(19)
(11) EP 0 379 224 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.07.1990  Patentblatt  1990/30

(21) Anmeldenummer: 90101117.1

(22) Anmeldetag:  19.01.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5H05H 7/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH FR IT LI

(30) Priorität: 20.01.1989 DE 3901554

(71) Anmelder: DORNIER GMBH
D-88004 Friedrichshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Stoop, Erwin, Dipl.-Ing.;
    D-7997 Immenstaad (DE)
  • Broden, Günter, Dipl.-Ing.;
    D-7759 Hagnau (DE)

(74) Vertreter: Landsmann, Ralf, Dipl.-Ing. 
Dornier GmbH FNS 003
88039 Friedrichshafen
88039 Friedrichshafen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Direktgekühlte supraleitende Cavity


    (57) Die Erfindung betrifft eine supraleitende Cavity, bei der eine dünnwandige Innenschale von einer wellenförmigen Aussenschale oder von Ringen umgeben ist, wobei die Innenschale (2, 4) gestützt wird und durch die Wellenform ausreichende Flexibilität zum frequenzmässigen Nachtunen der Cavity gegeben sind. In die Wellentäler zwischen Innenschale und Aussenschale ist über Zuleitungen zugeführtes Kühlmittel vorgesehen.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine supraleitende Cavity aus einer dünnwandigen Innenschale und einer aussenliegenden Stütz- und Kühlschale.

    [0002] In der Hochenergiephysik werden supraleitende Beschleuniger eingesetzt, die mit flüssigem Helium auf 2 - 4° K gekühlt werden. Als supraleitender Werkstoff wird hierbei reines Niob verwendet. Niob ist sehr teuer, ein schlechter Wärme­leiter und hat eine niedrige Festigkeit.

    [0003] Als "Cavities" werden allgemein Hohlraum-Rsonatoren für Elektronen- oder Protonenbeschleunigungsanlagen bezeichnet. Sie werden mit einem Hochfrequenz-Wechselfeld gespeist und dienen der schrittweisen Beschleunigung von Teilchen, wie beispielsweise Elektronen, Positronen oder Protonen, bis zum Erreichen ihrer vorgesehenen Kollisionsenergie.
    Die Cavities bekannter Art sind aus miteinander verschweiss­ten Niob- oder Kupferschalen aufgebaut. Jeweils benachbarte Schalen sind mit ihrem grösseren beziehungsweise mit ihrem kleineren Durchmesser miteinander verschweisst, so dass ins­gesamt ein Hohlraum mit sich periodisch vergrösserndem und verkleinerndem Durchmesser entsteht.
    Bereits seit einigen Jahren wird Niob als Material für supraleitende Cavities zur Teilchenbeschleunigung einge­setzt. Dabei liegt die Sprungtemperatur von Niob bei 9.25°K, unterhalb dieser Temperatur ist Niob supraleitend, sein elektrischer Widerstand ist 10⁶ mal kleiner als der Wider­stand von Kupfer.
    In der Technik sind fünf Bauartvarianten für supraleitende Cavities bekannt:

    1. Cavities aus reinem Niob, aus dem Vollen gearbeitet oder aus Blech, eingebaut in einen Flüssig-Helium-Tank.

    2. Cavities aus reinem Niob, mit einer auf der Aussenhaut aufgebrachten Silberschicht und aufgelöteten Kühlrohren aus Kupfer (DESY).

    3. Cavities aus Kupfer, mit einer auf der Innenseite auf­gesputterten dünnen Niob-Schicht, eingebaut in einen Flüssig-Helium-Tank (CERN).

    4. Cavities aus einer dickwandigen Kupferschale und einem darin heliumdicht befestigten dünnen Niob-Blech, wobei in der Kupferschale Kühlkanäle eingebracht sind.

    5. Cavities aus sprengverschweisstem Niob und Kupfer. Auf die Kupferschale werden Kühlrohre aufgeschweisst.



    [0004] Bei der ersten Bauart wird neben der teuren Niob-Cavity noch zusätzlich eine grosse Menge Helium benötigt. Die Helium­menge konnte bei der zweiten Bauart erheblich reduziert werden, aber die Kosten der Niob-Cavity erhöhen sich durch die aufgetragene Silberschicht. Bei der dritten Bauart ist die Cavity billiger, jedoch muss die Qualität der Sputter­schicht noch optimiert werden und die erforderliche Helium­menge ist wiederum gross. Die vierte und fünfte Bauart spart bereits grosse Mengen an Helium ein und durch die Verwendung der dünnen Niob-Bleche ist auch der Kostenfaktor für Niob niedrig, jedoch lässt sich durch die dickwandige Kupfer­schale die Frequenznachstimmung der Cavity nicht oder nur erschwert durchführen.

    [0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine supraleitende Davity aufzuzeigen, die bei Verwendung von möglichst gerin­gen Mengen an Niob und Helium eine gute Frequenzabstimmung ermöglicht, wobei ausreichende Kühlung und Festigkeit ge­währleistet sind.

