(19)
(11) EP 0 401 726 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
12.12.1990  Patentblatt  1990/50

(21) Anmeldenummer: 90110560.1

(22) Anmeldetag:  05.06.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C21D 1/20, C21D 1/78, C21D 9/16
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI SE

(30) Priorität: 08.06.1989 DE 3918700

(71) Anmelder: DIEHL GMBH & CO.
D-90478 Nürnberg (DE)

(72) Erfinder:
  • Scharf, Peter
    D-8500 Nürnberg 70 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Festigkeitssteigerung von Vergütungsstahl und Verwendung eines so behandelten Vergütungsstahles


    (57) Es wird ein Verfahren zur Herstellung eines durch Zerspanung bearbeitbaren hochfesten Metallgegestandes aus einem Metallrohling, sowie eine Verwendung des Metallgegestandes, beschrieben. Verfahrensgemäß erfolgt nach der zerspanenden Bearbeitung des Metallrohlings zur Eliminierung von im Metallrohling vorhandenen Walz- bzw. Schmiedenspannungen eine Weichvergütung. Nach der Weichvergütung wird der Metallgegenstand erforderlichenfalls zerspanend fertigbe­arbeitet. Abschließend erfolgt eine Vergütung auf Festig­keit ( ca. 1800N/mm² ) nur mit Anlaßtemperaturen zwischen etwa 200 und 250°C, wonach ggf. eine feine Schliefbearbei­tung des Metallgegenstandes erfolgt. Für den Metallrohling kommt vorzugsweise der Vergütungsstahl 30 CrNiMo 8 gemäß DIN 17 200 zur Anwendung.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des An­spruches 1 und die Verwendung eines so behandelten Stahles gemäß dem Patentanspruch 3.

    [0002] In der DE-OS 36 31 078 ist dargestellt, daß die Funktion von Such­zünder-Submunition relativ große Durchbrechungen in der Munitions­hülle bedingt, um darin beispielsweise Sensoren aufzunehmen, die in einem bestimmten Funktionsstadium aus dem Inneren der Hülle durch die Wandung hindurch nach außen bewegt werden müssen. Da solche Submunitions-Hüllen jedoch beim Abschuß aus einem Waffenrohr extrem hohen Beschleunigungen ausgesetzt und zusätzlich durch axial gesta­pelte weitere Submunitionen belastet werden, besteht die Gefahr einer bleibenden Verformung in der Umgebung dieser konstruktiven Schwachstellen, so daß es nach dem Abschuß nicht mehr möglich ist, die Sensoren durch die Wandungs-Durchbrechungen nach außen in ihre Funktionsstellung zu bewegen; mit der Folge, daß die Submunition nicht funktionstüchtig wird. Diese Gefahr ist desto größer, da im Interesse einer Nutzlast-Optimierung Submunitions-Hüllen mit möglichst geringer Wandstärke angestrebt werden müssen, was die Verformungsgefahr in der Umgebung von Durchbrechungs-Schwachstellen noch erhöht.

    [0003] Um eine ausreichende Formstabilität zu gewährleisten, wäre es grund­sätzlich möglich, bekannte höchstfeste Stähle wie z. B. den Vergü­tungsstahl X 41 CrMoV 51 einzusetzen, wie er in dem Fachbuch "Werk­stoffkunde-Stahl" Band 2 (Anwendung), Herausgeber: Verein Deutscher Eisenhüttenleute, Springer-Verlag 1985, Seiten 224 bis 227 beschrie­ben ist. Ein solcher Spezialstahl weist zwar die extreme Zugfestig­keit in der Größenordnung bis 1900 N/mm² auf, er ist jedoch zu teuer für die Fertigung eines Wegwerf-Massenartikels wie im Falle der Suchzünder-Submunition.

    [0004] Vergleichsweise preisgünstig ist dagegen ein gängiger genormter Vergütungsstahl, wie er im Prospekt der Firma Stahlwerke Südwestfalen AG, Hüttental-Geisweid, Druckschrift Nr. 500, Ausgabe Juli 1971, Seite 82, als 30 CrNiMo 8 beschrieben ist. Seine Zugfestigkeit ist, in Abhängigkeit von der zwischen 500°C und 650°C betragenden Anlaß­temperatur, mit Werten zwischen 900 und 1450 N/mm² jedoch zu niedrig für die bei Suchzünder-Submunition auftretenden beschriebenen mecha­nischen Beanspruchungen. Das bestätigt sich aus der nach DIN 17200 (Bild 5 auf Seite 13) entnehmbaren Anhaltsangabe über den Einfluß der Anlaßtemperatur auf Zugversuchs-Kennwerte, wo die unterste Anlaß­temperatur mit 550°C angegeben ist.

