(19)
(11) EP 0 401 729 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
12.12.1990  Patentblatt  1990/50

(21) Anmeldenummer: 90110569.2

(22) Anmeldetag:  05.06.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C22C 38/12
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 09.06.1989 DE 3918869

(71) Anmelder: Thyssen Edelstahlwerke AG
D-40211 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Engineer, Serosh, Dr.-Ing.
    D-4150 Krefeld (DE)
  • Schüler, Volker, Dipl.-Ing.
    D-4150 Krefeld (DE)
  • Huchtemann, Bernd, Dr.-Ing.
    D-4150 Krefeld (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
     
    Bemerkungen:
    Die Bezeichnung der Erfindung wurde geändert (Richtlinien für die Prüfung im EPA, A-III, 7.3).
     


    (54) Verwendung von ausscheidungshärtbaren ferritisch-perlitischen Stählen für erhöhten Temperaturen ausgesetzte Bauteile


    (57) Die Erfindung betrifft auscheidungshärtbare ferritisch-perlititsche (AFP-) Stähle, bestehend aus
    0,2 bis 0,5 % Kohlenstoff
    0,4 bis 1,0 % Silizium
    0,8 bis 1.8 % Mangan
    0,008 bis 0,2 % Schwefel
    0,004 bis 0,04 % Stickstoff
    0,05 bis 0,20 % Vanadium und/oder Niob
    Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen für Bauteile, die bei erhöhten Temperaturen bis 560 °C beansprucht werden.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung von AFP-Stählen für erhöhten Temperaturen ausgesetzte Bauteile.

    [0002] Im Schrifttum1) - 7) liegen zahlreiche Untersuchungen zum Zeitstand­verhalten warmfester Stähle vor, die den Vorteil von Härtungsgefügen hoher Bildungstemperatur wie z.B. oberer Bainit aufzeigen. Ein Nachteil im Vergleich zu Härtungsgefügen niedrigerer Bildungstemperatur wie z.B. unterer Bainit oder Martensit ist die geringere Zähigkeit bei Raumtemperatur. In einer Untersuchung8) über 1 % CrMoV-Stähle wurde sogar nachgewiesen, daß Mischgefüge aus Ferrit und Perlit, die also bei nioch höherer Bildungstemperatur entstehen, gleich hohe Zeitstand­festigkeitseigenschaften aufweisen wie ein auf gleiche Festigkeit angelassenes bainitisches Gefüge. Ein Nachteil des Mischgefüges aus Ferrit und Perlit ist die geringe Kerbschlagzähigkeit von rd. 10 J bei Raumtemperatur, so daß angestrebt wird, ein derartiges Gefüge durch geeignete Stahlauswahl oder durch geeinete Wahl des Abschreckmediums zu vermeiden.

    [0003] Die Erfindung bezieht sich nun auf die Verwendung von ausscheidungshärt­baren ferritisch-perlititschen Stählen, nachfolgend kurz "AFP-Stähle" genannt, mit der in dem Ansprüchen angegebenen Zusammensetzung für warmfeste Bauteile, die vorzugsweise durch Umformen, wie Walzen und Schmieden bei hohen Temperaturen, erhalten werden. Zur Erhöhung der Feinkornbeständigkeit und damit Zähigkeit kann insbesondere Titan bis 0,05 % zulegiert werden.

    [0004] Es hat sich gezeigt, daß bei derartigen Stählen mit entsprechender Feinkörnigkeit des ferritisch-perlitischen Gefüges ohne Wärmebehandlung, nur durch kontrollierte Abkühlung aus der Umformwärme (Zustand BY) eine Verbesserung der Kerbschlagarbeitswerte bei Raumtemperatur auf mindestens 25 J, teilweise noch mehr erreicht werden kann. Für Bauteile, die bei erhöhten Temperaturen bis 560 °C, insbesondere 300 bis 560 °C, eingesetzt werden, sind derartige Werte ausreichend hoch.

    [0005] Die chemische Zusammensetzungen einiger beispielshafter erfindungsgemäß zu verwendender Stähle sind in Tafel 1 aufgeführt.

