[0001] Die Erfindung betrifft eine Fahrwerksgruppe für ein Schienenfahrzeug oder für ein
Drehgestell eines Schienenfahrzeugs, mit zwei zweirädrigen in ihrem Lenkeinschlag
verstellbaren Endfahrwerken, deren Fahrwerksrahmen jeweils über mindestens ein Federelement
in vertikaler Richtung gegen den Wagenkasten des Schienenfahrzeugs bzw. das Drehgestell
abgefedert sind, und mit einem zwischen den beiden Endfahrwerken liegenden mittleren
Fahrwerk, dessen in Gleisbögen auftretende Auslenkung quer zur Längsrichtung des
Schienenfahrzeugs bzw. des Drehgestells über Kopplungseinrichtungen den Lenkeinschlag
der beiden Endfahrverke steuert, wobei der Fahrwerkrahmen des mittleren Fahrwerks
quer zur Längseinrichtung des Schienenfahrzeugs bzw. des Drehgestells beweglich am
mittleren Bereich des Wagenkastens bzw. des Drehgestells gelagert bzw. gegenüber
diesem geführt ist und der Fahrwerksrahmen des mittleren Fahrwerks über mindestens
ein Federelement in vertikaler Richtung gegen den Wagenkasten bzw. das Drehgestell
abgefedert ist.
[0002] Um den Lenkeinschlag (Wendebewegung) der Endfahrwerke eines Schienenfahrzeugs zu
steuern, ist es bereits bekannt, zwischen den beiden Endfahrwerken ein mittleres
Fahrwerk anzuordnen, an dem Deichseln der beiden Endfahrwerke gelenkig gelagert
sind. In Gleisbögen kommt es zu einer Querverschiebung des mittleren Fahrwerks und
damit zu einer Wendebewegung der beiden Endfahrwerke derart, daß die Radachsen der
Endfahrwerke im Gleisbogen genau radial stehen bzw. die Räder tangential an die
Schienen stehen. Durch diese winkelgenaue Einstellung der Räder im Gleisbogen kann
auch bei längeren Schienenfahrzeugen ein Schräganlauf auf die Schienen vermieden
bzw. herabgesetzt werden, womit sowohl die Räder als auch die Schienen weniger verschleißen.
Beim bekannten Schienenfahrzeug ist das mittlere Fahrwerk als reines Steuerfahrwerk
ausgebildet und liegt im wesentlichen nur durch sein Eigengewicht zwischen den beiden
Endfahrwerken auf den Schienen auf, während die beiden Endfahrwerke die eigentlichen
lasttragenden Fahrwerke sind. Aus der französischen Patentschrift 52 461 ist eine
Fahrwerksgruppe mit im Lenkeinschlag gesteuerten Endfahrwerken bekannt, wobei die
Querauslenkung eines tragen den und gefederten mittleren Fahrwerks die Größe des
Lenkeinschlags der beiden Endfahrwerke festlegt. Die dann vorgeschlagene Konstruktion
hat allerdings den Nachteil, daß es durch die gleichzeitige Anwendung einer Zwangssteuerung
eines Fahrwerkes (hier Festlegung des Lenkeinschlags über Gestänge in Abhängigkeit
von der Querauslenkung des mittleren Fahrwerks) und der Verwendung von Radsätzen
(d. h. die Räder einer Achse sind durch eine Radsatzwelle starr miteinander verbunden)
zu einem Gegeneinanderspiel von Zwangssteuerung und Selbststeuerungseffekt der Radsätze
kommt. Beim Radsatz entsteht durch die Rollradiendifferenz der Radprofile innerhalb
gewisser Grenzen ein Drehmoment um die Hochachse, welches den Radsatz im Gleisbogen
in annähernd radiale Winkelposition führt (Selbststeuerungseffekt). Durch das genannte,
bei gleichzeitiger Verwendung von Radsätzen und Zwangssteuerung auftretende Gegeneinanderspiel
kommt es zu einem Längsschlupf und Längskräften in den Kontaktflächen der Räder (Verschleiß)
sowie zu hohen Kräften im Steuermechanismus. Dieser muß daher eine hohe Festigkeit
und damit ein hohes Gewicht aufweisen.
