(19)
(11) EP 0 411 372 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.02.1991  Patentblatt  1991/06

(21) Anmeldenummer: 90113530.1

(22) Anmeldetag:  14.07.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5D06M 23/14, D03D 15/04, B29C 51/14
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 21.07.1989 DE 3924150

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
D-65926 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Gebauer, Elke
    D-8903 Bobingen (DE)
  • Blaschke, Karlheinz
    D-8901 Königsbrunn (DE)
  • Mildenberger, Hermann
    D-8903 Bobingen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verformbares textiles Flächengebilde und daraus hergestellte Netzwerkstoffe


    (57) Beschrieben wird ein verformbares Textilmaterial, bestehend aus einem textilen Flächengebilde, dadurch gekennzeichnet, daß das Flächengebilde zumindestens aus zwei verschiedenen Sorten Polyestergarnen besteht, wobei mindestens eines der Garne einen Thermoschrumpf bei Kochtemperatur von mindestens 45 %, vorzugsweise mindestens 60 %, und mindestens eines der Garne einen Thermoschrumpf von höchstens 10 %, vorzugsweise höchstens 5 % hat, in ungeschrumpften und in geschrumpften Zustand, ferner das mit einer Harzausrüstung versehene verformbare Textilmaterial und eine daraus hergestellter formstabiler Netzwerkstoff.
    Es werden auch Verfahren zur Herstellung dieser Gegenstände angegeben.




    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein tiefziehfähiges flächenförmiges Textilmaterial und daraus hergestellte Netzwerkstoffe.

    [0002] Ein Beispiel für die Verwendung derartiger Netzwerkstoffe in Form eines Sandwichformkörpers aus zwei festen Deckschichten und einem Kern aus einer durch Tiefziehen zu einer Näpfchenstruktur verformten und mit Kunstharz versehenen Maschenware beschreibt die EP-OS 158 234.

    [0003] Zur Herstellung derartiger tiefziehfähiger Flächengebilde wird in der DE-OS 38 44 458 (HOE 88/F 386) ein Umwindegarn vorgeschlagen, aus einem Kerngarn geringer Stabilität und einem hochfesten Hüllgarn.

    [0004] Die hohe Stabilität dieses Textilmaterials bei normaler Handhabung und in Ausrüstungsprozessen bei gleichzeitig sehr guter Tiefziehfestigkeit resultiert dabei aus dem speziellen Aufbau des Materials aus Umwindegarn. Bei normaler Handhabung und beispielsweise im Verlauf von Ausrüstungsprozessen werden alle auftretenden Dehnkräfte von dem Kernfaden des Umwindegarns aufgenommen, so daß eine hohe Formstabilität des Textilmaterials gewährleistet ist. WErden dagegen auf das Material im Verlauf eines Tiefziehvorgangs erheblich erhöhte Dehnkräfte ausgeübt, so treten in den zu verformenden Bereichen statistisch verteilt Risse der Kernfäden des Umwindegarns auf und geben eine entsprechende Länge des Hullfadens frei. Dieser Mechanismus ermöglicht im Verlauf des Tiefziehvorgangs eine erhebliche Flächenvergrößerung ohne Zerstörung des gesamten Flächenzusammenhalts.

    [0005] Der geschilderte Mechanismus kann dadurch weiter unterstützt werden, daß man Kernfäden verwendet, die eine niedrigere Stabilität haben als die Hüllfilamente, d. h. der Kernfaden wird mit einem Garn umwunden, das der eigentliche Festigkeitsträger wird, aber im Umwindegarn noch eine deutlich größere Länge aufweist. Bei der Verformung des erfindungsgemäßen Flächengebildes wird der Kernfaden durch die mechanische Belastung, gegebenenfalls auch noch durch eine thermische Belastung und/oder durch den Einfluß von Chemikalien zerstört, das bisherige Umwindegarn wird gestreckt und übernimmt dann die tragende Funktion im Flächengebilde.

    [0006] Trotz aller vorteilhafter Eigenschaften dieser Flächengebilde haftet ihnen der Nachteil an, daß Umwindegarne sehr aufwendig in der Herstellung sind.