    [0006] Tafel 2 enthält dazu die Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften bei Raumtemperatur. Es sind die Eigenschaften von Vergleichsstählen mit aufgeführt. Es zeigt sich, daß gegenüber unlegierten oder niedriglegierten warmfesten Stählen höhere Festigkeitseigenschaften erzielt werden, obwohl diese normalgeglüht werden, während die erfindungsgemäß zu verwendenden im abgekühlten (BY-) Zustand vorlagen, also ohne jede Wärmebehandlung diese Eigenschaften erreichen.

    [0007] Tafel 3 enthält in gleicher Weise wie Tafel 2 die Festigkeitseigenschaften bei erhöhten Temperaturen. Auch hier zeigen die erfindungsgemäß zu verwendenden Stähle etwa gleich hohe oder höhere Werte wie die zum Vergleich herangezogenen Normstähle.

    [0008] Tafeln 4a bis c enthalten die Ergebnisse der Zeitstandversuche der erfindungsgemäß zu verwenden Stähle. Diese Ergebnisse sind für 450 °C in Fig. 1, für 500 °C in Fig. 2 und für 550 °C in Fig. 3 als Zeitstand-­Isotherme dargestellt.

    [0009] Tafel 5 enthält die aus den Figuren 1 bis 3 ablesbaren Kennwerte für die Zeitstandfestigkeit der erfindungsgemäß zu verwendenden Stähle für 1000, 10 000 und 100 000 Stunden Beanspruchungsdauer. Zum Vergleich sind Anhaltswerte der Vergleichsstähle aus den entsprechenden Normen mit angegeben. Die erfindungsgemäß zu verwendenden Stähle weisen höhere Werte auf. In Fig. 4 sind die Kennwerte der AFP-Stähle in Abhängigkeit von der Prüftemperatur aufgetragen. Die gemeinsame Darstellung von 0,2 %-Dehngrenzen und Zeitstandfestigkeiten in Abhängigkeit von der Prüftem­peratur in Fig. 5 macht deutlich, daß zeitabhängig oberhalb von soge­nannten Schnittpunkttemperaturen nicht mehr mit der Warmstreckgrenze sondern mit Kennwerten aus dem Zeitstandversuch gerechnet werden muß.
    Tafel 1
    Chemische Zusammensetzung erfindungsgemäß zu verwendender Stähle
    (Angabe in Masse-%)
    Element Stahl A Stahl B Stahl C
    C 0,27 0,33 0,43
    Si 0,68 0,70 0,66
    Mn 1,43 1,51 1,38
    P 0,013 0,018 0,008
    S 0,039 0,035 0,027
    Cr 0,14 0,24 0,15
    Mo 0,01 < 0,01 0,02
    Ni 0,02 0,03 0,08
    V 0,10 0,10 0,12
    Al 0,024 0,022 0,047
    Cu 0,02 < 0,01 0,10
    N 0,017 0,016 0,016
    Ti 0,02 0,017 < 0,003
    Tafel 2
    Festigkeitseigenschaften bei Raumtemperatur
    Stahl Rp0,2 N/mm² Rm N/mm² A₅ % Z % Av in Joule DVM-Probe ISO-V-Probe
    A +) 559 789 22,8 66 41/52/55/56 24/28/29/32
      562 806 24,0 64    
    B +) 570 861 21,4 57 25/26/41 17/13/10
      565 858 21,4 57    
    C +) 631 898 18,8 53 n.b. n.b.
      628 894 17,1 53    
    1.1181**) 280 500- 650 22 45    
    1.0481*) 230-2901) 440- 5801) 20-211)     313)
    1.0473*) 295-3551) 480- 6501) 20     313)
    1.0345*) 185-2351) 350- 4801) 23-241)     313)
    1.0425*) 200-2651) 400- 5301) 21-221)     313)
    1.0305*) 215-2351) 360- 4801) 23-251)   342)  
    1.0405*) 235-2551) 410- 5301) 19-211)   272)  
    +) Zustand BY
    *) Werte nach Norm im normalgeglühten Zustand