[0003] Aufgabe der Erfindung ist es, eine Fahrwerksgruppe für ein Schienenfahrzeug oder
für ein Drehgestell eines Schienenfahrzeugs der eingangs genannten Gattung zu schaffen,
die sich beim Durchfahren von Gleisbögen durch einen geringen Verschleiß an Rädern
und Schienen auszeichnet und die auch bei größeren Lasten mit relativ leichten kompakten
Endfahrwerken auskommt.
[0004] Dies wird erfindungsgemäß dadurch erreicht, daß die Räder des vorzugsweise zweirädrigen
mittleren Fahrwerks sowie die Räder der zweirädrigen Endfahrwerke jeweils unabhängige,
nicht durch eine Radsatzwelle miteinander verbundene Einzelräder sind.
[0005] Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, daß man die Idee eines über die Querauslenkung
des mittleren Fahrwerkes zwangsgesteuerten dreiachsigen Schienenfahrzeuges doch in
die Praxis umsetzen kann, wenn man Einzelräder (Losräder) verwendet. Losräder weisen
im Gegensatz zu Radsätzen keinen Selbst steuerungseffekt auf. Der Verschleiß infolge
aufgezwungenen Längsschlupfes fällt daher weg. Die Kräfte zum Einstellen des Wendewinkels
(Lenkeinschlag der beiden Endfahrwerke ) sind daher ebenfalls klein, was eine leichte
und kostengünstige Bauart des Steuermechanismus ermöglicht.
[0006] Losräder sind an sich bekannt und weisen neben einem reduzierten Rad- und Schienenverschleiß
einen stabilen Lauf bei hohen Geschwindigkeiten auf. Bei den bekannten Fahrzeugen
wird jedoch die für die Losräder nötige Zwangssteuerung hauptsächlich von der Winkelstellung
zwischen benachbarten Folgewaggons abgeleitet, womit unter anderem spezielle Kupplungen
nötig sind. Mit der erfindungsgemäßen Kombination aus Steuerung über die Querauslenkung
des mittleren Fahrwerks mit der Verwendung von Einzelrädern lassen sich leichte und
für hohen Geschwindigkeiten geeignete Fahrzeuge mit geringem Rad- und Schienenverschleiß
realisieren, bei denen die Größe des Lenkeinschlags der Endfahrwerke aus der Stellung
des fahrzeugeigenen mittleren Fahrwerks abgeleitet wird. Man benötigt also keine
speziellen Kupplungen und hat ein autonomes Fahrzeug, das leicht in den normalen
Zugsverband eingereiht werden kann.
[0007] Im Gegensatz zur bekannten Lösung, bei der das mittlere Fahrwerk ein reines Steuerfahrwerk
ist, dessen Querauslenkung den Lenkeinschlag der Endfahrwerke steuert, übernimmt das
erfindungsgemäße mittlere Fahrwerk einen wesentlichen Teil des auf der Fahrwerksgruppe
lastenden Gewichts. Die beiden Endfahrwerke müssen daher nicht die gesamte Last tragen
und können kompakter und leichter dimensioniert werden. Das erfindungsgemäße mittlere
Fahrwerk ist also gleichzeitig ein Steuerfahrwerk (seine Querauslenkung steuert den
Lenkeinschlag der beiden Endfahrwerke) und ein lasttragendes Fahrwerk, das einen Teil
der Last übernimmt.