    [0007] Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein verformbares, z.B. tiefziehfähiges Textilmaterial zur Verfügung zu stellen, das mit geringem Aufwand herstellbar ist.

    [0008] Das erfindungsgemäße verformbare Textilmaterial besteht aus einem textilen Flächengebilde, wie z.B. einem Gewebe oder vorzugsweise einer Maschenware, das aus zumindestens zwei verschiedenen Sorten von Garnen hergestellt ist, wobei mindestens eines der Garne einen Thermoschrumpf bei Kochtemperatur von mindestens 45 %, vorzugsweise mindestens 60 %, und mindestens eines der Garne einen Thermoschrumpf von höchstens 10 %, vorzugsweise höchstens 5 % hat. Dieses, aus mindestens zwei Garnsorten hergestellte verformbare Textilmaterial soll im folgenden kurz als "Mehrgarn-Textilmaterial","Mehrgarn-Gewebe" oder "Mehrgarn-­Maschenware" bezeichnet werden.

    [0009] Die Garne der ersten Sorte und der zweiten Sorte liegen in den verformbaren Textilmaterialien zweckmäßigerweise in einem Mengenverhältnis von 80 : 20 bis 20 : 80, vorzugsweise 60 : 40 bis 40 : 60 vor.

    [0010] Garne der ersten Sorte haben in der Regel eine Höchstzugkraftdehnung von 80 bis 200 %. Bevorzugt als Garn der ersten Sorte mit einem Thermoschrumpf von mindestens 45 % ist ein teilorientiertes, unverstrecktes, sogenanntes Schnellspinngarn. Derartige Garne werden üblicherweise bei einer hohen Spinnabzugsgeschwindigkeit, die bei Polyestern bei ca. 2 000 bis 4 000 m/min. liegt, erhalten.

    [0011] Als Garne der zweiten Sorte werden vorzugsweise Garne mit einer hohen Festigkeit, insbesondere solche mit einer Höchstzugkraft von über 50 cN/tex eingesetzt. Gut brauchbar als Garne der zweiten Sorte sind hochfeste Polyestergarne wie z.B. ®TREVIRA HOCHFEST der Fa. HOECHST AG.

    [0012] Es ist weiterhin bevorzugt, wenn beide Garnsorten aus Polyester, insbesondere aus Polyethylenterephthalat, bestehen.

    [0013] Erfindungsgemäß einzusetzende verformbare Gewebe können hergestellt werden indem man Kettfäden und/oder Schußfäden aus Garnen der beiden genannten Sorten in dem oben angegebenen Mengenverhältnis gleichmäßig mischt. Sollen Gewebe eingesetzt werden, so sind solche vorteilhaft, die eine möglichst hohe Verschiebefestigkeit haben.

    [0014] Als bevorzugte, verformbare Maschenware eignen sich gleichermaßen Gestricke und Gewirke, insbesondere aber Kettwirkware.

    [0015] Die zur Herstellung der erfindungsgemäß bevorzugt einzusetzenden Kettwirkware zu wählenden Bindungen und Festigkeitseinstellungen an den Kettenwirkmaschinen richten sich in erster Linie nach dem späteren Einsatzzweck des erfindungsgemäßen Netzwerkstoffs bzw. der gewünschten Tiefe der dreidimensionalen Ausformungen senkrecht zur Grundfläche des textilen Flächengebildes, beispielsweise der Näpfchentiefe.

    [0016] Für gut dehnbare Qualitäten eigenen sich zweischienige Bindungen,bei denen das hochschrumpfende Garn in Legeschiene 1, das hochfeste Garn in Legeschiene 2 eingesetzt wird, z. B.

    a. Doppeltrikot
    L1 = 1-0/1-2//
    L2 = 1-2/1-0//

    b. Schlunglegung
    L1 = 0-0/1-2/0-0//
    L2 = 1-0/2-2/1-0//



    [0017] Bei Näpfchenstrukturen für hohe Druckfestigkeit, d.h. für hohe Tragkraft, die im Gebrauch einer hohen Beanspruchung ausgesetzt sind, empfiehlt sich eine dreischienige Ware folgender Bindung
    L1 = 1-2/0-0//
    L2 = 2-2/1-0//
    L3 = 3-4-/1-1//

