(19)
(11) EP 0 410 407 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.01.1991  Patentblatt  1991/05

(21) Anmeldenummer: 90114227.3

(22) Anmeldetag:  25.07.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5B61F 5/38, B61F 5/42, B61F 1/14
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE ES FR IT LI SE

(30) Priorität: 27.07.1989 AT 1814/89

(71) Anmelder: JENBACHER TRANSPORTSYSTEME AG
A-6200 Jenbach (AT)

(72) Erfinder:
  • Hiden, Helmut, Dipl.-Ing.
    A-6200 Jenbach (AT)

(74) Vertreter: Hofinger, Engelbert, DDr. et al
Patentanwälte Torggler & Hofinger Wilhelm-Greil-Strasse 16
A-6020 Innsbruck
A-6020 Innsbruck (AT)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Fahrwerksgruppe für ein Schienenfahrzeug oder für ein Drehgestell eines Schienenfahrzeuges


    (57) Fahrwerksgruppe für ein Schienenfahrzeug oder für ein Drehgestell eines Schienenfahrzeugs, mit zwei zweirädrigen in ihrem Lenkeinschlag verstellbaren Endfahrwerken (2, 3), deren Fahrwerksrahmen (8) jeweils über mindestens ein Federelement (9) in vertikaler Richtung gegen den Wagenkasten (1) des Schienenfahrzeugs bzw. das Drehgestell (30) abgefedert sind. Weiters ist ein zwischen den beiden Endfahrwerken (2, 3) liegendes mittleres Fahrwerk (4) vorgesehen, dessen in Gleisbögen auftretende Auslenkung quer zur Längsrichtung des Schienenfahrzeugs bzw. des Drehgestells (30) über Kopplungseinrichtungen (19) den Lenkeinschlag der beiden Endfahrwerke steuert. Erfindungsgemäß ist vorgesehen, daß der Fahrwerksrahmen (12) des mittleren Fahrwerks (4) quer zur Längsrichtung des Schienenfahrzeugs bzw. des Drehgestells (30) beweglich am mittleren Bereich des Wagenkastens (1) bzw. des Drehgestells (30) gelagert bzw. gegenüber diesem (1 bzw. 30) geführt ist. Außerdem ist der Fahrwerksrahmen (12) des mittleren Fahrwerks (4) über mindestens ein Federelement (17, 17′) in vertikaler Richtung gegen den Wagenkasten (1) bzw. das Drehgestell (30) abgefedert. Die Räder (16) des vorzugsweise zweirädrigen mittleren Fahrwerks (4) sowie die Räder (11) der zweirädrigen Endfahrwerke (2, 3) sind jeweils unabhängige, nicht durch eine Radsatzwelle miteinander verbundene Einzelräder.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine Fahrwerksgruppe für ein Schienen­fahrzeug oder für ein Drehgestell eines Schienenfahrzeugs, mit zwei zweirädrigen in ihrem Lenkeinschlag verstellbaren Endfahrwerken, deren Fahrwerksrahmen jeweils über mindestens ein Federelement in vertikaler Richtung gegen den Wagenkasten des Schienenfahrzeugs bzw. das Drehgestell abgefedert sind, und mit einem zwischen den beiden Endfahrwerken liegenden mittleren Fahrwerk, dessen in Gleisbögen auftretende Auslen­kung quer zur Längsrichtung des Schienenfahrzeugs bzw. des Drehgestells über Kopplungseinrichtungen den Lenkeinschlag der beiden Endfahrverke steuert, wobei der Fahrwerkrahmen des mittleren Fahrwerks quer zur Längseinrichtung des Schienen­fahrzeugs bzw. des Drehgestells beweglich am mittleren Be­reich des Wagenkastens bzw. des Drehgestells gelagert bzw. gegenüber diesem geführt ist und der Fahrwerksrahmen des mittleren Fahrwerks über mindestens ein Federelement in ver­tikaler Richtung gegen den Wagenkasten bzw. das Drehgestell abgefedert ist.

