[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Polyäthylenfäden durch Schnellspinnen
von Lösungen von ultra-hochmolekularem Polyäthylen, welche auf Grund ihrer guten Festigkeiten
und ihrem hohen Modul, z.B. für den Einsatz als technische Garne, für die Kunststoffverstärkung
ganz allgemein u.a.m. geeignet sind.
[0002] Es ist bekannt, Fäden und technische Garne aus einer ganzen Reihe von Polymeren wie
regenerierter Cellulose, Polyester, Polyamiden u.dgl. herzustellen. Bei all diesen
Verfahren bemüht man sich, Fäden mit hohen Festigkeiten, hohen Modulen, insbesondere
hohen Anfangsmodulen und möglichst geringer Bruchdehnung zu erhalten; außerdem ist
man bestrebt, mit möglichst hohen Produktionsgeschwindigkeiten und nach möglichst
einfachen Verfahrensweisen zu arbeiten.
[0003] Es hat auch nicht an Versuchen gefehlt, derartige Garne aus Polyäthylen herzustellen.
Polyäthylen weist auf Grund seiner chemischen Struktur eine Reihe von Vorteilen auf
z.B. gegenüber Polymeren, wie sie durch Polykondensation gewonnen werden. So besteht
z.B. nicht die Gefahr einer Hydrolyse, die bei den Esterbindungen oder Amidbindungen
von Polyestern und Polyamiden häufig beobachtet wird.
[0004] Auch ist Polyäthylen als synthetisches, in praktisch beliebiger Menge herstellbares
Material weniger anfällig gegenüber den Schwankungen von Angebot und Nachfrage, wie
es bei Zellstoff der Fall ist, ganz abgesehen davon, daß durch die Dezimierung der
Wälder die Rohstoffgrundlage für Zellstoff immer mehr in Gefahr gerät.
[0005] Am einfachsten ist es, Polyäthylenfäden nach dem Schmelzspinnprozeß herzustellen.
Dem Schmelzspinnen von Polyäthylen sind jedoch Grenzen gesetzt, weil mit höheren Molekulargewichten,
welche für hohe Festigkeiten und Module von Wichtigkeit sind, die Viskosität der
Schmelze so stark zunimmt, daß es zu Schwierigkeiten beim Spinnen kommt. Die Spinntemperatur
läßt sich nicht beliebig erhöhen, da bei Temperaturen ab etwa 240°C eine Zersetzung
des Polyäthylens zu befürchten ist. Mit höheren Molekulargewichten nimmt auch die
Elastizität der Polymerschmelzen zu, was insbesondere bei höheren Extrusionsgeschwindigkeiten
zu Problemen führt.
[0006] Man hat sich auch bemüht, diese Schwierigkeiten zu umgehen, indem man Lösungen von
Polyäthylen zu Fäden verspinnt. Aber auch bei diesen Verfahren treten ähnliche Schwierigkeiten
auf, da auch bei Lösungen die Viskosität und die Elastizität mit steigendem Molekulargewicht
des gelösten Polymers erheblich ansteigt.
[0007] In der niederländischen Offenlegungsschrift 79/04990 wird ein Verfahren zur Herstellung
von Polyäthylenfäden mit hoher Festigkeit und einem hohen Modulus beschrieben, bei
welchem man, wie insbesondere den Beispielen zu entnehmen ist, mit Lösungen verhältnismäßig
niedriger Konzentration arbeitet. Um zufriedenstellende mechanische Eigenschaften
zu erhalten, ist es notwendig, die Fäden nach dem Spinnen, Aufwickeln und Extrahieren
in der Hitze zu verstrecken, wodurch die Produktivität des Verfahrens gemindert wird.
[0008] Pennings und Mitarbeiter beschreiben in "Polymer Bulletin" 16, 167-174 (1986), wie
man ultrahochmolekulares Polyäthylen unter verschiedenen Bedingungen verspinnen kann.
Damit die Polyäthylenfäden brauchbare mechanische Eigenschaften aufweisen, müssen
die Fäden, ebenso wie bei dem in der NL-OS 79/04990 beschriebenen Verfahren, verstreckt
werden, wobei die Fäden ebenfalls vor dem Verstrecken extrahiert werden.
