(19)
(11) EP 0 395 905 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.11.1990  Patentblatt  1990/45

(21) Anmeldenummer: 90106537.5

(22) Anmeldetag:  05.04.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5H05F 3/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE DK ES FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 12.04.1989 DD 327551

(71) Anmelder: Forschungsinstitut für Textiltechnologie Chemnitz GmbH
D-09002 Chemnitz (DE)

(72) Erfinder:
  • Löbel, Wilfried, Dipl.Phys.
    O-9054 Chemnitz (DD)
  • Hendler, Joachim, Dr.-Ing.
    O-9054 Chemnitz (DD)
  • Tock, Harald
    O-9054 Chemnitz (DD)
  • Lisse, Dieter
    O-9250 Mittweida (DD)
  • Gross, Gisela, Dipl.-Chem.
    O-7260 Oschatz (DD)

(74) Vertreter: Beetz & Partner Patentanwälte 
Steinsdorfstrasse 10
80538 München
80538 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Erzeugnis und Verfahren zur Beseitigung elektrostatischer Aufladungen


    (57) Ziel und Aufgabe der Erfindung ist, vorhandene bzw. durch Reibung erzeugte elektrostatische Aufladungen bei der Her­stellung bzw. Verarbeitung von bewegten Flächenbahnen bzw. Flächengebilden sowie bei der Reinigung von vorzugsweise Plastoberflächen zu beseitigen. Gelöst wird die Aufgabe dadurch, daß ein textiles Flächengebilde 1 bis 20 % Me­tallfasern, Metallfilamente, metallisierte Fasern oder Fi­lamente mit einem Durchmesser von maximal 20 um aufweisen, die gleichmäßig im Flächengebilde verteilt sind, wobei der Abstand der einzelnen Metallfasern mindestens 1 mm und ma­ximal 10 mm beträgt. Bei der manuellen oder automatischen Entladung wird das Flächengebilde ständig in direkten Kon­takt mit der zu entladenden Oberfläche gebracht.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Erzeugnis und Verfahren zur Besei­tigung elektrostatischer Aufladungen, wobei das Erzeugnis aus einem textilen Flächengebilde, wie beispielsweise Gewebe, Gewirke, Gestrick, Nähgewirke oder Vliesstoff aus Polyester, Polyvinylchlorid und/oder Polyakrylnitril, besteht, mit dem die zu entladende Fläche in Berührung gebracht wird. Die Anwendung erfolgt vorzugsweise bei der Reinigung von Plastoberflächen bzw. zur Entladung von Warenbahnen, Stoff- und Foliewickel sowie Walzenoberflächen in der textil-, film-, gummi-, plast- und papierherstellenden bzw. -verarbeitenden Industrie.

    [0002] Die Entstaubung von elektrostatisch aufladbaren Plastober­flächen durch Abwischen mit gewöhnlichen Tüchern gelingt im allgemeinen nicht, da beim Wischvorgang elektrostatische Auf­ladungen auf der zu säubernden Oberfläche generiert werden, die nicht nur vorhandene Staubteilchen hartnäckig binden, sondern auch noch zusätzlich aus der Umgebung anziehen.

    [0003] Es ist allgemein bekannt, daß antistatisch wirkende Tenside, die durch Wischen mittels eines mit diesem imprägnierten Tu­ches auf die Plastoberfläche aufgetragen werden, einen Ober­flächenleiteffekt erzeugen, durch den die Ladungen in hinrei­chend kurzer Zeit abgeleitet werden können. Abgesehen davon, daß sich die Imprägnierung nach längerem Gebrauch erschöpft bzw. beim Waschen vollständig beseitigt wird, bindet der auf der Oberfläche erzeugte fettartige Film des Antistatikums zu­sätzlich Staub und kann auch andere Eigenschaften der Ober­fläche nachteilig beeinflussen, z. B. die Wiedergabequalität bei Aufzeichnungskörpern.

    [0004] Es ist weiterhin bekannt, daß zur Vermeidung von Ladungstren­nung beim Reibvorgang das Wischtuch materialmäßig der zu rei­benden Oberfläche angepaßt wird. Beispielsweise neigen Ober­flächen auf Basis von Polyethylenterephthalat, Vinylchlorid-­Vinylacetat als Werkstoffe für Schallplatten oder PVC beim Reiben durch Textilien aus Polyakrylnitril, Polyester oder PVC wenig oder nicht zur Aufladung. Dennoch können bereits auf den Oberflächen vorhandene Aufladungen durch diese Maß­nahme nicht reduziert werden. Zur Beseitigung solcher Aufla­dungen wurde in der DD-PS 261 240 vorgeschlagen, das Wisch­element mit einem passiven Ionisator so zu koppeln, daß leitfähige Spitzen, die beim Wischvorgang mit der Hand lei­tend verbunden sind, zur Oberfläche des abzuwischenden Ob­jektes hin gerichtet sind. Eine solche Maßnahme ist jedoch bei einem textilen Wischtuch nicht realisierbar, sondern erfordert die Ausbildung eines festen Wischelementes.