    [0002] Um den Lenkeinschlag (Wendebewegung) der Endfahrwerke eines Schienenfahrzeugs zu steuern, ist es bereits bekannt, zwi­schen den beiden Endfahrwerken ein mittleres Fahrwerk anzu­ordnen, an dem Deichseln der beiden Endfahrwerke gelenkig ge­lagert sind. In Gleisbögen kommt es zu einer Querverschiebung des mittleren Fahrwerks und damit zu einer Wendebewegung der beiden Endfahrwerke derart, daß die Radachsen der Endfahr­werke im Gleisbogen genau radial stehen bzw. die Räder tan­gential an die Schienen stehen. Durch diese winkelgenaue Ein­stellung der Räder im Gleisbogen kann auch bei längeren Schienenfahrzeugen ein Schräganlauf auf die Schienen vermie­den bzw. herabgesetzt werden, womit sowohl die Räder als auch die Schienen weniger verschleißen. Beim bekannten Schienen­fahrzeug ist das mittlere Fahrwerk als reines Steuerfahrwerk ausgebildet und liegt im wesentlichen nur durch sein Eigenge­wicht zwischen den beiden Endfahrwerken auf den Schienen auf, während die beiden Endfahrwerke die eigentlichen lasttragen­den Fahrwerke sind. Aus der französischen Patentschrift 52 461 ist eine Fahrwerksgruppe mit im Lenkeinschlag gesteuerten Endfahrwerken bekannt, wobei die Querauslenkung eines tragen­ den und gefederten mittleren Fahrwerks die Größe des Lenkein­schlags der beiden Endfahrwerke festlegt. Die dann vorge­schlagene Konstruktion hat allerdings den Nachteil, daß es durch die gleichzeitige Anwendung einer Zwangssteuerung eines Fahrwerkes (hier Festlegung des Lenkeinschlags über Gestänge in Abhängigkeit von der Querauslenkung des mittleren Fahr­werks) und der Verwendung von Radsätzen (d. h. die Räder ei­ner Achse sind durch eine Radsatzwelle starr miteinander ver­bunden) zu einem Gegeneinanderspiel von Zwangssteuerung und Selbststeuerungseffekt der Radsätze kommt. Beim Radsatz ent­steht durch die Rollradiendifferenz der Radprofile innerhalb gewisser Grenzen ein Drehmoment um die Hochachse, welches den Radsatz im Gleisbogen in annähernd radiale Winkelposition führt (Selbststeuerungseffekt). Durch das genannte, bei gleichzeitiger Verwendung von Radsätzen und Zwangssteuerung auftretende Gegeneinanderspiel kommt es zu einem Längsschlupf und Längskräften in den Kontaktflächen der Räder (Verschleiß) sowie zu hohen Kräften im Steuermechanismus. Dieser muß daher eine hohe Festigkeit und damit ein hohes Gewicht aufweisen.

    [0003] Aufgabe der Erfindung ist es, eine Fahrwerksgruppe für ein Schienenfahrzeug oder für ein Drehgestell eines Schienenfahr­zeugs der eingangs genannten Gattung zu schaffen, die sich beim Durchfahren von Gleisbögen durch einen geringen Ver­schleiß an Rädern und Schienen auszeichnet und die auch bei größeren Lasten mit relativ leichten kompakten Endfahrwerken auskommt.

    [0004] Dies wird erfindungsgemäß dadurch erreicht, daß die Räder des vorzugsweise zweirädrigen mittleren Fahrwerks sowie die Räder der zweirädrigen Endfahrwerke jeweils unabhängige, nicht durch eine Radsatzwelle miteinander verbundene Einzelräder sind.

    [0005] Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, daß man die Idee eines über die Querauslenkung des mittleren Fahrwerkes zwangsgesteuerten dreiachsigen Schienenfahrzeuges doch in die Praxis umsetzen kann, wenn man Einzelräder (Losräder) verwen­det. Losräder weisen im Gegensatz zu Radsätzen keinen Selbst­ steuerungseffekt auf. Der Verschleiß infolge aufgezwungenen Längsschlupfes fällt daher weg. Die Kräfte zum Einstellen des Wendewinkels (Lenkeinschlag der beiden Endfahrwerke ) sind daher ebenfalls klein, was eine leichte und kostengünstige Bauart des Steuermechanismus ermöglicht.

