(19)
(11) EP 0 384 213 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.08.1990  Patentblatt  1990/35

(21) Anmeldenummer: 90102355.6

(22) Anmeldetag:  07.02.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5F25J 3/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE DE FR GB IT NL SE

(30) Priorität: 23.02.1989 DE 3905521

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
D-65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Rottmann, Dietrich, Dipl.-Ing.
    D-8000 München 83 (DE)

(74) Vertreter: Schaefer, Gerhard, Dr. 
Linde Aktiengesellschaft Zentrale Patentabteilung
D-82049 Höllriegelskreuth
D-82049 Höllriegelskreuth (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren und Vorrichtung zur Luftzerlegung durch Rektifikation


    (57) Es werden ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Luftzerlegung durch Rektifikation mit anschließender Rohargongewinnung be­schrieben. Die Rohargonrektifikation (20) wird unter einem niedrigeren Druck betrieben als die Mitteldruckstufe (4) der zweistufigen Luftrektifikation (2).




    Beschreibung


    [0001] Gegenstand der Erfindung sind ein Verfahren zur Luftzerlegung durch Rektifikation, bei dem Luft verdichtet, vorgereinigt, abgekühlt und in der Druckstufe einer zweistufigen Rektifikation in eine stickstoffreiche Fraktion und in eine sauerstoffreiche Flüssigkeit vorzerlegt wird und die beiden Fraktionen mindestens teilweise der Mitteldruckstufe der Rektifikation zugeführt und in Sauerstoff und Stickstoff zerlegt werden und bei dem der Mitteldruckstufe ein argonhaltiger Sauerstoffstrom entnommen und einer Rohargonrektifikation zugeleitet wird, und ferner eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.

    [0002] Ein derartiges Verfahren, bei dem im Anschluß an eine Luftzerle­gung Rohargon gewonnen wird, ist aus der DE-OS 34 36 897 be­kannt.

    [0003] Wie bei den bislang angewandten Verfahren üblich, wird bei dem vorveröffentlichten Verfahren die Rohargonrektifikation unter demjenigen Druck durchgeführt, unter dem die argonhaltige Sauer­stofffraktion aus der Mitteldruckstufe entnommen wird. Flüssiger Sauerstoff wird aus der Rohargonrektifikation an ungefähr die gleiche Stelle der Mitteldruckstufe zurückgeführt.

    [0004] Solch ein Verfahren ist günstig, falls die Mitteldruckstufe und damit auch die Rohargonrektifikation im wesentlichen unter Atmosphärendruck durchgeführt. In vielen Fällen werden jedoch Sauerstoff und/oder Stickstoff, die in der Mitteldruckstufe erzeugt werden, unter erhöhtem Druck benötigt, beispielsweise in Kohlevergasungsanlagen oder zur Einblasung von Stickstoff bei der Erdöl- oder Erdgasgewinnung. Dabei ist es für die Druck­stickstoff- und -sauerstoffgewinnung wirtschaftlich vorteilhaf­ter, die Mitteldruckstufe unter einem erhöhten Druck, etwa 2,0 bis 8,0 bar, zu betreiben, als drucklos gewonnene Produkte anschließend zu verdichten.

    [0005] Da jedoch bei den bekannten Verfahren auch die Rohargonrektifi­kation unter dem erhöhten Druck betrieben werden muß, ergeben sich auch Nachteile, da unter dieser Voraussetzung nur eine relativ geringe Argonausbeute zu erreichen ist.

    [0006] Die Aufgabe, welche der Erfindung zugrunde liegt, besteht darin, das Verfahren und die Vorrichtung der eingangs genannten Art dahingehend zu verbessern, daß sowohl die Druckstickstoff- und Drucksauerstofferzeugung, als auch die Argongewinnung wirt­schaftlich günstig durchgeführt werden können.

    [0007] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß die Rohargonrektifikation unter einem Druck betrieben wird, der niedriger als der Druck der Mitteldruckstufe ist.

    [0008] Damit sind die Druckverhältnisse bei der Rohargonrektifikation nicht mehr an diejenigen der Mitteldruckstufe gebunden, so daß ein für die Argonausbeute optimaler Wert von 1,1 bis 2,0 bar, vorzugsweise 1,3 bis 1,5 bar eingehalten werden kann. Trotzdem kann die Mitteldruckstufe weiterhin Sauerstoff und Stickstoff unter erhöhtem Druck abgeben.