[0008] Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäßen Verwendung von nicht durch eine Radsatzwelle
miteinander verbundenen Einzelrädern ist möglicherweise ein gegenüber Radsätzen mit
starren Achsen günstiges akustisches Verhalten. Da die erfindungsge mäße Fahrwerksgruppe
zwangsgelenkte Fahrwerke bzw. Räder aufweist, ist der Nachteil des fehlenden Selbststeuereffektes
von Einzelrädern nicht vorhanden. Die erfindungsgemäße Fahrwerksgruppe weist also
sowohl auf Geraden als auch in engen Bögen sehr gute Laufeigenschaften auf. Durch
die erfindungsgemäße Fahrwerksgruppe erfolgt die nötige winkelgenaue Einstellung
der Räder im Gleisbogen, d. h. eine exakte Tangentialstellung der Räder an die Schiene
(Radmittelebene parallel zur Tangente an die Schiene). Bei der Kurveneinfahrt und
in S-Bögen kommt es zwar zu einer geringen Lenkwinkelabweichung von der idealen Tangentialstellung
der Räder an die Schienen, jedoch ist diese Lenkwinkelabweichung gering und besteht
im Gegensatz zu ungelenkten Achsen nicht über den gesamten Gleisbogen hinweg. Ungelenkte
Achsen weisen über den gesamten Gleisbogen hinweg einen zu Verschleiß an Rädern und
Schienen führenden Schräganlauf auf.
[0009] Im Hinblick auf ein geringes Gewicht und einen geringen Verschleiß in Gleisbögen
ist es besonders günstig, wenn das mittlere Fahrwerk zweirädrig ("einachsig") ausgebildet
ist.
[0010] Um immer eine wohldefinierte Lage des mittleren Fahrwerks und damit eine exakte Übertragung
der Querauslenkung des mittleren Fahrwerks auf den Lenkeinschlag der beiden Endfahrwerke
zu haben, ist es gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung günstig, wenn
das mittlere Fahrwerk derart gegenüber dem Wagenkasten bzw. Drehgestell geführt ist
bzw. an diesem gelagert ist, daß die Projektion der gedachten Verbindungsgeraden
durch die Radmittelpunkte auf eine Horizontalebene bei Auslenkungen quer zur Fahrzeuglängsrichtung
zu sich selbst parallel bleibt. Eine solche Lagerung läßt sich vorteilhaft dadurch
realisieren, daß der Fahrwerksrahmen des mittleren Fahrwerks im wesentlichen in Längsrichtung
des Schienenfahrzeugs bzw. Drehgestells verlaufende, quer zu dieser Längsrichtung
nebeneinanderliegende Parallelführungslenker, welche zwischen Fahrwerksrahmen und
wagenkasten bzw. Drehgestell angeordnet sind, geführt ist. Solche Parallelführungslenker
sind im allgemeinen gleich lange Stangen, die beidseitig gelenkig (etwa durch kardanisch
wirkende Gelenke) gelagert sind. Bei der Querauslenkung beschreibt das mittlere Fahrwerk
damit insgesamt einen Kreisbogen, bleibt aber jedenfalls immer zu sich selbst parallel.
Die genannte Mittenstellung ist jene Stellung, die das mittlere Fahrwerk auf einem
geraden Gleisabschnitt einnimmt. Das mittlere Fahrwerk ist durch die genannte Lagerung,
also quer zur Längsrichtung des Schienenfahrzeugs bzw. des Drehgestells quer beweglich,
kann jedoch bei dieser Querbewegung keine Lenk- bzw. Wendebewegung um eine Hochachse
ausführen. Damit läßt sich über einfache mechanische Kopplungseinrichtungen, wie beispielsweise
über kreuz geführte Koppelstangen, die Querauslenkung des mittleren Fahrwerks als
wohldefinierte Steuergröße für den Lenkeinschlag der beiden Endfahrwerke verwenden.
Eine Wankbewegung um eine in Fahrzeuglängsrichtung verlaufende Achse, die auch die
beiden Endfahrwerke ausführen können, stört dabei nicht.
[0011] Zur Stabilisierung des mittleren Fahrwerkrahmens gegen Verdrehungen um eine Querachse
und zur Aufnahme von Bremsmomenten ist günstigerweise vorgesehen, daß unterhalb oder
oberhalb der Ebene der Parallelführungslenker ein weiterer Führungslenker angeordnet
ist, der an einem Ende am Fahrwerksrahmen des mittleren Fahrgestells und am anderen
Ende am Wagenkasten bzw. am Drehgestell oder einem wagenkastenfesten bzw. drehgestellfesten
Teil gelenkig gelagert ist.
