[0001] Die Erfindung betrifft einen Panzerturm mit gepanzertem Turmgehäuse und massiver
Frontpanzerung, in welcher eine verschwenkbar gelagerte Rohrwaffe mit Blende, Wiege,
Rücklaufeinrichtung und rückwärtigem Verschlußgehäuse angeordnet ist.
[0002] Bei neuartigen Panzerkanonen wird eine immer grössere Geschoßwucht gefordert. Daraus
resultierend werden die Belastungskräfte für Turm und Fahrzeug immer größer und die
Rücklaufwege immer länger. Um Kräfte und Wege klein zu halten, muß die Rücklaufmasse
vergrößert werden. Zusätzliche Gewichte beeinflussen jedoch in unverträglicher Weise
das Gesamtkonzept (Totlastanteil). Es müssen daher Wege gesucht werden, Massen von
funktionell vorhandenen Bauteilen einzubeziehen. Da diese Teile jedoch einer hohen
Schockbelastung unterliegen, gibt es wenig Funktionsteile (z. B. Innenausstattung,
Optik/Elektronik-Bauteile), die hierfür geeignet sind. Als Rücklaufmasse dienen bisher
in üblicher Weise ein schweres Bodenstück, ein schweres Waffenrohr, die Mündungsbremse,
oder ein zusätzlicher Bremszylinder statt einer Kolbenstange am Bodenstück. Diese
Maßnahmen sind jedoch nicht ausreichend genug. Sie können lange Rücklaufwege nicht
vermeiden. Lange Rücklaufwege erschweren ein Ausballancieren der höhenrichtbaren Teile.
Eine Mündungsbremse beeinflußt das meist ballistisch verlängerte Waffenrohr und bringt
ein großes vorderlastiges Moment. Lange Rücklaufwege und Schockbelastungen verhindern
eine Energieversorgung von eventuell an der Rücklaufmasse anzubringender Funktionsteile
(Kabelbruch).
[0003] Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, die Rücklaufmasse einer Panzerwaffe
zu erhöhen, ohne jedoch gleichzeitig den Totlastanteil zu steigern.
[0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß im Panzerturm vorhandene Funktionsmassen
mit in die Rücklaufmasse einbezogen werden. Dies erfolgt bei der Erfindung dadurch,
daß die Turmgehäusepanzerung bzw. die massive Frontpanzerung wenigstens teilweise
oder sogar insgesamt ggf. mitsamt Blende, Wiege und anderen peripheren Waffen- bzw.
Turmbauteilen zur Erhöhung der Rücklaufmasse in Waffenrohrlängsrichtung bzw. Horizontalrichtung
verschiebbar auf der Horizontal-Drehvorrichtung des gepanzerten Turmgehäuses gelagert
ist und mit der verschwenkbaren Rohrwaffe in Waffenrohrlängsrichtung bzw. Horizontalrichtung
in fester Verbindung steht.
[0005] Die Panzerung stellt einen großen Anteil am Gesamtgewicht eines Kampfpanzers dar.
Sie besteht meist aus geschichteten Paketen, die zu einem Gehäuse verschweißt sind.
Diese vorhandenen Schichtpakete oder zu schaffende Blockpakete gilt es beweglich zu
lagern (z. B. über Gleitflächen, Hebelparallelogrammlagerung oder ähnlichem) und
mit der üblichen Rücklaufmasse bzw. dem Waffenrohr zu verbinden und zusammen abzubremsen.
Erst durch diese Lösung werden geforderte Geschoßwuchtvergrößerungen ermöglicht.
Die Art der Rücklauflagerung kann wie gesagt über Gleitlagerungen, Hebellagerungen
oder entsprechende andere Lagerungen erfolgen. Eine Rücklaufbremsung der verschiebbaren
Massen kann z. B. hydraulisch (zentrisch oder exzentrisch), über Federelemente (Ring-
oder Gummifedern) oder entsprechende Dämpfungselemente erfolgen.
[0006] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispielen
näher erläutert und beschrieben.
[0007] Es zeigen:
Figur 1 einen erfindungsgemäßen Panzerturm in Frontansicht,
Figur 2 einen Querschnitt durch die Frontpanzerung des Panzerturmes gemäß Linie II-II
in Figur 1,
Figur 3 ein weiteres Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Panzerturmes in
Teilschnittdarstellung und
Figur 4 einen Längsschnitt durch den Panzerturm gemäß Figur 3.
[0008] In
Figur 1 ist mit der Bezugsziffer 20 ein lediglich schematisch dargestellter Panzerturm bezeichnet.
