(19)
(11) EP 0 384 174 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.08.1990  Patentblatt  1990/35

(21) Anmeldenummer: 90101969.5

(22) Anmeldetag:  01.02.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5B22D 11/16, B22D 11/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE DE ES FR GB IT SE

(30) Priorität: 23.02.1989 DE 3905516

(71) Anmelder: KM-KABELMETAL AKTIENGESELLSCHAFT
D-49074 Osnabrück (DE)

(72) Erfinder:
  • Krause, Andreas, Dr.-Ing.
    D-4500 Osnabrück (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Überwachung des Erstarrungsvorgangs beim kontinuierlichen Stranggiessen


    (57) Für einen störungsfreien Ablauf des Gießprozesses beim konti­nuierlichen Stranggießen werden möglichst genaue Angaben über die Lage und Ausdehnung der Erstarrungsfront (9) innerhalb der von einem elektromagnetischen Wanderfeld umgebenen Stranggießko­kille (1) benötigt.
    Das erfindungsgemäße Verfahren zur Überwachung des Erstar­rungsvorgangs verwendet die Signale von mindestens zwei kon­zentrisch um die Stranggießkokille (1) angeordneten Sensorspulen (8), die einem Meßumformer zugeführt und in geeigneter Weise ver­arbeitet werden. Besonders bevorzugt ist die Anordnung der Sensorspulen (8) innerhalb der das Wanderfeld erzeugenden Levi­tationsspule (6).


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.

    [0002] Ein auch als Aufwärtsstranggießen bezeichneter Gießprozeß, der die kontinuierliche Erzeugung von Metallsträngen aus der Schmelze gestattet, ist beispielsweise aus der DE-A-30 49 353 bekannt. Wesentlich für diesen Gießprozeß ist, daß ein be­stimmter Abschnitt einer wassergekühlten Kokille beziehungs­weise die sich im Innern der Kokille befindliche erstarrende Metallsäule konzentrisch von einer speziellen Induktionsspule, der sogenannten Levitationsspule, umgeben ist. Diese Levita­tionsspule besteht in der Regel aus einer größeren Anzahl, beispielsweise 6, übereinander angeordneter Wicklungsgruppen, die so miteinander gekoppelt sind, daß sich innerhalb der Levitationsspule ein aufwärts bewegendes elektromagnetisches Wechselfeld ausbildet, sobald die Levitationsspule von einer dreiphasigen Spannungsquelle erregt wird. Das Magnetfeld der Levitationsspule induziert in der Metallschmelze Wirbel­ströme. Die radiale und axiale Komponente der durch die Le­vitationsspule erzeugten magnetischen Induktion bewirken, daß auf das von den Wirbelströmen durchflossene flüssige oder bereits erstarrte Metall Kräfte in axialer Richtung (aufwärts) und in radialer Richtung erzeugt werden. Diese Kräfte sorgen dafür, daß der Druck der Schmelze und der Strangschale auf die Kokillenwand vermindert werden und so durch geringere Reibungskräfte eine Steigerung der Gießgeschwindigkeit er­zielt werden kann.

    [0003] Für den reibungslosen Ablauf des Gießprozesses ist es erfor­derlich, eventuelle Abweichungen von der Sollposition der Erstarrungsfront innerhalb der Stranggießkokille verfolgen zu können, um dann durch rechtzeitige Veränderung der Gieß­parameter darauf zu reagieren.

    [0004] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Meßver­fahren anzugeben, mit dem während des Gießprozesses auf ein­fache Weise und mit hinreichender Genauigkeit die Lage und Ausdehnung der Erstarrungsfront identifiziert werden kann.

    [0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß Si­gnale von konzentrisch um die Stranggießkokille angeordneten Sensorspulen einem Meßumformer zugeführt und ausgewertet wer­den. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.

    [0006] Der Erfindung liegt im wesentlichen die Erkenntnis zugrunde, daß die elektrische Leitfähigkeit von Metallen beim Übergang von dem schmelzflüssigen in den festen Zustand und mit abneh­mender Temperatur ansteigt. Bei reinen Metallen erhöht sich die elektrische Leitfähigkeit am Erstarrungspunkt sprunghaft auf einen deutlich höheren Wert als im schmelzflüssigen Zu­stand. Bei Legierungen erhöht sich die elektrische Leitfähig­keit ebenfalls deutlich in dem Temperaturbereich, bei dem Er­starrung der Metallegierung einsetzt.

