(19)
(11) EP 0 402 713 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.12.1990  Patentblatt  1990/51

(21) Anmeldenummer: 90110418.2

(22) Anmeldetag:  01.06.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5F41A 21/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE IT LI NL

(30) Priorität: 14.06.1989 DE 3919439
06.07.1989 DE 3922271

(71) Anmelder: Dynamit Nobel Aktiengesellschaft
D-53839 Troisdorf (DE)

(72) Erfinder:
  • von Brachel, Helmut, Dr.
    D-5909 Burbach (DE)
  • Münk, Andreas
    D-6342 Haiger 7 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Waffenrohr aus faserverstärktem Kunststoff


    (57) Zur Erhöhung der Festigkeit eines Waffenrohres (1) im Bereich der Anzündebene, wo durch die Bohrungen (5) für die Anzündrohre (10) die orthogonal verlegten Glasfaser-Rovings teilweise zer­stört sind, wird eine wellenförmige Verstärkung (7) der Waffen­rohrarmierung vorgeschlagen. In diesem Wandbereich lassen sich die Anzündrohre ausreichend sicher befestigen (einschrauben), so daß zwischen dem Kopf (17) des Anzündrohres (10) und dem An­zündring (12) lediglich eine elastische Dichtung (16), aber keine mechanische Befestigung vorgesehen werden muß. Es ergeben sich dadurch beträchtliche Fertigungsvorteile.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung richtet sich auf ein Waffenrohr aus faserver­stärktem Kunststoff mit über die gesamte Rohrlänge in Achs- und Umfangsrichtung orthogonal zueinander verlegten Fasern, eine senkrecht zur Waffenrohrachse liegende Anzündebene aufweisend, in der wenigstens ein Anzündrohr mit einem Anzündrohrkopf liegt, wobei dieser Bereich am Waffenrohr von einem Anzündring umgeben ist.

    [0002] Die Verwendung von Waffenrohren aus faserverstärktem Kunst­stoff ist beispielsweise bei Panzerabwehrhandwaffen aus der DE 3 048 596-C2 bekannt. Solche Waffenrohre können kurzzeitig Drücke von 1000 bar und mehr aufnehmen. Bei diesen werden zur Zündung der Treibladung bevorzugt zwei Bohrungen in der Wand des Waffenrohres angebracht, die konstruktionsbedingt auf einer gemeinsamen Längenkoordinate nahe beieinander in einer Ebene senkrecht zur Waffenrohrachse liegen. Diese Ebene wird als Anzündebene bezeichnet. Durch diese Bohrungen werden neben axial verlaufenden Glasfasern auch zuvor geschlossene Glas­faser-Ringlagen durchtrennt, wodurch insbesondere die Umfangs­festigkeit bzw. die radiale Dehnung im Bereich der Anzündebene nicht mehr primär durch die Zugfestigkeit der Glasfasern, sondern durch die Formstabilität des Glas-Harz-Verbundteiles bestimmt werden. Bei extremen Druckbelastungen sind Zwischen­faserbrüche, insbesondere im Bereich zwischen den Bohrungen und in deren Nähe, nicht auszuschließen. Anstelle der bevorzugt verwendeten Glasfasern können auch Fasern aus Karbon, Aramid od.dgl. verwendet werden.

    [0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, insbesondere die Umfangsfestigkeit des Waffenrohrs und dessen Verbund mit dem wenigstens einen Anzündrohr zu erhöhen.

    [0004] Die Aufgabe wird von einem Waffenrohr der eingangs genannten Art gelöst, das dadurch gekennzeichnet ist, daß im Bereich der Anzündebene auf dem Waffenrohr ein Wulst vorhanden ist, dessen Kontur - im Querschnitt betrachtet - kreisabschnittsähnlich ist und auf dem wellenförmig weitere Fasern verlegt sind, die die Anzündebene mit einem Winkel zwischen 15 und 25° durchstoßen, und das wenigstens eine Anzündrohr nur in der Wand des Waffenrohres verankert ist und der Anzündrohrkopf eine bezogen auf die Waffenrohrachse radiale Gleitmöglichkeit im Anzündring aufweist.