    [0005] In Erkenntnis dieser Gegebenheiten liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, für einen handelsüblichen, genormten und preiswert verfügbaren Vergütungsstahl ein Wärmebehandlungs-Verfahren zu derartiger Steige­rung seiner Festigkeit anzugeben, daß die Beanspruchbarkeit der erwähnten höchstfesten Sonderstähle erreicht wird; so daß ein preis­werter Ausgangsrohstoff für den geschmiedeten Metall-Rohling verfügbar wird, der einer mechanischen Bearbeitung zu einer extrem maßgenauen und mechanisch höchst-beanspruchbaren Submunitionshülle unterzogen werden kann.

    [0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das Wärme­behandlungs-Verfahren gemäß dem Kennzeichnungsteil des Ansprüches 1 abläuft und ein dadurch auf eine Festigkeit in der Größenordnung um 1800 N/mm² gesteigerter handelsüblicher Vergütungsstahl für die Erstellung der beschriebenen Submunitions-Hülle verwendet wird.

    [0007] Dabei wird hinsichtlich der einzelnen Vergütungs-Wärmebehandlungsmaß­nahmen als solcher auf die gängigen Mittel und Maßnahmen der Legie­rungsstahl-Vergütung zurückgegriffen, vgl. insbesondere Kapitel D 8.3.5 "Verarbeitungseigenschaften" im erwähnten Fachbuch "Werkstoffkunde-Stahl" oder die Kapitel "Weichglühen", "Umwandlungsglühen", "Spannungsfrei­glühen" und "Vergüten" auf den Seiten 227 ff im "Handbuch der Sonder­stahlkunde" von E. Houdremont, 3. Auflage, 1. Band, Springer-Verlag 1956. Die Besonderheit des erfindungsgemäßen Wärmebehandlungsverlau­fes, der die überraschende Festigkeitssteigerung eines für derartige Beanspruchungen gar nicht angebotenen Vergütungsstahles erbringt, liegt nach der erfindungsgemäßen Lösung also darin, nach gestufter Vorerwärmung (wobei die Haltezeit auf den Temperaturstufen unkritisch ist, wenn nur sichergestellt ist, daß auf jeder Temperaturstufe der Rohling durch und durch die angegebene Temperatur angenommen hat) und nach einem Austenitisieren und Abschrecken, entgegen der üblichen Anlaß-Behandlung von Vergütungsstählen bei etwa 500°C (um Martensit zerfallen und Eisenkarbid ausscheiden zu lassen), nun nur ein wie bei Werkzeugstählen übliches Entspannen bei entsprechend niedrigeren Temperaturen vorzunehmen, um tetragonale Verzerrungen des Martensit abzubauen, die beim vorangegangenen Härten entstanden.

    [0008] Zweckmäßigerweise wird zwischen die mechanische Grundbearbeitung des senkgeschmiedeten Metall-Rohlings und dessen Fertigbearbeitung ein Abbau der mechanischen Spannungen im Metallrohling durch die gleiche Wärmebehandlung, wie für die abschließende Vergütung auf Festigkeit, vorgenommen, jedoch mit dem Unterschied, daß das Anlassen bei niedriger Temperatur nun ersetzt ist durch ein Weichglühen bei einer Temperatur oberhalb der üblichen Anlaß-Temperatur von Vergü­tungsstahl. Nach der daraufhin erfolgenden Endbearbeitung wird durch die beschriebene abschließende Festigkeits-Vergütung die Maßhaltig­keit des Werkstückes praktisch nicht mehr beeinflußt, so daß allen­falls noch bestimmte Paß-Flächen geschliffen oder poliert werden müssen, wo lokal engste Abmessungs-Toleranzen zu gewährleisten sind.