    [0005] Es ist auch bekannt, daß neben der Anwendung aufwendiger aktiver Hochspannungs-Ionisatoren oder radioaktiver Ionisa­toren aufgeladene Materialien durch passive Ionisation mit­tels billiger Influenzionisatoren entladen werden können. Es handelt sich dabei um leitfähige und geerdete Spitzen­kämme oder sehr dünne Drähte, die in einem geringen Abstand über der zu entladenden Oberfläche angeordnet werden.

    [0006] Ein wesentlicher Nachteil dieser Lösung besteht darin, daß diese Spitzenkämme die Bedienbarkeit der Aggregate, z. B. auch durch Verletzungsgefahr stark einschränken. Verändern die zu entladenden Oberflächen technologiebedingt ihre Lage, müssen diese Kämme nachgeführt werden, was zusätzlichen Auf­wand bedeutet. Außerdem ist die Wirkung dieser Influenz­ionisatoren dann nicht gewährleistet, wenn sich unmittelbar hinter der zu entladenden Oberfläche leitfähige, geerdete Elemente befinden, die das Feld der Aufladung abschirmen, z. B. bei einer mit Gummi oder Plaste belegten Metallwalze.

    [0007] Ziel der Erfindung ist, die aufgezeigten Nachteile zu beseiti­gen und ein gefährdungsfreies Arbeiten bei der Herstellung bzw. Verarbeitung von bewegten Flächenbahnen und Flächengebilde, wie Stoff- oder Foliewickel, sowie eine ausreichende Reinigung von elektrostatisch aufladbaren Oberflächen zu gewährleisten.

    [0008] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Erzeugnis und ein Verfahren zu schaffen, mit dem die vorhandenen bzw. durch Reibung erzeugten elektrostatischen Aufladungen beseitigt werden und das Erzeugnis diese Wirkung permanent be­sitzt.

    [0009] Erfindungsgemäß wird die Aufgabe dadurch gelöst, daß 1 bis 20 % Metallfasern, Metallfilamente, metallisierte Fasern und/­oder Filamente, die einen Durchmesser von maximal 20 um auf­weisen, in dem Flächengebilde gleichmäßig verteilt enthalten sind, wobei der durchschnittliche Abstand zwischen den einzel­nen Metallfasern, Metallfilamente, metallisierte Fasern und/­oder Filamente mindestens 1 mm und maximal 10 mm beträgt.

    [0010] In einem Gewebe, Gewirke, Gestrick oder Nähgewirke sind die Metallfasern, Metallfilamente, metallisierten Fasern und/oder Filamente linien- oder gitterartig angeordnet, wobei der Ab­stand in Kett- und/oder Schußrichtung bzw. der Maschenweite zwischen 2 und 15 mm beträgt.

    [0011] Bei einem mechanisch oder aerodynamisch gebildeten, thermisch oder hydrodynamisch verfestigten Faservliestoff liegen die Metallfasern, Metallfilamente, metallisierten Fasern und/oder Filamente dreidimensional vor, so daß an der Oberfläche des Vliesstoffes eine Anzahl freier von Luft umgebenen leitfähi­ger Faserenden vorhanden sind.

    [0012] Bei der manuellen und/oder automatischen Entladung elektro­statisch aufgeladener Objekte und Materialien bzw. der Reini­gung von vorzugsweise Plastoberflächen wird ein geerdetes tex­tiles Flächengebilde in ständigen direkten Kontakt mit der Oberfläche des zu entladenden Objektes oder in deren unmittel­barer Nähe gebracht.

    [0013] Die aufladungsbegrenzende Wirkung beruht darauf, daß bei An­näherung der einzelnen leitfähigen Fasern oder Filamente an aufgeladene Zonen der Oberfläche des zu entladenden bzw. zu reinigenden Objektes eine passive Corona-Entladung initiiert wird, durch deren Ionisationseffekt die Oberflächenladung weitestgehend neutralisiert wird. Bei direkten Kontakt mit mit der aufgeladenen Oberfläche ist die Wirkung erheblich größer als bei den Spitzen-Influenz-Ionisatoren.

    [0014] Bei der manuellen Benutzung als beispielsweise antistatisches Wischtuch wird der für einen ausreichenden Influenzeffekt er­forderliche Erdungskontakt der leitfähigen Filamente bereits durch die Berührung mit der Hand hergestellt. Bei der indu­striellen Anwendung zur automatischen Entladung ist durch die Montage des Flächengebildes zu gewährleisten, daß das leit­fähige Filamentgitter geerdet ist. Dabei genügt im allgemeinen ein Erdungswiderstand von = 10⁶ Ohm.