    [0006] Losräder sind an sich bekannt und weisen neben einem redu­zierten Rad- und Schienenverschleiß einen stabilen Lauf bei hohen Geschwindigkeiten auf. Bei den bekannten Fahrzeugen wird jedoch die für die Losräder nötige Zwangssteuerung hauptsächlich von der Winkelstellung zwischen benachbarten Folgewaggons abgeleitet, womit unter anderem spezielle Kupp­lungen nötig sind. Mit der erfindungsgemäßen Kombination aus Steuerung über die Querauslenkung des mittleren Fahrwerks mit der Verwendung von Einzelrädern lassen sich leichte und für hohen Geschwindigkeiten geeignete Fahrzeuge mit geringem Rad- und Schienenverschleiß realisieren, bei denen die Größe des Lenkeinschlags der Endfahrwerke aus der Stellung des fahr­zeugeigenen mittleren Fahrwerks abgeleitet wird. Man benötigt also keine speziellen Kupplungen und hat ein autonomes Fahr­zeug, das leicht in den normalen Zugsverband eingereiht wer­den kann.

    [0007] Im Gegensatz zur bekannten Lösung, bei der das mittlere Fahr­werk ein reines Steuerfahrwerk ist, dessen Querauslenkung den Lenkeinschlag der Endfahrwerke steuert, übernimmt das erfin­dungsgemäße mittlere Fahrwerk einen wesentlichen Teil des auf der Fahrwerksgruppe lastenden Gewichts. Die beiden Endfahr­werke müssen daher nicht die gesamte Last tragen und können kompakter und leichter dimensioniert werden. Das erfindungs­gemäße mittlere Fahrwerk ist also gleichzeitig ein Steuer­fahrwerk (seine Querauslenkung steuert den Lenkeinschlag der beiden Endfahrwerke) und ein lasttragendes Fahrwerk, das einen Teil der Last übernimmt.

    [0008] Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäßen Verwendung von nicht durch eine Radsatzwelle miteinander verbundenen Einzel­rädern ist möglicherweise ein gegenüber Radsätzen mit starren Achsen günstiges akustisches Verhalten. Da die erfindungsge­ mäße Fahrwerksgruppe zwangsgelenkte Fahrwerke bzw. Räder auf­weist, ist der Nachteil des fehlenden Selbststeuereffektes von Einzelrädern nicht vorhanden. Die erfindungsgemäße Fahr­werksgruppe weist also sowohl auf Geraden als auch in engen Bögen sehr gute Laufeigenschaften auf. Durch die erfindungs­gemäße Fahrwerksgruppe erfolgt die nötige winkelgenaue Ein­stellung der Räder im Gleisbogen, d. h. eine exakte Tangen­tialstellung der Räder an die Schiene (Radmittelebene paral­lel zur Tangente an die Schiene). Bei der Kurveneinfahrt und in S-Bögen kommt es zwar zu einer geringen Lenkwinkelabwei­chung von der idealen Tangentialstellung der Räder an die Schienen, jedoch ist diese Lenkwinkelabweichung gering und besteht im Gegensatz zu ungelenkten Achsen nicht über den ge­samten Gleisbogen hinweg. Ungelenkte Achsen weisen über den gesamten Gleisbogen hinweg einen zu Verschleiß an Rädern und Schienen führenden Schräganlauf auf.

    [0009] Im Hinblick auf ein geringes Gewicht und einen geringen Ver­schleiß in Gleisbögen ist es besonders günstig, wenn das mittlere Fahrwerk zweirädrig ("einachsig") ausgebildet ist.