    [0009] Beim erfindungsgemäßen Verfahren erweist es sich als vorteil­haft, wenn der argonhaltige Sauerstoffstrom vor der Einleitung in die Rohargonrektifikation arbeitsleistend entspannt wird. Die bei der Entspannung zurückgewonnene Energie kann zur Verdichtung anderer Prozeßströme eingesetzt werden. Außerdem wird bei der arbeitsleistenden Entspannung besonders viel Kälte erzeugt, die bei der Luftzerlegung benötigt wird. Auf diese Weise kann mindestens teilweise auf die Zufuhr von extern erzeugter Kälte verzichtet werden.

    [0010] Dabei ist es günstig, den argonhaltigen Sauerstoffstrom vor der arbeitsleistenden Entspannung zu erwärmen. Dies kann im Wärme­austausch mit anderen Verfahrensströmen, vorzugsweise mit zu zerlegender Luft erfolgen.

    [0011] Die im allgemeinen flüssig anfallende Restfraktion der Rohargon­rektifikation besteht im wesentlichen aus Sauerstoff. Da es unwirtschaftlich wäre, diese Fraktion zu verwerfen, wird gemäß einem weiteren Merkmal der Erfindung vorgeschlagen, die flüssige Fraktion aus der Rohargonrektifikation zur Mitteldruckstufe zurückzuleiten und vor der Einführung in die Mitteldruckstufe auf den Druck der Mitteldruckstufe zu pumpen.

    [0012] Es erweist sich als vorteilhaft, wenn eine gasförmige Fraktion vom Kopf der Rohargonrektifikation in indirektem Wärmetausch mit verdampfender sauerstoffreicher Flüssigkeit aus der Druckstufe kondensiert wird. Auf diese Weise kann im Verfahren vorhandene Kälte zur Bildung von Rücklauf für die Rohargonrektifikation ausgenützt und auf den Einsatz externer Kälte in diesem Bereich verzichtet werden.

    [0013] Die dabei entstehende verdampfte sauerstoffreiche Fraktion wird günstigerweise zur Mitteldruckstufe zurückgeführt.

    [0014] Die verdampfte sauerstoffreiche Fraktion muß vor der Einführung in der Mitteldruckstufe verdichtet werden. Zu diesem Zweck wird gemäß einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfah­rens die bei der arbeitsleistenden Entspannung des argonhaltigen Sauerstoffstroms gewonnene Arbeit wenigstens teilweise zur Verdichtung der verdampften sauerstoffreichen Fraktion einge­setzt.

    [0015] Hierzu ist es vorteilhaft, die verdampfte sauerstoffreiche Fraktion nach der Verdichtung abzukühlen.

    [0016] Die Erfindung betrifft ferner eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens gemäß den Patentansprüchen 10 bis 12.

    [0017] Anhand der Zeichnung, in welcher eine Auführungsform des erfin­dungsgemäßen Verfahrens schematisch dargestellt ist, werden die Erfindung und weitere Einzelheiten der Erfindung näher erläutert.

    [0018] Über Leitung 1 wird verdichtete und vorgereinigte Luft herange­führt, in einem Wärmetauscher 36 in indirektem Wärmeaustausch mit Produktströmen abgekühlt und in die Druckstufe 3 einer zweistufigen Rektifiziersäule 2 eingespeist. Die Druckstufe 3 (Betriebsdruck: 6 bis 20 bar, vorzugsweise 8 bis 17 bar) steht mit der Mitteldruckstufe 4 (Betriebsdruck: 1,5 bis 10 bar, vorzugsweise 2,0 bis 8,0 bar) über einen gemeinsamen Kondensa­tor/ Verdampfer 13 in wärmetauschender Verbindung. Die einge­führte Luft wird in der Druckstufe 3 in Stickstoff und in eine sauerstoffangereicherte Fraktion vorzerlegt. Die sauerstoffan­gereicherte Fraktion wird über Leitung 6 in flüssigem Zustand abgeführt, in Wärmetauscher 32 unterkühlt und zu einem Teil über Leitung 10 in die Mitteldruckstufe 4 eingedrosselt. Stickstoff vom Kopf der Druckstufe 3 wird über Leitung 5 ebenfalls flüssig abgezogen, in Wärmetauscher 32 unterkühlt und zum einen Teil über Leitung 8 als flüssiges Produkt abgeführt. Der andere Teil des Stickstoffs aus der Druckstufe 3 wird über Leitung 9 als Rücklauf auf die Mitteldruckstufe 4 aufgegeben.