    [0007] Die Temperatur der Schmelze nimmt aufgrund fortschreitendem Wärmeentzugs innerhalb der Stranggießkokille mit zunehmender Höhe ab. Abhängig von der jeweils erreichten Position erhöht sich auch der Anteil des erstarrten Metalls, bis schließlich die zentrale Metallsäule vollständig erstarrt ist. Entspre­chend der fortschreitenden Abkühlung des Metalls sowie der Änderung der Phasenanteile während der Erstarrung, ändert sich die Verteilung der elektrischen Leitfähigkeit spezifisch innerhalb der zentralen Metallsäule. Damit wird es möglich, jeder Querschnittsebene der Kokille senkrecht zur Bewegungs­richtung des Strangs eine charakteristische Leitfähigkeits­verteilung zuzuordnen.

    [0008] Als Folge der relativ hohen Gießgeschwindigkeit ist der Be­reich der Abkühlung und Erstarrung der Schmelze innerhalb der Kokille weit auseinandergezogen. Die Länge dieses Be­reichs beträgt beispielsweise beim Gießen von runden Voll­profilen ein Mehrfaches des Strangdurchmessers. Die Leit­fähigkeitsverteilung ändert sich also dementsprechend lang­sam über die Länge der Kokille. Ein wesentliches Merkmal des Aufwärtsstranggießens ist, daß nahezu die gesamte Kokillen­länge von einer Levitationsspule umgeben ist. Die Erreger­frequenz wird so gewählt, daß die Eindringtiefe des Magnet­felds und der Strangradius die gleiche Größenordnung aufwei­sen. Damit ist sichergestellt, daß der äußere Bereich des Strangquerschnitts, in dem die Erstarrung einsetzt und der für die Kontrolle des Gießprozesses von Interesse ist, in hinreichendem Ausmaß von dem Erregerfeld durchdrungen wird. Dabei wird von den Wirbel strömen ein Sekundärfeld erzeugt, das Informationen über die Leitfähigkeitsverteilung inner­halb der Metallsäule liefern kann.

    [0009] Die Stranggießkokille besteht beispielsweise aus einem rohr­förmigen Körper, um den ein Wärmetauscher ringförmig ange­ordnet ist. Da die Wände des Wärmetauschers und der Kokille relativ dünn sind und aus Materialien gefertigt werden, die bei hoher Wärmeleitfähigkeit das Magnetfeld der Levitations­spule möglichst wenig schwächen, wird auch das Sekundärfeld nur wenig abgeschwächt. Die konzentrisch um die zentrale Säule der Metallschmelze beziehungsweise des bereits erstarrten Me­talls angeordneten Sensorspulen liefern Signale (Meßspannungen) über das Sekundärfeld an einen Meßumformer. Nach entsprechen­der Auswertung dieser Signale ist es möglich, Aussagen über die Position und Ausdehung der Erstarrungsfront zu machen und den Erstarrungsverlauf während des Gießprozesses direkt zu kontrollieren. Schwankungen oder Veränderungen im Erstarrungs­verlauf, die sich im verstärkten Auftreten von Unregelmäßig­keiten im oberflächennahen Bereich des Strangquerschnitts bemerkbar machen können, werden somit bereits in einem Stadi­um erkannt, bevor der Strang den Austrittsbereich der Ko­kille erreicht.

    [0010] Mit besonderem Vorteil befinden sich die Sensorspulen inner­halb der Levitationsspule und außerhalb der Stranggießkokil­len. Die Wicklungen der Sensorspule besitzen dann einen Durch­messer, der zwischen dem Innendurchmesser der Levitations­spule und dem Außendurchmesser der Stranggießkokille liegt. Die Sensorspulen können jedoch auch in dem Raum zwischen Le­vitationsspule und Wärmetauscherwand oder in der Kokillen­auskleidung angeordnet sein.

    [0011] Vorzugsweise bestehen die Sensorspulen aus einer oder mehreren Windungen eines dünnen isolierten Drahts. In einer bevorzug­ten Ausführungsform wird der Draht spiralförmig in mehreren Windungen auf der Außenoberfläche der Wärmetauscheraußenwand in einer oder mehreren Schichten möglichst eng aufgewickelt. Die beiden Drahtenden jeder Sensorspule werden zu einem Meß­umformer geführt, der das an den Drahtenden während des Be­triebs auftretende Spannungssignal in geeigneter Weise ver­arbeitet.