[0009] Obwohl bereits eine Reihe von Verfahren zur Herstellung von Polyäthylenfäden durch
Verspinnen von ultra-hochmolekularem Polyäthylen bekannt sind, besteht noch ein Bedürfnis
nach verbesserten Verfahren, welche insbesondere eine erhöhte Produktivität gewährleisten
und bei denen es nicht erforderlich ist, nach dem Spinnen und Aufwickeln eine Verstreckung
anzuschließen, um brauchbare mechanische Eigenschaften zu erhalten.
[0010] Aufgabe der Erfindung ist es deshalb, ein Verfahren zum Schnellspinnen von ultra-hochmolekularem
Polyäthylen zur Verfügung zu stellen, das eine hohe Produktivität zuläßt, das ohne
Verstreckung der gesponnenen Fäden arbeitet und das auf einfache Weise Polyäthylenfäden
liefert, die gute mechanische Eigenschaften, insbesondere hohe Festigkeiten und einen
hohen Modulus aufweisen und die für den Einsatz als technische Garne, als Verstärkungsmaterial
für Kunststoff etc. geeignet sind.
[0011] Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Herstellung von Polyäthylenfäden durch
Schnellspinnen von Lösungen von ultra-hochmolekularem Polyäthylen gelöst, das dadurch
gekennzeichnet ist, daß man aus Polyäthylen mit einem Molekulargewicht M
w ≧ 1 x 10⁶ und einem Lösungsmittel eine etwa 1 bis 6 Gew.%ige Lösung herstellt und
die Lösung bei einer Extrusionstemperatur T
E = 180 - 250°C und einer Extrusionsgeschwindigkeit V
E = 5 bis 150 m/min durch Spinndüsen mit Düsenöffnungen, deren Querschnitt zur Düsenaustrittsfläche
hin kleiner wird, in einen Spinnschacht extrudiert, der unterhalb der Düsenaustrittsfläche
mittels einer Heizvorrichtung auf einer Temperatur von 100 bis 250°C gehalten wird,
man die Fäden unterhalb der Heizzone mit einem Gas anbläst, die Fäden mit einer Geschwindigkeit
V
w ≧ 500 m/min abzieht und ohne weitere Verstreckung von dem Lösungsmittel befreit.
[0012] Vorzugsweise ist das Molekulargewicht M
w ≧ 3,5 · 10⁶.
[0013] In einer besonders vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens
ist die molekulare Uneinheitlichkeit des Polymers, ausgedrückt als

vorzugsweise ≦ 3.
[0014] Vorzugsweise wird die Temperatur unterhalb des Düsenaustrittsfläche auf 150 - 190
oC eingestellt. Es ist vorteilhaft, mit einer Abzugsgeschwindigkeit von mindestens
1000 m/min zu arbeiten. Sehr vorteilhaft sind Abzugsgeschwindigkeiten von 1500 bis
4000 m/min.
[0015] Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden Spinndüsen mit Düsenöffnungen
eingesetzt, deren Querschnitt in Extrusionsrichtung kleiner wird. So lassen sich Spinndüsen
mit Düsenöffnungen verwenden, deren Querschnittsverlauf man mit den Bezeichnungen
trompetenförmig oder trichterförmig oder pseudo-hyperbolisch nennen kann. Eine solche
günstige pseudo-hyperbolische Querschnittsform wird in der Figur wiedergegeben.
[0016] Unter pseudo-hyperbolische Querschnittsform soll im Verlauf verstanden werden, der
einem hyperbolischen Verlauf angenähert ist, aber mehr oder weniger große Abweichungen
sowohl am Anfang als auch am Ende aufweisen kann.
[0017] Vorzugsweise wird zur Herstellung der Lösungen ein solches Lösungsmittel verwendet,
so daß die Lösung bei der Extrusionstemperatur eine Viskosität von 1 bis 100 Pa.s
aufweist. Hierbei ist Paraffinöl besonders geeignet. Die Viskosität wird bei einem
Geschwindigkeitsgefälle D = 1s⁻¹ gemessen.
[0018] Bei der Herstellung der Lösungen wird ein möglichst lineares Polyäthylen eingesetzt,
was nicht ausschließt, daß auch in geringem Maße Verzweigungen vorhanden sein können.