    [0019] Als Produkte der Mitteldruckstufe 4 werden flüssiger Sauerstoff (Leitung 14), gasförmiger Reinstickstoff (Leitung 15) und unreiner Stickstoff (Leitung 16) entnommen und im Wärmetauscher 36, die Stickstoffströme zusätzlich im Wärmetauscher 32, ange­wärmt.

    [0020] Über die bisher genannten Strome hinaus wird der Mitteldruck­stufe 4 außerdem ein argonhaltiger Sauerstoffstrom über Leitung 17 entnommen, im Wärmetauscher 36 angewärmt und in eine Rohar­gonrektifikation 20 eingeleitet, die unter einem Druck von 1,1 bar bis 2,0 bar, vorzugsweise 1,3 bis 1,5 bar betrieben wird. Die im Sumpf der Rohargonrektifikation 20 anfallende Restfraktion wird über Leitung 22 abgeführt und erfindungsgemäß durch Pumpe 23 auf den für die Zurückspeisung in die Mittel­druckstufe 4 erforderlichen Druck gebracht. Außerdem wird der argonreiche Sauerstoffstrom 17 vor der Einleitung in die Rohar­gonrektifikation 20 in einer Entspannungsturbine 18 arbeitslei­stend entspannt, um ihn einerseits auf den in der Rohargonrekti­fikation 20 herrschenden niedrigeren Druck zu bringen und andererseits Verfahrenskälte zu erzeugen.

    [0021] Das am Kopf der Rohargonrektifikation 20 anfallende gasförmige Rohargon wird über Leitung 33 in einen Kondensator 35 einge­führt, teilweise verflüssigt und zum einen Teil über Leitung 34 als Rücklauf in die Rohargonrektifikation 20 zurückgeführt, zum anderen Teil über Leitung 21 als Zwischenprodukt abgeführt und im Wärmetauscher 36 angewärmt.

    [0022] Der Kondensator 35 wird durch einen Teil der sauerstoffreichen Fraktion 6 aus der Druckstufe gekühlt, der über Leitung 11 herangeführt, in einem Wärmetauscher 24 unterkühlt und über Leitung 25 zum Kondensator 35 geleitet wird. Der beim indirekten Wärmeaustausch mit dem Kopfgas der Rohargonrektifikation 20 verdampfte Anteil wird über Leitung 26 abgeführt und in den Wärmetauschern 24 und 36 erwärmt.

    [0023] Da es wirtschaftlich ungünstig wäre, den in diesem Strom enthal­tenen Sauerstoff zu verwerfen, wird er im Verfahren des Ausfüh­rungsbeispiels zur Mitteldruckstufe 4 zurückgeführt. Um den dafür notwendigen Druck zu erreichen, wird der sauerstoffreiche Strom in zwei Verdichterstufen 27 und 29 komprimiert und jeweils anschließend abgekühlt (Wasserkühler 28 und 30). Anschließend wird der sauerstoffreiche Strom über Leitung 31 durch den Wärmetauscher 36 geführt, dort wieder abgekühlt und anschließend in die Mitteldruckstufe 4 eingespeist. Dabei ist es günstig, die bei der Entspannung der argonreichen Sauerstofffraktion 17 gewonnene Arbeit zum Antrieb des Verdichtes 29 zu verwenden.

    [0024] Vor der Einspeisung in die Druckstufe 3 kann ein Teil der Luft in Leitung 1 in Wärmetausch mit Sauerstoff aus dem Sumpf der Mitteldruckstufe 4 kondensiert werden. Die Flüssigkeit aus dem Sumpf der Mitteldruckstufe kann dazu mittels einer Pumpe auf hohen Druck gebracht werden und verdampft bei dem Wärmeaustausch teilweise. Die partiell kondensierte Luft wird dann oberhalb der in der Zeichnung gezeigten ersten Einspeisestelle (Leitung 1) in die Druckstufe 3 eingeführt. Dieser Verfahrensteil ist in der Zeichnung nicht dargestellt, kann aber bei den angegebenen Rektifizierdrücken wirtschaftlich günstig sein.