[0012] Bei Drehgestellen bzw. Schienenfahrzeugen mit relativ kurzem Achsabstand wird auch
die in Gleisbögen auftretende Querauslenkung des mittleren Fahrwerks gering sein
und es ist dann denkbar, daß ein Federelement des mittleren Fahrwerks unten fest mit
dem mittleren Fahrwerksrahmen und oben fest mit dem Wagenkasten bzw. dem Drehgestell
verbunden ist, wobei das Federelement selbst bei einer Querbewegung des mittleren
Fahrwerks verbogen bzw. verschert wird (beispielsweise eignen sich sogenannte Flexicoilfedern).
Bei größeren Radständen und damit größeren Querverschiebungen des mittleren Fahrwerks
ist es gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung günstig, wenn das bzw.
die zwischen dem Wagenkasten bzw. dem Drehgestell und dem Fahrwerksrahmen des mittleren
Fahrwerks angeordnete(n) Federelement(e), vorzugsweise am wagenkasten seitigen bzw.
drehgestellseitigen Ende, in mindestens einem Gleitlager oder Rollenlager quer zur
Fahrzeuglängsrichtung bzw. Drehgestelllängsrichtung verschieblich gelagert ist bzw.
sind. Es sind jedoch auch andere gefederte Lagerungen des mittleren Fahrwerks möglich,
die eine große Querverschiebung erlauben. Beispielsweise sind gefederte Pendelaufhängungen
durchaus denkbar und möglich.
[0013] Zur Übertragung der Querauslenkung des mittleren Fahrwerks auf die Lenkbewegung der
Endfahrwerke können mechanische Kopplungseinrichtungen, wie überkreuzte Koppelstangen,
Seilzugmechanismen oder Zahnstangenantriebe, vorgesehen sein, es sind jedoch auch
hydraulische und elektrische Kopplungseinrichtungen denkbar und möglich.
[0014] Die erfindungsgemäße Fahrwerksgruppe eignet sich sowohl für angetriebene als auch
für nicht angetriebene Radsätze.
[0015] Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung werden in der folgenden Figurenbeschreibung
näher erläutert.
[0016] Es zeigen die Fig. 1 eine schematische Draufsicht auf das vordere und mittlere Fahrwerk
eines Ausführungsbeispiels der erfindungsgemäßen Fahrwerksgruppe und die Fig. 2 eine
entsprechende Seitenansicht, die Fig. 3 eine schematische Draufsicht auf das mittlere
Fahrwerk und das hintere Endfahrwerk desselben Schienenfahrzeuges wie in Fig. 1 (das
mittlere Fahrwerk ist sowohl in Fig. 1 als auch in Fig. 3 dargestellt) und die Fig.
4 eine entsprechende Seitenansicht und die Fig. 5 eine schematische Darstellung einer
erfindungsgemäßen Fahrwerksgruppe in einem Gleisbogen.
[0017] Das in den Fig. 1 bis 4 dargestellte Schienenfahrzeug weist einen Wagenkasten 1 auf,
von dem der untere Bereich in den Figuren schematisch dargestellt ist. An diesem Wagenkasten
1 sind zwei allgemein mit dem Bezugsziffern 2 und 3 bezeichnete Endfahrverke sowie
ein mittleres Fahrwerk 4 gelagert. Die beiden Endfahrverke 2 und 3 sind im wesentlichen
identisch aufgebaut, weshalb im folgenden nur das in den Fig. 1 und 2 dargestellte
Endfahrwerk 2 ausführlich beschrieben wird.