Vorzugsweise ist das verwendete Polymer ein Polyäthylen, das durch Polymerisation
bei niedrigem Druck erhalten wird. Es ist im Handel erhältlich und wird vielfach als
HDPE bezeichnet (high density polyethylene).
[0019] Es ist besonders vorteilhaft, als Polymer ein Polyäthylen einzusetzen, das völlig
oder weitgehend als ein Homopolymer vorliegt. In bestimmten Fällen ist es jedoch auch
möglich, ein Copolymer zu verwenden, z.B. ein Copolymer, das bis zu etwa 5 Gew.% aus
anderen Monomeren als Äthylen wie Propylen oder Butylen aufgebaut ist. Selbstverständlich
können auch Copolymere eingesetzt werden, die mehr oder weniger von dem oder den anderen
Monomeren enthalten.
[0020] Das zur Herstellung der Polyäthylenfäden gemäß der Erfindung eingesetzte Polyäthylen
gehört zu den Polyäthylensorten, die man allgemein als ultrahochmolekulares Polyäthylen
bezeichnet. Darunter sind Polyäthylene zu verstehen, die ein Molekulargewicht M
w von mindestens 1 Million besitzen, wobei unter M
w das Gewichtsmittel zu verstehen ist, das z.B. nach der GPC-Methode bestimmt werden
kann. M
n ist das Zahlenmittel, das z.B. nach osmotischen Methoden ermittelt werden kann.
[0021] Wenn es auch möglich ist, im Rahmen der Erfindung Polyäthylene mit einer üblichen
Molekulargewichtsverteilung einzusetzen, die mehr oder weniger breit sein kann, und
z.B. eine Uneinheitlichkeit von beispielsweise 20 aufweisen, so ist es doch vorteilhaft,
ein Polyäthylen zu verwenden, das eine möglichst enge Molekulargewichtsverteilung
besitzt, dessen Werte für die Uneinheitlichkeit also möglichst niedrig liegen. Die
Uneinheitlichkeit, welche definiert ist durch das Verhältnis des Gewichtsmittel des
Molekulargewichts zum Zahlenmittel des Molekulargewichts

soll vorzugsweise ≦ 5 insbesondere ≦ 3 sein.
[0022] Die Uneinheitlichkeit des eingesetzten Polymerisats kann durch die Art und Weise
der Herstellung gesteuert werden; selbstverständlich ist es auch möglich, von einem
Polyäthylen mit sehr breiter Molekulargewichtsverteilung durch Fraktionierung zu
einem Polymerisat mit enger Molekulargewichtsverteilung zu gelangen.
[0023] Als Lösungsmittel werden solche Verbindungen verwendet, die bei der Extrusionstemperatur,
die zwischen 180 und 250°C, ggf. zwischen 180 und 230
oC liegt, noch genügend viskos sind, d.h. eine Viskosität von vorzugsweise mindestens
3-10 Pa.s, gemessen bei D = 1s-1, besitzen.
[0024] Das System Polyäthylen-Lösungsmittel soll so gewählt werden, daß die Lösung durch
Abkühlen auf Temperaturen unterhalb der Extrusionstemperatur ein Gel bildet.
[0025] Vorzugsweise soll die Gelbildungstemperatur bei 130
oC oder niedriger liegen. Sie kann auch unter 70
oC liegen.
[0026] Die erwähnten Spinnlösungen sind elastisch. Das Lösen des Polyäthylens im Lösungsmittel
findet vorzugsweise bei Temperaturen statt, die der Extrusionstemperatur entsprechen.
Es ist vorteilhaft, wenn das Lösen unter einer inerten Atmosphäre, z.B. unter Stickstoff
stattfindet.
[0027] Der Lösung kann ein Stabilisierungsmittel beigegeben werden.
[0028] Besonders geeignet als Lösungsmittel sind Paraffinöle. Weiter können verwendet werden
Kohlenwasserstoffe wie Cyclooctan, Paraxylol, Decalin oder Petroläther.
[0029] Im Rahmen der Erfindung können Lösungen mit Konzentrationen von etwa 1 bis 6 Gew.-%
eingesetzt werden, vorzugsweise solche mit Konzentrationen von 1 - 3 % Gew.-%.
[0030] Am vorteilhaftesten sind jedoch Konzentrationen von etwa 1 bis 2 Gew.%.