    [0010] Um immer eine wohldefinierte Lage des mittleren Fahrwerks und damit eine exakte Übertragung der Querauslenkung des mittle­ren Fahrwerks auf den Lenkeinschlag der beiden Endfahrwerke zu haben, ist es gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung günstig, wenn das mittlere Fahrwerk derart gegen­über dem Wagenkasten bzw. Drehgestell geführt ist bzw. an diesem gelagert ist, daß die Projektion der gedachten Verbin­dungsgeraden durch die Radmittelpunkte auf eine Horizontal­ebene bei Auslenkungen quer zur Fahrzeuglängsrichtung zu sich selbst parallel bleibt. Eine solche Lagerung läßt sich vor­teilhaft dadurch realisieren, daß der Fahrwerksrahmen des mittleren Fahrwerks im wesentlichen in Längsrichtung des Schienenfahrzeugs bzw. Drehgestells verlaufende, quer zu die­ser Längsrichtung nebeneinanderliegende Parallelführungslen­ker, welche zwischen Fahrwerksrahmen und wagenkasten bzw. Drehgestell angeordnet sind, geführt ist. Solche Parallelfüh­rungslenker sind im allgemeinen gleich lange Stangen, die beidseitig gelenkig (etwa durch kardanisch wirkende Gelenke) gelagert sind. Bei der Querauslenkung beschreibt das mittlere Fahrwerk damit insgesamt einen Kreisbogen, bleibt aber jeden­falls immer zu sich selbst parallel. Die genannte Mittenstel­lung ist jene Stellung, die das mittlere Fahrwerk auf einem geraden Gleisabschnitt einnimmt. Das mittlere Fahrwerk ist durch die genannte Lagerung, also quer zur Längsrichtung des Schienenfahrzeugs bzw. des Drehgestells quer beweglich, kann jedoch bei dieser Querbewegung keine Lenk- bzw. Wendebewegung um eine Hochachse ausführen. Damit läßt sich über einfache mechanische Kopplungseinrichtungen, wie beispielsweise über kreuz geführte Koppelstangen, die Querauslenkung des mittle­ren Fahrwerks als wohldefinierte Steuergröße für den Lenkein­schlag der beiden Endfahrwerke verwenden. Eine Wankbewegung um eine in Fahrzeuglängsrichtung verlaufende Achse, die auch die beiden Endfahrwerke ausführen können, stört dabei nicht.

    [0011] Zur Stabilisierung des mittleren Fahrwerkrahmens gegen Ver­drehungen um eine Querachse und zur Aufnahme von Bremsmomen­ten ist günstigerweise vorgesehen, daß unterhalb oder ober­halb der Ebene der Parallelführungslenker ein weiterer Füh­rungslenker angeordnet ist, der an einem Ende am Fahrwerks­rahmen des mittleren Fahrgestells und am anderen Ende am Wa­genkasten bzw. am Drehgestell oder einem wagenkastenfesten bzw. drehgestellfesten Teil gelenkig gelagert ist.

    [0012] Bei Drehgestellen bzw. Schienenfahrzeugen mit relativ kurzem Achsabstand wird auch die in Gleisbögen auftretende Queraus­lenkung des mittleren Fahrwerks gering sein und es ist dann denkbar, daß ein Federelement des mittleren Fahrwerks unten fest mit dem mittleren Fahrwerksrahmen und oben fest mit dem Wagenkasten bzw. dem Drehgestell verbunden ist, wobei das Fe­derelement selbst bei einer Querbewegung des mittleren Fahr­werks verbogen bzw. verschert wird (beispielsweise eignen sich sogenannte Flexicoilfedern). Bei größeren Radständen und damit größeren Querverschiebungen des mittleren Fahrwerks ist es gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung gün­stig, wenn das bzw. die zwischen dem Wagenkasten bzw. dem Drehgestell und dem Fahrwerksrahmen des mittleren Fahrwerks angeordnete(n) Federelement(e), vorzugsweise am wagenkasten­ seitigen bzw. drehgestellseitigen Ende, in mindestens einem Gleitlager oder Rollenlager quer zur Fahrzeuglängsrichtung bzw. Drehgestelllängsrichtung verschieblich gelagert ist bzw. sind. Es sind jedoch auch andere gefederte Lagerungen des mittleren Fahrwerks möglich, die eine große Querverschiebung erlauben. Beispielsweise sind gefederte Pendelaufhängungen durchaus denkbar und möglich.

    [0013] Zur Übertragung der Querauslenkung des mittleren Fahrwerks auf die Lenkbewegung der Endfahrwerke können mechanische Kopplungseinrichtungen, wie überkreuzte Koppelstangen, Seil­zugmechanismen oder Zahnstangenantriebe, vorgesehen sein, es sind jedoch auch hydraulische und elektrische Kopplungsein­richtungen denkbar und möglich.

    [0014] Die erfindungsgemäße Fahrwerksgruppe eignet sich sowohl für angetriebene als auch für nicht angetriebene Radsätze.

    [0015] Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung werden in der folgenden Figurenbeschreibung näher erläutert.