[0018] Das Endfahrwerk 2 ist an zwei übereinanderliegenden Parallelführungslenkern 5 am
wagenkastenfesten Halteteil 6 gelagert. Die beiden Parallelführungsstangen 5 weisen
beidseitig kardanisch wirkende Gelenke 7 auf. Der Fahrwerksrahmen 8 ist über eine
Luftfeder 9 vertikal gegen den Wagenkasten 1 des Schienenfahrzeugs abgefedert. Die
Luftfeder 9 ist oben am Wagenkasten 1 und unten am Fahrwerksrahmen 8 fest befestigt.
Gegenüber dem Wagenkasten 1 kann das Endfahrwerk 2 folgende Bewegungen ausführen.
Zunächst erlauben die Parallelführungslenker 5 ein einfedern in vertikaler Richtung.
Weiters kann das Endfahrwerk 2 um die kardanischen Gelenke 7 der Parallelführungslenker
5 eine Lenkeinschlagbewegung um eine Hochachse ausführen. Durch die Lagerung an den
beidseitig kardanisch angelenkten Parallelführungslenkern 5 ist neben einer solchen
Lenkeinschlagbewegung (Wendebewegung) des Endfahrwerks 2 auch eine Querverschiebung
quer zur Fahrzeuglängsrichtung möglich. Diese Querverschiebebewegung ist an sich bekannt,
dient zur Querfederung des Fahrzeugs und kann durch gummifederte Queranschläge begrenzt
sein. Schließlich kann das Endfahrwerk 2 noch um eine mittlere Längsachse eine sogenannte
Wankbewegung ausführungen. Durch einen Wankstabilisator 10 in Form eines U-förmigen
Bügels wird das Ausmaß der Wankbewegung begrenzt.
[0019] Die Räder 11 des einachsigen vorderen Endfahrwerks 2 sind unabhängig voneinander
im Fahrwerksrahmen 8 gelagerte Einzelräder (Lagerungen nicht im einzelnen dargestellt),
die mit unterschiedlichen Winkelgeschwindigkeiten rotieren können (Losrad-Prinzipl).
[0020] Wie bereits erwähnt, ist das in den Fig. 3 und 4 dargestellte hintere Endfahrwerk
3 im wesentlichen gleich ausgebildet wie das in den Fig. 1 und 2 dargestellte vordere
Endfahrwerk 2, wobei gleiche Bezugsziffern gleiche bzw. äquivalente Teile bezeichnen.
[0021] Das sowohl in den Fig. 1 und 2 als auch in den Fig. 3 und 4 gezeigte mittlere Fahrwerk
4 ist erfindungsgemäß quer zur Längsrichtung des Schienenfahrzeugs beweglich am mittleren
Bereich des Wagenkastens 1 gelagert bzw. gegenüber diesem geführt. Gemäß einer bevorzugten
Ausführungsform der Erfindung sind dazu zwei in der dargestellten Mittenstellung des
mittleren Fahrwerks 4 im wesentlichen in Längsrichtung des Schienenfahrzeugs verlaufende,
quer zu dieser Längsrichtung nebeneinander liegende Parallelführungslenker 13 vorgesehen,
welche zwischen dem Fahrwerksrahmen 12 und dem Wagenkasten 1 angordnet sind. Die
Parallelführungslenker 13 weisen beidseitig kardanisch wirkende Gelenke auf, die
in Gleisbögen eine Auslenkung des mittleren Fahrwerks 4 quer zur Längsrichtung des
Schienenfahrzeugs ermöglichen, wie dies beispielsweise in Fig. 5 dargestellt ist.
Bei dieser Querauslenkung beschreibt das mittlere Fahrwerk 4 insgesamt eine Kreisbewegung,
bleibt aber zu sich selbst immer parallel, führt also keine Wendebewegung um eine
Hochachse aus. Um Bremsmomente aufnehmen zu können, ist unterhalb der Ebene der beiden
Parallelführungslenker 13 ein weiterer Führungslenker 14 angeordnet, der an einem
Ende am Fahrwerksrahmen 12 und am anderen Ende am wagenkastenfesten Teil 15 gelenkig
gelagert ist.
