(19)
(11) EP 0 416 278 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
13.03.1991  Patentblatt  1991/11

(21) Anmeldenummer: 90114566.4

(22) Anmeldetag:  30.07.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5D21H 11/04, D21H 11/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB GR IT LI LU NL

(30) Priorität: 25.08.1989 DE 3928129

(71) Anmelder: VP - SCHICKEDANZ AG
D-90022 Nürnberg (DE)

(72) Erfinder:
  • Reinheimer, Horst, Dr.
    D-8501 Heroldsberg (DE)
  • Rink, Norbert, Dr.
    D-8508 Wendelstein-2 (DE)

(74) Vertreter: Hübner, Gerd, Dipl.-Phys. et al
Rau, Schneck & Hübner Patentanwälte Königstrasse 2
90402 Nürnberg
90402 Nürnberg (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Gekrepptes Zellstoff-Tissuepapier


    (57) Es wird ein gekrepptes Zellstoff-Tissuepapier beschrieben, welches einen Ligningehalt von 3 - 6 Gewichtsprozent auf­weist. Die Trockenreißfestigkeit in Maschinenlaufrichtung beträgt 7,5 - 9,0 N/50 mm. Das Tissuepapier zeichnet sich durch gute taktile Weichheit aus.
    Bei einer verbesserten Ausführungsform enthält das Papier 5 - 30 Gewichtsprozent ungebleichten Sulfitzellstoff, Rest ungebleichten Sulfatzellstoff. In dieser Form ist das Papier im trockenen wie im feuchten Zustand geruchsneu­tral.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein gekrepptes Zellstoff-Tissuepa­pier, dessen Flächengewicht vorzugsweise in der Größenord­nung von 14-16 g/m² atro liegt. Derartige Tissuepapiersor­ten finden insbesondere für die Herstellung von Hygienepa­pieren, beispielsweise Toilettenpapier, Taschentüchern, Gesichtstüchern oder Küchentüchern Verwendung. Sie werden für die Weiterverarbeitung zu diesen Produkten auf Legema­schinen zu 2-lagigen, 3-lagigen oder 4-lagigen Bahnen zu­sammengelegt und gegebenenfalls miteinander verprägt. Ihre besonderen Eigenschaften bestehen darin, daß sie bei gro­ßer Weichheit eine beachtliche Reißfestigkeit aufweisen und auch zur Aufnahme von praktisch hinreichenden Flüssig­keitsmengen geeignet sind.

    [0002] Für die Herstellung derartiger gekreppter Zellstoff-Tis­suepapiersorten wird herkömmlicherweise von gebleichtem Rohzellstoff ausgegangen, der aus verschiedenen Holzarten, beispielsweise Fichtenholz, Buchenholz, Eukalyptusholz durch chemischen Naßaufschluß nach dem Sulfit- oder Sul­fat-Verfahren erzeugt wird. Die gebleichten Rohzellstoff-­ Fasern werden zur Herstellung von Tissuepapier in Wasser suspendiert und sodann auf der Papiermaschine, meist auf der Doppelsiebpapiermaschine zu einer Bahn geformt. Die Bahn wird auf einem beheizten Trockenzylinder schlußge­trocknet, wobei durch Aufsprühen eines Haftmittels auf die Oberfläche des Trockenzylinders oder durch Zugabe von Haftchemikalien zur Stoff-Suspension für eine hinreichende Haftung der Bahn an der Zylinderoberfläche gesorgt wird. Die Trocknung der Bahn vollzieht sich bei einer einzigen Zylinderumdrehung; danach wird die Bahn von der Zylinder­oberfläche mit Hilfe eines Schabers unter Kreppung abge­schabt. Die erzielten Trockenreißfestigkeiten in Längs­richtung variieren je nach Flächengewicht. Für eine 1-la­gige Bahn vom Flächengewicht 15 g/m² lutro werden in der Regel Trockenreißfestigkeiten in Maschinenlaufrichtung von 6-7 N/50 mm erzielt.

    [0003] Nach bisheriger Vorstellung ist Voraussetzung für die Her­stellung von gekreppten Zellstoff-Tissuepapierqualitäten dieser Art der Einsatz von gebleichten Rohzellstoffsorten, deren Ligningehalt praktisch auf Null % abgesenkt ist. Der Einsatz von ungebleichten Zellstoffqualitäten kommt nach bisheriger Vorstellung für hochwertige Hygienepapiere nicht in Betracht, da die im ungebleichten Zellstoff ver­bliebenen Rest-Ligningehalte zu rauhen Tissuequalitäten führen. Dennoch wäre es wünschenswert, ungebleichten Roh­zellstoff für die Herstellung von Tissuepapieren einsetzen zu können, da bekanntlich die bisher erforderliche und auch durchgeführte Chlorbleiche zu stark mit Schmutz- und Giftstoffen belasteten Abwässern führt. Insbesondere stört dabei die unvermeidliche Entstehung toxischer Chlor-Dioxi­ne, welche das Abwasser belasten. Es ist dies zwar im Grunde kein Problem der eigentlichen Tissuepapier-Erzeu­gung, sondern betrifft die Zellstoff-Fabrikation; dennoch muß aber unter umwelttechnischen Gesichtspunkten die ge­samte Kette vom Ausgangsholz bis zum fertigen Tissuepro­dukt berücksichtigt werden.