    [0018] In der Strickerei eignen sich Nadelzugmuster,bei denen die Einzelkomponenten getrennt oder zusammen dem System zugeführt werden, wobei die Zuführung bei zwei Fäden plattiert oder willkürlich sein kann. Es handelt sich um R/L-­Konstruktionen,bei denen in einer Reihe Maschen und Henkel über eine oder zwei Nadeln gebildet werden können. Dabei kann auf Rundstrick-Single und auf doppelflächigen Rundstrickmaschinen gearbeitet werden.

    [0019] Ebenso eignen sich Abwurfmuster, bei denen die Einzelkomponenten getrennt oder zusammen den maschenbildenden Elementen zugeführt werden. Es handelt sich um doppelflächige Konstruktionen auf Interlock- bzw. Kreuzschlauchbasis. Diese Flächengebilde werden auf doppelflächigen Rundstrickmaschinen hergestellt.

    [0020] Zur Herstellung der erfindungsgemäßen verformbaren textilen Flächengebilde und der daraus herstellbaren Netzwerkstoffe wird also mittels an sich bekannter Verfahren zunächst ein "Mehrgarn-Textilmaterial" beispielsweise ein Mehrgarn-Gewebe oder vorzugsweise eine Mehrgarn-Maschenware erzeugt.

    [0021] Dieses Mehrgarn-Textilmaterial läßt man anschließend in an sich bekannter Weise durch eine dosierte Wärmebehandlung, vorzugsweise im Bereich von 75 bis 100°C gezielt schrumpfen. Hierbei wird der lineare Schrumpf durch die Wahl der Schrumpftemperatur und der Wärmebehandlungsdauer so eingestellt, daß er zu dem gewünschten Ausmaß an Tiefziehfähigkeit des mehrschichtigen Textilmaterials führt. Auch dieses geschrumpfte, mehrschichtige textile Flächengebilde ist ein Gegenstand der vorliegenden Erfindung.

    [0022] Das erhaltene geschrumpfte Mehrgarn-Textilmaterial, vorzugsweise die Maschenware, wird der Verformung zu der gewünschten dreidimensionalen Struktur unterworfen, vorzugsweise durch Tiefziehen in der aus der EP-A-158 234 bekannten Weise.

    [0023] Hierbei wird der in der Schrumpfstufe des Herstellungsprozesses zugelassene Schrumpf im wesentlichen wieder herausgezogen. Die wenig schrumpfende, feste Komponente, deren Maschen aufgeschoben waren, wird wieder gestreckt, so daß die Maschenstege glattgezogen werden und für eine gute Druckfestigkeit garantieren.

    [0024] Die zur gezielten Schrumpfung des Mehrgarn-Textilmaterials durchgeführte Wärmebehandlung läßt sich auch gut mit anderen ggfs. gewünschten, d.h. fakultativen Herstellungsschritten kombinieren.

    [0025] Beispielsweise kann eine evtl. gewünschte Ausrüstung des Textilmaterials mit z. B. festigkeitsverstärkenden Harzen, Haftvermittlern für Kautschuk und dergleichen unter Temperaturbedingungen durchgeführt werden, bei denen der gewünschte Schrumpf eintritt.

    [0026] Die nach der räumlichen Verformung vorzugsweise durch Tiefziehen erhaltenen Netzwerkstoffe (z. B. Näpfchenstrukturen) können, wie oben bereits erwähnt, ohne weitere Verstärkung für viele Zwecke eingesetzt werden, da sie bereits eine ausgezeichnet Formstabilität aufweisen. So können sie beispielsweise mit Beton oder Schäumen verfüllt werden. Sie können aber auch, falls eine besonders hohe Druckfestigkeit der Netzwerkstoffe selbst erwünscht ist, durch eine Harzimprägnierung des mehrschichtigen Textilmaterials zusätzlich verfestigt und formstabilisiert werden.