    [0005] Hierbei hat man sich von der Vorstellung gelöst, daß bei Waffenrohren für Panzerabwehrwaffen der üblicherweise metal­lische Anzündring mithelfen soll, Spannungsspitzen in Um­fangsrichtung aufzunehmen. Es hat sich gezeigt, daß es sogar nachteilig sein kann, wenn es für das Anzündrohr zwei Fixpunkte gibt, einen in der Wand des Waffenrohres und zusätzlich einen außen im Anzündring. Wegen der unterschiedlichen Ausbreitung der Druckwellen im Metall und im Fasern-Kunststoff-Verbund kommt es an der Verbindung des Anzündrohres mit dem Anzündring kurzfristig zu einer ganz erheblichen Beanspruchung; die teilweise durchtrennten Fasern fallen für die Aufnahme der Zugbelastung aus und alleine die Scherfestigkeit an der Grenz­fläche Fasern/Harz kann dann der kurzfristigen Belastung mög­licherweise nicht standhalten. Der Verbund des Anzündrohres mit dem Waffenrohr kann zusätzlich noch dadurch beeinträchigt wer­den, daß wegen eines weiteren Fixpunktes am Kopf des Anzünd­rohres weitere Spannungsspitzen und Scherbeanspruchungen auf­treten können. Durch die Kombination der erfindungsgemäßen Maß­nahmen werden diese Auswirkungen vollkommen beseitigt.

    [0006] Die direkte starre Verbindung des Kopfes des Anzündrohres mit dem Anzündring verhindert, solange sie nicht zerstört wird, daß Treibladungsgase im Bereich des Anzündringes austreten. Eine solche Abdichtung läßt sich jedoch in ganz einfacher Weise auch mit elastischen Mitteln, beispielsweise einem O-Ring, realisieren. Die Veränderung der Wickelung um die Anzündbohrung ermöglicht die mechanische Entkopplung zwischen Anzündrohr und Anzündring.

    [0007] Das erfindungsgemäße Anbringen des Anzündrohrs in Waffenrohr und Anzündring läßt erheblich größere Fertigungstoleranzen des Durchmessers von Waffenrohr und Anzündring zu. Insbesondere bei Fertigung auf NC-Bearbeitungsmaschinen führt dies zu erheblich längeren Werkzeugstandzeiten.

    [0008] Vor Ausbildung des wellenförmigen Verlaufs der Faser-Rovings wird bevorzugt der Bereich des Waffenrohrs, in dem später der Anzündring angeordnet wird, zunächst mit einigen zusätzlichen, im wesentlichen in Umfangsrichtung verlaufenden Auftragslagen versehen, etwa in der Breite des Anzündringes, größenordnungs­mäßig fünfmal so breit wie der Durchmesser der Bohrung für das Anzündrohr im Waffenrohr. Auf diesen Bereich werden dann wei­tere Faser-Rovings aufgebracht, derart, daß ein ringförmiger Wulst entsteht, der - in einem Axialschnitt durch das Waffen­rohr betrachtet eine kreisabschnittsähnliche äußere Kontur aufweist. Diese Ausbildung des Wulstes ermöglicht es, auf ihm dann näherungsweise sinusförmig die Fasern abzulegen, wobei die "Wellenlänge" größer oder kleiner als der Rohrumfang sein soll, um einen Versatz der einzelnen Faserlagen gegeneinander sicher­zustellen. Wenn die Wellenlänge zu groß gewählt wird, werden zahlreiche Fasern beim Bohren des Lochs für das Anzündrohr zerschnitten; die Zahl der zwischen den Bohrungen durchge­henden, geschlossenen Ringlagen wird geringer, und damit ent­sprechend die Festigkeit. Ist bei gleicher Wellenlänge die Amplitude zu groß, d.h. der zwischen Rohrachse und Fasern in der Anzündebene gemessene Winkel ist kleiner 65°, so tritt in­folge radialer Dehnung zwischen den wellenförmig und den darunter in Umfangsrichtung verlegten Fasern eine so große Scherung auf, daß das beide Lagen verbindende Harz ihr nicht mehr standhält. Günstig ist ein Winkel zwischen 15 und 25°, bevorzugt 20o, den die Fasern beim Durchstoßen der Anzündebene mit dieser bilden. Die Faserverstärkung des Waffenrohres, das bevorzugt für Panzerabwehrwaffen, insbesondere Panzerabwehr­waffen, verwendet wird, ist vorzugsweise aus Glasfasern. Es können aber auch andere Fasern, wie eingangs angegeben, vorgesehen werden.