    [0012] Die in jeder Sensorspule durch das Wechselfeld der Levita­tionsspule induzierte Spannung ist eine Funktion der Fre­quenz, der Stromstärke des die Levitationsspule durchflie­ßenden Stroms und der Leitfähigkeitsverteilung innerhalb der zentralen Metallsäule. Ferner ist die induzierte Spannung ab­hängig von der Geometrie von Sensorspulen und Levitations­spule sowie ihrer Anordnung zueinander.

    [0013] Grundsätzlich führt die Abkühlung der flüssigen oder ver­festigten Metallsäule zu einem Anstieg der Leitfähigkeit. Diese Leitfähigkeitserhöhung wird durch eine Abnahme der Amplitude der Meßspannung bei gleichbleibender Erregungs­feldstärke angezeigt. Die Ursache der Änderung eines Meß­signals läßt sich jedoch nicht eindeutig identifizieren, wenn nur eine einzige Sensorspule verwendet wird. Vorzugs­weise werden deshalb mindestens zwei Sensorspulen überein­ander angeordnet und die jeweils dem Meßumformer zugeführ­ten Meßspannungen einander gegenübergestellt. Als Referenz­signal wird dabei zweckmäßigerweise die Meßspannung gewählt, die beim schmelzflüssigen Zustand des Metalls auftritt. Die weitere Abkühlung des Strangs oberhalb einer Temperatur, bei der die Erstarrung beginnt, führt dann bei den üblicherweise beim Gießprozeß auftretenden Temperaturänderungen nur noch zu einer relativ geringen Erniedrigung der Spannungsamplitude an einer Sensorspule, während der gesamte Verlauf der Erstar­rung durch einen wesentlich deutlicheren Abfall der Span­nungsamplitude gekennzeichnet ist. Die Leitfähigkeitsvertei­lung während der Abkühlung und Erstarrung der Schmelze inner­halb der Stranggießkokille ergibt ein Profil von Meßspan­nungen an den übereinander angeordneten Sensorspulen, mit dem die Position und die Ausdehnung der Erstarrungsfront in hinreichender Genauigkeit bestimmt werden kann. Ein un­gleichmäßiger Erstarrungsverlauf während des Gießprozesses kann auf diese Weise sofort erkannt werden.

    [0014] Sämtliche Störungen des Erstarrungsverlaufs können an charak­teristischen Signalverläufen festgestellt werden.

    [0015] Eine unzulässige Wanderung der Erstarrungsfront aus der Soll­position in Gießrichtung kann daran erkannt werden, daß die Meßspannungen, die dem Meßumformer von den weiter in Gieß­richtung angeordneten Sensorspulen zugeführt werden, höhere Werte aufweisen. Ein vom Normal betrieb abweichendes kurz­fristiges Hängenbleiben der noch dünnen Strangschale an einer bestimmten Position innerhalb der Stranggießkokille äußert sich beispielsweise durch einen deutlichen Abfall der Meß­spannung in der für den Ort der Störung zuständigen Sensor­spule. Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt darin, daß aus dem Vergleich der Meßsignale mehrerer Sensorspulen sogar auftretende Gußfehler, wie zum Beispiel Anrisse, identifiziert werden können, noch ehe der Strang die Kokille verlassen hat und größere Mengen fehlerhaften Materials erzeugt worden sind.

    [0016] Anhand des in der Figur dargestellten Ausführungsbeispiels wird die Erfindung im folgenden noch näher erläutert.

    [0017] Die Figur zeigt in schematischer Darstellung einen Quer­schnitt durch eine rohrförmige in aufrechter Stellung ange­ordnete Stranggießkokille 1, die zur Kühlung des flüssigen Metalls 2 von einem Wärmetauscher 3 ringförmig umgeben ist. Kühlmittel mit großer Strömungsgeschwindigkeit wird konti­nuierlich beim Kühlmittelzulauf 4 eingespeist, strömt durch den Wärmetauscher 3 und wird im oberen Teil des Wärmetau­schers 3 beim Kühlmittelablauf 5 wieder abgeleitet. Mit 6 ist die Levitationsspule bezeichnet, deren Windungen im we­sentlichen senkrecht zur Achse der Stranggießkokille 1 zwi­schen Kühlmittelzulauf 4 und Kühlmittelablauf 5 angeordnet und mit einer nicht dargestellten mehrphasigen Spannungs­quelle verbunden sind. Das elektromagnetische Wechselfeld der Levitationsspule 6 induziert in dem flüssigen Metall 2 Wirbelströme, die bewirken, daß die Metallsäule 7 und das flüssige Metall eine nach oben gerichtete Hubwirkung erfahren. In dem Raum zwischen Wärmetauscher 3 und Levitationsspule 6 sind Sensorspulen 8 derart übereinander angeordnet, daß ihr Abstand zur Außenwand des Wärmetauschers 3 gleich ist. Bei­spielhaft sind 6 Sensorspulen 8 dargestellt, deren Meßspan­nungsprofil eine insgesamt ausreichende Information über den Verlauf der Erstarrungsfront 9 zuläßt. Für höhere Anforde­rungen an die Genauigkeit der Identifikation von Lage und Ausdehnung der Erstarrungsfront 9 ist es vorteilhaft, im Ab­stand von mindestens 1 cm Sensorspulen 8 vorzusehen.

