[0001] Die Erfindung betrifft ein Drehgestell für schnellfahrende Schienenfahrzeuge, bei
dem die Radsätze mittels an den Achslagern angreifenden Doppel-Federblattlenkern
am Drehgestellrahmen angebunden und geführt sind, zwischen Doppel-Federblattlenker
und Achslager oder Drehgestellrahmen elastische Zwischenlager vorgesehen sind und
zwischen jedem Achslager und dem Drehgestellrahmen eine vertikale Primärfeder angeordnet
ist.
[0002] Drehgestelle der vorstehend genannten Art sind beispielsweise aus der DE-PS 17 55
072 bekannt. Hierbei sind die Langträger des Drehgestellrahmens über Federn auf die
mittels je zwei in verschiedenen Ebenen übereinander angeordneten, zueinander parallelen
Federblattlenker geführten Achslagergehäuse der Radsätze abgestützt, wobei die den
Achslagergehäusen abgewandten Enden der Federblattlenker mit einem Festbock als Teil
des Drehgestellrahmens spiel- und reibungsfrei fest verbunden sind. An jedem Achslagergehäuse
ist hierbei ein in Längsrichtung waagerecht zwischen die freien Enden der Lenkerblätter
reichendes Angußauge mit senkrechten, sich symmetrisch nach oben und unten erweiternden
Bohrung und einer in dieser befindlichen Buchse aus elastischem Material angebracht
und konzentrisch zu der Buchse von oben und unten Klemmringe mit einem außen kegeligen
Mantel einsetzbar, deren kleine Stirnflächen einander zugewandt und an deren obere
und untere äußere größere Stirnflächen mittels einer Dehnschraube die freien Enden
der Lenkerblätter andrückbar sind, wobei die Klemmringe und die freien Lenkerblätterenden
zu einer sich über die Buchse gegenüber dem Achslagergehäuse abstützenden Einheit
zusammenfügbar sind. Durch diese Anordnung werden die Laufeigenschaften eines Schienenfahrzeugs
bei hohen Geschwindigkeiten durch die nachgiebige Halterung der Federblattlenker-Befestigung
am Achslagergehäuse verbessert, weil eine gewisse selbsttätige Radialeinstellung der
Radsätze erreichbar ist. Durch die Anordnung der Gummizwischenlager ist der Resonanzbereich
des Drehgestells in einen Geschwindigkeitsbereich verlegbar, der erfahrungsgemäß in
kurzer Zeit beim Anfahren durchfahrbar ist, das heißt, der nicht der Reisege schwindigkeit
des Schienenfahrzeugs entspricht. Der Resonanzbereich ist dadurch exakt einstellbar,
daß die Klemmringe in axialer Richtung einander angenähert oder voneinander entfernt
festgestellt werden, wobei eine mehr oder weniger starke Verformung der aus elastischem
Material bestehenden Buchse stattfindet.
[0003] Diese vorbekannte Radsatzführung stellt einen Kompromiß aus stabilem, relativ ruhigem
Radsatzlauf in der Geraden und einem möglichst verschleißund kräftearmem Lauf im
Bogen dar, da eine längsstarre Radsatzführung bei hoher Laufstabilität in der Geraden
nur eine geringe radiale Einstellung der Radsätze im Bogen ergibt, wogegen bei einer
längsweichen Radsatzführung die Laufstabilität und damit die Höchstgeschwindigkeit
sehr stark herabgesetzt wird zur Erzielung einer wesentlich verbesserten radialen
Einstellung der Radsätze und niedrigen Spurführungskräften im Bogen. Es wird also
zur Erzielung einer hohen Geschwindigkeit in der Geraden eine möglichst starre Längsanlenkung
der Radsätze gewählt. Dieses wiederum führt zu einer schlechteren Radialeinstellung
der Radsatze im Bogen und damit zu höheren Spurführungskräften und größerem Spurkranzverschleiß.
Soll dagegen die Radialeinstellung der Radsätze verbessert werden, wird eine Verminderung
des stabilen, ruhigen Geradeauslaufs der Radsätze in der Geraden und damit eine niedrigere
Höchstgeschwindigkeit in Kauf genommen.
[0004] Die Aufgabe vorliegender Erfindung bestand darin, bei einem Drehgestell der eingangs
genannten Art das vorstehend geschilderte gegensätzliche Laufverhalten in der Geraden
und im Schienenbogen durch geeignete, einfache konstruktive Maßnahmen aufzuheben
und bei einem stabilen ruhigen Geradeauslauf in der Geraden bei Höchstgeschwindigkeiten
eine Radialeinstellung der Radsätze im Schienenbogen bei niedrigen Spurführungskräften
zu erreichen.