    [0016] Es zeigen die Fig. 1 eine schematische Draufsicht auf das vordere und mittlere Fahrwerk eines Ausführungsbeispiels der erfindungsgemäßen Fahrwerksgruppe und die Fig. 2 eine ent­sprechende Seitenansicht, die Fig. 3 eine schematische Drauf­sicht auf das mittlere Fahrwerk und das hintere Endfahrwerk desselben Schienenfahrzeuges wie in Fig. 1 (das mittlere Fahrwerk ist sowohl in Fig. 1 als auch in Fig. 3 dargestellt) und die Fig. 4 eine entsprechende Seitenansicht und die Fig. 5 eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Fahr­werksgruppe in einem Gleisbogen.

    [0017] Das in den Fig. 1 bis 4 dargestellte Schienenfahrzeug weist einen Wagenkasten 1 auf, von dem der untere Bereich in den Figuren schematisch dargestellt ist. An diesem Wagenkasten 1 sind zwei allgemein mit dem Bezugsziffern 2 und 3 bezeichnete Endfahrverke sowie ein mittleres Fahrwerk 4 gelagert. Die beiden Endfahrverke 2 und 3 sind im wesentlichen identisch aufgebaut, weshalb im folgenden nur das in den Fig. 1 und 2 dargestellte Endfahrwerk 2 ausführlich beschrieben wird.

    [0018] Das Endfahrwerk 2 ist an zwei übereinanderliegenden Parallel­führungslenkern 5 am wagenkastenfesten Halteteil 6 gelagert. Die beiden Parallelführungsstangen 5 weisen beidseitig karda­nisch wirkende Gelenke 7 auf. Der Fahrwerksrahmen 8 ist über eine Luftfeder 9 vertikal gegen den Wagenkasten 1 des Schie­nenfahrzeugs abgefedert. Die Luftfeder 9 ist oben am Wagenka­sten 1 und unten am Fahrwerksrahmen 8 fest befestigt. Gegen­über dem Wagenkasten 1 kann das Endfahrwerk 2 folgende Bewe­gungen ausführen. Zunächst erlauben die Parallelführungslen­ker 5 ein einfedern in vertikaler Richtung. Weiters kann das Endfahrwerk 2 um die kardanischen Gelenke 7 der Parallelfüh­rungslenker 5 eine Lenkeinschlagbewegung um eine Hochachse ausführen. Durch die Lagerung an den beidseitig kardanisch angelenkten Parallelführungslenkern 5 ist neben einer solchen Lenkeinschlagbewegung (Wendebewegung) des Endfahrwerks 2 auch eine Querverschiebung quer zur Fahrzeuglängsrichtung möglich. Diese Querverschiebebewegung ist an sich bekannt, dient zur Querfederung des Fahrzeugs und kann durch gummifederte Quer­anschläge begrenzt sein. Schließlich kann das Endfahrwerk 2 noch um eine mittlere Längsachse eine sogenannte Wankbewegung ausführungen. Durch einen Wankstabilisator 10 in Form eines U-förmigen Bügels wird das Ausmaß der Wankbewegung begrenzt.

    [0019] Die Räder 11 des einachsigen vorderen Endfahrwerks 2 sind un­abhängig voneinander im Fahrwerksrahmen 8 gelagerte Einzelrä­der (Lagerungen nicht im einzelnen dargestellt), die mit un­terschiedlichen Winkelgeschwindigkeiten rotieren können (Losrad-Prinzipl).

    [0020] Wie bereits erwähnt, ist das in den Fig. 3 und 4 dargestellte hintere Endfahrwerk 3 im wesentlichen gleich ausgebildet wie das in den Fig. 1 und 2 dargestellte vordere Endfahrwerk 2, wobei gleiche Bezugsziffern gleiche bzw. äquivalente Teile bezeichnen.

    [0021] Das sowohl in den Fig. 1 und 2 als auch in den Fig. 3 und 4 gezeigte mittlere Fahrwerk 4 ist erfindungsgemäß quer zur Längsrichtung des Schienenfahrzeugs beweglich am mittleren Bereich des Wagenkastens 1 gelagert bzw. gegenüber diesem ge­führt. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung sind dazu zwei in der dargestellten Mittenstellung des mitt­leren Fahrwerks 4 im wesentlichen in Längsrichtung des Schie­nenfahrzeugs verlaufende, quer zu dieser Längsrichtung neben­einander liegende Parallelführungslenker 13 vorgesehen, wel­che zwischen dem Fahrwerksrahmen 12 und dem Wagenkasten 1 angordnet sind. Die Parallelführungslenker 13 weisen beidsei­tig kardanisch wirkende Gelenke auf, die in Gleisbögen eine Auslenkung des mittleren Fahrwerks 4 quer zur Längsrichtung des Schienenfahrzeugs ermöglichen, wie dies beispielsweise in Fig. 5 dargestellt ist. Bei dieser Querauslenkung beschreibt das mittlere Fahrwerk 4 insgesamt eine Kreisbewegung, bleibt aber zu sich selbst immer parallel, führt also keine Wendebe­wegung um eine Hochachse aus. Um Bremsmomente aufnehmen zu können, ist unterhalb der Ebene der beiden Parallelführungs­lenker 13 ein weiterer Führungslenker 14 angeordnet, der an einem Ende am Fahrwerksrahmen 12 und am anderen Ende am wa­genkastenfesten Teil 15 gelenkig gelagert ist.