[0031] Unter Extrusionsgeschwindigkeit ist zu verstehen die Menge an Spinnflüssigkeit, welche
in der Zeiteinheit pro Flächeneinheit der Düsenaustrittsöffnungen die Düse verläßt.
Sie wird angegeben in m³/m² x min bzw. m/min.
[0032] Unter Abzugsgeschwindigkeit ist die lineare Geschwindigkeit angegeben, in m/min,
mit welcher die Fäden am unteren Ende des Spinnschachts abgezogen werden. Da die Fäden
nach dem Abziehen einer weiteren Verstreckung nicht mehr zugeführt werden, entspricht
diese Abzugsgeschwindigkeit im allgemeinen der Aufwickelgeschwindigkeit.
[0033] Die erreichbaren Abzugsgeschwindigkeiten hängen von der gewählten Konzentration
ab. Im allgemeinen kann gesagt werden, daß die maximale Abzugsgeschwindigkeit mit
steigender Konzentration des Polyäthylens abnimmt. Jedoch kann es möglich sein, daß
es im unteren Konzentrationsbereich zu Schwierigkeiten beim Spinnen kommt; diese
können dadurch behoben werden, daß man die Extrusionsgeschwindigkeit erniedrigt. Die
geeignetsten Kombinationen von Extrusionsgeschwindigkeit, Abzugsgeschwindigkeit und
Konzentration der Lösung, können durch wenige Versuche ermittelt werden.
[0034] Ganz allgemein kann noch gesagt werden, daß die maximal erreichbare Extrusionsgeschwindigkeit
mit der steigenden Konzentration des Polymeren abnimmt.
[0035] Als Vorrichtung, mit welcher der Spinnschacht unterhalb der Spinndüse auf die erforderliche
Temperatur gebracht wird, können z.B. einfache ringförmige Heizvorrichtungen verwendet
werden. Die Länge der Heizzone kann je nach Größe der verwendeten Spinnapparatur
zwischen wenigen Zentimetern, z.B. 4 cm bis zu 200 cm betragen.
[0036] Unterhalb der Heizzone werden die Fäden mit einem Gas angeblasen, um die Temperatur
herabzusetzen. Es ist vorteilhaft, wenn man durch das Anblasen der Fäden einen gradientenartigen
oder abgestuften Temperaturverlauf einstellt, so daß nach der Heizzone, in der z.B.
eine Temperatur von 160°C herrscht, zunächst eine Zone vorhanden ist, in der die Temperatur
nur um z.B. 10°C fällt, z.B. auf etwa 150°C, der sich sodann eine nächste Zone anschließt,
innerhalb derer die Temperatur auf beispielsweise 110°C fällt, der sich dann eine
Zone anschließt, in der durch Verwenden von Gas, das Zimmertemperatur besitzt, eine
Abkühlung auf Temperaturen von unter 50°C stattfindet, so daß die Fäden genügend abgekühlt
sind, wenn sie auf das Abzugsorgan gelangen. Temperaturabstufungen können zunächst
auch mit Hilfe einer oder mehrerer Heizvorrichtungen erfolgen, mit denen sich Temperaturabstufungen
oder Temperaturgradienten einstellen lassen.
[0037] Von großer Bedeutung für das erfindungsgemäße Verfahren ist der Querschnittsverlauf
der Spinnöffnungen. Es ist unbedingt erforderlich, daß die Spinnöffnungen auf der
Seite, an der die Spinnmasse in die Düsenöffnungen eintritt, eine erweiterte Öffnung
aufweisen, d.h. daß der Querschnitt der Düsenöffnungen zur Austrittsseite kleiner
wird. Sehr geeignet sind Düsenöffnungen, die einen pseudo-hyperbolischen Verlauf
aufweisen. Unter pseudo-hyperbolisch ist ein Verlauf zu verstehen, der einem hyperbolischen
Verlauf angenähert ist und Abweichungen von einem exakt hyperbolischen Verlauf sowohl
im stärker gekrümmten als auch im mehr linearen Bereich aufweisen kann. Die Figur
zeigt schematisch eine derartige Gestaltung.