    [0027] Die in den erfindungsgemäßen Netzwerkstoffen enthaltenen formstabilisierenden Harze können den verschiedenen bekannten thermoplastischen oder duroplastischen Harzgruppen entstammen, sofern ihre mechanischen Eigenschaften die Formstabilisierung der erfindungsgemäßen Netzwerkstoffe zulassen. Beispiele für geeignete thermoplastisch Harze sind Polyacrylate oder Polyvinylchlorid; bevorzugte Harze sind jedoch Duroplaste, wie z.B. Melamin- und insbesondere Phenolharze.

    [0028] Die in den dreidimensional verformten, erfindungsgemäßen Netzwerkstoffen enthaltene Harzmenge ist auf das Gewicht des Textilmaterials vorzugsweise so abgestimmt, daß sich beim Tiefziehen des flächenförmigen Textilmaterials die Maschen zu einem filigranen Netzwerk öffnen. Geeignete Auflagenmengen liegen im Bereich von 50 bis 500, vorzugsweise 100 bis 300 g Harz/m² des unverstreckten Textilmaterials. Innerhalb dieser angegebenen Bereiche wird die Harzmenge noch zweckmäßig an das Quadratmetergewicht des tiefziehfähigen Textilmaterials angepaßt. So wird man bei Einsatz eines schweren Textilmaterials innerhalb der oberen Hälfte der angegebenen Bereiche arbeiten, bei leichten Textilmaterialien in der unteren Hälfte. Das ausschlaggebende Kriterium ist, wie oben angegeben, die Bedingung, daß sich beim Tiefziehvorgang die Maschen des Textilmaterials zu einem Netzwerk öffnen.
    Für spezielle Einsatzzwecke können auch höhere Harzmengen eingesetzt werden, so daß die Maschen durch Harzeinlagerung geschlossen werden.

    [0029] Der erfindungsgemäße dreidimensional verformte Netzwerkstoff weist eine Vielzahl von Verformungen auf, die sich wenigstens in eine Richtung erstrecken, die eine Komponente senkrecht zur ursprünglichen Ebene des textilen Flächengebildes aufweist, aus dem der erfindungsgemäße Netzwerkstoff hergestellt wurde.

    [0030] In einer besonders im Hinblick auf eine weitere Verwendung als Kernmaterial für die Herstellung von Sandwichstrukturen spezifizierten Ausführungsform, weist der erfindungsgemäße Netzwerkstoff auf einer Basisfläche in regelmäßiger Anordnung eine Vielzahl von Erhebungen auf. In einer weiteren Ausführungsform weist der erfindungsgemäße Netzwerkstoff auf der Ebene der ursprünglichen Basisfläche in regelmäßiger Anordnung eine Vielzahl von Erhebungen und Vertiefungen auf. Die Erhebungen und Vertiefungen können die Form von Näpfchen mit runder oder eckiger Basisfläche oder z.B. die Form von Stegen haben. Im Hinblick auf eine gute Haftung zwischen dem als Kernmaterial für Sandwichformkörper einzusetzenden erfindungsgemäßen Netzwerkstoff und den aufgebrachten Deckflächen ist es besonders vorteilhaft, wenn die Erhebungen oben ein flaches Plateau bzw. die Vertiefungen einen flachen Boden aufweisen. Besonders bevorzugt ist es auch, wenn die Plateauflächen der Erhebungen bzw. die Bodenflächen der Vertiefungen alle in einer Ebene und parallel zur Basisfläche liegen. Gleichfalls im Hinblick auf eine gute Haftung zwischen dem Kernmaterial und aufgebrachten Deckflächen ist es von Vorteil, wenn Zahl, Größe, Form und räumliche Anordnung der Verformungen pro Flächeneinheit des Flächengebildes so ausgewählt werden, daß das rechnerische Produkt aus den Flächengrößen der ursprünglichen Ebene und die Größe der Plateauflächen der Erhebungen bzw. der Bodenflächen der Vertiefungen möglichst groß wird.

    [0031] Die Figur 1 veranschaulicht schematisch einen Abschnitt eines erfindungsgemäßen Netzwerkstoffs (3), der auf einer Basisfläche (4) eine Vielzahl von hütchenförmigen Erhebungen (5) aufweist.