    [0022] Das mittlere Fahrwerk 4 ist gemäß einer bevorzugten Ausfüh­rungsform der Erfindung zweirädrig ausgebildet, wobei die Rä­der 16 wiederum unabhängige, nicht durch eine Radsatzwelle miteinander verbundene Einzelräder sind, die mit unterschied­lichen Winkelgeschwindigkeiten rotieren können. Auch damit lassen sich bei geringem Gewicht gute Laufeigenschaften der Fahrwerksgruppe erzielen.

    [0023] Erfindungsgemäß ist weiters der Fahrwerksrahmen 12 des mitt­leren Fahrwerks 4 über das mittig angeordnete Federelement 17 gegen den Wagenkasten 1 in vertikaler Richtung abgefedert, womit das mittlere Fahrwerk 4 einen wesentlichen Teil der Last übernimmt, also neben seiner noch zu beschreibenden Steuerfunktion für den Lenkeinschlag der beiden Endfahrwerke auch ein lasttragendes Fahrwerk ist. Das Federelement 17 ist wie die Federelemente 9 der vorderen und hinteren Endfahr­ werke 2 bzw. 3 gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung eine Luftfeder, die Bewegungen des jeweiligen Fahr­werksrahmens gegenüber dem Wagenkasten zuläßt. Bei längeren Schienenfahrzeugen wie bei dem in den Fig. 1 bis 4 schema­tisch dargestellten Waggon wird jedoch die Querbeweglichkeit einer solchen Luftfeder nicht ausreichen, um auch in engen Gleisbögen eine ausreichende Querauslenkung des mittleren Fahrwerks zuzulassen. Deshalb ist bei längeren Schienenfahr­zeugen mit großen Achsabständen gemäß einer bevorzugten Aus­führungsform vorgesehen, daß die Luftfeder 17 in einem Gleit­lager 18 geführt ist, das eine Verschiebung quer zur Fahr­zeuglängsrichtung erlaubt. Neben Gleitlagern sind auch Rol­lenlager od. dgl. denkbar und möglich. Das mittlere Fahrwerk erlaubt weiters eine Wankbewegung um eine mittlere in Fahrzeuglängsrichtung verlaufende gedachte Achse.

    [0024] Bei der erfindungsgemäßen Fahrwerksgruppe steuert die Quer­auslenkung des mittleren Fahrwerks 4 im Gleisbogen den Lenkeinschlag der beiden Endfahrwerke 2 und 3 gerade so, daß in einem konstanten Kreisbogen eine exakte Tangentialstellung der Räder an die Schiene gegeben ist. (In dieser Stellung verläuft die Verbindungsgerade durch die Radmittelpunkte der jeweiligen Fahrwerke gerade durch den Mittelpunkt des Kreis­bogens (winkelgenaue radiale Einstellung)). Die Einstellung der Fahrwerksgruppe in einem Gleisbogen ist in Fig. 5 schema­tisch dargestellt.