[0022] Das mittlere Fahrwerk 4 ist gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung
zweirädrig ausgebildet, wobei die Räder 16 wiederum unabhängige, nicht durch eine
Radsatzwelle miteinander verbundene Einzelräder sind, die mit unterschiedlichen Winkelgeschwindigkeiten
rotieren können. Auch damit lassen sich bei geringem Gewicht gute Laufeigenschaften
der Fahrwerksgruppe erzielen.
[0023] Erfindungsgemäß ist weiters der Fahrwerksrahmen 12 des mittleren Fahrwerks 4 über
das mittig angeordnete Federelement 17 gegen den Wagenkasten 1 in vertikaler Richtung
abgefedert, womit das mittlere Fahrwerk 4 einen wesentlichen Teil der Last übernimmt,
also neben seiner noch zu beschreibenden Steuerfunktion für den Lenkeinschlag der
beiden Endfahrwerke auch ein lasttragendes Fahrwerk ist. Das Federelement 17 ist wie
die Federelemente 9 der vorderen und hinteren Endfahr werke 2 bzw. 3 gemäß einer
bevorzugten Ausführungsform der Erfindung eine Luftfeder, die Bewegungen des jeweiligen
Fahrwerksrahmens gegenüber dem Wagenkasten zuläßt. Bei längeren Schienenfahrzeugen
wie bei dem in den Fig. 1 bis 4 schematisch dargestellten Waggon wird jedoch die
Querbeweglichkeit einer solchen Luftfeder nicht ausreichen, um auch in engen Gleisbögen
eine ausreichende Querauslenkung des mittleren Fahrwerks zuzulassen. Deshalb ist bei
längeren Schienenfahrzeugen mit großen Achsabständen gemäß einer bevorzugten Ausführungsform
vorgesehen, daß die Luftfeder 17 in einem Gleitlager 18 geführt ist, das eine Verschiebung
quer zur Fahrzeuglängsrichtung erlaubt. Neben Gleitlagern sind auch Rollenlager
od. dgl. denkbar und möglich. Das mittlere Fahrwerk erlaubt weiters eine Wankbewegung
um eine mittlere in Fahrzeuglängsrichtung verlaufende gedachte Achse.
[0024] Bei der erfindungsgemäßen Fahrwerksgruppe steuert die Querauslenkung des mittleren
Fahrwerks 4 im Gleisbogen den Lenkeinschlag der beiden Endfahrwerke 2 und 3 gerade
so, daß in einem konstanten Kreisbogen eine exakte Tangentialstellung der Räder an
die Schiene gegeben ist. (In dieser Stellung verläuft die Verbindungsgerade durch
die Radmittelpunkte der jeweiligen Fahrwerke gerade durch den Mittelpunkt des Kreisbogens
(winkelgenaue radiale Einstellung)). Die Einstellung der Fahrwerksgruppe in einem
Gleisbogen ist in Fig. 5 schematisch dargestellt.
[0025] Zur Übertragung der Querauslenkung des mittleren Fahrwerks auf eine Lenkeinschlagbewegung
(Wendebewegung) der beiden Endfahrwerke 2 und 3 sind bei dem in den Fig. 1 bis 4 dargestellten
Ausführungsbeispiel jeweils zwei überkreuz geführte Koppelstangen 19 vorgesehen, die
an einem Ende gelenkig am mittleren Fahrwerksrahmen 12 gelagert sind und am anderen
Ende mit dem Endfahrwerk 2 bzw. 3 in Verbindung stehen. Jeweils eine Koppelstange
19 weist im Kreuzungsbereich eine Erweiterung mit einer Ausnehmung auf, durch die
die andere Koppelstange 19 hindurchgeführt ist (in den Fig. 1 und 4 nicht dargestellt).