    [0009] Die Erfindung ist in der Zeichnung in einem Ausführungsbeispiel schematisch dargestellt und im folgenden weiter beispielhaft beschrieben. Es zeigen:

    Fig. 1 Bewicklung eines Waffenrohres im Bereich der An­zündebene;

    Fig. 2 Schnitt durch ein in ein Waffenrohr eingesetztes An­zündrohr.



    [0010] In der Ansicht eines Ausschnittes des Waffenrohres 1 gemäß Fig. 1 ist von der orthogonalen Glasfaserverstärkung nur die mitt­lere Lage 2 in Achsrichtung 3 angedeutet; auf die Darstellung der darüberliegenden Umfangslage wurde der Übersichtlichkeit wegen verzichtet. Die Anzündebene 4 liegt etwa in der Mitte des langgestreckten Waffenrohres 1 einer Panzerabwehrwaffe. Diesem Bereich kommt insofern eine besondere Bedeutung zu, als üb­licherweise zwei eng benachbarte Bohrungen zur Aufnahme von zwei voneinander unabhängigen Zündern vorgesehen sind und dabei Glasfasern zerschnitten werden. Das wirkt sich besonders auf die Glasfasern in Umfangsrichtung aus, ganz besonders zwischen den beiden Bohrungen und in deren Nachbarschaft.

    [0011] Erfindungsgemäß wird der Bereich um die zwei Anzündbohrungen 5 in einer Breite B speziell bewickelt. Der Wert B ist in der Praxis - abweichend von der zeichnerischen Darstellung - bevor­zugt etwa fünfmal so groß wie der Durchmesser (z.B. etwa 3 mm) einer Bohrung 5 und entspricht etwa der Breite des Anzünd­ringes, der über den Bohrungen 5 auf dem Waffenrohr 1 befestigt werden muß. Charakteristisch ist der wellenförmige Verlauf im Bereich der Anzündebene 4. Bevor mit der speziellen Wicklung 19 begonnen wird, wird ein Wulst 18 erzeugt, dessen äußere Kontur 6 näherungsweise die Form eines Kreisabschnittes hat, wie im Ausschnitt X der Fig. 1 zu erkennen ist. Über den Wulst 18 werden dann wellenförmig die Glasfasern 7 gelegt, wobei die "Wellenlänge" L, von der nur ein Viertel gezeigt ist, so auf den Umfang π. D des Waffenrohres 1 abgestimmt sein soll, daß der Umfang nicht ein ganzzahliges Vielfaches dieser Wellenlänge ist. So wird erreicht, daß auch für diese Wicklung 19 die Glas­ faserverteilung über den Umfang gleichmäßig ist. Der Winkel α, unter dem die Fasern 7 die Anzündebene 4 kreuzen, ist bevor­zugt 20°.