    [0025] Zur Übertragung der Querauslenkung des mittleren Fahrwerks auf eine Lenkeinschlagbewegung (Wendebewegung) der beiden Endfahrwerke 2 und 3 sind bei dem in den Fig. 1 bis 4 darge­stellten Ausführungsbeispiel jeweils zwei überkreuz geführte Koppelstangen 19 vorgesehen, die an einem Ende gelenkig am mittleren Fahrwerksrahmen 12 gelagert sind und am anderen Ende mit dem Endfahrwerk 2 bzw. 3 in Verbindung stehen. Je­weils eine Koppelstange 19 weist im Kreuzungsbereich eine Er­weiterung mit einer Ausnehmung auf, durch die die andere Kop­pelstange 19 hindurchgeführt ist (in den Fig. 1 und 4 nicht dargestellt). Um dem Umstand Rechnung zu tragen, daß sich bei einer Querauslenkung des mittleren Fahrwerks 4 auch der Ab­ stand zwischen mittlerem Fahrwerk 4 und den Endfahrwerken 2 bzw. 3 ändert und dennoch eine präzise Lenkeinschlagstellung der beiden Endfahrwerke 2 und 3 zu gewährleisten, sind die Koppelstangen 19 nicht direkt an den Fahrwerksrahmen 8 der beiden Endfahrwerke gelenkig gelagert, sondern an Hebeln 20, die drehfest an einer quer zur Fahrzeuglängsrichtung liegen­den Torsionsstange 21 befestigt sind, welche um ihre eigene Achse drehbar gelagert ist.

    [0026] Durch diese relativ einfache mechanische Kopplung ist eine robuste und präzise Lenkeinschlageinstellung der beiden End­fahrwerke 2 und 3 in Abhängigkeit von der Querauslenkung des mittleren Fahrwerks 4 möglich. Es eignen sich jedoch auch an­dere mechanische Kopplungseinrichtungen, wie beispielsweise Seilzugmechanismen oder ein Zahnstangenübertragungsmechanis­mus, bei dem zur Übertragung der Querauslenkung des mittleren Fahrwerks 4 auf die Lenkbewegung der Endfahrwerke 2, 3 am mittleren Fahrwerksrahmen eine Zahnstange angeordnet ist, die über ein Ritzel eine in im wesentlichen Fahrzeuglängsrichtung bzw. Drehgestelllängsrichtung verlaufende drehbare Welle an­treibt, welche ihrerseits, beispielsweise über einen Stirn­radantrieb, eine Lenkbewegung des entsprechenden Endfahrwerks 2, 3 festlegt. Neben mechanischen Kopplungseinrichtungen kann auch vorgesehen sein, daß eine elektrische oder hydraulische Einrichtung zur Erfassung der Querauslenkung des mittleren Fahrwerks vorgesehen ist und der Lenkeinschlag der Endfahr­werke in Abhängigkeit von der durch diese Einrichtung erfaß­ten Querauslenkung des mittleren Fahrwerks über eine hydrau­lische oder elektrische Stelleinrichtung festgelegt wird.

    [0027] Zu der in den Fig. 1 bis 4 dargestellten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Fahrwerksgruppe ist noch zu erwähnen, daß die Kopplungseinrichtungen 19 keinen direkten Kontakt zum Wa­genkasten 1 haben, womit - unabhängig von der momentanen Stellung des Wagenkastens 1 - immer eine richtige Fahrwerk­stellung gegeben ist. Ein weiterer Vorteil des in den Fig. 1 bis 4 dargestellten Waggons besteht darin, daß dieser ein au­tonomes Schienenfahrzeug darstellt, der in herkömmlicher Weise mit anderen Schienenfahrzeugen gekuppelt werden kann.


    Ansprüche

    1. Fahrwerksgruppe für ein Schienenfahrzeug oder für ein Drehgestell eines Schienenfahrzeugs, mit zwei zweirädrigen in ihrem Lenkeinschlag verstellbaren End­fahrwerken, deren Fahrwerksrahmen jeweils über minde­stens ein Federelement in vertikaler Richtung gegen den Wagenkasten des Schienenfahrzeugs bzw. das Drehgestell abgefedert sind, und mit einem zwischen den beiden End­fahrwerken liegenden mittleren Fahrwerk, dessen in Gleisbögen auftretende Auslenkung quer zur Längsrich­tung des Schienenfahrzeugs bzw. des Drehgestells über Kopplungseinrichtungen den Lenkeinschlag der beiden Endfahrwerke steuert, wobei der Fahrwerkrahmen des mittleren Fahrwerks quer zur Längseinrichtung des Schienenfahrzeugs bzw. des Drehgestells beweglich am mittleren Bereich des Wagenkastens bzw. des Drehge­stells gelagert bzw. gegenüber diesem geführt ist und der Fahrwerksrahmen des mittleren Fahrwerks über minde­stens ein Federelement in vertikaler Richtung gegen den Wagenkasten bzw. das Drehgestell abgefedert ist, da­durch gekennzeichnet daß die Räder des vorzugsweise zweirädrigen mittleren Fahrwerks (4) sowie die Räder der zweirädrigen Endfahrwerke (2, 3,) jeweils unabhän­gige, nicht durch eine Radsatzwelle miteinander verbun­dene Einzelräder sind.
     