    **) Werte nach Norm im vergüteten Zustand
    1) abmessungsabhängig
    2) Querwerte
    3) Querwerte bei 0 °C
    Tafel 3
    Festigkeitseigenschaften bei erhöhten Temperaturen
    Stahl Prüftemp. °C Rp0,2 N/mm² Rp1,0 N/mm² Rm N/mm² A₅ % Z %
    A +) 450 357 425 554 29,2 77
        364 422 546 30,0 77
      500 305 351 465 27,0 66
        306 352 467 29,2 62
      550 241 276 383 26 45
        245 280 383 24 47
    C +) 450 412 500 668 30,0 77
        432 532 694 27,2 76
      500 344 426 564 28,8 77
        355 458 591 28,8 77
      550 272 360 444 36,0 77
        286 354 403 37,2 77
    1.0481*) 450 115-1351)        
    1.0473*) 450 135-1551)        
    1.0345*) 450 95-1051)        
    1.0425*) 450 115-1251)        
    1.0305*) 450 105        
    1.0405*) 450 125        
    1.0305*) 450 105        
    1.0405*) 450 125        
    +) Zustand BY
    *) Werte nach Norm im normalgeglühten Zustand
    1) abmessungsabhängig
    Tafel 4a
    Stahl A
    Zeitstandverhalten bei 450 bis 550 °C
    Abmessung: 46 mm Dmr.
    Probenlage: längs D/6
    Zustand: BY
    Probenform Beanspruchung Beanspruchungsdauer h Bruch-
    glatt gekerbt1) °C N/mm²   dehnung A₅ % einschnürung Z %
    x   450 380 29,5 16,2 21
    x     250 1192,5 6,2 8
    x     180      
    x   500 230 50,2 8,6 12
    x     160 952,5 6,2 10
    x     100      
    x   550 130 324,5 7 10
    x     80 3833,5 7,2 14
    x     30      
      x 450 380 90    
      x   250 1468    
      x   180 7954    
      x 500 230 58,5    
      x   160 882,5    
      x   100      
      x 550 130 293,0    
      x   80 5286,0    
      x   30      
    1) αk=0 3,8
    Tafel 4b
    Stahl C
    Zeitstandeigenschaften bei 450 - 550 °C
    Wärmebehandlung: 950 °C 10′ → 660 °C 20 ′/L
    Abemssung: 65 mm Dmr.
    Probenlage: längs D/6
    Beanspruchung Beanspruchungsdauer in h A₅ % Z % Bemerkung
    °C N/mm² 1 % Zeit dehngrenze Zeitstandfestigkeit      
      420 0,5 49,5 34,2 66  
    450 340 5 446,2 42,4 39  
      300 55 1351,5 20,1 19 1)
      300 0,5 70,5 45 54  
    500 220 5 238 47 38  
      120 305 5468,5 30,2 26 1)
      200 1 62 38,4 38  
    550 120 15 315 32,2 26  
      40 521 8455 31,9 26 1)
    1) Probe z.Z. noch nicht gebrochen
    Tafel 4c
    Stahl C
    Zeitstandeigenschaften bei 450, 500 und 550 °C
    Zustand: BY / gezogen / geschliffen
    Prüfung am Vollquerschnitt
    Abmessung: 9,32 mm Dmr.
    Prüftemperatur °C Beanspruchung N/mm² Beanspruchungsdauer h A₅ % Z %
    450 430 24,4 19,4 66
      310 1356,2 11,7 19
    500 270 111,0 16,6 28
      160 691,8 12,9 15
    550 160 61,3 17,2 22
      85 475,9 19,4 21



    Schrifttum:



    [0010] 

    1) Schinn, R.: Siemens-Z. 41 (1967), S. 65/69

    2) Norton, J. F.; Strang, A.: J. Iron Steel Inst. 207 (1969), S. 193/203

    3) Prnka, T.; Foldyna, V.: Arch. Eisenhüttenwesen 40 (1969), S. 499/­504

    4) Florin, C.; Hammerstein, P.; Imgrund, H.: Arch. Eisenhüttenwesen 41 (1970), S. 231/36

    5) Baerlecken, E.; Fabritius, H.: Arch. Eisenhüttenwesen 33 (1962), S. 261/67

    6) Florin, C.; Horstmann, D.; Imgrund, H.: Arch. Eisenhüttenwesen 45 (1974), S. 457/63

    7) Stone, P. G.; Murray, J. D.: J. Iron Steel Inst. 203 (1965), S. 1094/­1107

    8) Huchtemann, B., Rademacher L.: TEW-Techn. Ber. 2 (1976) H. 2, S. 137/144

    9) DE-PS 37 19 569




    Ansprüche

    1. Verwendung ausscheidungshärtbarer ferritisch-perlitischer (AFP-) Stähle, bestehend aus
    0,2 bis 0,5 % Kohlenstoff
    0,4 bis 1,0 % Silizium
    0,8 bis 1,8 % Mangan
    0,008 bis 0,2 % Schwefel
    0,004 bis 0,04 % Stickstoff
    0,05 bis 0,20 % Vanadium und/oder Niob
    Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen für Bauteile, die bei erhöhten Temperaturen bis 560 °C beansprucht werden.
     
    2. Verwendung eines Stahls nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß er zusätzlich Chrom bis 0,7 %, Aluminium bis 0,1 %, Titan bis 0,05 % enthält, für den Zweck nach Anspruch 1.
     
    3. Verwendung eines Stahls mit 0,20 bis 0,35 % C, 0,5 bis 0,8 % Si, 1,0 bis 1,7 % Mn, 0,01 bis 0,09 % S, 0,2 bis 0,5 % Cr, 0,015 bis 0,06 % Al, 0,015 bis 0,030 % N, 0,05 bis 0,15 % V und/oder 0,02 bis 0,10 % Nb, 0,01 bis 0,04 % Ti, Rest Eisen einschließlich erschmelzungsbedingter Verunreinigungen, der bis zu Verformungstemperaturen oder Glühtemperaturen von 1300 °C eine hohe Feinkornbeständigkeit aufweist, bei Raumtemperatur eine Zugfestigkeit von mindestens 800 N/mm², eine 0,2 %- Dehngrenze von mindestens 550 N/mm², eine Bruchdehnung von mindestens 15 %, eine Brucheinschnürung von mindestens 45 % und bei Raumtemperatur eine Kerbschlagarbeit von mindestens 35 Joule an DVM-Proben erreicht, für den Zweck nach Anspruch 1.
     
    4. Verwendung eines Stahls mit 0,35 bis 0,45 % C, 0,5 bis 0,8 % Si, 1,0 bis 1,7 % Mn, 0,01 bis 0,09 % S, 0,2 bis 0,5 % Cr, 0,015 bis 0,06 % Al, 0,015 bis 0,030 % N, 0,05 bis 0,15 % V und/oder 0,02 bis 0,10 % Nb, 0,01 bis 0,04 % Ti, Rest Eisen einschließlich erschmelzungsbedingter Verunreinigungen, der bis zu Verformungstemperaturen oder Glühtemperaturen von 1300 °C eine hohe Feinkornbeständigkeit aufweist und eine Zugfestig­keit von mindestens 850 N/mm², eine 0,2 %-Dehngrenze von mindestens 600 N/mm², eine Bruchdehnung von mindestens 12 % und eine Brucheinschnü­rung von mindestens 40 % bei einer Kerbschlagarbeit bei Raumtemperatur von mindestens 25 Joule an DVM-Proben erricht, für den Zweck nach Anspruch 1.
     
    5. Verwendung eines Stahls der Zusammensetzung nach einem der Ansprüche 1 bis 4 als Werkstoff für Bauteile, die im Zeitstandbereich (Fig. 5) bei Temperaturen von 300 bis 560 °C eingesetzt werden.
     




    Zeichnung



















    Recherchenbericht