    [0012] Die Fig. 1 ist insofern idealisiert, als nur die wichtigen tra­genden, nicht zerschnittenen Fasern 7 um die Bohrungen 5 einge­zeichnet sind. An sich wird zuerst gleichmäßig wellenförmig ge­wickelt und dann erst werden die Bohrungen 5 zur Aufnahme der Anzündrohre hergestellt. Die zerschnittenen und deshalb nicht tragenden Fasern in der wellenförmigen Lage 19 sind in der Fig. 1 zur Verdeutlichung weggelassen worden. Man erkennt, daß eine Bohrung 5 von den Fasern 7 näherungsweise wie von einer Raute umgeben ist, was bei einer Ausdehnung des Rohres in radialer Richtung, also einem Zug, der eine Verlängerung der Raute bewirkt, gleichzeitig zu einem Schmälerwerden der Raute und damit zu einem Anpressen der Fasern an das Anzündrohr führt.

    [0013] Fig. 2 zeigt die Verbindung des Anzündrohres 10 mit dem Waf­fenrohr 1 unter dem Anzündring 12 in der Anzündebene. Dabei ist nicht mehr die Bewicklung des Rohres 1 dargestellt; die meisten Glasfasern verlaufen im wesentlichen in Umfangsrichtung und parallel zur Achse des Waffenrohres 1; es ist aber wichtig, daß um das Anzündrohr 10 auch ein Teil der Fasern (größenord­nungsmäßig etwa 15%) wellenförmig, bezogen auf die Anzündebene, verläuft.

    [0014] Das Anzündrohr 10 ist mit einem Schraubgewinde 13 formschlüssig fest mit dem Waffenrohr 1 verbunden, indem es in dessen Wand 11 eingeschraubt ist. Zwischen dem Anzündring 12 und dem Waffen­rohr 1 ist eine verhältnismäßig dicke elastische Schicht 14 (ein Schaumstoff oder eine Klebstoffschicht). Wichtig ist ein Gleitspalt 15 zwischen dem Anzündrohrkopf 17 und dem Anzündring 12. Bei dieser Konstruktion genügt eine O-Ring 16, um den Austritt von Treibladungsgasen zu verhindern; er verliert seine Dichtwirkung nicht, wenn es zu einer Gleitbewegung des Kopfes 17 des Anzündrohres 10 in dem Anzündring 12 kommt.


    Ansprüche

    1. Waffenrohr aus faserverstärktem Kunststoff, mit über die gesamte Rohrlänge in Achs- und Umfangsrichtung orthogonal zueinander verlegten Fasern (2), eine senkrecht zur Waf­fenrohrachse (3) liegende Anzündebene (4) aufweisend, in der wenigstens ein Anzündrohr (10) mit einem Anzündrohr­kopf (17) liegt, wobei dieser Bereich am Waffenrohr (1) von einem Anzündring (12) umgeben ist, dadurch gekennzeichnet, daß im Bereich der Anzündebene (4) auf dem Waffenrohr (1) ein ringförmiger Wulst (18) vorhanden ist, dessen äußere Kontur (6) - im Schnitt durch die Waffenrohrachse (3) betrachtet - kreisabschnittsähnlich ist, und auf dem wellenförmig weitere Fasern (7) verlegt sind, die die Anzündebene (4) mit einem Winkel (α) zwischen 15 und 25° durchstoßen und das wenigstens eine Anzündrohr (10) nur in der Wand (11) des Waffenrohres (1) verankert ist und der Anzündrohrkopf (17) eine bezogen auf die Waffenrohrachse (3) radiale Gleitmöglichkeit (15) im Anzündring (12) aufweist.
     
    2. Waffenrohr nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Anzündrohr (10) in dem Waffenrohr (1) mittels eines Schraubgewindes (13) formschlüssig gehalten ist.
     
    3. Waffenrohr nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen dem Kopf (17) des Anzündrohres (10) und dem Anzündring (12) eine elastische Dichtung, vorzugsweise ein O-Ring (16), vorhanden ist.
     
    4. Waffenrohr nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeich­net, daß zwischen dem Anzündring (12) und dem Waffenrohr (1) eine elastische Schicht (14) vorgesehen ist.
     




    Zeichnung