungsmerkmal ganz oder teilweise durch bis zu 15 Masse-%, vorzugsweise 5 bis 12 Masse-% Magnesium ersetzbar.

    [0015] Eine vorzugsweise Zusammensetzung des Leichtwerkstoffs auf Aluminiumbasis besteht im Dreistoffsystem Aluminium-Magnesium-Silizium in einer beidseitig des quasibinären Schnitts Al/Mg₂Si liegenden Fläche, die durch die Liquidustemperatur von < 700°C und den Primärerstarrungsbereich von Magnesiumsilizid begrenzt ist.

    [0016] Durch den Zusatz von bis zu 5 Masse-%, vorzugsweise 0,05 bis 2 Masse-% eines oder mehrerer der Elemente Mangan, Kupfer, Nickel und Kobalt kann die Aushärtung des Leichtwerkstoffs erheblich beschleunigt werden.

    [0017] Die Herstellung des erfindungsgemäßen Leichtwerkstoffs auf Aluminiumbasis erfolgt mittels üblicher Gießverfahren, indem entweder eine Aluminiumschmelze mit Magnesiumsilizid chargiert wird oder Magnesium und Silizium getrennt der Schmelze zugegeben werden.

    [0018] Die mit der Erfindung erzielten Eigenschaften sind in der nachfolgenden Tabelle den Eigenschaften einer Aluminiumkolbenlegierung des Typs G-AlSi12CuMgNi gegenübergestellt. Dabei zeigt sich, daß der thermische Ausdehnungskoeffizient mit 19,8 · 10⁻⁶K⁻¹ bei einem Leichtwerkstoff der Zusammensetzung Al80-Mg₂Si20 niedriger ist. Der Wert für die Wärmeleitfähigkeit mit 173 W/mK liegt deutlich über dem Wert der Wärmeleitfähigkeit für die herkömmliche Kolbenlegierung. Die Dichte des Leichtwerkstoffs ist auf etwa 2,51 g/cm³ reduziert, während die durch den E-Modul charakterisierte Steifigkeit des Leichtwerkstoffs auf 83 GPa zunimmt. Die übrigen mechanischen Festigkeitswerte können durch das Gefüge und die Wärmebehandlung beeinflußt werden.
    Eigenschaften G-AlSi12CuMgNi Al mit 20 Masse-% Mg₂Si
    thermischer Ausdehnungskoeffizient (10⁻⁶K⁻¹) 20,5 - 21,5 19,8
    Wärmeleitfähigkeit (Wm⁻¹K⁻¹) 155 173
    Dichte (g/cm³) 2,70 2,51
    E-Modul (GPa) 78 83


    [0019] Bei dem in der Zeichnung wiedergegebenen Dreistoffsystem Aluminium-Magnesium-Silizium ist die für eine technologische Verwendung als Kolbenwerkstoff besonders interessante Zusammensetzung des Leichtwerkstoffs auf der Basis von Aluminium durch eine schraffierte, beidseitig des quasibinären Schnitts Al/Mg₂Si liegende Fläche dargestellt, die durch die Liquidustemperatur von < 700°C und den Primärerstarrungsbereich von Magnesiumsilizid begrenzt ist.


    Ansprüche

    1. Gußleichtwerkstoff auf der Basis von Aluminium mit einem Zusatz von 5 bis 25 Masse-% Magnesiumsilizid.
     
    2. Gußleichtwerkstoff nach Anspruch 1, enthaltend bis zu 12 Masse-%, vorzugsweise 1 bis 10 Masse-% Silizium.
     
    3. Gußleichtwerkstoff nach Anspruch 1 und/oder 2, enthaltend bis zu 15 Masse-%, vorzugsweise 5 bis 12 Masse-% Magnesium.
     
    4. Gußleichtwerkstoff nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, enthaltend bis zu 5 Masse-%, vorzugsweise 0,05 bis 2 Masse-% eines oder mehrerer der Elemente Mangan, Kupfer, Nickel und Kobalt.
     
    5. Gußleichtwerkstoff nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, gekennzeichnet durch eine Zusammensetzung, deren im Dreistoffsystem Aluminium-Magnesium-Silizium beidseitig des quasibinären Schnitts Al/Mg₂Si liegende Fläche durch die Liquidustemperatur von < 700°C und den Primärerstarrungsbereich von Magnesiumsilizid begrenzt ist.
     
    6. Gußleichtwerkstoff nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, verwendbar für die Herstellung von Formkörpern mit verbesserter Warmfestigkeit, Thermoschockfestigkeit und Dauerschwingfestigkeit.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht