(19)
(11) EP 0 401 618 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
12.12.1990  Patentblatt  1990/50

(21) Anmeldenummer: 90109959.8

(22) Anmeldetag:  25.05.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5B61F 5/32, B61F 5/30
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 05.06.1989 DE 3918300

(71) Anmelder: ABB HENSCHEL WAGGON UNION GmbH
D-13509 Berlin (DE)

(72) Erfinder:
  • Bieker, Guido, Dipl.-Ing.
    D-5942 Kirchhundem (DE)
  • Kampmann, Gerhard
    D-5902 Netphen 2 (DE)
  • Lohmann, Alfred, Dipl.-Ing.
    D-5900 Siegen-Eisern (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Drehgestell für schnellfahrende Schienenfahrzeuge


    (57) Die Erfindung betrifft ein Drehgestell für schnellfahrende Schienenfahr­zeuge, bei dem die Radsätze (1) mittels Doppel-Federblattlenker (3) am Drehgestellrahmen (4) geführt sind.
    Das Ziel vorliegender Erfindung bestand darin, bei dem Drehgestell einen stabilen ruhigen Geradeauslauf in der Geraden bei Höchstgeschwindigkeiten und eine Radialeinstellung der Radsätze (1) im Schienenbogen bei niedrigen Spurführungskräften zu erreichen.
    Dieses Ziel wird dadurch erreicht, daß zwischen den Federblattlenkern (3) jeden Doppel-Federblattlenkers ein die horizontalen Längsbewegungen zwischen Achslager (2) und Drehgestellrahmen (4) dämpfender Schlinger­dämpfer (9 bzw. 10 - 12 bzw. 15 - 17) angeordnet ist.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Drehgestell für schnellfahrende Schienenfahr­zeuge, bei dem die Radsätze mittels an den Achslagern angreifenden Dop­pel-Federblattlenkern am Drehgestellrahmen angebunden und geführt sind, zwischen Doppel-Federblattlenker und Achslager oder Drehgestellrahmen elastische Zwischenlager vorgesehen sind und zwischen jedem Achslager und dem Drehgestellrahmen eine vertikale Primärfeder angeordnet ist.

    [0002] Drehgestelle der vorstehend genannten Art sind beispielsweise aus der DE-PS 17 55 072 bekannt. Hierbei sind die Langträger des Drehgestellrah­mens über Federn auf die mittels je zwei in verschiedenen Ebenen überein­ander angeordneten, zueinander parallelen Federblattlenker geführten Achslagergehäuse der Radsätze abgestützt, wobei die den Achslagergehäusen abgewandten Enden der Federblattlenker mit einem Festbock als Teil des Drehgestellrahmens spiel- und reibungsfrei fest verbunden sind. An jedem Achslagergehäuse ist hierbei ein in Längsrichtung waagerecht zwischen die freien Enden der Lenkerblätter reichendes Angußauge mit senkrechten, sich symmetrisch nach oben und unten erweiternden Bohrung und einer in dieser befindlichen Buchse aus elastischem Material angebracht und konzentrisch zu der Buchse von oben und unten Klemmringe mit einem außen kegeligen Mantel einsetzbar, deren kleine Stirnflächen einander zugewandt und an deren obere und untere äußere größere Stirnflächen mittels einer Dehn­schraube die freien Enden der Lenkerblätter andrückbar sind, wobei die Klemmringe und die freien Lenkerblätterenden zu einer sich über die Buchse gegenüber dem Achslagergehäuse abstützenden Einheit zusammenfügbar sind. Durch diese Anordnung werden die Laufeigenschaften eines Schienenfahrzeugs bei hohen Geschwindigkeiten durch die nachgiebige Halterung der Feder­blattlenker-Befestigung am Achslagergehäuse verbessert, weil eine gewisse selbsttätige Radialeinstellung der Radsätze erreichbar ist. Durch die Anordnung der Gummizwischenlager ist der Resonanzbereich des Drehgestells in einen Geschwindigkeitsbereich verlegbar, der erfahrungsgemäß in kurzer Zeit beim Anfahren durchfahrbar ist, das heißt, der nicht der Reisege­ schwindigkeit des Schienenfahrzeugs entspricht. Der Resonanzbereich ist dadurch exakt einstellbar, daß die Klemmringe in axialer Richtung einander angenähert oder voneinander entfernt festgestellt werden, wobei eine mehr oder weniger starke Verformung der aus elastischem Material bestehenden Buchse stattfindet.

    [0003] Diese vorbekannte Radsatzführung stellt einen Kompromiß aus stabilem, relativ ruhigem Radsatzlauf in der Geraden und einem möglichst verschleiß­und kräftearmem Lauf im Bogen dar, da eine längsstarre Radsatzführung bei hoher Laufstabilität in der Geraden nur eine geringe radiale Einstellung der Radsätze im Bogen ergibt, wogegen bei einer längsweichen Radsatzfüh­rung die Laufstabilität und damit die Höchstgeschwindigkeit sehr stark herabgesetzt wird zur Erzielung einer wesentlich verbesserten radialen Einstellung der Radsätze und niedrigen Spurführungskräften im Bogen. Es wird also zur Erzielung einer hohen Geschwindigkeit in der Geraden eine möglichst starre Längsanlenkung der Radsätze gewählt. Dieses wiederum führt zu einer schlechteren Radialeinstellung der Radsatze im Bogen und damit zu höheren Spurführungskräften und größerem Spurkranzverschleiß. Soll dagegen die Radialeinstellung der Radsätze verbessert werden, wird eine Verminderung des stabilen, ruhigen Geradeauslaufs der Radsätze in der Geraden und damit eine niedrigere Höchstgeschwindigkeit in Kauf genommen.

    [0004] Die Aufgabe vorliegender Erfindung bestand darin, bei einem Drehgestell der eingangs genannten Art das vorstehend geschilderte gegensätzliche Laufverhalten in der Geraden und im Schienenbogen durch geeignete, ein­fache konstruktive Maßnahmen aufzuheben und bei einem stabilen ruhigen Geradeauslauf in der Geraden bei Höchstgeschwindigkeiten eine Radialein­stellung der Radsätze im Schienenbogen bei niedrigen Spurführungskräften zu erreichen.

    [0005] Gemäß der Erfindung wird diese Aufgabe bei einem Drehgestell der eingangs genannten Art dadurch gelöst, daß zwischen den Federblattlenkern jeden Doppel-Federblattlenkers ein die horizontalen Längsbewegungen zwischen Achslager und Drehgestellrahmen dampfender Schlingerdämpfer angeordnet ist. Hierbei kann gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung der Schlingerdämpfer als doppelt wirkender Hydrodämpfer ausgebildet sein. Gemäß anderen Ausführungsbeispielen der Erfindung ist der Schlingerdämpfer als Reibdämpfer ausgebildet. Bei Verwendung eines Hydrodämpfers als Schlingerdämpfer ist dieser mit seinem einen Ende am Achslager und mit seinem anderen Ende am Drehgestellrahmen befestigt. Bei Verwendung eines Reibdämpfers als Schlingerdämpfer ist dieser gemäß einem Ausführungsbei­spiel zwischen den Federblattlenkern auf das Lager des Doppel-Federblatt­lenkers wirkend ausgebildet, das mit dem elastischen Zwischenlager ver­sehen ist. Hierbei ist der Reibdämpfer einerseits an den Doppel-Feder­blattlenker und andererseits am Achslager oder am Drehgestellrahmen befestigt.

    [0006] Bei einem dritten Ausführungsbeispiel besteht der Reibdämpfer aus minde­stens zwei einstellbar gegeneinander verspannten Blattfedern, die an ihren Längsenden beidseitig gegen in Drehgestellängsrichtung angeordnete Reib­flächen des Achslagergehäuses und/oder des Drehgestellrahmens anliegen.