    [0025] Für eine wirtschaftliche Argonausbeute ist es notwendig, den Produktsauerstoff (Leitung 14) mit einer Reinheit von mindestens 99,5 % herzustellen, um in dem argonreichen Sauerstoffstrom (Leitung 17) genügend Argon anzureichern. Bei 5 bar Druck in der Mitteldruckstufe 4 ist dazu bei einem konventionellen Verfahren ein Luftfaktor von 5,86 notwendig. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren reduziert sich der Luftfaktor auf 5,45. Damit wird eine Energieeinsparung von 7,0 erzielt.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Luftzerlegung durch Rektifikation, bei dem Luft (1) verdichtet, vorgereinigt, abgekühlt (36) und in der Druckstufe (3) einer zweistufigen Rektifikation (2) in eine stickstoffreiche Fraktion (5) und in eine sauerstoffreiche Flüssigkeit (6) vorzerlegt wird und die beiden Fraktionen (5, 6) mindestens teilweise der Mitteldruckstufe (4) der Rektifikation (2) zugeführt und in Sauerstoff und Stickstoff zerlegt werden und bei dem der Mitteldruckstufe (4) ein argonhaltiger Sauerstoffstrom (17) entnommen und einer Roh­argonrektifikation (20) zugeleitet wird, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Rohargonrektifikation (20) unter einem Druck betrieben wird, der niedriger als der Druck der Mitteldruckstufe (4) ist.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der argonhaltige Sauerstoffstrom (17) vor der Einleitung in die Rohargonrektifikation (20) arbeitsleistend entspannt wird (18).
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der argonhaltige Sauerstoffstrom (17) vor der arbeitsleistenden Entspannung (18) erwärmt wird.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekenn­zeichnet, daß eine flüssige Fraktion (22) aus der Rohargon­rektifikation (20) zur Mitteldruckstufe (4) zurückgeleitet und vor der Einführung in die Mitteldruckstufe (4) auf den Druck der Mitteldruckstufe (4) gepumpt wird (23).
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekenn­zeichnet, daß eine gasförmige Fraktion (33) vom Kopf der Rohargonrektifikation (20) in indirektem Wärmetausch (35) mit verdampfender sauerstoffreicher Flüssigkeit (25) aus der Druckstufe (3) kondensiert wird.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die verdampfte sauerstoffreiche Fraktion (26) zur Mitteldruck­stufe (4) zurückgeführt wird.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die verdampfte sauerstoffreiche Fraktion (26) vor der Einführung in der Mitteldruckstufe (4) verdichtet (27, 29) wird.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 2 und 7, dadurch gekennzeichnet, daß die bei der arbeitsleistenden Entspannung (18) des argonhal­tigen Sauerstoffstroms (17) gewonnene Arbeit wenigstens teilweise zur Verdichtung (29) der verdampften sauerstoff­reichen Fraktion (26) eingesetzt wird.
     
    9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, daß die verdampfte sauerstoffreiche Fraktion (31) nach der Verdichtung (27, 29) abgekühlt (36) wird.
     
    10. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 mit einer Doppelrektifiziersäule (2) bestehend aus Drucksäule (3) und Mitteldrucksäule (4) und mit einer Rohargonrektifiziersäule (20) und einer ersten (17, 19) und einer zweiten (22) Verbindungsleitung zwischen Mitteldrucksäule (4) und Rohargonrektifiziersäule (20), dadurch gekennzeichnet, daß in der ersten Verbindungsleitung (17, 19) eine Entspannungseinrichtung (18) eingebaut ist.
     
    11. Vorrichtung nach Anspruch 10, gekennzeichnet, daß in der zweiten Verbindungsleitung (22) eine Pumpe (23) eingebaut ist.
     
    12. Vorrichtung nach Anspruch 10 oder 11, gekennzeichnet durch einen Wärmetauscher (35), der über eine erste Gasleitung (33) und über eine erste Flüssigkeitsleitung (34) mit der Rohargonrektifiziersäule (20) und über eine zweite Flüssig­keitsleitung (25) mit der Drucksäule (3) verbunden ist, durch eine zweite Gasleitung (26, 31), welche den Wärmetau­scher (35) mit der Mitteldrucksäule (4) verbindet, und durch einen Verdichter (27, 29) in der zweiten Gasleitung (26, 31).
     
    13. Vorrichtung nach Anspruche 12, dadurch gekennzeichnet, daß eine Expansionsturbine als Entspannungseinrichtung (18) verwendet wird und diese mechanisch an den Verdichter (29) in der zweiten Gasleitung gekoppelt ist.
     




    Zeichnung