Um dem Umstand Rechnung zu tragen, daß sich bei einer Querauslenkung des mittleren
Fahrwerks 4 auch der Ab stand zwischen mittlerem Fahrwerk 4 und den Endfahrwerken
2 bzw. 3 ändert und dennoch eine präzise Lenkeinschlagstellung der beiden Endfahrwerke
2 und 3 zu gewährleisten, sind die Koppelstangen 19 nicht direkt an den Fahrwerksrahmen
8 der beiden Endfahrwerke gelenkig gelagert, sondern an Hebeln 20, die drehfest an
einer quer zur Fahrzeuglängsrichtung liegenden Torsionsstange 21 befestigt sind,
welche um ihre eigene Achse drehbar gelagert ist.
[0026] Durch diese relativ einfache mechanische Kopplung ist eine robuste und präzise Lenkeinschlageinstellung
der beiden Endfahrwerke 2 und 3 in Abhängigkeit von der Querauslenkung des mittleren
Fahrwerks 4 möglich. Es eignen sich jedoch auch andere mechanische Kopplungseinrichtungen,
wie beispielsweise Seilzugmechanismen oder ein Zahnstangenübertragungsmechanismus,
bei dem zur Übertragung der Querauslenkung des mittleren Fahrwerks 4 auf die Lenkbewegung
der Endfahrwerke 2, 3 am mittleren Fahrwerksrahmen eine Zahnstange angeordnet ist,
die über ein Ritzel eine in im wesentlichen Fahrzeuglängsrichtung bzw. Drehgestelllängsrichtung
verlaufende drehbare Welle antreibt, welche ihrerseits, beispielsweise über einen
Stirnradantrieb, eine Lenkbewegung des entsprechenden Endfahrwerks 2, 3 festlegt.
Neben mechanischen Kopplungseinrichtungen kann auch vorgesehen sein, daß eine elektrische
oder hydraulische Einrichtung zur Erfassung der Querauslenkung des mittleren Fahrwerks
vorgesehen ist und der Lenkeinschlag der Endfahrwerke in Abhängigkeit von der durch
diese Einrichtung erfaßten Querauslenkung des mittleren Fahrwerks über eine hydraulische
oder elektrische Stelleinrichtung festgelegt wird.
[0027] Zu der in den Fig. 1 bis 4 dargestellten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Fahrwerksgruppe
ist noch zu erwähnen, daß die Kopplungseinrichtungen 19 keinen direkten Kontakt zum
Wagenkasten 1 haben, womit - unabhängig von der momentanen Stellung des Wagenkastens
1 - immer eine richtige Fahrwerkstellung gegeben ist. Ein weiterer Vorteil des in
den Fig. 1 bis 4 dargestellten Waggons besteht darin, daß dieser ein autonomes Schienenfahrzeug
darstellt, der in herkömmlicher Weise mit anderen Schienenfahrzeugen gekuppelt werden
kann.
1. Fahrwerksgruppe für ein Schienenfahrzeug oder für ein Drehgestell eines Schienenfahrzeugs,
mit zwei zweirädrigen in ihrem Lenkeinschlag verstellbaren Endfahrwerken, deren Fahrwerksrahmen
jeweils über mindestens ein Federelement in vertikaler Richtung gegen den Wagenkasten
des Schienenfahrzeugs bzw. das Drehgestell abgefedert sind, und mit einem zwischen
den beiden Endfahrwerken liegenden mittleren Fahrwerk, dessen in Gleisbögen auftretende
Auslenkung quer zur Längsrichtung des Schienenfahrzeugs bzw. des Drehgestells über
Kopplungseinrichtungen den Lenkeinschlag der beiden Endfahrwerke steuert, wobei der
Fahrwerkrahmen des mittleren Fahrwerks quer zur Längseinrichtung des Schienenfahrzeugs
bzw. des Drehgestells beweglich am mittleren Bereich des Wagenkastens bzw. des Drehgestells
gelagert bzw. gegenüber diesem geführt ist und der Fahrwerksrahmen des mittleren Fahrwerks
über mindestens ein Federelement in vertikaler Richtung gegen den Wagenkasten bzw.
das Drehgestell abgefedert ist, dadurch gekennzeichnet daß die Räder des vorzugsweise
zweirädrigen mittleren Fahrwerks (4) sowie die Räder der zweirädrigen Endfahrwerke
(2, 3,) jeweils unabhängige, nicht durch eine Radsatzwelle miteinander verbundene
Einzelräder sind.