    [0032] Die Figur 2 zeigt in Vergrößerung die schematische Darstellung einer der hütchenförmigen Verformungen und veranschaulicht deutlich die im Bereich der Verformung auftretende drastische Erweiterung der Maschenstruktur des Textilmaterials.

    [0033] Für andere Einsatzgebiete kann der erfindungsgemäße Netzwerkstoff selbstverständlich auch andere dreidimensionale Verformungen aufweisen. Es ist auch durchaus möglich, daß in dem erfindungsgemäßen dreidimensional verformten Netzwerkstoff die Fläche des ursprünglichen Textilmaterials überhaupt nicht mehr erhalten bleibt, wenn beispielsweise das Tiefziehen des Materials durch Stempel von beiden Seiten der Textilfläche her erfolgt, so daß in dem Material näpfchen- bzw. hütchenförmige Ausformungen abwechselnd nach oben und nach unten auftreten oder wenn die ursprüngliche Textilfläche durch eine Vielzahl schmaler, sich in der gleichen Längsrichtung erstreckenden Stempel von beiden Seiten zu einer Zickzackfläche ausgezogen und in dieser Form stabilisiert wird.

    [0034] Zur Herstellung eines erfindungsgemäßen dreidimensional verformten, beharzten Netzwerkstoffs wird zunächst das geschrumpfte Mehrgarn-Textilmaterial mit einem zur Festigkeitssteigerung geeigneten obengenannten Harz imprägniert. Die Applikation der Harze auf das Textilmaterial kann in üblicher Weise durch Aufstreichen, Bürsten, Rakeln, Pflatschen oder besonders vorteilhaft durch Tauchen erfolgen. Das mit Harz beaufschlagte Gewebe wird anschließend zweckmäßigerweise durch ein Quetschwalzenpaar auf die gewünschte Harzaufnahme abgequetscht. Thermoplastische Harze werden für den Imprägniervorgang zweckmäßigerweise in Form von Lösungen oder vorzugsweise von Emulsionen aufgebracht. Hitzehärtbare Harze (Duroplaste) zweckmäßigerweise in der handelsüblichen Form als hochkonzentrierte wäßrige Lösungen oder Dispersionen.

    [0035] Nach einer eventuellen Zwischentrocknung des harzimprägnierten Textilmaterials wird es dem Tiefziehprozeß bei erhöhter Temperatur unterworfen. Die Temperatur des Tiefziehens wird so gewählt, daß thermoplastische Harze aufgeschmolzen werden können und dabei die Fäden der Netzstruktur vollständig durchdringen. Das Gleiche gilt für Duroplaste; hier wird die Temperatur der Tiefzieheinrichtung so eingestellt, daß der Fließbereich des Duroplasts erreicht wird. Nach dem Schmelzen des Harzes wird die Temperatur der Tiefzieheinrichtung so geregelt, daß das Imprägnierharz erhärten kann. Bei Einsatz von Thermoplasten ist hierzu die Temperatur unter den Schmelzpunkt der Thermoplasten zu reduzieren; bei Duroplasten kann die Temperatur des Tiefziehgerätes in der Regel unverändert bleiben, weil die Aushärtung der Duroplasten auch bei erhöhter Temperatur erfolgt. Die Tiefzieheinrichtung wird so lange geschlossen gehalten, bis das stabilisierende Harz vollständig erhärtet ist. Alternativ kann bei Einsatz des erfindungsgemäßen mehrschichtigen Textilmaterials die Aushärtung des Duroplasten auch in einem Wärmeschrank erfolgen.

    [0036] Da das Harz nicht zur Stabilisierung der tiefgezogenen Struktur erforderlich ist, sondern nur zu einer eventuell gewünschten zusätzlichen Verstärkung, kann die Harzausrüstung auch nach dem Tiefziehen erfolgen.

