[0001] Gegenstand der Erfindung ist ein einfaches Verfahren zur Isolierung eines Thrombinpräparates
hoher spezifischer Aktivität und hoher Ausbeute aus Faktor II enthaltendem Plasma
oder Plasmafraktionen.
[0002] Die Plasmaprotease Thrombin ist ein multifunktionelles Enzym, das spezifisch mit
Proteinen und Zellen reagieren kann. Eine der Hauptfunktionen von Thrombin in Blutplasma
ist die Umwandlung von löslichem Fibrinogen in unlösliches Fibrin in dem letzten Schritt
in der Blutgerinnungskaskade. Daneben kann Thrombin auch mit den Gerinnungsfaktoren
V, VII, IX, XIII und Protein C reagieren und diese aktivieren. Thrombin reagiert ausserdem
spezifisch mit Blutplättchen und Endothelzellen und ist in der Lage, Fibroblasten
mitogen zu stimulieren. In der Therapie wird Thrombin z.B. zusammen mit Fibrinogen
und Faktor XIII in den sogenannten Fibrinklebern zur gezielten Klebung von Verletzungen
von Organen, Knochen und Gefässen eingesetzt. Daneben wird Thrombin auch alleine verwendet,
z.B. zur Stillung flächenhafter Sickerblutungen oder bei Blutungen in Hohlorganen.
[0003] Für alle klinischen Anwendungen, sei es in der Therapie oder der Diagnostik, ist
eine hohe Reinheit des Thrombins erforderlich, um unerwünschte Nebeneffekte, z.B.
durch andere Proteasen oder Gerinnungsfaktoren, auszuschliessen. In der Literatur
sind bisher mehrere Präparationsmethoden für hochgereinigtes Thrombin beschrieben
worden. Üblicherweise gehen die beschriebenen Methoden von partiell gereinigtem
Thrombin oder von Prothrombinkomplex-Konzentraten aus. Der Hauptanteil der Arbeiten
zur Darstellung einer reinen Thrombin-Präparation besteht deshalb in der Herstellung
dieser Ausgangsprodukte, während dann die Hochreinigung des Thrombins in ein bis
zwei chromatographischen Schritten durchgeführt werden kann. Die spezifische Aktivität
des Thrombins im Ausgangsmaterial für diese chromatographische Hochreinigung war
bisher von der Reinheit des Faktors II vor der Aktivierung zu Thrombin abhängig und
lag zwischen 20-250 NIH-E/mg Protein [Zur Übersicht: Machovich R. (Ed.), Boca Raton:
Thrombin Vol. 1, S.1-160 (1984)].
[0004] Nach dem Stand der Technik war es bis heute nicht möglich, Thrombin mit einem einfachen
einstufigen Verfahren mit hoher Ausbeute aus Plasma zu isolieren. Das Standardverfahren
zur Herstellung eines Thrombin-Konzentrates besteht zur Zeit aus der Adsorption der
PPSB-Faktoren II, VII, IX und X aus plasma mit einem DEAE-Träger, der Elution von
Faktor II und der anschliessenden Aktivierung des Faktor II zu Thrombin mit anschliessender
Weiteraufreinigung. Die Ausbeuten für Faktor II bei dem ersten Schritt dieses Verfahrens
liegen bei 40-60% der Ausgangsaktivität im Plasma. Nach der Aktivierung des Faktors
II und der weiteren Aufreinigung des Thrombins liegen die Ausbeuten, abhängig von
den verwendeten Verfahren, bei 20-40 NIH-E Thrombin pro Einheit Faktor II im Ausgangsplasma
und damit bei rund 20000 bis 40000 NIH-E Thrombin pro Liter Plasma.
[0005] Die bisher bekannten Methoden der Isolierung von Thrombin aus Plasma konnten auf
eine vorherige Präparation des Faktor II nicht verzichten, da eine Aktivierung des
Faktor II im Plasma zu einer Gerinnung des Fibrinogens zu Fibrin führt und damit gleichzeitig
aus Plasma Serum gebildet wird. Abgesehen von Verlusten von Thrombin durch Adsorption
an das Fibrin wäre die Weiteraufarbeitung des Serums zu anderen Gerinnungsfaktoren
oder den anderen therapeutisch nutzbaren Plasmaproteinen erschwert bzw. unmöglich.
Im Sinne einer optimalen Ausnutzung des wertvollen Rohstoffs Humanplasma ist es aber
gerade geboten, nur solche Präparationsmethoden anzuwenden, die die Reinigungsverfahren
für andere Plasmaproteine möglichst wenig beeinflussen.
[0006] Der vorliegenden Erfindung lag danach die Aufgabe zugrunde, ein einfaches Verfahren
zur Isolierung von Thrombin aus Plasma mit hoher spezifischer Aktivität und hoher
Ausbeute zu finden.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss dadurch gelöst, dass man den Faktor II aus Plasma
oder Plasmafraktionen an einen festen Träger adsorbiert, den Faktor II anschliessend
auf der Matrix zu Thrombin aktiviert und spezifisch eluiert.