    [0004] Überraschenderweise wurde nun festgestellt, daß der im Rohzellstoff verbliebene Rest-Ligningehalt unter bestimm­ten Umständen nicht nur nicht stört, sondern tatsächlich zu Tissueprodukten mit deutlich verbesserten Eigenschaften führt. Unter "verbesserten Eigenschaften" wird dabei eine sehr ansprechende Weichheit bei erhöhter Trockenreißfe­stigkeit gegenüber solchen Tissuesorten gleichen Flächen­gewichtes verstanden, die aus gebleichtem Rohzellstoff hergestellt sind.

    [0005] Der Erfindung liegt demgemäß die Aufgabe zugrunde, ein gekrepptes Zellstoff-Tissuepapier mit verbesserter Trockenreißfestigkeit in Maschinenlaufrichtung sowie ver­besserter taktiler Weichheit vorzuschlagen.

    [0006] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein gekrepptes Zellstoff-­Tissuepapier, welches dadurch gekennzeichnet ist, daß es zur Erzielung einer Trockenreißfestigkeit in Maschinen­laufrichtung von 8-10 N/50 mm und zur Verbesserung der taktilen Weichheit einen Ligningehalt von 3-6 Gewichtspro­zent aufweist. In besonders deutlicher Weise ist der Ef­fekt ausgeprägt, wenn die Tissuefasern aus ungebleichtem Sulfat-Zellstoff bestehen. Das Faserlängen-Spektrum spielt dabei keine oder eine höchst untergeordnete Rolle, so daß sich zur Herstellung des erfindungsgemäß vorgeschlagenen Papieres Tissuefasern mit einer Länge von 0,2-3 mm eignen.

    [0007] Außer Sulfat-Zellstoffsorten können aber auch andere Zell­stoffsorten eingesetzt werden, so z. B. solche Sorten, die unter Verwendung organischer Lösungsmittel, (Methanol oder dergleichen) gewonnen worden sind.

    [0008] Zur Überprüfung der eingangs zitierten Feststellung wurden zahlreiche Versuche zur Papiererzeugung unter Produktions­bedingungen durchgeführt. Es wurden hierzu Tissuebahnen mit einem Flächengewicht von 15,2 ± 0,5 g/m² lutro (1-la­gig) erzeugt. Beim Doublieren wird das Flächengewicht durch Verstrecken der Bahn um ca. 0,2 g/m², beim Verarbei­ten um weitere 0,5 bis 0,7 g/m² reduziert.

    [0009] Zum Vergleich wurde von gebleichten handelsüblichen Fich­tenzellstoff-Sorten, die nach dem Sulfat-Verfahren herge­stellt worden waren, ausgegangen. Die Produkte waren zuvor der üblichen Chlorbleichung unterworfen worden.

    [0010] Zur Erprobung der Erfindung wurden alsdann auf derselben Papiermaschine Tissuebahnen des gleichen Flächengewichtes unter Verwendung von ungebleichtem Sulfat-Rohzellstoff hergestellt. Aus beiden Bahnen wurden auf Fabrikations-Le­gemaschinen 2-lagige und 3-lagige Toilettenpapierbahnen und 4-lagige Taschentuchbahnen erzeugt und an diesen ver­schiedene papiertechnische Meßwerte ermittelt. Die nach­folgende Zusammenstellung zeigt das Ergebnis.
    Weichheits-Festigkeitsdaten
    für Toipa 2-lagig    
      Soll f. gebleicht. Ergebnis f. ungebleicht
    Flächengewicht atro (g/m²) 1-lagig 14,6 14,4
    Bruchkraft längs (N/50 mm) 2-lagig 13,0 17,0 + 30 %
    Bruchkraft quer (N/50 mm) 2-lagig 5,0 6,0 + 20 %
    Bruchdehnung längs 11-12 14,0
    Weichheit (taktil Panelbewertung)    
    Bevorzugung in Weichheit 27 % 73 %
    Lignin 0 % 4,3 %
    für Toipa 3-lagig    
      Soll f. gebleicht. Ergebnis f. ungebleicht
    Flächengewicht atro (g/m²) 1-lagig 14,6 14,3
    Bruchkraft längs (N/50 mm) 3-lagig 19,0 22,8 + 20 %
    quer (N/50 mm) 3-lagig 6,0 7,1 + 18 %
    Bruchdehnung längs 11-12 13,5
    Weichheit taktile Bevorzugung 45 % 55 %
    Lignin 0 % 4,3 %
    für Tatü 4-lagig    
      Soll f. gebleicht Ergebnis f. ungebleicht
    Flächengewicht atro (g/m²) 1-lagig 14,3 14,5
    Bruchkraft längs (N/50 mm) 4-lagig 26 35,9 + 38 %
    quer (N/50 mm) 4-lagig 10 13,1 + 31 %
    Bruchdehnung 11-12 13,5
    Weichheit: Handle-O-Meter mN (je kleiner der Wert, umso weicher) 75 68
    Lignin 0 % 4,3 %