    Ausführungsbeispiele


    Beispiel 1:



    [0015] In einem Vliesbildungsprozeß werden Polyesterfasern leitfähige Fasern (Metallfasern) mit einem Durchmesser von 20 um im Ver­hältnis von 95 % zu 5 % zugemischt. Die Bildung des Wirrvlieses erfolgt aerodynamisch, wobei die Metallfasern, Metallfilamente, metallisierten Fasern und/oder Filamente gleichmäßig dreidimen­sional vorliegen. Das abgelegte Vlies wird mit Hilfe der Faser­stoffverwirbelung durch Wasserstrahlen verfestigt. Der Arbeits­mitteldruck liegt im Bereich von 2 bis 11 MPa und der Durch­messer der Düsen beträgt 0,12 bis 0,15 mm. Die Flächenmasse des Endproduktes beträgt 100 g/m2.
    Zur Entladung beispielsweise bewegter Flächenbahnen bzw. aufge­wickelter Flächengebilde, wie Stoff- oder Foliewickel wird das metallhaltige textile Flächengebilde an einer geerdeten Leiste befestigt und über der zu entladenden bewegten Fläche quer zur Bewegungsrichtung so angeordnet, daß es mit dieser Fläche stän­digen Kontakt hat bzw. ohne bis auf wenige Zentimeter an diese angenähert ist.

    Beispiel 2:



    [0016] Ein Gewebe aus Polyesterseiden enthält Kettfäden aus metal­lisierten Glasseiden in einem Abstand von 2,5 bis 3 mm. In den Zwischenräumen befinden sich Kettfäden aus Polyester­ seiden. Die Flächenmasse des Gewebes beträgt 150 g/m2. Die Anwendung erfolgt beispielsweise als Staubtuch zur Rei­nigung von Schallplatten, Möbel- oder sonstigen Plastober­flächen durch den direkten Wischvorgang. Dabei wird durch die im Gewebe linien- oder gitterartig angeordneten metal­lisierten Fäden eine Corona-Entladung initiiert, durch die die elektrostatische Aufladung weitestgehend neutralisiert wird.


    Ansprüche

    1. Erzeugnis zur Beseitigung elektrostatischer Aufladungen, welches aus einem textilen Flächengebilde, beispielsweise Gewebe, Gewirke, Gestrick, Nähgewirke oder Vliesstoff, aus Polyester, Polyvinylclorid und/oder Polyakrylnitril besteht, dadurch gekennzeichnet, daß 1 bis 20 % Metallfasern, Metall­filamente, metallisierte Fasern und/oder Filamente, die einen Durchmesser von maximal 20 um aufweisen, im Flächengebilde gleichmäßig verteilt enthalten sind, wobei der Abstand zwi­schen den einzelnen Metallfasern, Metallfilamenten, metalli­sierten Fasern und/oder Filamenten mindestens 1 mm und maximal 15 mm beträgt.
     
    2. Erzeugnis nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß in einem Gewebe, Gewirke, Gestrick oder Nähgewirke die Metall­fasern, Metallfilamente, metallisierte Fasern und/oder Fi­lamente in Längs- und/oder Querstreifen angeordnet sind, wobei der Abstand in Kett- und/oder Schußrichtung bzw. die Maschenweite zwischen 2 und 15 mm beträgt.
     
    3. Erzeugnis nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß in einem mechanisch oder aerodynamisch gebildeten, thermisch oder hydrodynamisch verfestigten Faservlies die Metallfa­sern, Metallfilamente, metallisierte Fasern und/oder Fila­mente dreidimensional verteilt vorliegen, so daß an der Oberfläche eine Anzahl freier von Luft umgebenen leitfähi­ger Faserenden vorhanden sind.
     
    4. Verfahren zur Beseitigung elektrostatischer Aufladungen an Plastoberflächen, bewegten Flächenbahnen und aufge­ wickelten Flachengebilden, wie Stoff- oder Foliewickel, dadurch gekennzeichnet, daß die zu entladende Oberfläche in ständigen direkten Kontakt oder in die unmittelbare Nähe eines Metallfasern, Metallfilamente, metallisierte Fasern und/oder Filamente enthaltenden textilen Flächen­gebilde gebracht wird, so daß bei Annäherung der einzel­nen leitfähigen Metallfasern oder Filamente an aufgela­dene Zonen der Oberfläche eine passive Corona-Entladung initiierte und durch den Ionisationseffekt die Ober­flächenladung weitestgehend neutralisiert wird.
     





    Recherchenbericht