    [0037] Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein flächenförmiger Sandwichformkörper bestehend aus zwei äußeren festen Deckschichten, die über einen Kern, bestehend aus dem oben beschriebenen erfindungsgemäßen Netzwerkstoff, miteinander verbunden sind. Als Kernmaterial wird hierzu der oben beschriebene, zur Herstellung von Sandwichstrukturen besonders bevorzugte Netzwerkstoff eingesetzt, welcher auf einer Grundfläche eine Vielzahl von Erhebungen mit flachen, in einer Ebene liegenden Plateauflächen aufweist. Die Verbindung zwischen den Plateauflächen der Erhebungen bzw. den Bodenflächen der Vertiefungen des erfindungsgemäßen Kernmaterials mit den Deckschichten kann durch übliche Laminierverfahren unter Verwendung von Klebstoffen, insbesondere von kalt- oder hitzehärtenden Klebstoffen, wie z.B. Epoxidharzen oder Duroplastharzen erfolgen. Aufgrund der großen Kontaktfläche zwischen dem Kernmaterial und den Deckschichten erweist sich die Verklebung als überaus stabil. Trotz der bevorzugten Filigranstruktur des erfindungsgemäßen Kernmaterials haben die damit hergestellten Sandwichformkörper eine überraschend hohe Druckfestigkeit bei extrem niedrigem Gewicht.

    [0038] Das oben beschriebene Herstellungsverfahren läßt sich dadurch variieren, daß man, alternativ zur herkömmlichen Imprägnierung des Gewebes mit Harz, das tiefziehfähige Textilmaterial gemeinsam mit einer handelsüblichen Harzfolie verarbeitet. Bei dieser Methode werden eine oder mehrere Schichten eines tiefziehfähigen Textilmaterials und eine oder mehrere Harzfolien übereinander gestapelt, der Stapel bei einer Temperatur, bei der das Harz fließfähig wird, durch Tiefziehen in die gewünschte Form gebracht und danach die Temperatur so eingestellt, daß das Harz fließen kann und das Textilmaterial imprägniert. Die bei diesem Verfahren eingesetzten Harzfolien können ebenfalls aus thermoplastischen oder duroplastischen Harzen bestehen. Bevorzugt werden auch hier insbesondere Duroplaste, d.h. solche Harze, die bei erhöhter Temperatur unter Vernetzung zu einem unschmelzbaren Material hoher Steifigkeit aushärten. Bekannte derartig Harze, die auch in Form von Folien im Handel sind, sind z. B. ungesättigte Polyesterharze (Alkydharze), Mischungen aus ungesättigten Polyestern mit ungesättigten monomeren Verbindungen, wie z. B. Styrol, Epoxyharze, Phenolharze oder Melaminharze. Wie bereits oben beschrieben, werden auch die in Form von Folien vorliegenden Harze im unvernetzten Zustand, in welchem sie bei erhöhter Temperatur noch schmelzbar und fließfähig sind, in den Handel gebracht und appliziert. Die bei der hier besprochenen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens der Netzwerkstoffe einzusetzenden Folien aus unvernetzten Harzen haben eine Stärke von etwa 50 bis 500 µm, vorzugsweise von 100 bis 500 µm und ein Flächengewicht von etwa 50 bis 500 g/m², vorzugsweise 100 bis 500 g/m². Man erreicht durch Einsatz dieser Harze in der angegebenen Folienstärke etwa die gleiche Harzimprägnierung, wie bei der weiter oben beschriebenen Applikation der flüssigen Harzzubereitung durch herkömmliches Imprägnieren.

    [0039] Die Temperatur, bei der das Schmelzen des unvernetzten Harzes erfolgt, liegt in der Regel bei 100 bis 250°C, vorzugsweise bei 140 bis 200°C.

    [0040] Textile Flächengebilde, die allein aus dem hochschrumpfenden Schnellspinngarn hergestellt werden, zeigen eine unkontrollierte Verstreckung beim Tiefziehen und daraus resultierende gravierende Festigkeitsschwankungen. Die erfindungsgemäßen "Mehrgarn-Textilmaterialien" ergeben dagegen keine Festigkeitsschwankungen.