[0038] Es können jedoch auch Düsen mit Düsenöffnungen verwendet werden, die zunächst einen
trichterförmigen Öffnungsteil aufweisen, der trompetenförmig oder aber auch kegelförmig
sein kann, der dann entweder abrupt oder nach einem Übergang in einen kegelförmigen
Verlauf übergeht, bei dem der Kegel einen spitzeren Öffnungswinkel aufweist als der
Kegel bzw. die Parabel des Einlaßteiles. Es ist möglich, den letzten Teil der Düsenöffnung
mit gleichbleibendem Querschnitt zu gestalten.
[0039] Es war besonders überraschend, daß es möglich ist, mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
ultrahochmolekulares Polyäthylen zu Fäden mit guten mechanischen Eigenschaften wie
hohem Modul und hoher Bruchfestigkeit zu verarbeiten. Besonders vorteilhaft zeichnet
sich das erfindungsgemäße Verfahren gegenüber bekannten Verfahren dadurch aus, daß
es ein sogenanntes Einstufenverfahren ist, d.h., daß es ohne die bisher erforderliche
Nachverstreckung arbeitet. Dadurch ist das Verfahren besonders wirtschaftlich und
erlaubt hohe Produktionsgeschwindigkeiten.
[0040] Es war ferner besonders überraschend, daß das erfindungsgemäße Verfahren ein Spinnen
von hochmolekularem Polyäthylen gestattet, ohne daß es zu den so befürchteten Spinnabbrüchen
kommt, die gerade bei dem Verspinnen von hochmolekularem Polyäthylen in Form von elastischen
Schmelzen oder Lösungen bei den bisher bekannten Verfahren zu verzeichnen sind. So
wird die Zahl der Schmelzeabrisse, welche bei den bekannten Verfahren häufig Vorgängen
zugeschrieben werden, die bereits innerhalb der Spinndüse stattfinden, erheblich reduziert
bzw. völlig vermieden.
[0041] Das erfindungsgemäße Verfahren erlaubt Abzugsgeschwindigkeiten bis in die Größenordnung
von 4000 m/min und darüber.
[0042] Die erhaltenen Fäden weisen derart gute mechanische Eigenschaften auf, daß eine
Nachverstreckung nicht mehr erforderlich ist und bisweilen auch so ohne weiteres
nicht mehr möglich ist.
[0043] Aufgrund ihrer Eigenschaften sind die Fäden, die auch zu Stapelfasern geschnitten
werden können, besonders geeignet für den Einsatz als technische Garne. Sie lassen
sich sehr gut zu Schutzbekleidung z.B. kugelsicheren Westen u.dgl., Tauen, Fallschirmen
etc. verarbeiten.
[0044] Sehr geeignet sind die Fäden, insbesondere als Stapelfasern bei der Verstärkung von
Kunststoff.
[0045] Obwohl die Vorgänge, die sich beim erfindungsgemäßen Verfahren innerhalb der Düse
und im Spinnschacht abspielen, nicht im einzelnen aufgeklärt sind, wird vermutet,
daß durch das erfindungsgemäße Verfahren ein besonders vorteilhafter molekularer Aufbau,
d.h. eine besonders günstige molekulare Struktur im Faden entsteht. Es ist anzunehmen,
daß bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ausreichend genügend längsausgerichtete Molekülketten
entstehen, die gleichzeitig als Bindeketten fungieren und daß die längsgerichteten
Moleküle und die lamellenförmig angeordneten Bereiche in einem günstigen Verhältnis
zueinander stehen und daß Fehler aufgrund von Kettenfaltungen (chain fold defects)
nur in untergeordnetem Maße vorliegen.
[0046] Die Erfindung wird durch folgende Beispiele näher erläutert:
Vergleichsbeispiel 1
[0047] Es wird eine 1,5 gew.-%ige Lösung eines ultrahochmolekularen Polyäthylens auf folgende
Weise hergestellt: 48,7 g eines Polymers mit einer Intrinsicviskosität von 33,38 dl/g,
gemessen bei 135
oC in Decalin, einem M
w = 5,5 . 10⁶ kg/kmol und M
n = 2,5 . 10⁶ kg/kmol werden zu 3 200 g Paraffinöl und 16,2 g des Antioxidans 2,6-Di-t-butyl-4-methyl-kresol
gegeben und bei einer Temperatur von 120
oC in einem 5 Liter-Kessel gerührt. Die Mischung wird homogenisiert durch Rühren,
wobei sie auf 150
oC erwärmt wird. Der Rührer wird abgestellt, sobald das Polyäthylen vollkommen gelöst
ist und der sogenannte Weißenberg-Effekt auftritt. Sodann wird die Temperatur 48 Stunden
bei 150
oC gehalten. Die Lösung wird abgekühlt auf Raumtemperatur, bei etwa 130
oC bildet sich ein Gel. Das Gel wird einer Spinnvorrichtung mit Spinnöffnungen zugeführt,
die eine trompetenförmige Querschnittsform aufweisen, wie in der Figur dargestellt.