    [0007] Durch eine weiche Ausbildung des elastischen Zwischenlagers kann eine fast ideale radiale Einstellung der Radsätze bis zu den im Personenfernverkehr kleinsten Bogenradien von 250 m bei einer guten Gleichverteilung der Radsatzführungskräfte am vor- und nachlaufenden Radsatz erreicht werden. Ebenfalls können mit der erfindungsgemäßen Ausbildung des Drehgestells jetzt höhere Geschwindigkeiten in größeren Bögen gefahren werden, da genügend Reserven für die Aufnahme von dynamischen Führungskräften infolge Gleislagefehlern vorhanden sind. Der Spurkranzverschleiß wird deutlich verringert. Durch die Anordnung der Schlingerdämpfer bleiben die für einen stabilen, ruhigen Radsatzlauf in der Geraden erforderlichen Radsatzfüh­rungskräfte erhalten.

    [0008] Einzelheiten der Erfindung werden anhand von Ausführungsbeispielen in der Zeichnung erläutert.

    [0009] Es zeigen

    Fig. 1 die Seitenansicht eines Drehgestells für schnellfahrende Schie­nenfahrzeuge gemäß der Erfindung in Seitenansicht,

    Fig. 2 eine vergrößerte Darstellung der Radsatzführung des Drehgestells nach Fig. 1 in Draufsicht, zum Teil im Schnitt, gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel der Erfindung,

    Fig. 3 den Schnitt nach Linie III-III der Fig. 2,

    Fig. 4 die Draufsicht wie Fig. 2, gemäß einem zweiten Ausführungsbei­spiel der Erfindung,

    Fig. 5 den Schnitt nach Linie V-V der Fig. 4.

    Fig. 6 einen vertikalen Längsschnitt durch die Radsatzführung des Drehgestells nach Fig. 1, gemäß einem dritten Ausführungsbei­spiel der Erfindung,

    Fig. 7 die Draufsicht auf die Radsatzführung nach Fig. 6, zum Teil im Schnitt.



    [0010] Die Radsätze 1 des Drehgestells sind über ihre Achslager 2 und an diesen horizontal angeordnete Doppel-Federblattlenker 3 am Drehgestellrahmen 4 angebunden und geführt. Die beiden Federblattlenker jeden Doppel-Feder­blattlenkers 3 sind dabei am Drehgestellrahmen 4 über Zahnplatten 5 einstellbar und starr befestigt. Am Achslager 2 sind die Federblattlenker jeden Doppel-Federblattlenkers 3 ebenfalls über Zahnplatten 6 jedoch unter Zwischenschaltung von elastischen Zwischenlagen 7 einstellbar befestigt. Mittels einer Dehnschraube 8, die die beiden Federblattlenker am Achsla­gergehäuse befestigt, sind die Gummizwischenlagen 7 exakt vorspannbar. Durch eine entsprechend gewählte Vorspannung der Dehnschraube 8 ist wiederum die horizontale Längssteifigkeit der Gummizwischenlage 7 genau einstellbar. Zwischen den beiden Federblattlenkern des Doppel-Federblatt­lenkers 3 ist ein Hydrodämpfer 9 angeordnet, der mit seinem einen Ende am Drehgestellrahmen 4 und mit seinem anderen Ende am Achslager 2 gelenkig befestigt ist. Der Hydrodämpfer, der doppelwirkend ausgebildet ist, wirkt somit in horizontaler Längsrichtung zwischen Drehgestellrahmen und Achs­lagergehäuse.

    [0011] Bei dem in den Figuren 4 und 5 dargestellten Ausführungsbeispiel der Erfindung ist der Radsatz ebenfalls über das Achslagergehäuse 2 und Doppel-Federblattlenker 3 am Drehgestellrahmen 4 horizontal angebunden und geführt. Der Doppel-Federblattlenker 3 ist dabei wie bei dem in den Figuren 2 und 3 beschriebenen Ausführungsbeispiel der Erfindung am Dreh­gestellrahmen 4 und am Achslager 2 befestigt. Zwischen den Zahnplatten 6 und dem Achslagergehäuse 2 sind ebenfalls elastische Zwischenlager 7 angeordnet. Zwischen den Zahnplatten 6 und einem horizontalen Flansch 2a des Achslagergehäuses 2 sind bei diesem Ausführungsbeispiel der Erfindung Tellerfedern 10 vorgesehen, die Reibringe 11 beidseitig gegen Reibbeläge 12 des Flansches 2a des Achslagergehäuses 2 anpressen. Über die Dehn­schraube 8 sind die Tellerfedern 10 und damit die Anpreßkraft der Reib­fläche 11 auf dem Reibbelag 12 einstellbar. Zahnplatten 6 und Dehnschraube 8 sind mit Spiel in einer Bohrung 13 des Flansches 2a des Achslagergehäu­ses 2 geführt, so daß die erforderliche Ausschwenkung des Radsatzes mit dem Achslager 2 bei Radialeinstellung des Radsatzes im Bogenlauf möglich ist.