    [0041] Neben der stabilisierenden Wirkung im geschrumpften Mehrgarn-Textilmaterial regelt die dehnungs- und schrumpffähige Garnsorte die Dichtigkeit des Textilmaterials. Ihr hohes Schrumpfniveau gibt eine gute Dehnreserve für das Tiefziehen bei guter Maschendichte. Eine hohe Konstruktionsdehnung ist daher bei der Musterauswahl nicht mehr von entscheidender Bedeutung.

    [0042] Ein weiterer Vorteil der Erfindung besteht darin, daß das geschrumpfte Mehrgarn-Textilmaterial eine erhöhte Stabilität bei eventuellen Imprägnier- und Ausrüstungsschritten hat.


    Ansprüche

    1. Verformbares Textilmaterial, bestehend aus einem textilen Flächengebilde, dadurch gekennzeichnet, daß das Flächengebilde aus zumindestens zwei verschiedenen Sorten von Garnen besteht, wobei mindestens eines der Garne einen Thermoschrumpf bei Kochtemperatur von mindestens 45 %, vorzugsweise mindestens 60 %, und mindestens eines der Garne einen Thermoschrumpf von höchstens 10 %, vorzugsweise höchstens 5 % hat.
     
    2. Verformbares Textilmaterial gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das textile Flächengebilde eine Maschenware ist.
     
    3. Verformbares Textilmaterial gemäß mindestens einem der Ansprüche 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Garn mit einem Thermoschrumpf von > 45 % ein Schnellspingarn ist.
     
    4. Verformbares Textilmaterial gemäß mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Garn mit einem Thermoschrumpf unter 10 % ein hochfestes Garn ist.
     
    5. Verformbares Textilmaterial gemäß mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Garne aus Polyester, vorzugsweise aus Polyethylenterephthalat bestehen.
     
    6. Verformbares Textilmaterial gemäß mindestens einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß es in geschrumpften Zustand vorliegt.
     
    7. Verformbares Textilmaterial gemäß mindestens einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß es mit einer Ausrüstung, vorzugsweise einer Harzausrüstung versehen ist.
     
    8. Dreidimensional verformter, formstabiler Netzwerkstoff auf der Basis eines verformbaren Textilmaterials, dadurch gekennzeichnet, daß das Textilmaterial eines der Ansprüche 1 bis 7 ist, der Netzwerkstoff eine maschenoffene dreidimensionale Netzstruktur bildet und daß die Verformungen sich wenigstens in eine Richtung erstrecken, die eine Komponente senkrecht zur ursprünglichen Ebene des Flächengebildes aufweist und die Verformungen die Gestalt von Näpfchen, Stegen oder dergleichen haben, die vorzugsweise jeweils eine neue Ebene besitzen, die parallel zur ursprünglichen Ebene des Flächengebildes verläuft.
     
    9. Verfahren zur Herstellung des verformbaren Textilmaterials des Anspruchs 1, dadurch gekennzeichnet, daß man mindestens zwei Garnsorten, wovon mindestens eines der Garne einen Thermoschrumpf bei Kochtemperatur von mindestens 45 %, vorzugsweise mindestens 60 % und mindestens eines der Garne einen Thermoschrumpf von höchstens 10 %, vorzugsweise höchstens 5 % hat, in an sich bekannter Weise zu einem textilen Flächengebilde verarbeitet.
     
    10. Verfahren gemäß Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß die zwei Garnsorten zu einem Gewebe oder vorzugsweise zu einer Maschenware verarbeitet werden.
     
    11. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 9 und 10, dadurch gekennzeichnet, daß die hergestellten textilen Flächengebilde bei erhöhter Temperatur, vorzugsweise zwischen 75 und 150°C geschrumpft werden.
     
    12. Verfahren zur Herstellung eines dreidimensional verformten, formstabilen Netzwerkstoffs, dadurch gekennzeichnet, daß man ein verformbares Textilmaterial der Ansprüche 1 bis 7 durch Tiefziehen oder ein analoges Formgebungsverfahren in der gewünschten Weise dreidimensional verformt.
     
    13. Sandwichformkörper aus einem Kernmaterial und zwei Deckplatten, dadurch gekennzeichnet, daß es als Kernmaterial den Netzwerkstoff des Anspruchs 8 enthält.
     




    Zeichnung