Der Panzerturm 20 ist mittels einer Drehvorrichtung 26 auf einem nicht dargestellten
Panzerfahrzeug befestigt bzw. in Horizontalebene drehbar gelagert. Der Panzerturm
20 weist vorderseitig in seinem gepanzerten Turmgehäuse eine massive Frontpanzerung
22 auf, in welcher eine vertikal verschwenkbare Rohrwaffe 24 mit Blende 28, Wiege,
Rücklaufeinrichtung und rückwärtigem Verschlußgehäuse 34 angeordnet ist.
[0009] In die Frontpanzerung 22 ist ein verschiebbar gelagertes, rechteckförmiges Panzerungspaket
30 eingesetzt. Innerhalb dieses Panzerungspaketes 30 ist nun - wie aus
Figur 2 ersichtlich ist - die Rohrwaffe 24 mittels einer Schildzapfenlagerung 32 vertikal
verschwenkbar gelagert. Mit dem schematisch dargestellten Turmdrehlager 36 soll angedeutet
sein, daß der gesamte Panzerturm 20 mit der Rohrwaffe 24 über seine Horizontal-Drehvorrichtung
26 auf dem Gehäuse des nicht weiter dargestellten Panzerfahrzeuges montiert und drehbar
gelagert ist.
[0010] Mit dem Pfeil 38 ist die Horizontal-Verschiebbarkeit des Panzerungspaketes 30 mitsamt
der Rohrwaffe 24 und Verschlußgehäuse 34 zwischen oberer Dachpanzerung 40 und unterer
Drehvorrichtung 26 innerhalb der restlichen Frontpanzerung 22 verdeutlicht.
Mit dieser erfindungsgemäßen Maßnahme wird durch Einbeziehung von vorhandenen Funktionsteilen
die mit der Rohrwaffe 24 verbundene Rücklaufmasse erheblich vergrößert. Die gewünschte
und einstellbare Vergrößerung der Rücklaufmasse ist jeweils abhängig von der Größe
bzw. Masse des als zusätzliche Rücklaufmasse dienenden Panzerungspaketes 30. Die
Gesamtmasse ist bestimmend für die Größe der wirksamen Bremskraft bzw. für die Länge
des Rücklaufweges.
[0011] In
Figur 3 ist eine Draufsicht eines weiteren Panzerturmes in Teilschnittdarstellung gezeigt.
Dort ist die gesamte Frontpanzerung als verschiebbar gelagertes Blockpaket 6 ausgebildet.
Das Waffenrohr 1 ist fest mit einem Wiegenrohr 2 und einer vorderseitigen Blende
5 verbunden und über eine Wiegenwalze 3 und Schildzapfen 4 vertikal verschwenkbar
innerhalb des Panzerungs-Blockpaketes 6 gelagert.
Das Blockpaket 6 ist auf horizontalen oder nahezu horizontalen Gleitebenen 10 - siehe
hierzu
Figur 4 - innerhalb des seitlichen Turmgehäuses 9 bzw. zwischen Dachpanzerung und Horizontal-Drehvorrichtung
gleitend gelagert. Seitlich an dem Blockpaket 6 ist mit fester Abstützung gegen das
Turmgehäuse 9 jeweils eine Rücklaufeinrichtung 7 vorgesehen. Bei einem Schuß bewegt
sich die Gesamtmasse bestehend aus Rohr 1, Wiege 2, Wiegenwalze 3, Schildzapfen 4,
Blende 5, Blockpaket 6 und Teile der Rücklaufeinrichtung 7 in horizontaler bzw. nahezu
horizontaler Richtung auf der Gleitebene 10, wobei eine Vertikalbelastung ebenfalls
durch die Gleitlagerung aufgenommen wird.
[0012] Durch die erfindungsgemäße Vergrößerung der rücklaufenden Gesamtmasse wird sehr vorteilhaft
die Bremskraft erhöht und die Länge des Rücklaufweges erheblich verkürzt.
[0013] Insbesondere für kleine Panzertürme mit schwerer Bewaffnung bzw. großer Feuerleistung
mit hoher Geschoßwucht ist zweckmäßigerweise vorgesehen, daß das gesamte gepanzerte
Turmgehäuse verschiebbar auf der Horizontal-Drehvorrichtung angeordnet ist und als
zusätzliche Rücklaufmasse verwendet wird.
Zahlenbeispiel:
[0014] Bei einem Kampfpanzer, z. B. Leopard II, wird die Geschoßwucht einer bestimmten
Munition mit ca. 10 MJ abgeschätzt. Die bisherige Rücklaufmasse von Waffenrohr, Verschlußgehause,
Mündungsbremse etc. beträgt ca. 2 500 kg. Bei einem Rücklaufweg von ca. 450 mm muß
noch eine maximale Bremskraft von ca. 400 KN aufgebracht werden.