[0005] Gemäß der Erfindung wird diese Aufgabe bei einem Drehgestell der eingangs genannten
Art dadurch gelöst, daß zwischen den Federblattlenkern jeden Doppel-Federblattlenkers
ein die horizontalen Längsbewegungen zwischen Achslager und Drehgestellrahmen dampfender
Schlingerdämpfer angeordnet ist. Hierbei kann gemäß einem Ausführungsbeispiel der
Erfindung der Schlingerdämpfer als doppelt wirkender Hydrodämpfer ausgebildet sein.
Gemäß anderen Ausführungsbeispielen der Erfindung ist der Schlingerdämpfer als Reibdämpfer
ausgebildet. Bei Verwendung eines Hydrodämpfers als Schlingerdämpfer ist dieser mit
seinem einen Ende am Achslager und mit seinem anderen Ende am Drehgestellrahmen befestigt.
Bei Verwendung eines Reibdämpfers als Schlingerdämpfer ist dieser gemäß einem Ausführungsbeispiel
zwischen den Federblattlenkern auf das Lager des Doppel-Federblattlenkers wirkend
ausgebildet, das mit dem elastischen Zwischenlager versehen ist. Hierbei ist der
Reibdämpfer einerseits an den Doppel-Federblattlenker und andererseits am Achslager
oder am Drehgestellrahmen befestigt.
[0006] Bei einem dritten Ausführungsbeispiel besteht der Reibdämpfer aus mindestens zwei
einstellbar gegeneinander verspannten Blattfedern, die an ihren Längsenden beidseitig
gegen in Drehgestellängsrichtung angeordnete Reibflächen des Achslagergehäuses und/oder
des Drehgestellrahmens anliegen.
[0007] Durch eine weiche Ausbildung des elastischen Zwischenlagers kann eine fast ideale
radiale Einstellung der Radsätze bis zu den im Personenfernverkehr kleinsten Bogenradien
von 250 m bei einer guten Gleichverteilung der Radsatzführungskräfte am vor- und nachlaufenden
Radsatz erreicht werden. Ebenfalls können mit der erfindungsgemäßen Ausbildung des
Drehgestells jetzt höhere Geschwindigkeiten in größeren Bögen gefahren werden, da
genügend Reserven für die Aufnahme von dynamischen Führungskräften infolge Gleislagefehlern
vorhanden sind. Der Spurkranzverschleiß wird deutlich verringert. Durch die Anordnung
der Schlingerdämpfer bleiben die für einen stabilen, ruhigen Radsatzlauf in der Geraden
erforderlichen Radsatzführungskräfte erhalten.
[0008] Einzelheiten der Erfindung werden anhand von Ausführungsbeispielen in der Zeichnung
erläutert.
[0009] Es zeigen
Fig. 1 die Seitenansicht eines Drehgestells für schnellfahrende Schienenfahrzeuge
gemäß der Erfindung in Seitenansicht,
Fig. 2 eine vergrößerte Darstellung der Radsatzführung des Drehgestells nach Fig.
1 in Draufsicht, zum Teil im Schnitt, gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel der Erfindung,
Fig. 3 den Schnitt nach Linie III-III der Fig. 2,
Fig. 4 die Draufsicht wie Fig. 2, gemäß einem zweiten Ausführungsbeispiel der Erfindung,
Fig. 5 den Schnitt nach Linie V-V der Fig. 4.
Fig. 6 einen vertikalen Längsschnitt durch die Radsatzführung des Drehgestells nach
Fig. 1, gemäß einem dritten Ausführungsbeispiel der Erfindung,
Fig. 7 die Draufsicht auf die Radsatzführung nach Fig. 6, zum Teil im Schnitt.
[0010] Die Radsätze 1 des Drehgestells sind über ihre Achslager 2 und an diesen horizontal
angeordnete Doppel-Federblattlenker 3 am Drehgestellrahmen 4 angebunden und geführt.
Die beiden Federblattlenker jeden Doppel-Federblattlenkers 3 sind dabei am Drehgestellrahmen
4 über Zahnplatten 5 einstellbar und starr befestigt. Am Achslager 2 sind die Federblattlenker
jeden Doppel-Federblattlenkers 3 ebenfalls über Zahnplatten 6 jedoch unter Zwischenschaltung
von elastischen Zwischenlagen 7 einstellbar befestigt. Mittels einer Dehnschraube
8, die die beiden Federblattlenker am Achslagergehäuse befestigt, sind die Gummizwischenlagen
7 exakt vorspannbar. Durch eine entsprechend gewählte Vorspannung der Dehnschraube
8 ist wiederum die horizontale Längssteifigkeit der Gummizwischenlage 7 genau einstellbar.
Zwischen den beiden Federblattlenkern des Doppel-Federblattlenkers 3 ist ein Hydrodämpfer
9 angeordnet, der mit seinem einen Ende am Drehgestellrahmen 4 und mit seinem anderen
Ende am Achslager 2 gelenkig befestigt ist. Der Hydrodämpfer, der doppelwirkend ausgebildet
ist, wirkt somit in horizontaler Längsrichtung zwischen Drehgestellrahmen und Achslagergehäuse.