    [0009] Auf jeden Fall wird durch die erfindungsgemäße Behandlung die bisher angebotene Zugfestigkeit eines preiswerten handelsüblichen Vergütungs­stahles von der angebotenen Obergrenze bei 1450 N/mm²auf die Größen­ordnung von 1800 N/mm² und mehr gesteigert, also in die Festig­keits-Größenordnung der teueren höchstfesten Sonderstähle wie X 41 CrMoV 51.

    [0010] Dabei ist auch verfahrenstechnisch von Vorteil, daß das zweistufige Vorwärmen vor dem Austenitisieren sowohl des vorbearbeiteten wie auch dann des endbearbeiteten massiven Metallkörpers hinsichtlich der Stufen-Haltezeiten unkritisch ist.

    [0011] Bei einem Metall-Rohling aus Stahl DIN 17200-30 CrNiMo8 sollen die Legierungsbestandteile innerhalb bestimmter genormter unterer und oberer Grenzen liegen, wie in nachstehender Tabelle angegeben.

    [0012] Vorwärmen, ein sich an das Vorwärmen anschließendes Austenitisieren, ein an das Austenitisieren anschließendes Abschrecken und ein an das Abschrecken anschließendes Weich­glühen erfolgt. Das Vergüten auf Festigkeit erfolgt vor­zugsweise mit einer Anlaßtemperatur um 220°C.

    [0013] Beim erfindungsgemäßen Verfahren wird vorzugsweise ein Metallrohling aus 30 CrNiMo 8 gemäß DIN 17 200 verwendet. Bei diesem Vergütungsstahl liegen die einzelnen Legierungs­bestandteile - wie aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich ist - innerhalb bestimmter unterer und oberer Grenzen:

    Tabelle



    [0014] (Vergütungsstahl 30 CrNiMo 8 gemäß DIN 17 200; die Zahlen­werte sind Massenanteile in %)
    C 0,26 bis 0,34
    Si ≦0,40
    Mn 0,30 bis 0,60
    P ≦0,035
    S ≦0,03
    Cr 1 ,80 bis 2,20
    Mo 0,30 bis 0,50
    Ni 1,80 bis 2,20

    [0015] Es wurde festgestellt, daß überraschend hohe Festigkeits­werte erzielt werden, wenn ein Metallrohling aus 30 CrNiMo 8 gemäß DIN 17 200 verwendet wird, dessen Legierungsbestand­teile, insbesondere sein Kohlenstoff-Anteil, jeweils an den entsprechenden Obergrenzen, und dessen übrige nicht­metallische Elemente an den entsprechenden Untergrenzen liegen. Erfindungsgemäß wird - wie bereits erwähnt worden ist - insbesondere der C-Gehalt an der in der Tabelle an­gegebenen Obergrenze gewählt. Dadurch wird die Härtbarkeit gewährleistet. Die Elemente S und P werden jedoch reduziert, um bei hohen Festigkeitswerten noch ausreichende Zähigkeits­werte zu gewährleisten. Im konkreten Fall liegt die Zug­festigkeit bei ( 1650 + 150 ) N/mm². Ebenso bewirkt die Begrenzung der nichtmetallischen Einschlüsse ausreichende Zähigkeitswerte bei hohen Festigkeite des Vergütungsstahls- wie ausgeführt worden ist. Es wurde festgestellt, daß ein in seiner Analyse auf die oben angegebenen Werte einge­schränkter 30 CrNiMo 8 -Vergütungsstahl mit einer Festig­keit von 1600 bis 1800 N/mm² im Vergleich zu bekannten höchstfesten Vergütungsstählen mit gleicher Festigkeit, wie 32 CrMoV 12 10, 50 CrMo 4, 56 NiCrMov 12 5 die besten Zähigkeitswerte aufweist. Ein nach den oben beschriebenen Verfahren hergestellter Metallgegenstand kann in vorteil­hafter Weise für Submunitionshüllen von Suchzündermunition verwendet werden.

    [0016] Nachfolgend werden die wesentlichen Schritte des erfindungs­gemäßen Verfahrens zur Herstellung eines durch Zerspanung bearbeitbaren höchstfesten Metallgegenstandes detaillierter beschrieben, bei denen es sich um die Weichvergütung und um die Vergütung auf Festigkeit des Metallgegenstandes aus dem an sich bekannten Vergütungsstahl 30 CrNiMo 8 handelt.