    [0011] Die erzeugten Produkte hatten eine taktile Weichheit, welche derjenigen der Bahnen aus gebleichtem Zellstoff überlegen war.

    [0012] Bei der Herstellung der Bahnen wurde des weiteren festge­stellt, daß es zur Erzielung optimaler Eigenschaften vorteil­haft ist, die Haftmittelmenge zu reduzieren, die kurz vor Auflegen der nassen Tissuebahn auf die Oberfläche des Trockenzylinders auf diese Oberfläche aufgesprüht werden muß. Wurde üblicherweise eine Trockenmittelmenge von etwa 6 l/min. benötigt, so konnte diese bei Einsatz von ungebleichtem Zell­stoff auf eine Menge von 1-1,5 l/min. reduziert werden.

    [0013] Im einzelnen wurde zur Herstellung der Bahnen wie folgt gear­beitet:
    - Suspendieren von ungebleichtem Rohzellstoff in Wasser bis zu einer Faserstoffkonzentration von 0,2-0,3 Ge­wichtsprozent;
    - Formen einer Bahn auf einer Papiermaschine, vorzugsweise einer Doppelsiebformermaschine; bei Durchführung der vorstehend beschriebenen Versuche wurde auf einer Beloit Doppelsiebmaschine gearbeitet; die Bahngeschwindigkeit betrug ca. 1.500 m/min.
    - Überführen der Bahn auf einen beheizten Trockenzylinder, der kurz vor dem Auflegen der nassen Papierbahn mit ei­ner gegenüber dem Üblichen stark reduzierten Haftmit­telmenge von 0,2-0,4 g/m² 12 %ige Lösung besprüht worden war;
    - Abschaben der getrockneten Bahn mit einem Schaber unter Kreppung der Bahn.

    [0014] Die erzeugten Produkte haben also gute Eigenschaften hin­sichtlich der Trockenreißfestigkeit in Maschinenlaufrichtung sowie auch gute taktile Weichheit. Je nach der eingesetzten Zellstoffsorte haben sie aber mitunter den Nachteil, daß sich beim Anfeuchten der Tücher ein leichter Geruch bemerkbar macht, ähnlich wie dies bei feuchtem Packpapier der Fall ist. Durch weitere Versuche wurde ermittelt, daß dieser Geruch vollständig eliminiert werden kann, wenn das Papier 5 - 30 Gewichtsprozent, vorzugsweise 25 Gewichtsprozent, ungebleich­te Sulfitzellstoff-Fasern enthält. Diese Zumischung hat auf die Festigkeit sowie die taktilen Eigenschaften keinen Ein­fluß; sie bewirkt aber, daß das erzeugte Papier im trockenen wie im feuchten Zustand geruchsneutral ist.

    [0015] Bei einem Papiermaschinenversuch wurden 25 % ungebleichte Sulfitzellstoff und 75 % ungebleichte Sulfatfasern eingetra­gen.

    [0016] Das Produkt wies bei nur 14,0 g/m² atro Flächengewicht (lutro 29,8; 2lagig) gute Festigkeiten auf:
    Bruchkraft trocken längs 19,4 N/50 mm
    Bruchkraft trocken quer 5,6 N/50 mm.

    [0017] Ein Panelversuch mit 20 Personen zeigte, daß das Produkt ge­ruchsneutral war.


    Ansprüche

    1. Gekrepptes Zellstoff-Tissuepapier,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß es zur Erzielung einer Trockenreißfestigkeit in Ma­schinenlaufrichtung von 7,5-9,0 N/50 mm und zur Verbes­serung der taktilen Weichheit einen Ligningehalt von 3-6 Gewichtsprozent aufweist.
     
    2. Gekrepptes Zellstoff-Tissuepapier nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Tissue-Fasern aus ungebleichtem Sulfatzellstoff bestehen.
     
    3. Gekrepptes Zellstoff-Tissuepapier nach Anspruch 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Tissue-Fasern eine Länge von 0,2-3 mm aufwei­sen.
     
    4. Gekrepptes Zellstoff-Tissuepapier nach einem der vor­stehenden Ansprüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Papier 5 - 30 Gewichtsprozent ungebleichten Sulfitzellstoff, Rest ungebleichten Sulfatzellstoff, enthält.