[0007] Überraschenderweise wurde gefunden, dass man durch die Aktivierung des auf der Matrix
adsorbierten Faktor II zu Thrombin diesen mit einer höheren Ausbeute und mit einer
wesentlich höheren Reinheit gewinnen kann, als wenn man den Faktor II erst eluiert,
dann zu Thrombin aktiviert und anschliessend weiter aufreinigt.
Die durch dieses Verfahren erreichbaren Ausbeuten liegen bei 70-90 NIH-E Thrombin
pro eingesetzter Einheit Faktor II und damit bei 70000 bis 90000 NIH-E Thrombin pro
Liter Ausgangsplasma bei einer spezifischen Aktivität von 800-1400 NIH-E pro mg Protein.
[0008] Das erfindungsgemässe Verfahren zur Isolierung von Thrombin aus Plasma lässt sich
hervorragend in die bisherigen Fraktionierschemata einpassen, da diese meist einen
Schritt zur Adsorption der PPSB-Faktoren aus Plasma enthalten. Der Unterschied zur
Isolierung der PPSB-Faktoren besteht hier in den unterschiedlichen Elutionsbedingungen
für das Adsorbents.
[0009] Ein erfindungsgemässes Präparat kann auf folgendem Wege hergestellt werden:
Eine Faktor II-haltige Lösung, vorzugsweise Humanplasma oder eine Plasmafraktion,
wird an eine Matrix, vorzugsweise einen Anionenaustauscher oder einen Affinitätsträger,
adsorbiert. Die Adsorption erfolgt unter an sich bekannten und dem Stand der Technik
entsprechenden Bedingungen, z.B. niedriger Ionenstärke von 10 mS bis 150 mS und einem
pH von 6,0 bis 8,5 bei der Verwendung von Fraktogel DEAE-TSK (Merck, Darmstadt).
Nicht gebundene Proteine werden mit einem Citrat-Puffer und dann das Citrat, welches
die Aktivierung stören würde, mit einer niedermolekularen Kochsalzlösung von der Matrix
gewaschen. Zur Elution wird ein Puffer auf die Matrix aufgebracht, der einen Aktivator
für Faktor II, z.B. Ca²⁺-Ionen, Ca²⁺-Ionen und Thromboplastin oder Faktor Xa, enthält.
Vorzugsweise wird der Faktor II nur mit Ca²⁺-Ionen zu Thrombin aktiviert, indem man
die Matrix für 10 Minuten bis 5 Stunden mit einer Ca²⁺-Ionenlösung mit einer Konzentration
von vorzugsweise 20 bis 30 mM Ca eluiert. Eine besonders hohe Anreicherung des Thrombins
kann durch das Inkubieren der Säule mit einer Ca²⁺-Ionenlösung für 10 Minuten bis
5 Stunden und anschliessendem Eluieren erreicht werden.
[0010] Die Fraktionen mit einer spezifischen Aktivität von mehr als 400 NIH-E pro mg Protein
werden gepoolt. Die Thrombinaktivität wird dabei über die Umwandlung von Fibrinogen
zu Fibrin (R.L. Lundblad, Biochemistry 10 (13), 2501-2506, 1971) und durch die Umsetzung
eines chromogenen Substrates (Chromozym TH, Boehringer) bestimmt. Der Proteingehalt
der Fraktionen wird nach der Methode von Bradford (M.M.Bradford, Anal. Biochem. 72,
248-254, 1976) gemessen. Die Thrombinfraktion wird durch an sich bekannte Massnahmen,
wie z.B. Ultrafiltration, auf einen Thrombingehalt von mehr als 100 NIH-E pro ml konzentriert
und sterilfiltriert. Die spezifische Aktivität liegt üblicherweise bei rund 800 bis
1400 NIH-E pro mg Protein.
Wird eine noch höhere Reinheit gewünscht, kann durch eine direkte Adsorption der von
der Matrix eluierten Thrombinlösung an einen Kationenaustauscher, wie z.B. SP-Trisacryl
(IBF), Fraktogel TSK-Sulfat (Merck) oder SP-Sephadex C50 (Pharmacia) die spezifische
Aktivität des Thrombins leicht auf über 2000 NIH-E pro mg Protein gesteigert werden.
[0011] Vor oder nach der Isolierung des Thrombins aus Plasma oder Plasmafraktionen kann
eine Sterilisationsmassnahme zur Inaktivierung humanpathogener Viren, wie Hepatitis
Non A NonB oder HIV, z.B. durch Behandlung mit β-Propiolacton/UV-Strahlung, durch
Behandlung mit Tri-n-butylphosphat/Detergens oder durch Erhitzen durchgeführt werden.