    [0012] Bei dem in den Figuren 6 und 7 dargestellten Ausführungsbeispiel der Erfindung ist der Radsatz 1 wieder über das Achslagergehäuse 2 und Dop­pel-Federblattlenker 3 am Drehgestellrahmen 4 horizontal befestigt und geführt. Zwischen den beiden Federblattlenkern des Doppel-Federblattlen­kers 3 sind zwei gewölbte Federblätter 15 angeordnet, die an ihren Längs­enden seitlich gegen in Drehgestellängsrichtung angeordnete Reibflächen 16 des Achslagergehäuses 2 und Reibflachen 17 des Drehgestellrahmens 4 anliegen. Die Reibflächen 16 und 17 sind zweckmäßig mit einem Reibbelag versehen. In ihrer Längsmitte werden die beiden Federblätter 15 mittels einer Stellschraube 18 so gegeneinander verspannt, daß ein definierter Anpreßdruck auf die Reibflächen 16 und 17 entsteht. Seitliche Führungs­stege 19 des Achslagergehäuses 2 und Führungsstege 20 des Drehgestellrah­mens führen die Federblätter 15.


    Ansprüche

    1. Drehgestell für schnellfahrende Schienenfahrzeuge, bei dem die Radsätze mittels an den Achslagern angreifenden Doppel-Federblattlenkern am Drehgestellrahmen angebunden und geführt sind, zwischen Doppel-Feder­blattlenker und Achslager oder Drehgestellrahmen Gummizwischenlager vorgesehen sind und zwischen jedem Achslager und dem Drehgestellrahmen eine vertikale Primärfeder angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen den Federblattlenkern (3) jeden Doppel-Federblattlenkers ein die horizontalen Längsbewegungen zwischen Achslager (2) und Drehgestellrahmen (4) dämpfender Schlingerdämpfer (9 bzw. 10 - 12 bzw. 15 - 17) angeordnet ist.
     
    2. Drehgestell nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Schlingerdämpfer als doppelt wirkender Hydrodämpfer (9) ausgebildet ist.
     
    3. Drehgestell nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Schlingerdämpfer als Reibdämpfer (10 - 12 bzw. 15 - 17) ausgebildet ist.
     
    4. Drehgestell nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Hydrodämpfer (9) mit seinem einen Ende am Achslager (2) und mit seinem anderen Ende am Drehgestellrahmen (4) befestigt ist.
     
    5. Drehgestell nach den Ansprüchen 1 und 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Reibdämpfer (10 - 12) zwischen den Federblattlenkern (3) auf das Lager des Doppel-Federblattlenkers wirkend angeordnet ist, das mit dem elastischen Zwischenlager (7) versehen ist.
     
    6. Drehgestell nach den Ansprüchen 1, 3 und 5, dadurch gekennzeich­net, daß der Reibdämpfer (10 - 12) einerseits an dem Doppel-Federblattlen­ker (3) und andererseits am Achslager (2) oder am Drehgestellrahmen befestigt ist.
     
    7. Drehgestell nach den Ansprüchen 1 und 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Reibdämpfer aus mindestens zwei einstellbar gegeneinander verspann­ten Blattfedern (15) besteht, die an ihren Längsenden beidseitig gegen in Drehgestellängsrichtung angeordnete Reibflächen (16) des Achslagergehäuses (2) und/oder Reibflächen (17) des Drehgestellrahmens (4) anliegen.
     




    Zeichnung






















    Recherchenbericht