    [0006] Diese Aufgabe wir durch die Cavity nach Anspruch 1 gelöst. Ausgestaltungen sind Bestandteile von Unteransprüchen.

    [0007] Auf eine Innenschale in der vorgegebenen Form der Cavity wird eine äussere Schale aufgebracht, die die innere Schale vollständig einschliesst. Die innere Schale ist aus einem supraleitenden Material wie beispielsweise Niob hergestellt oder aber sie besteht aus einem normalleitenden Werkstoff, der mit einer supraleitenden Beschichtung versehen ist. Um dieser inneren Schale Kühlung und Stabilität zu verleihen, wird eine gewellte äussere Schale an der inneren Schale be­festigt. Durch die Wellenform der äusseren Schale ergeben sich mehrere Vorteile. Zwischen den einzelnen Wellen der Schale kann eine Kühlflüssigkeit eingeleitet werden. Eben­falls dient die stabilere Aussenschale zur Stützung der dünneren inneren Schale und durch die erfindungsgemässe Wellenform ist trotz der Stabilität der äusseren Schale ein Frequenznachtunen der Gesamtcavity durch Aufbringung von axialen Druck- oder Zugkräften möglich.

    [0008] Statt einer zusammengehörigen Aussenschale können auch mehrere gewellte Ringe vorgesehen sein, die nebeneinander an der inneren Schale angebracht sind. Auch durch diese ge­wellten Ringe lässt sich die Kühlflüssigkeit, beispielsweise Helium, leiten. Dazu sind an den Ringen oder an der Schale Vorrichtungen zur Zu- und Abführung des Kühlmittels vorge­sehen und die Verbindung zwischen Innen- und Aussenschale ist heliumdicht.

    [0009] Als Werkstoff für die äussere Schale oder die äusseren Ringe ist vorwiegend Niob vorgesehen. Statt Niob ist aber auch beispielsweise Edelstahl oder Kupfer anwendbar. Kupfer be­sitzt eine ausreichende Festigkeit und eine ausgezeichnete Wärmeleitfähigkeit. Nach dem verwendetem Werkstoff richtet sich die Befestigungstechnik, mit der innere Schale und äussere Schale oder äusserer Ring miteinander verbunden werden.
    Durch den Aufbau aus dünner Innerschale und aus gedrückten Blechen oder aus geometrisch einfachen Ringen für die äus­sere Schale ist eine kostengünstige Herstellung der erfin­dungsgemässen Verbundcavity gegeben. Gegenüber Druckschwan­kungen in der Versorgung mit Kühlmittel ist die Cavity un­empfindlich, die einmal eingestellten Frequenzwerte werden beispielsweise durch Druckschwankungen in einer Helium-Ver­sorgung nicht beeinflusst.

    [0010] Die zum Tunen, also zum Feineinstellen der Frequenz der Cavity, vorzunehmenden axialen Druck- oder Zugbeaufschla­gungen zeigen eine nahezu lineare Abhängigkeit der Länge von der Druckkraft. Die zwischen Innen- und Aussenschale erreichte Verbindungsfestigkeit übersteigt die Festigkeit des Kupfers. Eine Trennung von Niob und Kupfer ist ohne Zerstörung der Cavity nicht möglich.

    [0011] Die Erfindung wird anhand von Figuren näher erläutert.

    [0012] Es zeigen:

    Figur 1 den Schnitt durch eine Cavity-Anordnung mit erfindungsgemässem Aufbau,

    Figur 2a bis i verschiedene Befestigungsvariationen der Schalen.



    [0013] Die Figur 1 zeigt den senkrechten Schnitt durch zwei Cavity-­Halbschalen 2 und 4. Im Punkt 5 sind die beiden Halbschalen 2 und 4 miteinander verbunden. Jede Halbschale 2 und 4, die die Innenschalen bilden, besitzen aussen zwei weitere Halb­schalen 6 und 8, die wellenförmig gebogen sind. Die Schalen 6 und 8 sind fest mit den Innenschalen 2 und 4 verbunden. In den Bereichen, in denen die Innenschalen 2 und 4 mitein­ander verbunden sind, sind auch die äusseren Schalen über einen Zwischenring 10 verbunden. Ebenso sind die Innenschalen an der Stelle mit engstem Durchmesser mit der nächsten
    Cavity in entsprechender Form verbunden. An diesen Stellen sind auch die Aussenschalen wiederum über Zwischenringe 14 mit der jeweils nächsten Aussenschale verbunden. In den Räumen 12 zwischen Aussenschalen und Innenschalen befindet sich das Kühlmittel, das über hier nicht gezeigte Verbin­dungsleitungen zu- und abgeführt wird. Die kreisförmig um­laufende Naht 16 zeigt die Verbindungsstelle zwischen zwei Halbschalen an deren grösstem Durchmesser.