Die Ausgangsöffnungen der Düsenöffnungen haben einen Durchmesser von 0,5 mm. Die Lösung
wird bei 220
oC mit einer Geschwindigkeit von 1 m/min extrudiert, die Fäden werden in Luft abgeschreckt
und mit gleicher Geschwindigkeit aufgewickelt. Nach dem Extrahieren des Paraffinöls
kann die so erhaltene Faser bis zu einem Verhältnis von 200 bei einer Temperatur von
148
oC verstreckt werden, wobei Fasern mit einer Festigkeit von 7,0 GPa entstehen.
Vergleichsbeispiel 2
[0048] Die in Beispiel 1 beschriebene Lösung wird in gleicher Weise verarbeitet, es wird
lediglich mit einer Extrusionsgeschwindigkeit von 100 m/min und einer Aufwicklungsgeschwindigkeit
von 500 m/min gearbeitet. Die so erhaltene Faser kann nicht mehr heiß-verstreckt werden;
die Festigkeit nach der Extraktion des Paraffinöls mit n-Hexan war 0,3 GPa.
Beispiel 3
[0049] Eine Lösung entsprechend Beispiel 1 wird mit einer Extrusionsgeschwindigkeit von
100 m/min versponnen, wobei jedoch mittels eines zylindrischen Ofens eine Strecke
von 20,5 cm unterhalb der Austrittsfläche der Spinndüse auf eine Temperatur von 160
oC gehalten wird. Die Fäden werden mit einer Geschwindigkeit von 4 000 m/min abgezogen.
Diese Fäden können nicht mehr heiß-verstreckt werden, weisen jedoch nach Extraktion
des Paraffinöls folgende Eigenschaften auf:
Festigkeit 2,3 GPa
Young Modulus 36 GPa
Bruchdehnung 8%
Beispiel 4
[0050] Eine Spinnlösung wird wie in Beispiel 3 angegeben, verarbeitet, wobei jedoch mit
einer Extrusionstemperatur von 190
oC und einer Aufwickelgeschwindigkeit von 2 000 m/min gearbeitet wird. Die Festigkeit
der extrahierten Fasern beträgt 1,7 GPa.
Beispiel 5
[0051] Wie in Beispiel 3 wird eine Spinnlösung verarbeitet, jedoch mit einer Extrusionsgeschwindigkeit
von 10 m/min und einer Aufwickelgeschwindigkeit von 2 000 m/min. Die Festigkeit der
extrahierten Faser beträgt 1,9 GPa.
Beispiel 6
[0052] Die Spinnlösung wird entsprechend Beispiel 3 verarbeitet, jedoch mit einer Extrusionsgeschwindigkeit
von 5 m/min unter Verwendung einer Spinndüse mit Spinnöffnungen, die einen Durchmesser
an der Austrittsstelle von 1 mm aufweisen. In Abweichung zu den Beispielne 1 bis 4,
bei denen ein Spinnschacht von 0,5 m Länge verwendet wurde, wird hier mit einem Spinnschacht
von 4 m Länge gearbeitet. Diese Länge war erforderlich, um die extrudierten Fäden
genügend abkühlen zu können, bevor sie aufgewickelt werden. Die Aufwickelgeschwindigkeit
beträgt 2 000 m/min. Die Fäden weisen nach Extraktion eine Festigkeit von 1,4 GPa.
auf.
Beispiel 7
[0053] In gleicher Weise wie in Beispiel 1 beschrieben, wird eine 3%ige Spinnlösung aus
einem Polyäthylen hergestellt, das ein Mw = 4 . 10⁶ und ein Mn = 2 . 10⁵ aufweist.
Es wird mit einer Extrusionstemperatur von 190
oC und einer Abzugsgeschwindigkeit von 3 000 m/min gearbeitet. Die Festigkeit der
extrahierten Faser beträgt 0,8 GPa.