    2. Fahrwerksgruppe nach Anspruch 1, dadurch gekenn­zeichnet, daß der Fahrwerkrahmen (12) des mittleren Fahrwerks (4) durch in der Mittenstellung des mittleren Fahrwerks (4) im wesentlichen in Längsrichtung des Schienenfahrzeugs bzw. Drehgestells (30) verlaufende, quer zu dieser Längsrichtung nebeneinanderliegende Pa­rallelführungslenker (13), welche zwischen Fahrwerks­rahmen (12) und Wagenkasten (1) bzw. Drehgestell (30) angeordnet sind, geführt ist.
     
    3. Fahrwerksgruppe nach Anspruch 2, dadurch gekenn­zeichnet, daß unterhalb oder oberhalb der Ebene der Parallelführungslenker (13) ein weiterer Führungslenker (14) angeordnet ist, der an einem Ende am Fahrwerksrah­men (12) des mittleren Fahrwerks (4) und am anderen Ende am Wagenkasten (1) bzw. am Drehgestell (30) oder einem wagenkastenfesten bzw. drehgestellfesten Teil (15) gelenkig gelagert ist.
     
    4. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das mittlere Fahrwerk (4) um eine in Fahrzeuglängsrichtung verlaufende Achse schwenkbar gelagert ist.
     
    5. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß pro Fahrwerk (2, 3, 4) eine einzige, mittig angeordnete Luftfeder (9, 17), als Fe­derelement vorgesehen ist.
     
    6. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß am Endfahrwerksrahmen (8) und/oder am mittleren Fahrwerksrahmen (12) eine quer zur Fahrzeuglängsrichtung bzw. Drehgestellängsrichtung liegende Torsionsstange (21) drehbar gelagert ist, an deren Ende zwei drehfest befestigte Heber (20) abste­hen, und daß an den Enden dieser Hebel (20) zwei an sich bekannte überkreuz geführte Koppelstangen (19) ge­lenkig gelagert sind, die das mittlere Fahrwerk (4) und jeweils ein Endfahrwerk (2, 3) verbinden.
     
    7. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Übertragung der Quer­auslenkung des mittleren Fahrwerks auf die Lenkbewegung der Endfahrwerke über einen Seilzugmechanismus erfolgt.
     
    8. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß zur Übertragung der Quer­ auslenkung des mittleren Fahrwerks auf die Lenkbewegung der Endfahrwerke am mittleren Fahrwerksrahmen eine Zahnstange angeordnet ist, die über ein Ritzel eine in im wesentlichen Fahrzeuglängsrichtung bzw. Drehge­stellängsrichtung verlaufende drehbare Welle antreibt, welche ihrerseits, beispielsweise über einen Stirnrad­antrieb, eine Lenkbewegung des entsprechenden Endfahr­werks festlegt.
     
    9. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß eine elektrische oder hydraulische Einrichtung zur Erfassung der Querauslen­kung des mittleren Fahrwerks vorgesehen ist und der Lenkeinschlag der Endfahrwerke in Abhängigkeit von der durch diese Einrichtung erfaßten Querauslenkung des mittleren Fahrwerks über eine hydraulische oder elek­trische Stelleinrichtung festgelegt wird.
     
    10. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß jedes der beiden Endfahr­werke über zwei übereinanderliegende Parallelführungs­lenker (5) geführt ist, die an jeweils einem Ende am Fahrwerksrahmen (8) eines Endfahrwerks (2, 3) und am jeweils anderen Ende am Wagenkasten (1) bzw. am Drehge­stell (30) oder einem wagenkastenfesten bzw. drehge­stellfesten Teil (6) gelenkig gelagert sind.
     
    11. Fahrwerksgruppe nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß die beiden Endfahrwerke je­weils über Federn belastet sind, die bei einem Lenkein­schlag eine Rückstellkraft in die mittlere Geradeaus­laufstellung hervorrufen.
     




    Zeichnung