    [0018] Die Levitationsspule 6 und die Sensorspulen 8 weisen eine konzentrische Lage um die zylindrische Stranggießkokille 1 auf, deren Innendurchmesser etwa 20 mm beträgt. Die Sensor­spulen 8 sind innerhalb der Levitationsspule 6 jeweils in einer Höhe angeordnet, in der auch die mittlere Windung einer jeden Windungsgruppe liegt, die mit jeweils gleicher Phase erregt wird. Der Durchmesser der Levitationsspule 6 beträgt etwa 41 mm, während die Windungen einer Erregerphase eine Höhe von 24 mm aufweisen. Die Erregerfrequenz betrug 2 000 Hz. Jede der 6 Sensorspulen 8, die aus 8 Windungen eines dünnen isolierten Kupferdrahts gewickelt sind, besitzt einen Durch­messer von etwa 35 mm.

    [0019] Führt man nun die jeweiligen Signale der Sensorspulen einem Meßumformer zu, so ergeben sich folgende Effektivwerte der gleichgerichteten Meßspannung, wenn als Bezugsgröße das ent­sprechende Signal bei Luft zugrunde gelegt wird:
    Luft 100 %
    flüssige Kupferschmelze ca. 1 250 °C 97,9 %
    erstarrtes Kupfer ca. 1000 °C 82,9 %


    [0020] Während des Gießprozesses, bei dem kontinuierlich ein Strang aus reinem Kupfer erzeugt wurde, lagen die Effektivwerte in der Umgebung der Erstarrungsfront 9 im Bereich von 86 bis 95 %.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Überwachung des Erstarrungsvorgangs beim kontinuierlichen Stranggießen von Metallen mit einer Stranggießkokille, die von einer ein elektromagnetisches Wechselfeld erzeugenden Levitationsspule umgeben ist, und wobei flüssige Metallschmelze von unten in die Stranggieß­kokille eingeführt und als erstarrtes Metallprodukt im oberen Bereich abgezogen wird, dadurch gekenn­zeichnet, daß Signale von konzentrisch um die Strang­gießkokille angeordneten Sensorspulen einem Meßumformer zu­geführt und ausgewertet werden.
     
    2. Verfahren zur Überwachung des Erstarrungsvorgangs nach An­spruch 1 , dadurch gekennzeichnet, daß sich die Sensorspulen innerhalb der Levitationsspule befinden.
     
    3. Verfahren zur Überwachung des Erstarrungsvorgangs nach An­spruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sich die Sensorspulen zwischen der Stranggießkokille und der Levitationsspule befinden.
     
    4. Verfahren zur Überwachung des Erstarrungsvorgangs nach An­spruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Sensorspulen in unmittelbarer Nähe des Wärmetauschers an­geordnet sind.
     
    5. Verfahren zur Überwachung des Erstarrungsvorgangs nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekenn­zeichnet, daß Signale von mindestens zwei Sensor­spulen ausgewertet werden.
     
    6. Verfahren zur Überwachung des Erstarrungsvorgangs nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Sensorspulen in Gießrichtung im wesentlichen den gleichen Abstand voneinander auf­weisen.
     
    7. Einrichtung zur Überwachung des Erstarrungsvorgangs beim Stranggießen mit einer länglichen Stranggießkokille (1), die von einer Levitationsspule (6) umgeben ist, da­durch gekennzeichnet, daß sich zwischen der Stranggießkokille (1) und der Levitationsspule (6) Sensor­spulen (8) befinden, die konzentrisch um die Stranggieß­kokille (1) angeordnet sind und wobei die von den Sensor­spulen (8) einem Meßumformer zugeführten Signale auswert­bar sind.
     




    Zeichnung