[0011] Bei dem in den Figuren 4 und 5 dargestellten Ausführungsbeispiel der Erfindung ist
der Radsatz ebenfalls über das Achslagergehäuse 2 und Doppel-Federblattlenker 3 am
Drehgestellrahmen 4 horizontal angebunden und geführt. Der Doppel-Federblattlenker
3 ist dabei wie bei dem in den Figuren 2 und 3 beschriebenen Ausführungsbeispiel der
Erfindung am Drehgestellrahmen 4 und am Achslager 2 befestigt. Zwischen den Zahnplatten
6 und dem Achslagergehäuse 2 sind ebenfalls elastische Zwischenlager 7 angeordnet.
Zwischen den Zahnplatten 6 und einem horizontalen Flansch 2a des Achslagergehäuses
2 sind bei diesem Ausführungsbeispiel der Erfindung Tellerfedern 10 vorgesehen, die
Reibringe 11 beidseitig gegen Reibbeläge 12 des Flansches 2a des Achslagergehäuses
2 anpressen. Über die Dehnschraube 8 sind die Tellerfedern 10 und damit die Anpreßkraft
der Reibfläche 11 auf dem Reibbelag 12 einstellbar. Zahnplatten 6 und Dehnschraube
8 sind mit Spiel in einer Bohrung 13 des Flansches 2a des Achslagergehäuses 2 geführt,
so daß die erforderliche Ausschwenkung des Radsatzes mit dem Achslager 2 bei Radialeinstellung
des Radsatzes im Bogenlauf möglich ist.
[0012] Bei dem in den Figuren 6 und 7 dargestellten Ausführungsbeispiel der Erfindung ist
der Radsatz 1 wieder über das Achslagergehäuse 2 und Doppel-Federblattlenker 3 am
Drehgestellrahmen 4 horizontal befestigt und geführt. Zwischen den beiden Federblattlenkern
des Doppel-Federblattlenkers 3 sind zwei gewölbte Federblätter 15 angeordnet, die
an ihren Längsenden seitlich gegen in Drehgestellängsrichtung angeordnete Reibflächen
16 des Achslagergehäuses 2 und Reibflachen 17 des Drehgestellrahmens 4 anliegen. Die
Reibflächen 16 und 17 sind zweckmäßig mit einem Reibbelag versehen. In ihrer Längsmitte
werden die beiden Federblätter 15 mittels einer Stellschraube 18 so gegeneinander
verspannt, daß ein definierter Anpreßdruck auf die Reibflächen 16 und 17 entsteht.
Seitliche Führungsstege 19 des Achslagergehäuses 2 und Führungsstege 20 des Drehgestellrahmens
führen die Federblätter 15.
1. Drehgestell für schnellfahrende Schienenfahrzeuge, bei dem die Radsätze mittels
an den Achslagern angreifenden Doppel-Federblattlenkern am Drehgestellrahmen angebunden
und geführt sind, zwischen Doppel-Federblattlenker und Achslager oder Drehgestellrahmen
Gummizwischenlager vorgesehen sind und zwischen jedem Achslager und dem Drehgestellrahmen
eine vertikale Primärfeder angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen den
Federblattlenkern (3) jeden Doppel-Federblattlenkers ein die horizontalen Längsbewegungen
zwischen Achslager (2) und Drehgestellrahmen (4) dämpfender Schlingerdämpfer (9 bzw.
10 - 12 bzw. 15 - 17) angeordnet ist.
2. Drehgestell nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Schlingerdämpfer als
doppelt wirkender Hydrodämpfer (9) ausgebildet ist.
3. Drehgestell nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Schlingerdämpfer als
Reibdämpfer (10 - 12 bzw. 15 - 17) ausgebildet ist.
4. Drehgestell nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Hydrodämpfer
(9) mit seinem einen Ende am Achslager (2) und mit seinem anderen Ende am Drehgestellrahmen
(4) befestigt ist.
5. Drehgestell nach den Ansprüchen 1 und 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Reibdämpfer
(10 - 12) zwischen den Federblattlenkern (3) auf das Lager des Doppel-Federblattlenkers
wirkend angeordnet ist, das mit dem elastischen Zwischenlager (7) versehen ist.
6. Drehgestell nach den Ansprüchen 1, 3 und 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Reibdämpfer
(10 - 12) einerseits an dem Doppel-Federblattlenker (3) und andererseits am Achslager
(2) oder am Drehgestellrahmen befestigt ist.
7. Drehgestell nach den Ansprüchen 1 und 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Reibdämpfer
aus mindestens zwei einstellbar gegeneinander verspannten Blattfedern (15) besteht,
die an ihren Längsenden beidseitig gegen in Drehgestellängsrichtung angeordnete Reibflächen
(16) des Achslagergehäuses (2) und/oder Reibflächen (17) des Drehgestellrahmens (4)
anliegen.