[0012] Die folgenden Beispiele erläutern das erfindungsgemässe Verfahren weiter.
Beispiel 1
[0013] Eine 50 ml Säule mit Fraktogel TSK-DEAE wurde mit 10 mM Citrat, pH 7,0, equilibriert.
1000 ml Citrat-Plasma wurden mit einer Flussrate von 750 ml/h auf die Säule aufgetragen.
Anschliessend wurde das Gel mit 100 ml 10 mM Citrat und mit 100 ml 75 mM NaCl gespült.
Das Thrombin wurde mit 25 mM CaCl₂ bei einer Flussrate von 100 ml/h für 4 h eluiert.
Die spezifische Aktivität des Thrombin-Eluates lag bei 1000 NIH-Einheiten pro mg Protein.
Aus 1000 ml Plasma, das 1040 Einheiten Faktor II enthielt, konnten 90500 NIH-E Thrombin
gewonnen werden. Dies entspricht einer Ausbeute von 87 NIH-E Thrombin pro Einheit
Faktor II im Ausgangsplasma.
Beispiel 2
[0014] Jeweils 1000 ml Citrat-Plasma wurden analog zum Beispiel 1 über verschiedene Träger
chromatographiert. Die Ergebnisse sind in der Tabelle wiedergegeben:
Tabelle
Träger |
spez. Akt. (NIH-E-Thrombin/mg Protein) |
Gesamtausbeute Thrombin (NIH-E) |
DEAE-Sephadex A50 |
246 |
85300 |
QA-Trisacryl LS |
863 |
63000 |
DEAE-Trisacryl LS |
950 |
91000 |
Fraktogel TSK-Amino |
1400 |
86900 |
Beispiel 3
[0015] 1000 ml Kryo-poor Plasma wurden analog zu Beispiel 1 über Fraktogel TSK-DEAE chromatographiert.
[0016] Die spezifische Aktivität des Thrombin-Eluates lag bei 950 NIH-Einheiten pro mg Protein
bei einer Gesamtausbeute von 72600 NIH-Einheiten Thrombin.
Beispiel 4
[0017] 100 ml Thrombin-Eluat aus Beispiel 1 wurden sofort auf eine 15 ml Säule mit dem Kationenaustauscher
Fraktogel TSK-Sul fat aufgetragen, die vorher mit 50 mM NaCl equilibriert wurde.
Das Gel wurde mit 50 ml 50 mM NaCl und mit 100 ml 75 mM Phosphat-Puffer, pH 6,5, gewaschen.
Das Thrombin wurde dann mit 250 mM Phosphat-Puffer, pH 6,5, eluiert.
Die Ausbeute bei diesem Versuch betrug 86%, bezogen auf das Ausgangseluat, und 78000
NIH-E Thrombin, bezogen auf einen Liter Ausgangsplasma. Die spezifische Aktivität
des Thrombins konnte auf 2400 NIH-E/mg Protein gesteigert werden.
1. Verfahren zur Isolierung von Thrombin aus Faktor II-haltigen Lösungen, dadurch
gekennzeichnet, dass der Faktor II an einen festen Träger mit geringerer Affinität
für Thrombin als für Faktor II adsorbiert, der Faktor II auf der Matrix zu Thrombin
aktiviert und dieses anschliessend eluiert wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als fester Träger ein Anionenaustauscher
verwendet wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als fester Träger ein Affinitätsträger
für Faktor II verwendet wird.
4. Verfahren nach Anspruch l oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass man als festen
Träger DEAE-Gruppen oder QAE-Gruppen tragende Polymere vom Typ eines Copolymerisates
von Glycidylmethacrylat, Pentaerythrol-Dimethacrylat und Polyvinylalkohol oder vom
Typ eines Copolymerisates von N-Acryloyl-2-amino-2-hydroxymethyl-1,3-propandiol oder
Polymere aus Kohlehydraten verwendet.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man als festen Träger eine
2-Hydroxy-Aminopropyl-Gruppen tragende Matrix verwendet.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass man als 2-Hydroxy-Aminopropyl-Gruppen
tragende Matrix Polymere vom Typ eines Copolymerisates von Glycidylmethacrylat, Pentaerythrol-Dimethacrylat
und Polyvinylalkohol verwendet.
7. Verfahren nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass man den Faktor II
auf der Matrix mit Calcium-Ionen aktiviert.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass man den Faktor II auf der
Matrix mit Calcium-Ionen in einer Konzentration von 20 bis 30 mM aktiviert.
9. Verfahren nach Anspruch 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Faktor II-haltige
Lösung Plasma, eine Plasmafraktion oder Kulturmedium von Faktor II synthetisierenden
Zellen ist.
10. Verfahren nach Anspruch 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass man die Faktor
II-haltige Lösung Vor der Adsorption an den Träger oder die Thrombinlösung nach der
Elution einem virusinaktivierenden Schritt unterzieht.