Bei einer Verdoppelung der Geschoßwucht auf ca. 20 MJ beträgt bei einem gleichen
Rücklaufweg von 450 mm die erforderliche Bremskraft ca. 1 500 KN oder andersherum
bei einer Bremskraft von ca. 1 000 müßte der Rücklaufweg wenigstens 600 mm betragen.
Dies ist jedoch nicht vertretbar. Mit der erfindungsgemäßen Lehre ist ohne weiteres
eine Vervielfachung der Rücklaufmasse (von ca. 2 500) auf 10 000 kg möglich.
Bei einer üblichen Munition mit einer Geschoßwucht von ca. 10 MJ beträgt mit dieser
vergrößerten Rücklaufmasse die maximal aufzubringende Bremskraft bei einem Rücklaufweg
von 450 mm lediglich noch ca. 150 KN.
Für eine Munition mit doppelter Geschoßwucht von ca. 20 MJ beträgt dann die maximal
aufzubringende Bremskraft bei einem Rücklaufweg von 450 mm nur noch ca. 400 KN. Andersherum
ausgedrückt: Bei einer aufbringbaren Bremskraft von ca. 500 KN beträgt die erforderliche
Länge des Rücklaufweges mit der vergrößerten Rücklaufmasse lediglich ca. 335 mm.
[0015] Mit der erfindungsgemäßen Vergrößerung der Rücklaufmasse kann also einerseits bei
gleichbleibender Schußleistung bzw. Geschoßwucht eine Verkürzung des Rücklaufweges
um etwa 50 % erreicht werden, andererseits wird bei gleichbleibendem Rücklaufweg
von beispielsweise 350 mm eine Verringerung der maximal erforderlichen Bremskraft
um etwa den Faktor 4 ermöglicht. D. h. es können Munitionen mit erheblich größerer
Treibladungsenergie verschossen werden.
Bezugszeichen-Liste
[0016]
1 Rohr
2 Wiege
3 Wiegenwalze
4 Schildzapfen
5 Blende
6 Blockpaket (Frontpanzerung)
7 Rücklaufeinrichtung
8 Rücklaufeinrichtung
9 Turmgehäuse (Seitenpanzerung)
10 Gleitebenen
11 innere Schutzwand
12 Rücklaufweg
20 Panzerturm
22 Frontpanzerung
24 Rohrwaffe
26 Horizontal-Drehvorrichtung
28 Blende
30 Panzerungspaket
32 Schildzapfen
34 Verschlußgehäuse
36 Turmdrehlager
38 Horizontal-Verschiebbarkeit
40 Dachpanzerung
1. Panzerturm mit gepanzertem Turmgehäuse und massiver Frontpanzerung, in welcher
eine verschwenkbar gelagerte Rohrwaffe mit Blende, Wiege, Rücklaufeinrichtung und
rückwärtigem Verschlußgehäuse angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, daß
die Turmgehäusepanzerung bzw. die massive Frontpanzerung wenigstens teilweise, gegebenenfalls
mitsamt Blende, Wiege und anderen peripheren Waffen- bzw. vorderen Turmbauteilen,
zur Erhöhung der Rücklaufmasse in Waffenrohrlängsrichtung bzw. Horizontalrichtung
verschiebbar auf der Horizontal-Drehvorrichtung bzw. innerhalb des restlichen gepanzerten
Turmgehäuses gelagert ist.
2. Panzerturm nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß
- das vertikal verschwenkbare Waffenrohr (1,24) mittels Schildzapfen (4) innerhalb
des horizontal bzw. nahezu horizontal verschiebbaren Blockpaketes (6) bzw. als Teilstück
der Frontpanzerung (22) ausgebildeten verschiebbaren Panzerungspaketes (30) gelagert
ist,
- das verschiebbare Blockpaket (6) bzw. Panzerungspaket (30) horizontale bzw. nahezu
horizontale Gleitebenen (10) oder/und vertikale bzw. nahezu vertikale Gleitebenen
aufweist und
- die Rücklaufeinrichtung (7) in doppelter Ausführung jeweils seitlich an dem Blockpaket
(6) bzw. Panzerungspaket (30) mit fester Abstützung gegen die seitliche Turmgehäusewandung
(9) bzw. gegen die restliche feste Frontpanzerung (22) vorgesehen ist.
3. Panzerturm nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß
das gesamte gepanzerte Turmgehäuse verschiebbar auf der Horizontal-Drehvorrichtung
angeordnet ist und als zusätzliche Rücklaufmasse verwendet wird.