2. Fahrwerksgruppe nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Fahrwerkrahmen
(12) des mittleren Fahrwerks (4) durch in der Mittenstellung des mittleren Fahrwerks
(4) im wesentlichen in Längsrichtung des Schienenfahrzeugs bzw. Drehgestells (30)
verlaufende, quer zu dieser Längsrichtung nebeneinanderliegende Parallelführungslenker
(13), welche zwischen Fahrwerksrahmen (12) und Wagenkasten (1) bzw. Drehgestell (30)
angeordnet sind, geführt ist.
3. Fahrwerksgruppe nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß unterhalb oder oberhalb
der Ebene der Parallelführungslenker (13) ein weiterer Führungslenker (14) angeordnet
ist, der an einem Ende am Fahrwerksrahmen (12) des mittleren Fahrwerks (4) und am
anderen Ende am Wagenkasten (1) bzw. am Drehgestell (30) oder einem wagenkastenfesten
bzw. drehgestellfesten Teil (15) gelenkig gelagert ist.
4. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das
mittlere Fahrwerk (4) um eine in Fahrzeuglängsrichtung verlaufende Achse schwenkbar
gelagert ist.
5. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß pro
Fahrwerk (2, 3, 4) eine einzige, mittig angeordnete Luftfeder (9, 17), als Federelement
vorgesehen ist.
6. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß am
Endfahrwerksrahmen (8) und/oder am mittleren Fahrwerksrahmen (12) eine quer zur Fahrzeuglängsrichtung
bzw. Drehgestellängsrichtung liegende Torsionsstange (21) drehbar gelagert ist, an
deren Ende zwei drehfest befestigte Heber (20) abstehen, und daß an den Enden dieser
Hebel (20) zwei an sich bekannte überkreuz geführte Koppelstangen (19) gelenkig gelagert
sind, die das mittlere Fahrwerk (4) und jeweils ein Endfahrwerk (2, 3) verbinden.
7. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die
Übertragung der Querauslenkung des mittleren Fahrwerks auf die Lenkbewegung der Endfahrwerke
über einen Seilzugmechanismus erfolgt.
8. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß zur
Übertragung der Quer auslenkung des mittleren Fahrwerks auf die Lenkbewegung der
Endfahrwerke am mittleren Fahrwerksrahmen eine Zahnstange angeordnet ist, die über
ein Ritzel eine in im wesentlichen Fahrzeuglängsrichtung bzw. Drehgestellängsrichtung
verlaufende drehbare Welle antreibt, welche ihrerseits, beispielsweise über einen
Stirnradantrieb, eine Lenkbewegung des entsprechenden Endfahrwerks festlegt.
9. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß eine
elektrische oder hydraulische Einrichtung zur Erfassung der Querauslenkung des mittleren
Fahrwerks vorgesehen ist und der Lenkeinschlag der Endfahrwerke in Abhängigkeit von
der durch diese Einrichtung erfaßten Querauslenkung des mittleren Fahrwerks über eine
hydraulische oder elektrische Stelleinrichtung festgelegt wird.
10. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß
jedes der beiden Endfahrwerke über zwei übereinanderliegende Parallelführungslenker
(5) geführt ist, die an jeweils einem Ende am Fahrwerksrahmen (8) eines Endfahrwerks
(2, 3) und am jeweils anderen Ende am Wagenkasten (1) bzw. am Drehgestell (30) oder
einem wagenkastenfesten bzw. drehgestellfesten Teil (6) gelenkig gelagert sind.
11. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß
die beiden Endfahrwerke jeweils über Federn belastet sind, die bei einem Lenkeinschlag
eine Rückstellkraft in die mittlere Geradeauslaufstellung hervorrufen.