    [0014] Die verschiedenen Verbindungsmöglichkeiten zwischen Innen­schale und Aussenschale, die beide jeweils auch aus ver­schiedenen Materialien bestehen können, zeigt die Figur 2. In Figur 2a ist eine Kupfer-Aussenschale mit einer Niob-­Innenschale über eine Lötfläche verbunden.
    In Figur 2b besteht die Aussenschale aus Edelstahl und die Innenschale aus Niob. Zwischen beiden Schalen wird ein Kupferring zwischengelötet.
    In Figur 2c ist zwischen einer Kupfer-Aussenschale und einer Niob-Innenschale ein mit einer Vertiefung versehener Kupfer­ring vorgesehen, der mit der Kupfer-Aussenschale elektronen­ ring angelötet, der wiederum mit der Niob-Innenschale elek­tronenstrahlverschweisst ist.
    In Figur 2d ist eine Kupfer-Aussenschale mit einer Kupfer-­Innenschale verlötet.
    Die Figur 2e zeigt eine Kupfer-Aussenschale und eine Kupfer-­Innenschale, die miteinander elektronenstrahlverschweisst sind.
    Entsprechendes zeigt Figur 2f für das Material Niob.
    In Figur 2g wird an eine Edelstahl-Aussenschale ein Edel­stahl-Ring mit Vertiefung angeschweisst. An diesen Edel­stahl- Ring wird ein Kupferring angelötet und an diesen Kupferring ein Niobring ebenfalls angelötet, der dann wiederum mit der Niob-Innenschale elektronenstrahlver­schweisst ist.
    Die Figur 2h zeigt eine Niob-Aussenschale und eine Niob-­Innenschale, die über einen zwischengelöteten Kupferring verbunden ist.
    In Figur 2i ist die Aussenschale durch einen Ring 20 er­setzt, der wellenförmig ausgebogen und mit der Innenschale 22 verbunden ist. Dabei sind alle Werkstoffkombinationen und Verbindungstechniken der Figuren 2a bis 2h möglich.
    Zur Zuleitung der Kühlmittel sind in den nach aussen liegen­den Wellenbergen der Aussenschale Bohrungen vorgesehen, die über Rohrleitungen mit einer Kühlmittelquelle verbunden sind.

    [0015] Die Erfindung verringert den Bedarf an teuren Materialien sowohl zur Herstellung als auch zum Betreiben der Cavity. Dennoch wird eine gute und ausreichende Kühlung erzielt und ausreichende Stabilität der Innenschale gewährleistet. Das Nachtunen der Frequenz der Cavity ist durch erfindungs­gemässen Aufbau in einfacher Weise möglich.


    Ansprüche

    1. Supraleitende Cavity mit dünnwandiger Innenschale und die Innenschale umgebender Aussenschale, da­durch gekennzeichnet, dass die Aussenschale eine wellenförmige Struktur aufweist, an den zur Innenschale liegenden Wellenbergen mit der Innenschale verbunden ist und Vorrichtungen zur Zu- und Abführung von Kühlmitteln in durch die Wellenform ge­bildete Räume zwischen Innenschale und Aussenschale vor­gesehen sind.
     
    2. Cavity nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Aussenschale aus einem wellenförmig gebogenen Teil besteht.
     
    3. Cavity nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Aussenschale mehrteilig und aus einzelnen Ringen aufgebaut ist.
     
    4. Cavity nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Aussenschale aus Niob und die Innenschale aus Niob besteht und beide miteinander verschweisst sind.
     
    5. Cavity nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Aussenschale aus Kupfer und die Innenschale aus Niob besteht und beide miteinander verlötet sind.
     
    6. Cavity nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Aussenschale aus Kupfer und die Innenschale aus Kupfer mit einer supraleitenden Beschichtung be­steht und beide Schalen miteinander verlötet sind.
     
    7. Cavity nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Aussenschale aus Kupfer und die Innenschale aus Kupfer mit einer supraleitenden Beschichtung be­steht und beide Schalen miteinader verschweisst sind.
     
    8. Cavity nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Aussenschale aus Niob und die Innenschale aus Niob besteht und beide miteinander über einen Zwischen­ring aus Kupfer verlötet sind.
     
    9. Cavity nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Aussenschale aus Edelstahl oder einem ähn­lichen Werkstoff und die Innenschale aus Niob besteht und beide über einen zwischengelegten Kupferring mit­einander verlötet sind.
     
    10. Cavity nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Aussenschale aus Kupfer und die Innenschale aus Niob besteht, die Aussenschale mit einem innen­liegenden Kupferring verschweisst ist, der Kupferring mit einem innenliegenden Niobring verlötet ist und der Niobring mit der Innenschale verschweisst ist.
     
    11. Cavity nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Aussenschale aus Edelstahl oder einem ähn­lichen Werkstoff und die Innenschale aus Niob besteht, wobei die Aussenschale mit einem innenliegenden Edel­ stahl-Ring mit einem innenliegenden Kupferring ver­schweisst ist, dieser Edelstahl-Ring mit einem innen­liegenden Kupferring verlötet ist, dieser Kupferring mit einem innenliegenden Niobring verlötet ist und dieser Niobring mit der Innenschale verschweisst ist.
     
    12. Cavity nach einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass zum Durchtritt des Kühlmittels zwischen einzelnen Wellentälern Verbindungskanäle in der Aussenschale vorgesehen sind.
     




    Zeichnung