Beispiel 8
[0054] Mit einer Spinnlösung entsprechend Beispiel 7 wird bei einer Extrusionstemperatur
von 220
oC gearbeitet und mit einer Aufwickelgeschwindigkeit von 4 000 m/min. Die Festigkeit
der extrahierten Fäden beträgt 0,8 GPa.
Beispiel 9
[0055] Eine Spinnlösung entsprechend Beispel 7, jedoch mit einer Konzentration von 5 Gew.-%
wird bei einer Temperatur von 220
oC extrudiert, die Abzugsgeschwindigkeit beträgt 3 500 m/min. Die Festigkeit der extrahierten
Faser ist 0,6 GPa.
Beispiel 10
[0056] Es wird analog Beispiel 1 eine Spinnlösung hergestellt, jedoch unter Verwendung von
Dekalin als Lösungsmittel. Die Spinnmasse wird bei einer Extrusionstemperatur von
180
oC mit einer Spinngeschwindigkeit von 100 m/min extrudiert und mit 1 000 m/min aufgewickelt.
Die Festigkeit der extrahierten Faser beträgt 0,9 GPa.
[0057] Die Beispiele zeigen, daß bei einem Arbeiten ohne den erfindungsgemäßen Einsatz einer
Heizvorrichtung unterhalb der Spinndüse brauchbare Festigkeiten nur durch ein Nachverstrecken
in der Wärme erreicht werden. Dabei muß jedoch mit sehr niedrigen Extrusionsgeschwindigkeiten
gearbeitet werden. Wird mit höheren Extrusionsgeschwindigkeiten gearbeitet, ist ein
Nachverstrecken nicht mehr möglich und die Festigkeiten sind so niedrig, daß die Fäden
für die meisten Einsatzzwecke unbrauchbar sind.
[0058] Die Beispiele 3 bis 10 gemäß der Erfindung hingegen zeigen, daß in einem Einstufenverfahren
gearbeitet werden kann, ohne daß eine Nachverstreckung nötig ist, und man auf diese
Weise Festigkeiten erhält, die das Doppelte oder ein Mehrfaches der Festigkeit betragen,
verglichen mit der Arbeitsweise von Beispiel 2.
1. Verfahren zur Herstellung von Polyäthylenfäden durch Schnellspinnen von Lösungen
von ultra-hochmolekularem Polyäthylen, dadurch gekennzeichnet, daß man aus Polyäthylen
mit einem Molekulargewicht Mw ≧ 1 x 10⁶ und einem Lösungsmittel eine etwa 1 bis 6 Gew.%ige Lösung herstellt und
die Lösung bei einer Extrusionstemperatur TE = 180 - 250°C und einer Extrusionsgeschwindigkeit VE = 5 bis 150 m/min durch Spinndüsen mit Düsenöffnungen, und deren Querschnitt zur
Düsenaustrittsfläche kleiner wird, in einen Spinnschacht extrudiert, der unterhalb
der Düsenaustrittsfläche mittels einer Heizvorrichtung auf einer Temperatur von 100
bis 250°C gehalten wird, man die Fäden unterhalb der Heizzone mit einem Gas anbläst,
die Fäden mit einer Geschwindigkeit Vw ≧ 500 m/min abzieht und ohne weitere Verstreckung von dem Lösungsmittel befreit.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man ein Polyäthylen mit
einem Molekulargewicht Mw ≧ 3,5 x 10⁶ verwendet.
3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß man ein
Polyäthylen mit einer molekularen Uneinheitlichkeit

verwendet.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß U ≦ 3 ist.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß mittels
der Heizvorrichtung eine Temperatur von 150 - 190oC unterhalb der Düsenaustrittsfläche eingestellt wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß man mit
einer Geschwindigkeit Vw ≧ 1000 m/min abzieht.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß man mit einer Geschwindigkeit
Vw = 1500 - 4000 m/min abzieht.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß man solche
Lösungsmittel verwendet, daß die Lösung bei der Extrusionstemperatur eine Viskosität
von 1 bis 100 Pa.s aufweist, gemessen bei D = 1 s⁻¹.
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß man als Lösungsmittel Paraffinöl
verwendet.