    I. Weichvergütung des Metallrohlings zum Spannungsabbau:



    [0017] 

    1. Aufstellen einer Anzahl von Metallrohlingen in einer dafür vorgesehenen Vorrichtung,

    2. zweistufiges Vorwärmen-

    1. Vorwärmstufe bei Temperaturen um 300°C,

    2. Vorwärmstufe bei Temperaturen um 550°C,

    3. Austenitisieren bei Temperaturen um 840 bis 850°C während einer Dauer von ca. 40 min in einem Salzbad,

    4. Abschrecken in einen Salzbad, das eine Temperatur von ca. 160 bis 170°C aufweist; Verweildauer im Salzbad ca. 30 bis 40 min; Restabkühlung an Luft,

    5. Weichglühen bei einer Temperatur von ca. 700°C während einer Zeitdauer von ca. 60 min in einen Salzbad; an­schließend Abkühlung durch langsames Abheizen,

    6. Waschen.


    II. Vergüten des bearbeiteten Metallgegenstandes auf Festig­keit:



    [0018] 

    1. Aufstellen der bearbeiteten Metallgegenstände in einer dafür vorgesehenen Vorrichtung (-wie oben unter Pkt. I.1),

    2. zweistufiges Vorwärmen (-wie oben unter. Pkt.I.2),

    3. Austenitisieren (-wie oben unter Pkt.I.3),

    4. Abschrecken (-wie oben unter Pkt.I.4),

    5. Waschen,

    6. Härteprüfung z.B. mittels Vickers-Verfahren DIN 50133 HV 30 oder mittels Rockwell-Verfahren DIN 50103,

    7. Anlassen bei einer Temperatur um 220°C während einer Verweildauer von ca. 3 h in einer Luft-Ofenatmosphäre; anschließend Abkühlung an Luft,

    8. Härteprüfung z.B. nach dem Vickers-Verfahren HV 30 oder nach dem Rockwell-Verfahren mit jeweils mindestens drei Eindrücken.




    Ansprüche

    1. Verfahren zur Festigkeitssteigerung eines spanend bearbeiteten Metallrohlings aus Vergütungsstahl DIN 17200-3OCrNiMo8 durch mehrstufige Wärmebehandlung,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der vorbearbeitete und spannungsfrei geglühte Rohling Legie­rungsanteile an der Obergrenze der genormten Spanne, bei Beschrän­kung nichtmetallischer Beimengungen auf die Untergrenze der ge­normten Spannen, aufweist und nach seiner mechanischen Endbearbei­tung auf Festigkeit vergütet wird, indem er zunächst auf etwa 300°C und dann weiter auf etwa 500°C vorgewärmt wird, von wo aus er zum Austenitisieren in einem Salzbad über ca. 40 Minuten bei einer Temperatur von 840°C bis 850°C gehalten und daraus dann in einem Salzbad von ca. 160°C bis 170°C über etwa 30 bis 40 Minuten abgeschreckt und dann zur Restabkühlung der Umgebungs­luft ausgesetzt wird; mit abschließendem bloßen Entspannungs-An­lassen über ca. drei Stunden bei einer Temperatur zwischen etwa 200°C und 250°C an Luft-Ofenatmosphäre.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der vorbearbeitete Rohling, vor seiner mechanischen Endbear­beitung mit anschließender Festigkeits-Vergütung und Entspan­nungs-Anlassung, einem Entspannungs-Glühen unterzogen wird, das die gleichen Wärmebehandlungsschritte wie die Festigkeits-Vergü­tung aufweist, aber abschließend anstelle des Entspannungs-Anlas­sens ein Entspannungs-Glühen bei ca. 700°C während ca. 60 Minuten in einem Salzbad erfährt, aus dem heraus dann der Rohling durch langsames Abheizen zur mechanischen Endbearbeitung mit abschließen­der Festigkeits-Vergütung abgekühlt wird.
     
    3. Verwendung eines nach dem Verfahren nach Anspruch 1 oder 2 in seiner Festigkeit gesteigerten handelsüblichen Vergütungsstahles zur Herstellung einer trotz konstruktiv bedingter lokaler Schwach­stellen hoch-beanspruchbaren Suchzünder-Submunitionshülle.
     





    Recherchenbericht